Editorial
Klappe zu - Affe tot

von Karl Müller

11-2013

trend
onlinezeitung

Wenn  auf Wochenmärkten der Affe des Schaustellers, der sonst gegen Geldspende buntangezogen auf einem Kasten Faxen machte, einmal - meistens durch Ableben - nicht mehr zur Verfügung stand, hing dort ein Schild mit dem schlichten Hinweis: Klappe zu - Affe tot. Die Mitteilung wurde erst dann entfernt, wenn ein neuer Affe gefunden war.

So kompliziert wollten es sich die politischen Freunde des NaO-Prozesse aber nicht machen. Nach 2 1/2 Jahren eines Suchprozesses nach der Einheit zwischen trotzkistischen  Splittergruppen - zeitweilig begleitet von interessierten AntikapitalistInnen wie zum Beipiel dem HerausgeberInnenkreis unserer Onlinezeitung - hatten sie in endlosen Debatten das ursprüngliche Gründungsdokument für den NaO-Prozess soweit ideologisch filettiert, dass ein Manifest herauskam, das nicht einmal mehr von den letzten "NaO-ProtagonistInnen" gemeinsam verabschiedet werden konnte. SiB und GAM, assistiert  von der ISL, die gerade in der Linkspartei ihr politisches Fiasko erlebt, machten aus ihrer Not keine Tugend, sondern unterzeichneten flugs gemeinsam jenes ominös-streitbefangene Manifest und gaben die Gründung der "Berliner NaO" bekannt.

Obgleich Affendarbietungen auf Wochenmärkten bereits im vorigen Jahrhundert sukzessive ausstarben, machte anlässlich des Baus des "antifaschistischen Schutzwalls" der Spruch "Klappe zu - Affe tot" als Refraintext des Songs "Im Sommer 61" - ausgestrahlt am 17.8.1961 vom ostberliner Rundfunk - erneut Furore. Allerdings erweitert um folgende Zeile: "endlich lacht das Morgenrot".

Leider wissen wir nicht, ob der umtriebige Politveteran Michael Prütz in diese Richtung gedacht hat, als das organisatorische Tischtuch zu den bisherigen NaO-Freunden zerschnitten wurde und er am 30.10. 2013 Folgendes via Internet verlautbarte: "Wir fangen mit der Gründung der NAO in Berlin an und werden dann systematisch in der Bundesrepublik Gruppen der NAO aufbauen, sodass in einem überschaubaren Zeitraum eine bundesweite NAO entstehen wird."

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Klappen haben heute immer noch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung.   Gemeint sind hier nicht die Orte, die zumeist ungestörte zwischenmenschliche Kontakte ermöglichen, sondern die Signalgeber bei der Filmproduktion. Wenn es dort heißt "Klappe zu - die letzte!", dann ist der Film abgedreht und das Material muss nur noch geschnitten werden.

Auf diesen Punkt steuert die DKP zielstrebig zu. Obgleich es keine bindende Entscheidung des letzten Parteittages gibt, wo die alte PdL-freundliche Führung abgelöst wurde, stellte der neue PV mal eben klar, wer nun im Hause EU-politisch das Sagen hat. Im Oktober 2013 wurde eine  36köpfige DKP Kandidatenliste für die kommenden EU-Parlamentswahlen 2014  vom PV aufgestellt  und der Öffentlichkeit bekannt gegeben. Wer nun dem alten Plan folgend zukünftig bei der PDL versucht, als DKP-Mitglied auf einer EU-Kandidatenliste unterzukommen, verstößt im Sinne des leninistischen Partei-Mainstream ganz klar gegen die DKP-Parteidisziplin - und das geht gar nicht.

Doch weit gefehlt - geht schon!

Jüngstes Beispiel für ein gegen die neue Parteiführung gerichtetes Vorgehen kommt aus Südbayern. Dort beschloss der Bezirksvorstand am 25.10.2013 einstimmig: "Eine eigenständige Kandidatur würde uns in eine Konkurrenz zu BündnispartnerInnen hierzulande und international bringen die einer notwendigen weiteren Zusammenarbeit im Wege ist. Sie würde die Isolierung der DKP verstärken. Vielmehr käme es darauf an, diese Wahlen zu nutzen um den Prozess der Annäherung der Kräfte für einen progressiven Weg aus der Krise zu fördern und die Gruppe der Vereinigten Linken/Nordisch Grün Links (GUE/NGL) im EU-Parlament zu stärken."

Solche taktischen Überlegungen kommen nicht von ungefähr, sondern aus jenem ideologischen revisionistischen Urschleim, mit dem auch der neue Parteivorstand und die ihn tragenden Strömungen ihre Argumentationketten grundieren: Der Stamokap-Theorie. Hier wird ungeniert SED-Funktionärsgrundwissen weiterhin für richtig gehalten. Das bringt jedoch den Vorteil, dass man sich nicht in theoretische Unkosten stürzen muss, die darin bestünden, sich mit den Klassenstrukturen in den Metropolen  - nach Leninscher Methode - aufs Neue auseinanderzusetzen und dabei evtl. feststellen zu müssen, dass es heute  gar nicht mehr darum geht, dass als Einheit gedachte Proletariat mit Schichten und Klassen an seiner Seite gegen die Kapitalisten in Stellung zu bringen, sondern das es darum geht, Bündnisse zwischen den proletarischen Klassenfraktionen herzustellen. Eine Fragegestellung übrigens, die bei der richtigen Behandlung der Gewerkschaftsfrage unumgänglich ist, ansonsten man - wie der DKP-Genosse Harms, Sekretär für Betriebs- und Gewerkschaftspolitik des PV - nur die neuen branchenmäßigen gewerkschaftlichen Organisation als Bedrohung der Einheitsgewerkschaft verstehen kann, wodurch angeblich "die Spaltung der Arbeiterklasse vertieft" wird.

Wenn die sich immer deutlicher abzeichnenden innerparteilichen Eruptionen nicht in eine Aufarbeitung der innerparteilichen Widersprüche auf der Grundlage einer schöpferischen Anwendung des dialektischen und historischen Materialismus und der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie auf die Klassenwirklichkeit und damit auch auf die eigene Partei transformiert werden, dann bleiben nur noch administrative Methoden übrig, was sich bei dem anstehenden Umtausch der Mitgliedsbücher  möglicherweise bald zeigen wird.

Dann steht freilich die Frage im Raum, wird die  DKP noch das nächste Jahr überstehen oder in regionale Zirkel zerfallen? Werden diese Zirkel gemäß ihres Old-School-Revisionismus mit dem einen oder andereren lokalen Zirkel, der ihnen ideologisch nahesteht, sich verbandeln oder werden sie als neue Fraktion in der Linkspartei ihr politisches Unterkommen finden.

Insgesamt wäre dies für die antikapitalistische Linke eine gruselige Perspektive. Das Zirkelwesen würde nicht angegangen, um es in der Herstellung der Einheit der Klassenlinken zu überwinden, sondern würde gleich der kapitalistischen Produktionsweise als "business as usual" - ähnlich dem trotzkistischen Sektenwesen - mit anderen Etiketten weiterbetrieben.

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Ein beliebter Slogan in der bürgerlichen BRD-Medienwelt lautet: Den Jugendlichen droht Altersarmut, wenn sie nicht privat vorsorgen. Ja - der Satz ist richtig! Richtig dann, wenn private Vorsorge bedeutet, dass viele Einzelne schon heute sich kollektiv zusammentun, um zielstrebig den Kampf gegen Sozialraub mit dem Ziel aufzunehmen, den Kapitalismus aufzuheben. Und - in der Tendenz scheint diese Perspektive an Attraktivität zu gewinnen.

An die 40 Leute kamen am 21.10.2013 in die Lunte zur Vorstellung des neuen Buches von David Harvey "Rebellische Städte", denn das Interesse war groß zu erfahren, was Harvey mit seiner Vision "Bund sozialistischer Städte" gemeint haben  und wie der Weg der politisch assoziierten StadtproduzentInnen dorthin aussehen könnte.

Mehr als  zwanzig Leute diskutierten am 30.10.2013 die Thesen von Karl-Heinz Schubert zur Klassenzusammensetzung im Zusammenhang mit der Neujustierung proletarischer Politik, womit die Veranstaltungsreihe unserer Zeitung "Let's talk about Class" eröffnet wurde. Die TAZ hatte dazu am selben Tag exklusiv ein Interview mit  Karl-Heinz Schubert veröffentlicht.

Beide Veranstaltungen werden daher wiederholt: Am 12.11. um 19.30 die Veranstaltung zur Klassentheorie in der Lunte und  Harveys Buchvorstellung am 5.12. um 19.30 im Café Cralle.

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