Berichte aus Brasilien
Hungertote trotz Anti-Hunger- Programm der Lula-Regierung 
Brasilien weltweit größter Fleischexporteur – doch selbst Indianerkinder verrecken wegen Hunger und Misere

von Klaus Hart

11/03
 
 
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Zu den gelungensten Propagandacoups der Lula-Regierung zählte neben den Versprechen, vor allem bei den Menschenrechten und im Umweltschutz  raschest wahre Heldentaten zu vollbringen, das Anti-Hunger-Programm „Fome Zero“(Null Hunger). Indessen hat Mitte Oktober der zuständige Minister für Ernährungssicherheit, Josè Graziano erstmals eingeräumt, daß es trotz „Fome Zero“ immer noch Hungertote gibt. In Brasilia kritisierte er ein Übermaß an Bürokratie, zudem müßten endlich Mechanismen geschaffen werden, um stark Bedürftigen rasch helfen zu können. „Immer noch sterben Leute vor Hunger. Noch fehlt ein Instrumentarium, um gespendete Grundnahrungsmittel rasch zu jedem zu bringen, der vor Hunger umkommt.“ Das sei die Herausforderung. Laut Minister Graziano mangelt es auch nach zehn Monaten Lula-Amtszeit immer noch an einer Politik für  Ernährungssicherheit. Die Regierung müsse zudem unbedingt den in sogenannten Quilombos lebenden Sklavennachfahren sowie Indianern helfen, die alle von Misere betroffen seien. Zuvor war bekanntgeworden, daß in den letzten Wochen zehn  Indianerkinder eines Dorfes im nordöstlichen Teilstaate Alagoas noch vor Erreichen des ersten Lebensjahres an den Folgen von Hunger gestorben waren. Über zweitausend Indios der Region, hieß es in Zeitungsberichten, hungerten, seien verelendet. Starke öffentliche Kritik hatte zudem ausgelöst, daß die Regierung für den Sozialbereich, darunter das Anti-Hunger-Programm, einschneidende Kürzungen verfügte, um zur Freude der Banker vorrangig die Auslandsschulden bedienen zu können. Die Wohlhabenden Brasiliens werden deshalb zur Zeit mit einer Absenkung der Länderrisiko-Taxe, spekulativen Kapitalzuflüssen, hohen Börsenkursen belohnt. Übliches neoliberales Business.

Unvergessen ist, wie die Lula-Regierung schon zum Start der Amtszeit im Januar die Weltmeinung an der Nase herumführte. Als Zeichen von hoher Symbolkraft wurde die laufende Ausschreibung für zwölf neue Überschalljäger der Luftwaffe gestoppt – und offiziell verkündet, die damit eingesparten Gelder sollten für die Bekämpfung von Hunger und Misere eingesetzt werden. Denn dies habe jetzt oberste Priorität. Wie von Brasilia erwartet, ernete Lula für die noble Entscheidung gerade in den Medien der USA und Europas, bei vielen NGO allerhöchstes Lob. Sogar die BBC titelte:“Brazil opts for butter before guns.“ Weit über 700 Millionen Euro sofort gegen den Hunger, statt für Rüstung! Auch sogenannte progressive Blätter Deutschlands druckten den Unsinn ungeprüft nach, blamierten sich damit bis auf die Knochen. In Brasilien selbst hatte man diese Unwahrheit längst entlarvt. Denn im Haushalt 2003 waren für den Ankauf der Jagdbomber gar keine Gelder eingeplant gewesen, wurden also keineswegs, wie der Öffentlichkeit vorgespielt, den Militärs beträchtliche Mittel entzogen, die den verelendeten Massen direkt zugute kommen sollten. Lula schob zudem die Ausschreibung nur auf – jetzt wurde sie neu gestartet. Um den Auftrag konkurrierende Rüstungsfirmen aus den USA, Frankreich, Großbritannien, Schweden und Rußland können also weiter hoffen. Ein anderer Waffendeal war indessen von der Lula-Regierung etwa zugunsten der Elendsbekämpfung nicht gestoppt worden – die Modernisierung von 62 veralteten F-5-Jagdflugzeugen durch das israelische Unternehmen „Elbit“ – dafür fehlen keine Haushaltsmittel.

Großartig fanden natürlich auch Deutschlands TV-Sender, wie Lula kurz nach Amtsantritt populistisch durch Elendsgebiete des Nordostens zog, in Slumhütten kletterte. Das gab tolle Bilder fürs tumbe Publikum.

gravierende Sozialkontraste bleiben

Indessen bleibt auch unter Lula größtenteils alles beim alten: Lateinamerikas größte Demokratie, immerhin dreizehnte Wirtschaftsnation – geprägt von extremen Widersprüchen und Kontrasten; Ultraarchaisches, Ultramodernes in ständiger Kollision. Immer noch Sklaverei, neofeudale Machtstrukturen in den rasch wachsenden Slums der Millionenstädte -  in Sichtweite von Bankenpalästen, Computer-und Flugzeugfabriken. Zusammen mit drei afrikanischen Staaten hat Brasilien die ungerechteste Einkommensverteilung auf dem Erdball. Das Land ist derzeit größter Fleischexporteur der Welt – die Lula-Regierung bejubelt Rekordernten, Rekordausfuhren bei Lebensmitteln auch nach Europa, nach Deutschland, Brasilien könnte das Anderthalbfache seiner Bevölkerung bequem – und gut – versorgen. Doch gleichzeitig sind selbst  laut Lulas Regierungsberater Frei Betto immer noch 44 Millionen Menschen unterernährt, leiden Hunger – was nicht zuletzt eine entsetzlich hohe Kindersterblichkeit bewirke. Pro Tag, so der auch in Deutschland durch Bücher und Vorträge recht bekannte Befreiungstheologe, verhundern weiterhin rund 140 Kinder. Für ihn  ein „Skandal“. Doch bislang verhilft das Fome-Zero-Programm nur rund einer Million verarmten, verelendeten Familien zu Grundnahrungsmitteln, sozialer Betreuung. Dabei nimmt man auf der Erscheinungsebene beispielsweise in Sao Paulo oder Rio de Janeiro Überraschendes wahr. Brasilien, Land der Opulenz, der Verschwendung – ein Viertel der Lebensmittel wandert auf den Müll, Völlerei gehört zur Landeskultur – Riesenportionen in den Restaurants, die keiner vertilgen kann, enormer Fleischkonsum in den Steakhäusern, wie in Deutschland undenkbar. Und unglaublich dicke Menschen, gerade in Sao Paulo erstaunlich viele junge Mädchen mit Mac-Donalds-Wampe. Siebzig Millionen Brasilianer sind übergewichtig, mehr als achtzigtausend sterben daran jährlich.

Pilotprojekt Guaribas

Gestartet wurde das Anti-Hungerprogramm in Guaribas, im nordöstlichen Teilstaate Piaui – hier wurde „Fome Zero“ gestartet. Auch heute noch freilaufende Esel, Holzkarren, viele Bewohner in Lehmhütten.

Leticia Alves de Souza, Mutter von vier Kindern, hält  ihre Magnetkarte hoch, mit der sie jetzt monatlich fünfzig Reais, umgerechnet rund sechzehn Euro abheben kann. „Ohne diese Karte wäre ich schon vor Hunger gestorben.“  Morgenkaffee, Mittagessen, Abendbrot sind jetzt tatsächlich reichhaltiger, Ständig Frauen beim Wasserholen, den Eimer, den Plastekanister auf dem Kopf. Doch die Wege jetzt viel kürzer -  nur noch ein paar hundert Meter bis zur neuen Wasserstelle – nicht mehr sechs Kilometer bis zur Gebirgsquelle, wie die Jahre zuvor.

Männer bauen Wasseranschlüsse für tausend Häuser und Katen, sogar eine Kanalisation – sensationell für die Region. Da Arbeitsplätze entstanden, Löhne gezahlt werden, ist auf einmal Geld im Umlauf, Kaufkraft da, Guaribas gilt bereits als „Eldorado“ des Hinterlands. Landarbeiter ziehen frühmorgens mit der Hacke über der Schulter auf die armseligen vertrockneten Felder, ihr Mittagessen immer noch simpel, doch nahrhafter als früher.

In einfachen Kramläden kaufen alle ihre Lebensmittel – jetzt  ein besseres Angebot. Indessen – manche Ladenbesitzer nehmen  vielen Leuten, die bei ihm auf Pump kaufen, anschreiben lassen, die Magnetkarte ab, treiben Schulden ein,  indem sie monatlich deren fünfzig Real abheben – alles eigentlich verboten. Kaufen manche statt Grundnahrungsmitteln Schnaps und Zigaretten, wie behauptet? Die meisten Kunden sind Analphabeten, können weder Zahlen noch Schrift lesen, wissen gar nicht, was sie schulden.

Guaribas hat erstmals eine Minibank – Eudalia Martins da Rocha hebt mit der Magnetkarte ihre fünfzig Real ab, kauft mit dem Geld erstmals auch Milch. „Die einzige Milch, die ich vorher getrunken habe, war die von meiner Mutter, nach der Geburt!“

Dank „Fome Zero“ gibt es erstmals eine Poststelle, einen Internetanschluß, sogar einen Lokalsender.

Elend brutalisiert, demoralisiert, viele lassen sich daher gehen – „politisch Korrekte“ mögen derartiges gar nicht gerne wahrnehmen. Doch dank „Fome Zero“ wachsen  auch in Guaribas Selbstwertgefühl, Selbstbewußtsein – man achtet wieder auf sein Äußeres, Frauen machen sich wieder gerne schön. Erstmals öffnete in Guariba ein Frisiersalon, ist sofort ein Hit. Inhaber Elizomar Bastos  schneidet, färbt an manchen Tagen den Kundinnen von  frühmorgens bis nach Mitternacht die Haare. 

Damit das Programm funktioniert, wurden auch in Guariba Helfer, Sozialarbeiter geschult. Nur ein Teil der  Bedürftigen des Nordostens, die ein Anrecht auf die Magnetkarte hätten, bekamen bisher eine. Sind jene, die leer ausgingen, nun frustriert, mit Wut im Bauch?

Gesundheitsexperten bringen immer wieder die Tabu-Frage Familienplanung, Verhütung, sexuelle Aufklärung ins Spiel. Denn schwer zu übersehen ist, daß die allermeisten verelendeten Familien sehr kinderreich sind, Eltern unumwunden zugeben, daß sie sich statt um sechs, acht oder zehn Kinder viel lieber  nur um zwei, drei kümmern würden. Auffällig zudem gerade in Slums: Viele junge Mütter haben fünf, sechs und mehr Kinder, jedes von einem anderen Mann, mit dem oft jeglicher Kontakt abbrach.

Sozialarbeiter von der „Fome-Zero“-Koordination kennen  perverse Auswirkungen des Programms: Eltern lassen ihre Kinder absichtlich unterernährt, um nicht den monatlichen Anspruch auf umgerechnet viereinhalb Euro pro Kind zu verlieren. Andere veranlassen die Kinder zum Arbeiten, um dann von einem Programm gegen Kinderarbeit zu profitieren.

Kritiker von „Fome Zero“ betonen, durch diese Almosen werde die Misere im Lande nicht verringert, die gegenwärtig wegen Lulas Wirtschaftspolitik weiter ansteigt: Weil die Löhne deutlich sinken, kauft die Unterschicht immer weniger Lebensmittel. Unverständlich: Die Weltbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank stellten hohe Summen für „Fome Zero“ bereit, die Brasilia aber nicht abruft.

Lula bittet um Geduld – ernste Probleme mit Sekten-Ministerin Benedita da Silva

Nicht zufällig würde laut neuesten Umfragen die Hälfte der Lula-Wähler nicht wieder für ihn votieren. Doch Lula bittet die Armen immer wieder um Geduld, um immer mehr „Paciencia“. Schließlich hat er derzeit arge Personalprobleme, die am Image seiner Regierung kratzen. Ausgerechnet Benedita da Silva, eine der seit Jahren übelsten Figuren in der Arbeiterpartei PT, hatte Lula zur Sozialministerin ernannt – Skandale waren vorprogrammiert.  Das Mitglied einer Wunderheiler-Sektenkirche, auch für „Fome Zero“ zuständig,  glänzt durch Inkompetenz, verschaffte zahlreichen Günstlingen fette Regierungsposten, zählt seit jeher zu den Politikern, die auf Steuerzahlerkosten Unsummen auf Image-Reisen ins Ausland verpulvern, Wert auf Komfort und Luxus legen. Im September flog sie auf Staatskosten zu einem Sektentreffen nach Buenos Aires – als die Presse dahinterkam, den Skandal enthüllte, vereinbarte Benedita da Silva in letzter Minute noch schnell ein paar gar nicht vorgesehene,  lächerlich kurze„Arbeitstreffen“ mit argentinischen Regierungsmitgliedern. Was natürlich ans Licht kam.  Auch Brasiliens Qualitätspresse wirft Benedita da Silva deshalb vor, die Öffentlichkeit grob und unverschämt zu belügen. Lulas Chef des Zivilkabinetts, Ex-Guerillheiro und Castro-Freund Josè Dirceu ist mehr als irritiert:“Entweder zahlt sie die Reisekosten zurück – oder sie ist raus aus der Regierung. Eigentlich hätte sie schon lange zurücktreten müssen.“ Doch Lula nimmt sie in Schutz, sieht offiziell kein Vergehen der Ministerin, bestenfalls ein klitzekleines, das keine Entlassung rechtfertige. Lula weiß, daß der Rauschschmiß Benedita da Silvas besonders im Ausland große Beachtung fände. Schließlich wurde sie dort selbst in Drittwelt-Medien wider besseres Wissen immer als hehre Heldin der Arbeiterpartei hochgejubelt. Ihre zwielichtige Rolle als Stadtverordnete und Gouverneurin Rio de Janeiros, als privilegiensüchtige Kongreßsenatorin wurde indessen fast stets verschwiegen. Den Teilstaat Rio regierte sie vorhersehbar desaströs, tolerierte den neofeudalen Terror der hochgerüsteten Banditenmilizen gegen Hunderttausende von Slumbewohnern.

Jetzt fordert auch die Opposition immer nachdrücklicher die Amtsenthebung der Sektenanhängerin – zumal diese selbst entgegen den Forderungen der eigenen Parteiführung darauf besteht, die monierten Reisekosten auf keinen Fall zurückzuzahlen. Zeitungen rechneten Benedita da Silva vor, daß mit jener Summe, die sie alleine für Flug und Hotel ausgab, einhundertvierzig Familien aus dem Elend gerettet, zusätzlich ins Anti-Hunger-Programm aufgenommen werden könnten. Andere Minister der Regierung, so stellte man fest, reisen durchweg preisgünstiger, steigen nicht in solchen Luxushotels ab wie Benedita da Silva.

Umweltministerin untätig, Ökologiebewegung für Rücktritt

Mit der zur selben Wunderheilersekte gehörenden Umweltministerin Marina Silva erlebt Lula eine ähnliche Pleite – Brasiliens Ökologiebewegung ist von ihr mehr als enttäuscht, Greenpeace empfiehlt ihr den Rücktritt. Im allgemeinen öffentlichen Streit um Anbau und Vermarktung von Gensoja tat Marina Silva stets so, also sei sie selbstverständlich auf der Seite der Umweltschutzbewegung, gegen genmanipulierte Pflanzen.  Doch als Lula jetzt – entgegen den Wahlversprechen – den Anbau von Gensoja per Dekret genehmigte,  erklärte die Ministerin zum Erschrecken der Öffentlichkeit, noch nie gegen Gensoja gewesen zu sein – das entsprechende Dekret sei ein Fortschritt.

Ex-Guerillheiro und Kongreßabgeordneter Fernando Gabeira verläßt unter Protest Lulas Arbeiterpartei

Nachvollziehbar, daß sich der Ex-Guerillheiro, Umweltexperte, Schriftsteller und Kongreßabgeordnete Fernando Gabeira jetzt  mit Grausen von dieser Regierung, dieser Arbeiterpartei abwendete, im Oktober seinen Austritt erklärte. In Bezug auf die Gensoja-Problematik gebe es sogar einen Rückschritt gegenüber der Vorgängerregierung, die Umweltpolitik sei verfehlt. Die Regierung agiere mittelmäßig, gegen das eigene Wahlprogramm, gegen die Basis, verrate Prinzipien, sei inkohärent. Er kritisierte zudem die Fortführung des Atomprogramms, die Benachteiligung der Indianer, die Tolerierung von  Umweltverbrechen.

Gabeira, 62, einstiger Mitgründer der Grünen Partei Brasiliens(PV), hatte 1969 mit anderen Companheiros in Rio den nordamerikanischen Botschafter Burke Elbrick entführt, um fünfzehn politische Gefange, darunter Josè Dirceu, freizubekommen – was gelang. Fünf Monate später hatte ihn die Geheimpolizei aufgespürt, wurde er barbarisch gefoltert. 1970 kam er mit vierzig anderen politischen Gefangenen frei – im Austausch gegen den von Stadtguerillheiros in Rio entführten westdeutschen Diplomaten Ehrenfried von Holleben. Von 1971 an lebte Gabeira ein Jahr lang mit falschen Papieren und unter falschem Namen im Westberliner Exil in der Uni-Szene, ferner in Chile und Schweden. In die USA darf er bis heute nicht einreisen.

Scharfe Kritik Gabeiras an europäischen Grünen

Natürlich fällte er über die europäischen Grünen, über  Leute wie Cohn-Bendit, vernichtende Urteile – die Unterstützung für die Bombardierung Jugoslawiens war für ihn der Gipfel. „Ich weiß aus der Geschichte, daß Kriege Intellektuelle und Politiker auseinanderbringen können. Aber ich hätte nie gedacht, daß ich diese Trennung von den europäischen Grünen erleben würde. Es ist wichtig, daß sie wissen, daß es in Brasilien immer noch Menschen gibt, die den Pazifismus als zentrales Fundament betrachten.“  Gabeira regte seinerzeit an, mit den Europäern, den europäischen Grünen über den Widerstand gegen den Krieg zu diskutieren. „Doch die haben – an einer Art Gedächtnisverlust leidend – die Welt auf die USA und die Europäische Gemeinschaft reduziert. Ein Rückfall in kolonialistisches Verhalten, der hoffentlich bald überwunden ist.“ Von wegen.

Lula strebt in die Sozialistische Internationale – SI-Kongreß in Sao Paulo

Unterdessen nähern sich Lula und die Führungsspitze seiner Arbeiterpartei(PT) weiterhin zielstrebig der Sozialistischen Internationale(SI) an, die vom 27. bis zum 29. Oktober in Sao Paulo ihren 22. Kongreß abhält. Vize-PT-Chefin Marta Suplicy, Präfektin der Megametropole, spielt die Gastgeberin, Lula wird die Eröffnungsrede halten. „Wir wollen gute Beziehungen zur Sozialdemokratie“, erklärte PT-Präsident Josè Genoino. „Die PT entwickelt sich intern in Richtung Sozialdemokratie“, bestätigt der für internationale Beziehungen zuständige Kongreßabgeordnete Paulo Delgado. Zum SI-Kongreß schickt die PT eine hochkarätige 24-köpfige Delegation, darunter mehrere Minister. Linke Strömungen in der PT hatten lange Zeit unter Hinweis auf das Parteiprogramm und die Wurzeln der PT eine Annäherung an die SI verhindern können. Da nicht-linke PT-Fraktionen, zu der auch Lula gehört, immer mehr die Oberhand gewannen, wurde dieser Widerstand zunehmend schwächer, gewann die PT bereits in den 80ern einen SI-Beobachterstatus. Die Zusammenarbeit mit der SPD Gerhard Schröders bekam besonderes Gewicht.

Politisch bemerkenswert wird sein, wie sich die SPD-Delegation angesichts der Tatsache verhält, daß im sozialdemokratisch regierten Teilstaate Sao Paulo seit Juli wichtige Führer der Landlosenbewegung MST als politische Gefangene eingekerkert sind.  Bisher wurde von offizieller deutscher Seite deshalb keinerlei Protest, gar eine Absage der SPD-Teilnahme am SI-Kongreß bekannt.  

Editorische Anmerkungen:

Der Autor schreibt regelmäßig Berichte aus Brasilien, die er auch dem Trend zur Verfügung stellt. So. z.B.: