Editorial
Anbiederei

von Karl Mueller

06-2013

trend
onlinezeitung

Am 14. Juni 2013 will ein Zusammenschluss aus trotzkistischen Zirkeln unter Beteiligung der ideologisch gespenstischen ARAB (siehe dazu den realsatirischen Clip "Wer ist die radikale Linke"), der sich als NaO-Prozess labelt, eine "große Veranstaltung" in Berlin über die Klassenkämpfe in den südeuropäischen EU-Staaten durchführen.  Unsere Feststellung, dass der NaO-Prozess sich zunehmend als Sammelprojekt trotzkistischer bzw. trotzkistisch gefärbter Zirkel erweist, belegt diese Veranstaltung aufs Neue: Die Referenten, der NPA-Spitzenfunktionär Besancenot und die trotzkistisch grundierten Vertreter der Syriza und der britischen Respect Party, sollen das dringend benötigte ideologische Rüstzeug liefern, damit der NaO-Prozess sich nicht in endgültiger Bedeutunglosigkeit atomisiert.

Wir haben zwei Jahre lang - auf den Monat genau - im TREND den sogenannten Nao-Prozess dokumentiert. Mit dieser Nummer schließen wir diese Rubrik und müssen dazu bitter anmerken, das ganze Projekt, wie es von der SiB wortreich angeschoben wurde, war nicht mehr als eine trotzkistische Schummelpackung. Meinhard Creydt sagte bereits vor zwei Jahren diesem Projekt "Praktizismus und Gesinnungsgeklüngele" voraus. Leider hat er recht behalten. Dass "NaO" sich jetzt nur noch auf  den sozialreformistischen Flügel im trotzkistischen Lager bezieht, macht die Sache auch nicht besser, sondern erklärt im Nachhinein nur, warum beim subjektiv-revolutionären NaO-Einsammelausflug ins "postautonome" Lager besonders solche Strömungen ins Visier genommen wurden, die konzeptionell nicht über Reformpolitik hinauskommen und sich hilfsweise der Surrogate revolutionär etikettierter Inszenierungen bedienen. Übrigens sehr genau auf den Punkt formuliert durch den GAM-Autor Martin Suchanek in seinem Aufsatz über die "Interventionistische Linke" (IL) und "Ums Ganze" (UG). Dass die GAM trotzdem im sozialreformistischen NaO-Projekt mitmacht, diesen Widerspruch kann sie nur selber lösen.

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Auf eine ganz andere Zwecksetzung von Anbiederei treffen wir bei der Linkspartei, wenn es um die politische Teilhabe im Hier und Jetzt geht. Der 17. Juni 1953 ist immer ein wohlfeiler Anlass für die letzte sozialdemokratische Partei der BRD durch halbe Wahrheiten Falsches über die neue Geschichte des Imperialismus zu verbreiten. Da reichen bisweilen Kleinigkeiten. 2004 veröffentlicht z.B. die Rosa Luxemburg Stiftung eine Untersuchung von SED-Dokumenten aus dem Juni 1953, womit sie gestützt auf eine Mitschrift aus einer SED-ZK-Sitzung als vermeindliche historische Wahrheit verbreitet, den Tag "X", das heißt den gemeinsamen Plan des imperialistischen Rollbacks gegen die DDR mit unmenschlichen gewalttätigen Methoden, hätte es auf Seiten der demokratisch gewendeten Altnazis der BRD und ihren imperialistischen Verbündeten nicht gegeben.

Angesichts dessen  wollen wir diesen Jahrestag nutzen, um gegen den herrschenden Mainstream sozusagen die offizielle Sichtweise der SED mit unseren geringen Mitteln "gegenöffentlich" bekannt zu machen. Doch sind wir keine Anhänger dieses SED-Geschichtsbildes. Andererseits werden wir auf keinen Fall daraus den Schluss ziehen, es handele sich hier nur um inhaltleere Propaganda. Die richtige Beurteilung der Vorgänge in der DDR 1953 und die Klassenanalyse von Form und Inhalt dessen, was als "Arbeiter & Bauernstaat" von oben installiert wurde und 40 Jahre Bestand hatte, bilden einen wichtigen Ausgangspunkt in der Beurteilung der heutigen Klassenkämpfe, wenn es dabei um die historische Perspektive der Aufhebung des Kapitalismus geht.

Unter diesem Gesichtspunkt haben wir eine Textsammlung als Sonderschwerpunkt zusammengestellt, der exemplarisch die Rezeption des "17. Juni" durch linke und fortschrittliche Kräfte dokumentiert. Schubladenartig betrachtet reicht die Auswahl von maoistischen, stalinistischen, trotzkistischen, marxistisch-leninistischen bis zu unabhängig linken Positionen. Was diese Positionen trotz tiefster Unterschiede gemeinsam haben: Sie beanspruchen ihre Einschätzung aus der Perspektive der lohnabhängigen Massen, dem Proletariat, zu formulieren / abzuleiten. Insofern sind sie ein Spiegel des zerrissenen Zustands der (radikalen) Linken in diesem Lande, den es dringend zu überwinden gilt. Was übrigens möglich wäre, wenn die Zirkel eine gemeinsame kontinuierliche politische Praxis bezogen auf die proletarische Klasse in Angriff nähmen und dabei auf den organisationsbornierten Rückgriff auf die Geschichte der ArbeiterInnenbewegung zu eigenen Legitimationszwecken verzichteten.

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In dieser Ausgabe dokumentieren wir den AKL-Text "Widerstand schafft Veränderung - Entwurf einer alternativen Präambel zum LINKE-Bundestagswahlprogramm". Für diesen Entwurf ist es signifikant, dass nicht ein einziges Mal von der proletarischen Klasse  die Rede ist. Nun könnte man entschuldigend einwenden, dass der Adressat des Papiers ja die sozialdemokratische PdL sei - daher jene Anbiederei. Doch warum labelt sich diese Fraktion dann mit dem Adjektiv "antikapitalistisch"? Weil die Kritik der Politischen Ökonomie als Strukturtheorie - also mit Wert und Mehrwert aber ohne Klasse -  bei ihnen uminterpretiert und damit verfälscht ist. Solche Verfälschungen müssen (ideologisch) bekämpft werden, weil sie einen gedanklichen Sperrriegel gegen den Zusammenschluss der proletarischen Klasse bilden und ihn damit behindern. Und das - obwohl es seit längerem nicht nur  deutliche Anzeichen in der BRD  von selbstständigen Regungen in der Klasse gibt, sondern auch bemerkenswerte Zusammenschlüsse wie zum Beispiel die Selbstverständniserklärung hauptamtlicher Verdifunktionäre zeigt.

Angesicht dieser Entwicklungen wird in der TREND-Redaktion seit einigen Monaten mit Bezug auf die Klasse eine leseintensive Diskussion zu Begriff und Theorie geführt. Ziel des Ganzen ist es im Herbst/Winter eine Veranstaltungreihe durchzuführen, die sich der Grundfrage antikapitalistischer Politik heute widmet - nämlich ihrer Klassenorientierung - und ihre Notwendigkeit begründet.

In der Redaktion diskutieren wir u.a.:

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Die Regungen der Klasse, der Kampf einzelner Fraktionen im Alltäglichen bringen die Vorstellung einer Gesellschaft jenseits des Kapitalismus ins Bewußtsein zurück. Spiegelbild dieser wichtigen Alltäglichkeit sind u.a. Betriebsflugbätter und Betriebszeitungen. Wir möchten von hier aus unsere LeserInnen bitten, uns solche Zeitungen als Spiegel des Klassenkampfes zur Verfügung zu stellen, damit wir sie nicht nur regelmäßig netzweit verbreiten können, sondern durch die Verbreitung Anlaufpunkte für eine Vernetzung schaffen helfen. Daher: Call for Papers!

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