Editorial
Über politische Erosionen

von Karl Mueller

02-2013

trend
onlinezeitung

In der Geologie steht Erosion für die natürliche Abtragung von Gestein und Boden durch Wasser, Gletscher und Wind. Übertragen aufs Politische wird Erodieren als eine Art von Auflösung organisatorischer Zusammenhänge verstanden, wobei  - um im Bild zu bleiben - es sich um einen Vorgang handelt, der von außen ausgelöst wird. Dort, wo solche Abtragungen wirksam werden, treffen sie auf innere Strukturen, die ihrerseits bereits schon morsch sind.

Solch ein Erosionprozess hat offensichtlich bei der DKP begonnen, die am 2./3. März 2013 ihren 20. Parteitag durchführen will. Die im Februar 2012 beschlossene Tagesordnung lässt dergleichen zunächst nicht vermuten: Eröffnung und Begrüßung, Konstituierung, Referat, Diskussion zu: Referat Tätigkeitsbericht des Parteivorstandes, Bericht der Revisionskommission, Finanzbericht, Entlastung des Parteivorstands, Beratung und Beschlussfassung von Anträgen und Entschließungen, Wahlen, Schlusswort.

Antragsschluss war im Dezember 2012 und pünktlich dazu erschien auf der DKP-affinen Seite "reglobe"  ein Artikel, getitelt "Richtungsstreit bestimmt Parteitagsvorbereitung". In ihm werden zwar in erfrischender Offenheit die innerparteilichen Strömungen und Kontroversen vorgestellt, doch leider nicht die äußeren gesellschaftlichen Bedingungen erwähnt und dazu in Bezug gesetzt, die den Niedergang der Partei  beschleunigten. Ein Schelm, wer im Hinblick auf den angekündigten Tätigkeitsbericht des Parteivorstandes gewisse  Paralellen zum 20. Parteitag der KPdSU zieht!

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Wenn eine linke politische Gruppierung oder Strömung  zerfällt, so hören viele der darin Organisierten auf, sich weiterhin als Linke politisch zu betätigen. Entweder wechseln sie die Seiten und machen fortan zum Zwecke des Broterwerbs und narzistischer Befriedigungen in bürgerlichen Parteien, Medien und Verbänden politisch weiter  oder privatisieren einfach, wie es z. B. die Geschichte der BRD-K-Gruppen lehrt.

Eine besondere Spezies in diesem Fall sind TrotzkistInnen. Sie lassen es crashen und/oder wenn es crashed, denken sich wieder eine neue linke Organisation aus, worin sie ihrem Trotzkismus irgendwie treu bleiben können. Jüngstes Beispiel im linken Mikrokosmos sind dafür die SiB und der von ihr angestoßene NaO-Prozess.

Vielversprechend hieß es 2011 im "Gründungspapier" , man wolle das Zirkelwesen strömungsübergreifend überwinden und eine andere - d.h. emanzipatorische - Polit- und Organisationskultur entwickeln. Völlig neue, d.h. wirklich zeitgemäße programmatische Grundlagen sollten entwickelt werden.

Als der Herausgeberkreis unserer Zeitung - der Arbeitskreis Kapitalismus Aufheben (AKKA) - in diesem Projekt  2012 seine politischen Vorschläge zur Schaffung einer NaO unterbreitete - sollten sich seine Mitglieder einem ideologischem Gesinnungs-TÜV unterwerfen. Eine kabarettistische Klamotte aus der Steinzeit kommunistischer Organisationen, der er nicht Folge leistete und ausschied.

Damit hörte das Kommen und Gehen im NaO-Projekt nicht etwa auf: Aus der SiB schieden GenossInnen nach kurzer Mitgliedschaft wieder aus, dafür waren vorher Genossen von ISL, RSB und Interkomm eingetreten.  Die Zeitschrift "scharf-links" zog sich auf einen Beobachterstatuts zurück, eine vom NaO-Mitglied RSB abgespaltetene Gruppe aus Duisburg, meldete Mitgliedschaftswunsch bei NaO  an. Zeitgleich dazu stellte die SoKo  ihre aktive Mitgliedschaft ein, wie wir unlängst berichteten....Heftig Umworbene wie die Gruppe Avanti machten erst gar nicht mit. Über die trotzkistische ISL wird aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen berichtet, dass sie im NaO-Prozess sich durch (Schein-)Mitgliedschaft nur einen Platz gesichert hat, falls ihre Linksparteipläne scheitern und das NaO-Projekt dann doch wider Erwarten an Aktraktivität zulege.

Über ein echtes NaO-Erosions-Highlight war unlängst auf dem NaO-Blog  zu lesen, dass einige NaO-GenossInnen an der Rosa&Karl Spalterdemo statt an der traditionellen LL(L)-Demo teilgenommen haben, wo die Mehrheit mit der schicken trotzkistischen Parole "Weder Stalin noch Noske" auf sich aufmerksam machte. Was wiederum dazu führte,  dass einige dann lieber im DKP-Block mitliefen.

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Im letzten Editorial berichtete ich vom vermeindlichen Niedergang der Schillerkiezinitiative. Das führte dazu, dass ich im LUNTE-Spektrum für diesen Bericht von verschiedenen Seiten jeweils mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung  kritisiert wurde. Totgesagte leben bekanntlich länger und das trifft - entgegen meinem Bericht - ganz offensichtlich auf die Schillerkiezinitiative zu.

Hier findet also nicht der Begriff der Erosion Anwendung, der ja für die Beschreibung einer Niedergangstendenz zutreffend wäre, sondern im Schillerkiez findet  in Sachen Widerstand gegen kapitalistischen Stadtteilumbau eine Umgruppierung der linken politischen Kräfte statt.

Ein relevanter Teil unterstützte die Unterschriftensammlung gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes, die nun erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Ein anderer Teil brachte inzwischen eine neue Ausgabe der "Randnotizen" heraus, die in allen gutsortierten linken Buch- und Infoläden kostenlos erhältlich ist. Ein weiterer Teil unterstützt die Aktivitäten des  Kiez übergreifenden Bündnis "44 - Stadtteilgruppe rund um die Hermannstr.".


Randnotizen - Online
Randnotizen 8, Januar 2013,
PDF-Dokument, 3,5 MB

Schön wäre es, wenn ich mich nicht nur wie im Hinblick auf die Schillerkiezini geirrt hätte, sondern wenn DKP- und NaO-Zerfall durch Umgruppierungen aufgefangen werden könnten, die ins Zentrum ihrer Politik die Orientierung auf die proletarische  Klasse stellen. Das sowas prinzipiell möglich ist, zeigt das Miniereignis der Gründung einer SoL*Berlin Gruppe.

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