ürgerlichen
Philosophie von Descartes bis
Hegel und Feuerbach
unter gleichzeitiger Verfälschung und Bekämpfung des
dialektischen und historischen Materialismus zu tun ist.
Hauptvertreter des Existentialismus sind in
Deutschland Heidegger und
Jaspers, in Frankreich
Sartre und Marcel.
Weitere Vertreter des Existentialismus sind
wust, haecker,
guardini, przywara, grisebach, häberlin,
O. becker, O. F. bollnow, szilasi, gadamer, volkmann-schluck;
berdjajew, Simone de beauvoir, E. mounier, J. wahl,
merleau-ponty, k.ojeve; abbagnano, grassi u. a.
In der Literatur wird der Name
«Existentialismus» oft nur zur Bezeichnung des sog.
französischen Existentialismus (vornehmlich Sartre) verwendet,
während die im deutschen Sprachgebiet wirkenden
Existentialisten unter dem Ausdruck «Existenzphilosophie»
zusammengefaßt werden. Im Hinblick auf Marcel,
Wust, Haecker,
Guardini, Przywara wird von christlicher
Existenzphilosophie oder von einem christlichen,
auch -> katholischen Existentialismus gesprochen. Die
Lehre Heideggers wird auch Existentialontologie oder
ontologische Existenzphilosophie genannt.
Die verschiedenen Spielarten des
Existentialismus gehen in ihren Betrachtungen vom Begriff
der Existenz aus. Dabei vermeiden sie es, diesen Begriff
näher zu bestimmen. «Die Existenz ist nichts, was man aus der
Entfernung denken kann: das muß dich plötzlich überfluten, das
bleibt über dir, das lastet schwer auf deinem Herzen wie ein
großes unbewegtes Tier - sonst ist da gar nichts» (Sartre).
Allgemein versteht der Existentialismus unter «Existenz»
immer die individuelle Existenz des Menschen.
Existenz kommt nur dem Menschen zu, nicht den Dingen. Sie ist
die typische Seinsweise des Menschen. Als solche ist sie dem
Menschen nicht gegeben, sondern nur seine Möglichkeit,
die er realisieren kann oder auch nicht. Der Mensch schafft
nach Ansicht der Existentialisten seine Existenz: sie ist
sein «Entwurf».
In der Sprache der Existentialisten erscheint
der Mensch in der Regel nicht so genannt, sondern wird als
«Dasein», «Existenz», «Ich», «Fürsichseiendes» usw.
bezeichnet.
Die Vertreter des Existentialismus geben vor,
zum Begriff der Existenz durch ein sog. existentielles
Erlebnis zu gelangen. Heidegger gibt als solches die
Erfahrung des Todes (den «Vorlauf zum Tode»),
Sartre den Ekel
(nausee), marcel das Mysterium als religiöses Grunderlebnis
des Menschen, Jaspers die Brüchigkeit des Seins, das Scheitern
des Menschen in den «Grenzsituationen» (Tod, Leiden, Schuld),
O. F. Bollnow die Ungeborgenheit des Menschen an, wodurch ihre
Philosophie einen ausgesprochen subjektivistischen
Charakter erhält. Vom Begriff der Existenz ausgehend
verwerfen die Existentialisten die erkenntnistheoretische
Unterscheidung von Materie und Bewußtsein (Objekt und
Subjekt). Für sie ist die Grundfrage der Philosophie
ein Vorurteil der bisherigen philosophischen Entwicklung. Der
Existentialismus setzt damit die menschliche
Erkenntnisfähigkeit herab, entwertet
insbesondere die wissenschaftliche Erkenntnis. Die objektive
Realität ist für die Existentialisten im wissenschaftlichen
Sinne unerkennbar: sie kann nur (individuell) erlebt werden.
Dabei ist festzuhalten, daß der Existentialismus «Erleben» und
«Denken» gleichsetzt. «Daß Wissenschaft überhaupt sein soll,
ist niemals unbedingt notwendig» (Heidegger,
Die Selbstbehauptung der deutschen Universität 8). «Die
Geschichte, die Kunst, die Dichtung, die Sprache, die Natur,
der Mensch, Gott - bleibt den Wissenschaften unzugänglich ...
Das Wesen der genannten Bereiche ist Sache des Denkens», d.
i., des irrationalen Erlebens (Heidegger,
Was heißt Denken? 161).
Die Triebkraft des Erlebens der objektiven
Realität ist vornehmlich die Angst. Durch die Angst
wird der Mensch seiner endlichen Stellung im Weltganzen
gewahr, d. h., durch die Angst erlebt er seine Ungeborgenheit,
seine Geworfenheit, die? Brüchigkeit seines Seins, das von
Anfang an durch den Tod bestimmt ist, dem er nicht entrinnen
kann.
Der Existentialismus proklamiert dergestalt
einen absoluten Irrationalismus. Er geht sowohl
methodisch als auch systematisch bei seinen Betrachtungen
irrationalistisch vor und schaltet von vornherein jede
rationale Erkenntnisweise aus. Er stellt fest, daß es
Blindheit wäre, «wenn man die irrationale Bewegung einfach als
eine Art Sündenfall der menschlichen Vernunft
betrachten würde, den es möglichst bald durch entsprechende
Reue wieder rückgängig zu machen gelte (oder wenn man gar im
Irrationalismus nichts anderes als den ideologischen Ausdruck
bestimmter politischer Tendenzen sehen wollte). Es kommt
vielmehr darauf an, die Entdeckung des Irrationalen und die
dadurch ermöglichte Ausweitung unserer geistigen Welt voll
anzuerkennen und auf diesem Boden dann eine Lösung zu suchen»
(O. F. Bollnow, Die Vernunft und die
Mächte des Irrationalen 93). Die Abwertung der Ratio zugunsten
der Irratio wird im Existentialismus auf die Spitze getrieben.
War die Vernunft einst Waffe des revolutionären Bürgertums in
seinem Kampf gegen die feudalklerikale Gesellschaft, ihre
Institutionen und Ideologie, so wird sie von seinen
reaktionären Nachfahren zur Schimäre herabgewürdigt.
Kennzeichnend für den gesamten Existentialismus ist der
durchgängige Bruch mit der plutosophischen
Tradition, mit der philosophischen Überlieferung. Die
philosophiehistorische Grundthese des Existentialismus lautet:
die philosophische Entwicklung ging seit Platon
und Aristoteles in die Irre. Deshalb
kommt es unter Ausschaltung der philosophischen Tradition
darauf an, völlig von vorn zu beginnen. Heidegger
nennt solches Herangehen an die philosophische Überlieferung
«Destruktion», Jaspers «Synthesis».
Der Existentialismus ist von seinen
verschiedenen Vertretern unterschiedlich ausgestaltet worden.
Sie bedienen sich unterschiedlicher Terminologien,
unterschiedlicher Darstellungsweisen und unterschiedlicher
Methoden. Gemeinsam ist jedoch allen Spielarten des
Existentialismus, daß sie vom Begriff der Existenz ausgehen,
der von ihnen völlig subjektivistisch gesetzt wird, ihre
Verachtung und Herabsetzung des wissenschaftlichen Denkens,
der Wissenschaft überhaupt, ihr Agnostizismus, ihr bewußt
vollzogener Bruch mit der philosophischen Tradition, ihre
zentrale Behandlung zum Teil psychisch abnormer Zustände wie
Angst, Ekel usw. als wesentliche Fragen der Philosophie, ihr
in methodischer und systematischer Hinsicht gewellter
Irrationalismus, ihre Ersetzung des wissenschaftlichen Denkens
durch das Erleben, nicht zuletzt ihr Eklektizismus,
schließlich ihre abstrakte, metaphysische und unhistorische,
von den gesellschaftlichen Bedingungen losgelöste Behandlung
des Menschen. Im Ergebnis seiner Bemühungen kommt der
Existentialismus zu der Schlußfolgerung, daß das menschliche
Leben der Anfang des Totseins ist: «Der Tod ist eine Weise zu
sein, die das Dasein [der Mensch] übernimmt, sobald es ist» (Heidegger,
Sein und Zeit 245) oder «Dasein heißt: Hineingehaltenheit in
das Nichts» (Heidegger, Was ist
Metaphysik? 32). Seinem Charakter nach ist der
Existentialismus vom Anfang wie vom Ergebnis her eine zutiefst
pessimistische und nihilistische Lehre. Ihre
Wirkungen gehen in Richtung der Auflösung aller kollektiven
Verantwortung, der Zerschlagung jedweder Ideale und der
Negation objektiver Maßstäbe. Der Existentialismus versucht zu
begründen, daß dem Menschen sowohl als Einzel- wie als
Gattungswesen von Haus aus jeder Halt und jede Orientierung
und jede Bezogenheit auf ein anderes abgeht, insbesondere jede
gesellschaftliche Bezogenheit. Jaspers
faßte diese Auffassung in dem Satz zusammen: «Aber als
soziales Ich bin ich nicht ich selbst» (Philosophie II, 30).
Die gesellschaftliche Funktion des Existentialismus ist
negativer Natur. Die Bewegung des sog. deutschen
Existentialismus war es vornehmlich, die in den dreißiger
Jahren weite Kreise der bürgerlichen Intelligenz und des
gebildeten Kleinbürgertums in den Strudel intellektuellen
Abenteurertums hinabzog, den Prozeß ihrer Abwendung von den
Idealen echter Menschlichkeit der bürgerlichen Klassik
beschleunigte und sie dadurch gleichsam weich, d. h. für die
Ideologie und Praxis des deutschen Faschismus empfänglich
machte. Genau dieselbe Rolle spielte der Existentialismus nach
dem zweiten Weltkrieg und spielt er noch heute in
Westdeutschland. Es ist kein Zufall, daß sich die führenden
Vertreter des Existentialismus einst dem deutschen Faschismus
verschrieben, vorab Heidegger,
und sich heute in den Dienst der Atomkriegspolitik des
westdeutschen Imperialismus stellen.
Im Unterschied zum sog. deutschen
Existentialismus hat sich der sog. französische
Existentialismus nur zum Teil den politisch reaktionären
Kräften verschrieben. Während marcel zur offiziellen
katholischen Lehre in Opposition steht, nahm sartre am
Widerstand gegen den deutschen Faschismus teil und arbeitet
aktiv in der Weltfriedensbewegung mit. Was der
Existentialismus als «Existenz» oder als «Dasein», als Wesen
des Menschen ausgibt, ist in Wirklichkeit die aussichtslose
Lage des bürgerlichen Menschen in der Epoche des
Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus. Der
Existentialismus ist mit seiner Problematik wie kaum eine
andere Richtung der gegenwärtigen bürgerlichen Philosophie auf
das Dasein des bürgerlichen Menschen in einer bestimmten
historischgesellschaftlichen Situation zugeschnitten. Die vom
Existentialismus aufgeworfenen «ewigen Fragen» sind nichts
anderes als ideologischer Widerschein der Krise des
imperialistischen Gesellschaftssystems.