Skizzen zum Kommunistischen Infoformationsbüro (KOMINFORM) 1947 – 1956 Teil I.

 von Dietmar Kesten
GELSENKIRCHEN

02/03
 
 
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Die KOMINTERN löste sich offiziell 1943 (1) auf. Womit wurde die Auflösung begründet? Zunächst ist frappant, dass die  vorausgegangene Resolution des EKKI Präsidiums vom 15. Mai 1943 impliziert, es könne bzw. dürfe keine internationale revolutionäre Organisation  mehr geben:

‚Noch lange vor dem Kriege wurde es immer klarer, dass mit der zunehmenden Komplizierung sowohl der inneren als auch der internationalen Situation  der einzelnen Länder die Lösung der Aufgaben der  Arbeiterbewegung jedes einzelnen Landes durch die Kräfte irgendeines internationalen Zentrums  auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen wird.’ (2)

Teil II - IV erscheinen mit den nächsten Updates bzw. in der Märzausgabe 2003

Teil II
Personentafel zum KOMINFORM

Teil III
Zeittafel zum KOMINFORM
Teil IV
Einige zusätzliche Quellen und weiterführende Literatur zum KOMINFORM

Hatten seit dem VI. Weltkongress der KOMINTERN (1928) die Sektionen die  Aufgabe, unverzüglich die als bindend geltenden KI-Beschlüsse zu befolgen, so wurden 1943 die Kommunistischen Parteien von einem auf den anderen Tag nationale Parteien, nunmehr unabhängig und ohne gegenseitige definierte  Bindung. 

In der EKKI Resolution wurde die Auflösung der KOMINTERN weiter damit  begründet, sie habe ihren Zweck im antifaschistischen Kampf erfüllt, sie habe den nationalen Parteien geholfen, ‚die Massen der Werktätigen zu mobilisieren zur Verteidigung ihrer wirtschaftlichen und politischen Interessen, zum Kampf gegen den  Faschismus und den von ihm vorbereiteten Krieg, zur Unterstützung der Sowjetunion als Hauptstütze gegen den Faschismus.’ (3) 

In diesem Zusammenhang kommt die Volksfrontpolitik zur Sprache:

 ‚Während in den Ländern des Hitlerblocks die Hauptaufgabe der Arbeiter, der Werktätigen und aller ehrlichen Menschen darin bestand, allseitig auf die Niederlage dieses Blocks durch die Untergrabung der hitlerischen Kriegsmaschine von innen heraus hinzuarbeiten, an dem Sturz der am Kriege schuldigen Regierungen mitzuwirken, ist es in den Ländern der Antihitlerkoalition eine heilige Pflicht der breiten Volksmassen und vor allem der fortgeschrittenen Arbeiter, die Kriegsanstrengungen der Regierungen dieser Länder allseitig zu unterstützen, um den Hitlerblock aufs rascheste zu zerschmettern und die Zusammenarbeit der Nationen auf der Grundlage der Gleichberechtigung zu sichern. Dabei darf ebenso nicht aus dem Auge gelassen werden, dass auch einzelne Länder, die der Antihitlerkoalition angeschlossen sind, ihre besondere Aufgabe haben. So besteht zum Beispiel in den von den Hitleristen okkupierten und ihrer staatlichen Unabhängigkeit beraubten Ländern die Hauptaufgabe der fortgeschrittenen Arbeiter und breiten Volksmassen in der Entfaltung des bewaffneten Kampfes, der in den nationalen Befreiungskrieg gegen Hitlerdeutschland hinüberwächst. Gleichzeitig hat der Befreiungskrieg der freiheitsliebenden Völker gegen  die Hitlertyrannei die breitesten Volksmassen in Bewegung gebracht, die sich ohne Unterschied ihrer Partei- oder Religionszugehörigkeit in den Reihen der mächtigen Antihiltlerkoalition zusammenschließen, und hat offensichtlich gezeigt, dass der allnationale Aufschwung und die Mobilisierung der Massen zum raschesten Sieg über den Feind durch die Vorhut der Arbeiterbewegung jedes einzelnen Landes am besten und fruchtbarsten im Rahmen ihres Staates verwirklicht werden  kann.’ (4)

Vom SCHEITERN der Vorkriegs-Volksfronten in Frankreich und Spanien (5) ist allerdings nicht die Rede. 

Ein weiterer Punkt muss in die Betrachtung aufgenommen werden. Im November 1940 war die Kommunistische Partei der Vereinigten Staaten (CPUSA) aus der KOMINTERN ausgetreten. Sie war ja seit ihrer Gründung bestrebt, sich in die inneren Angelegenheiten der Kommunistischen Parteien einzumischen, und zwar nicht selten auf der Grundlage falscher Einschätzungen der Bedingungen in den jeweiligen Ländern. Auf einmal nimmt sie nun den Austritt der US-Kommunisten zum Anlass für die Äußerung: 

‚Schon der siebente Weltkongress der Kommunistischen Internationale im Jahre 1935 (...) unterstrich die Notwendigkeit, dass die Exekutive  der Kommunistischen Internationale bei der Beschlussfassung über alle Fragen der Arbeiterbewegung ‚von den konkreten Verhältnissen und Besonderheiten eines jeden einzelnen Landes auszugehen und, in der Regel, ein unmittelbares Eingreifen in interne organisatorische Angelegenheiten der Kommunistischen Parteien zu vermeiden hat. Von diesen Erwägungen ließ sich die Kommunistische Internationale  leiten, als sie den Beschluss der Kommunistischen Partei der Vereinigten Staaten von Amerika im November 1940 über ihren Austritt aus den  Reihen der Kommunistischen Internationale zur Kenntnis nahm und  billigte.’ (6) 

Stalin selbst hielt die KOMINTERN Auflösung für ‚klug und opportun’.   

‚Durch die Auflösung wird einer Lüge ein Ende gemacht die böswillig  behauptet hat, das Moskau sich in das Eigenleben anderer Nationen  einmische, um sie zu bolschewisieren. Auch wird jetzt der Verleumdung ein Ende gemacht, dass die kommunistischen Parteien in den verschiedenen  Ländern nicht im Interesse ihres Volkes handelten, sondern nach  Weisungen aus dem Ausland vorgingen. Die Auflösung der Kommunistischen Internationale ist angezeigt und opportun, weil sie die Organisation der  Offensive aller freiheitsliebenden Nationen gegen den gemeinsamen Feind,  den  Nationalsozialismus, erleichtert. Sie ist weiter angezeigt, weil sie auch  den Patrioten in den freiheitsliebenden Ländern die Aufgabe erleichtert,  die fortschrittlich gesinnten Kräfte ihrer Länder zu sammeln ohne sich um  Parteischablonen und Religionsbekenntnisse zu kümmern, und damit ein einziges Lager für die nationale Befreiung und zur Förderung des  Kampfes gegen den Faschismus zu schaffen.  

Die Auflösung der  Internationale erleichtert weiter den Patrioten aller Länder die Aufgabe,  alle Freiheitsliebenden Völker in ein einziges internationales Lager zum  Kampf gegen die nationalsozialistische Weltherrschaftsbedrohung zu  vereinigen und  damit den Weg für die zukünftige Organisation der freundschaftlichen Verbindung der Nationen auf der Grundlage der  Gleichberechtigung freizumachen. Ich glaube, dass alle diese  Umstände eine Stärkung der Einheitsfront der alliierten Nationen  und der anderen im Kampf um den Sieg über die nationalsozialistische  Tyrannei verbundenen Nationen mit sich bringen werden. Ich habe das  Gefühl, dass die Auflösung der Kommunistischen Internationale vollständig angezeigt ist, weil jetzt gerade, da der Feind seine letzten Kräfte  einsetzt, der Augenblick gekommen ist, eine gemeinsame Aktion der  freiheitsliebenden Länder zu organisieren, um dem Feind den  Gnadenstoß zu geben und  die Völker von der faschistischen Unterjochung  zu befreien.’ (7)    

Die Auflösung der KOMINTERN und die Gründung des KOMINFORM (8) erfolgte in einer historischen Periode, die die militärische Zerschlagung des Hitlerfaschismus, die Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam,  den Beginn des ‚Kalten Kriegs’, Korea-Krieg, die Errichtung der  Volksdemokratien in den ‚Ostblock-Ländern’, die amerikanische Unterstützung der Royalisten im griechischen Bürgerkrieg von 1946, den Truman-Doktrin vom März 1947, den Beschluss vom Juni 1948 zur Teilung Deutschlands und  zur Schaffung einer dem Westen angegliederten Bundesrepublik, die  Errichtung der Brüsseler Union (März 1948), und die im Juli 1949 zum Nordatlantikpakt erweitert wurde (vgl. Zeittafel) umfasste. Welche Beweggründe waren nun entscheidend, als 1947 das KOMINFORM gegründet wurde? 

Man muss zunächst den Plan der USA (Stichwort: MARSHALLPLAN vom Juni 1947) sehen, die westeuropäischen Länder zu einem einheitlichen  politischen-militärischen Block unter Washingtoner Führung, worunter auch die Ausdehnung der Aufgaben der Nachrichtendienste fiel, die der amerikanische Präsident Truman im Juni 1948, durch das neu geschaffene  ‚Central Intelligence Agency’ (CIA) anordnete, zusammenzufassen, um den  Wiederaufbau Westeuropas zu stärken, und zweitens Stalins Reaktion auf diese nordamerikanische Offensive, die m. E. darin bestand, einen östlichen Gegenblock unter Schirmherrschaft der Sowjetunion zu  errichten (hierzu gehörte auch seine Absicht, die Kommunistischen Parteien Frankreichs und Italiens sollten den US-Machenschaften  entgegenwirken). 

Stalin rief HEIMLICH Vertreter der KPdSU, der volksdemokratischen Parteien, sowie der Kommunistischen Partei Italiens und der Kommunistischen  Partei Frankreichs zusammen; keine einzige Kommunistische Partei aus  den ehemals kolonialistisch beherrschten bzw. ‚unterentwickelten Ländern’  war geladen, nicht einmal die chinesische Kommunistische Partei (im übrigen  auch nicht die griechischen Kommunisten, die sich damals im bewaffneten  Kampf gegen die englisch-amerikanische Intervention befanden). Auf das Fehlen der KPD, das ebenfalls ins Auge fällt, kann hier nicht näher eingegangen werden; denn die deutsche Frage war noch völlig offen. Insofern muss die KOMINFORMGRÜNDUNG als ideologische und organisatorische  Gleichschaltung verstanden werden; denn die Betonung einer ‚Freiwilligkeit’  zum Zusammenschluss hing wohl mit den kommenden Befürchtungen und  Widerständen gegen diese Gründung zusammen, was sich auch zeigen sollte. 

An der KOMINFORMGRÜNDUNG waren nach Francois Fejtö (9) personell  beteiligt: Sowjetunion: A. Shdanow (der auf der Gründungskonferenz das Hauptreferat hielt und Leiter des KOMINFORM wurde), G. Malenkow; Bulgarien: W. Tscherwenkow, W. Poptomow; Jugoslawien: E. Kardelj, M. Djilas; Polen: W. Gomulka, H. Minc; Rumänien: G. Gheorghiu-Dej, A. Pauker; Tschechoslowakei: R. Slansky, S. Bastovansky; Ungarn: M. Farkas, J. Revai; Frankreich: J. Duclos, E. Fajon; Italien: L. Longo, E. Reale. 

Einige dieser Gründungsmitglieder hatten schon in der KOMINTERN eine wesentliche Rolle gespielt: z. B. Shdanow, A. Pauker und Rakosi. 

Vergleicht man die KOMINFORM Zeit mit der letzten Zusammensetzung  des EKKI Präsidiums, fallen weitere Übereinstimmungen auf: Dimitroff, Gottwald, Kuusinen (Präsidiumsmitglied des ZK der KPdSU), Thorez, Manuilski (ZK-Mitglied der KPdSU), Pieck (in seiner Funktion als Vorsitzender der KPD, ZK der SED, später ab 1949 als Präsident  der DDR) sowie Ibarruri (Vizepräsidentin der 1945 gegründeten Frauenförderation), blieben auch in der KOMINFORM Periode  einflussreich, zumindest zeitweilig. 

Das KOMINFORM sollte die KOMINTERN positiv überwinden, und zwar  durchaus im Widerspruch zu bereits erwähnten EKKI Resolution vom Mai 1943. Denn nun wurde wieder eine zentrale Organisation der kommunistischen  Arbeit angestrebt, die allerdings nur die ‚wichtigsten’ kommunistischen  Parteien umfasste, was sicherlich auch dahingehend interpretiert werden  darf, dass die sowjetische Hegemonie durch sie gefestigt werden sollte. Das Büro hatte nur die Aufgabe eines reinen ‚Erfahrungsaustausches’ auf der Grundlage gegenseitiger Übereinkünfte, was immer auch  darunter zu verstehen war.  Trotzdem gab es keine politischen Verbindlichkeiten und keine  offiziellen Entscheidungskompetenzen. 

Diese Kehrtwende erfolgte meines Wissens OHNE eine ernsthafte  Diskussion der bis dato verfolgten Politik, der neuen Bedingungen  der Kriegs-, und Nachkriegszeit und der eigenen, kommunistischen  Zukunftsabsichten. Dem entsprach auch wohl der GEHEIME Charakter der  KOMINFORMGRÜNDUNGSKONFERENZ. Selbst die Zentralorgane der beteiligten kommunistischen Parteien hatten über die Bildung eines ‚Kommunistischen Informationsbüros’  nicht diskutiert.  Nicht nur deshalb, aber vielleicht auch deshalb, zeigten sich bald die ersten Risse innerhalb des KOMINFORM. Seit Beendigung des Zweiten Weltkrieges, verfolgte die Kommunistische Partei Jugoslawiens einen eigenständigen  Weg, der u. a. den Plan umfasste, eine ‚Balkanförderung’  zu schaffen, einen Staat ‚vom schwarzen Meer bis zur Adria’.  1947/1948 spitzte sich der bereits schwelende Konflikt zwischen der  Sowjetunion und Jugoslawien merklich zu, wobei Stalins Brief an Tito vom 27. März 1948 (10) einen ersten Höhepunkt setzte. Am 12. April 1948 wies das ZK der KPJ alle Anschuldigungen  zurück und widersetzte sich damit erstmals den Bestrebungen  der KPdSU und Stalin, was einem Todesurteil gleichkam. 

Stalin lässt diesen Konflikt weiter eskalieren. Und am 4. Mai 1948  verschärfte das ZK der KPdSU merklich den Ton der Polemik, und forderte die KPJ ultimativ dazu auf, den Konflikt umgehend im  KOMINFORM zu beraten. Das ZK der KPJ unter Tito lehnte dies ab (vermutlich am 21. Juli). In einem weiteren Brief wird die KPJ offen des ‚Verrats’ beschuldigt.  Es folgte am 28. Juni des Jahres eine KOMINFORM Resolution  mit  einer scharfen Verurteilung der Führung der Kommunistischen  Partei Jugoslawiens.  Die KPJ wird erneut aufgefordert, sich gegen  die ‚feindlich gesinnten Elemente’ zu Wehr zu setzen, später in   der Verschärfung des Tons, sich gegen die ‚faschistische Tito-Clique’ zur Wehr zu setzen. Als die KPJ erneut diese Anschuldigungen zurückwies, wird sie aus  dem KOMINFORM ausgeschlossen und dessen Sitz von Belgrad  nach Bukarest verlegt. Was wurde Tito und seinem Kreis in der Juni-Resolution vorgeworfen? 

Nicht weniger als eine vom Marxismus-Leninismus abweichende Linie in wichtigen Fragen der Innen- und Außenpolitik. Im Detail u. a. eine falsche Parteitheorie, sektiererisch-voreilige Methoden der Sozialisierung des Landes, Nationalismus,  Terrorismus, Bucharinismus, Trotzkismus, später auch Antisemitismus,  Zionismus, mangelhafte Kooperation mit sowjetischen Militärberatern  und der Roten Armee allgemein. (11) Eine inhaltliche und kritische, geschweige denn solidarische Auseinandersetzung wurde offensichtlich nicht mehr gesucht, sondern  nur die Verurteilung, was man auch der Aufforderung an die  jugoslawische ‚Basis’ entnehmen kann, sie möge ihre Führung  rigoros zur Rechenschaft ziehen. Und nach damaliger gängiger Praxis bedeutete das, die politische Führung eines Landes zur Demission  zu zwingen, oder sie durch einen (bewaffneten) Putsch zu stürzen. (12) 

Diese Resolution scheint voll und ganz auf der ‚Theorie’ des ‚Sozialismus in einem Land’ zu beruhen, der zufolge eine REVOLUTION in den vormals kapitalistischen oder feudalkapitalistischen Nachbarländern der Sowjetunion nicht mehr notwendige Voraussetzung  für den weiteren Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion, sondern  diesem womöglich schädlich sei. Ein weiteres Beispiel in dieser Richtung ist die Behandlung revolutionärer Erhebungen in Griechenland durch Stalin, der ja die alliierte  Militärintervention dort geradezu begünstigte und die Führungskräfte der griechischen Kommunisten zur Kapitulation bewegte.  Dem Titoismus nun warf das KOMINFORM vor, sich zu sehr für den  Aufbau des EIGENEN Sozialismus zu interessieren und zu engagieren, und wandte die anklagende Bezeichnung ‚titoistisch’ auch auf ähnlich  Bestrebungen in anderen Volksdemokratien an. Der Kampf gegen solcherlei realen oder vermeintlichen ‚Titoismus’ wurde außerhalb Jugoslawiens mit großer Härte geführt. Parteiausschlüsse, Gefängnisstrafen, Hinrichtungen waren über Jahre  hinweg an der Tagesordnung.  Am bekanntesten sind aus diesem Zusammenhang der Slansky- und der Rajk Prozess (vgl. Zeittafel). Diese äußerst intensiven ‚Abwehrmaßnahmen’ fanden erst mit  Chruschtschows ‚Canossa-Gang’ nach Belgrad (13) ein Ende. Das KOMINFORM ist auch ohne die Entwicklung der späteren  Kommunistischen Partei Albaniens (PAA) nicht zu verstehen. Die  albanische Kommunistische Partei wurde von den Jugoslawen ins Leben gerufen. Es gab in Albanien mehrere Fraktionen, die unter der Leitung von  Enver Hoxha und Koci Xoxe standen. Sie waren aber untereinander zerstritten, und alle Versuche, des KOMINFORM, sie zu einigen, schlugen fehl. 

1941 gelang es u. a. Milovan Popovic die Fraktionen zur  PAA zu vereinigen. Jugoslawische KP Vertreter blieben als  ‚Berater’ im Land und  es gelang ihnen nicht zuletzt  durch  eine Gleichschaltung der Außenpolitik  mit einer extrem  westfeindlichen Linie, die albanischen Kommunisten  der Machtsphäre Jugoslawiens ganz auszusetzen.

Parallel zur Sicherung seines Einflusses, versuchte Tito, die  albanische Wirtschaft zu kontrollieren. Diese Versuche der  Hegemoniebestrebungen Jugoslawiens blieben nicht ohne Folgen für die Kommunistische Politik in Albanien. Im November 1943 kristallisierten sich zwei Fraktionen in der Partei heraus. U. a. eine sog. ‚Arbeiterfraktion’ mit dem Innenminister Xoxe an der Spitze. Hoxha, Generalsekretär der Partei, versuchte dem  entstehenden Machtkampf durch einen Parteikongress, den  er für Mai 1946 einberufen wollte, zuvorzukommen, scheitert aber auf Druck Titos. 

Hoxha wandte sich an Stalin und verlangte eine Audienz. Als dieser ablehnt, ging Hoxha in die Offensive und kritisiert 1947 in immer schärfer werdenden Verlautbarungen die  ungleichen Bedingungen im jugoslawisch-albanischen Wirtschaftsvertrag. Das Verhältnis beider Länder spitzte sich  so dramatisch zu, was auch später in der Tatsache zum Ausdruck kam, dass die KP Albaniens nicht in das KOMIFORM  aufgenommen, sondern von Jugoslawien vertreten wurde. Die Jugoslawen drängen Xoxe zur Gegenoffensive, der im  Mai 1947 Mitglieder der Volksversammlung verhaften ließ und  sie vor ein Volksgericht stellte. Im Juni stieß Tito nach und beschuldigte Hoxha eine anti-jugoslawischen Stimmung zu  schüren.  

Nachdem Hoxha abermals in Moskau vorstellig wurde, und es ihm gelang, eine Handelsdelegation in die SU zu schicken,  sagt Stalin zu, ohne Tito und die Jugoslawen zu informieren. Auf einer ZK-Sitzung im November 1947 empörte sich Xoxe heftigst gegen die von Nako Spiru angeblich ‚parteifeindliche, nationalistische Tätigkeit’. Ab Anfang 1948 nahm sich Stalin des ‚albanischen Problems’ endgültig an und schickt ‚Spezialisten’ von Moskau nach Tirana. Gleichzeitig verstärkte Jugoslawien seine Armeedivisionen in Albanien, um das Land angeblich vor einer evtl. griechischen  Invasion zu schützen. 

Tito, der seinen Plan einer ‚jugoslawisch-albanischen Union’ mit Xoxe herstellen wollte, wies diesen an, eine Plenarsitzung  (VIII. Plenum) des ZK zusammenzurufen. Hoxha blieb danach Generalsekretär der Partei und Xoxes Vorschlag, die albanische  Wirtschaft und Armee mit Jugoslawien zu verschmelzen, wurde angenommen. Die Ereignisse überschlugen sich nun: Mitte Juni 1948 verordnete Hoxha mit Einverständnis des sowjetischen Botschafters die  Schließung des jugoslawischen Informationsbüros. Und am 1. Juli 1948 kündigte er alle Wirtschaftsverträge mit Jugoslawien und ordnete die Ausweisung  aller jugoslawischen  Spezialisten und Berater an. 

Mit Unterstützung Stalins wandte sich Hoxha jetzt endgültig gegen Xoxe. Das ZK unter ihm widerrief nun alle Beschlüsse des VIII. Plenums (vermutlich 22. Oktober 1948) und beschloss, Xoxe  seines Postens als Innenminister zu entheben. Neuer  Innenminister wurde Mehmet Shehu. Am 31. Oktober 1948 wurde Xoxe aus sämtlichen Partei- und  Regierungsämter entfernt. Der nun in einen ‚Titoisten’ verwandelte, hatte in bewährter Vendetta-Tradition nun seine imaginären ‚Verbrechen’ zu gestehen. Am 22. November wurde er mit vielen  anderen verhaftet.  Der Prozess gegen Xoxe und seiner ‚Bande jugoslawischer Agenten und Saboteure’ begann am 12. Mai 1949, mit dem  Vorwurf der ‚Ermordung von Parteiführern’, im Auftrage ‚imperialistischer Nachrichtendienste’ gehandelt zu haben, und einen ‚antisowjetischen Block’ schmieden zu wollen. Am 8. Juli 1949 wurden  Xoxe und seine Anhänger zum Tode  verurteilt und hingerichtet. 

Es sei daran erinnert, dass (vgl. Zeittafel) im Zeitraum zwischen  Gründung und Auflösung des KOMINFORM (dessen Auflösung von vielen  Beobachtern mit dem Beginn der ‚Ostblockliberalisierung’ und einer gewissen eurozentristischen Ausrichtung nahezu gleichgesetzt wird) u. a. Ereignisse fallen wie: Berlin Blockade, Gründung der VR China, Korea-Krieg, XIX. und XX. Parteitag der KPdSU, Ostberliner Aufstand.

Zweifellos ist es wichtig, nach Kontinuitäten zwischen KOMINTERN und  KOMINFORM zu fragen. Schon die Kommunistische Internationale hatte ihren Sektionen  vielfach einen uniformen Kurs verordnet. DIESES Erbe scheint mir vom KOMINFORM durchaus übernommen und weitergeführt worden  zu sein. Die angesprochenen Kommunistischen Parteien wurden  NICHT dazu aufgefordert, in Eigeninitiative eine Politik zu entwickeln, die den Erfordernissen des jeweiligen Landes entsprachen. 

Die Sektionen der Kommunistischen Internationale besaßen auf  die Wahl bzw. Abwahl der Führung keinerlei Einfluss. Zu Zeiten des KOMINFORM war es den beteiligten Kommunistischen Parteien  ebenfalls unmöglich, dieses (selbsternannte) Gremium in zwingender Weise zu kontrollieren und zur Rechenschaft zu ziehen. War es schon Praxis der KOMINTERN gewesen, ohne enge Tuchfühlung  mit der Sowjetunion keinen entscheidenden Schritt zu machen, so  muss man im Falle des KOMINFORM von einer klaren Dominanz Stalins, wenn nicht sogar (bis 1953) von erdrückender Übermacht reden. 

Was die Methodik der Gründung des KOMINFORM angeht, erinnert sie  zumindest indirekt an die Gründungskonferenz der KOMINTERN (1919), als der deutsche Delegierte, Eberlein, vielleicht mit Recht, aber ohne  Erfolg, davor warnte, eine übergeordnete Organisation aus dem  Boden zu stampfen, die den Möglichkeiten und Erfordernissen der sozialistischen und kommunistischen Arbeiterbewegung nicht  ausreichend Rechnung trägt. (14) 

Die Säuberungen in der Sowjetunion, vor allem in den Jahren  1935-1939, haben zumindest formal starke Ähnlichkeiten mit dem  ‚antititoistischen’ Vorgehen der KOMINFORM Periode. 

Zur Frage des theoretischen Niveaus sei gesagt: Die KOMINFORM Zeitschrift ‚Für dauerhaften Frieden, für Volksdemokratie’, (15) ist  nach dem bisherigen Kenntnisstand ganz der ‚Zwei-Lager’ (nämlich des friedfertigen östlichen und des aggressiven westlich-imperialistischen) verpflichtet. Sie stand wohl im Dienste einer reinen Abwehr des ‚Titoismus’. (16) Man hat den Eindruck, dass diese Grundkonstellation (und die mit ihr  zusammenhängende Konzeption der Volksfront) nicht frei ist von  reformistischen und pazifistischen Elementen. 

Im übrigen ist zu konstatieren, dass das KOMINFORM als das unbelangbare (und um Übereinstimmung mit dem politisch-theoretischen Organ des ZK  der KPdSU ‚Der Kommunist’ bemühte) autoritative Redaktionsgremium  bezeichnet werden kann.  Von intellektueller Vielfalt und Produktivität zu reden, erscheint mir hier  noch viel übertriebener als im Falle von ‚Unter dem Banner des Marxismus’. 

Wie schon angedeutet, spielte Tito bzw. der ‚Titoismus’ in der  KOMINFORM Periode oft genug die Rolle, die Trotzki ab 1923/24 als Zielscheibe für KOMINTERN Kritik und- Polemik abgab.  Nach der 3.  KOMINFORMTAGUNG im November 1949 wird Stalins  Geburtstag (21. Dezember) die Stalinsche Epoche des KOMINFORM. Stalin wird ‚unsterblicher Klassiker’ (des Marxismus-Leninismus), gegen  Jugoslawien wird ein totaler Wirtschaftsboykott verhängt, und der  rumänische KP-Chef Georghiu Dej sieht die KP Jugoslawiens nun  ‚in der Gewalt von Mördern und Spionen’ (vgl. Dokument). Dedijer meinte sogar, dass es nun primär um die jugoslawischen  Rohstoffe: Erdöl, Aluminium, Bauxit (17) gehen würde. Zum Sommer bis zum Jahresende 1950 kommt es zur  sog. ‚Togliatti’ Affäre (Deckname ‚Ercoli’) und wohl auch zum  Bruch zwischen der KPdSU und den italienischen Kommunisten,  nachdem sich dieser weigerte, auf der letzten KOMINFORM Tagung  (vermutlich Sommer 1950), den Vorsitz dieses Gremiums zu  übernehmen. 

Überhaupt war diese Tagung wohl der letzte Versuch, das  KOMINFORM zu reorganisieren, es auszubauen, und es offensichtlich  auch mit den weltweit aktiven ‚Friedenskonferenzen’ zu  koordinieren. Der Niedergang des KOMINFORM ist damit endgültig eingeläutet. 1950/1951 kann wohl als das eigentliche Schicksalsjahr des KOMINFORM bezeichnet werden. Ab 1951 ist es nur noch Redaktionsstab der Zeitung. Und mit dem Tode Stalins erlischt auch die politische Vorherrschaft, die Koordination und das Diktat. Berija und die KPdSU informieren nur noch. Und ab 1953 entfällt  auch ganz die publizistische Aktivität. Im Mai 1955 fährt Chrustschow nach Belgrad, um die Versöhnung  zwischen der KPdSU und der KPJ einzuleiten (Canossa Gang). Die Auflösung des KOMINFORM erfolgt durch eine Erklärung, die am  17. April 1956 veröffentlicht wurde. (18) 

Der entscheidende Unterschied zwischen KOMINTERN und  KOMINFORM Periode ist aber der ausdrückliche Verzicht auf  eine ‚Weltpartei’ des Proletariats nach dem Zweiten Weltkrieg und  die ‚Zwei-Lager-Theorie’, damit verbunden auch die auffällige Desavouierung der griechischen und chinesischen Kommunisten durch Stalin, was man als kaum begreifliche damalige  Solidaritätsverweigerung bezeichnen muss, wenn man bedenkt,  dass z. B. der griechische Aufstand ein Beispiel drastischer  militärischer Repression und Aggression war.  Im übrigen hat Stalin bzw. das KOMINFORM das Ziel einer  ‚Ostblock-Monolithe’ nicht erreichen können, und die

KOMINFORM Auflösung unter Chrustschow (21) trug vermutlich  sowohl der Versuchsweisen  Annäherung an diese Monolithe als auch ihrer faktischen Unerreichbarkeit Rechnung. 

Zur Revolutionstheorie des KOMINFORM ist anzumerken, dass ihre neue Deutung mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und  dem Kampf gegen den ‚Titoismus’ zusammenhängt. Der ‚proletarische Internationalismus’ wird 1948 zur ‚Generallinie’  sowjetischer Prägung. Und die spezifischen nationalen Revolutionsstrategien haben sich  dieser unterzuordnen.  Es ist auch diese Auseinandersetzung, die später zum Bruch zwischen  der KPdSU (Chrustschow) und der KPCh (Mao Tsetung)  in den  60er Jahren führen wird. Der eigene nationale Weg zum Sozialismus, den Tito, Dimitroff und  andere forderten, bleibt sowjetische Idee, Maßstab, Vorbild und entscheidender Grundfaktor. Die KOMINTERN Theorie, der zufolge der Umwälzungsprozess in  Osteuropa ‚Authentische Revolutionen’ ohne ‚Äußere Einmischung’ sind, wird mit dem Gründungsprozess des KOMINFORM zu den  Akten gelegt (siehe KOMINTERN Programm von 1928). 

Anmerkungen:

(1) Allgemein gilt der 15. Mai 1943 als Auflösungsdatum der KOMINTERN, da an diesem Tag das Präsidium des EKKI die Auflösung der KOMINTERN vorschlug. Am 22. Mai erschien in der ‚Prawda’ die Beschlussfassung. Die Resolution zur Auflösung der KOMINTERN datierte vom 15. Mai 1943. Unterzeichner waren u. a. Dimitroff, Ercoli, Florin, Gottwald, Shdanow, Kolaroff, Koplenig Kuusinen, Manuilski, Marty, Pieck und Thorez. Die letzte Sitzung fand jedoch nach Othmar N. Haberl  am 8. Juni 1943 statt. Die letzte EKKI Resolution datiert nach ihm  vom 9. Juni1943. Somit erfolgte wohl die eigentliche Auflösung am 10. Juni 1943. Vgl. auch das Dokument des ‚Archivs der Gegenwart’ (Anhang).

(2) EKKI Resolution vom 15. Mai 1943. Zitiert nach: H. Weber (Hrsg.): Der deutsche Kommunismus. Dokumente 1915–1945, Köln 1973, S. 369ff. 

(3) Ebd. S. 369. 

(4) Ebd. S. 369f 

(5) Die ‚Volksfront’ in Frankreich wird eigentlich mit dem Jahrestag der  Erstürmung der Bastille (14. Juli 1935) in Paris aus der Taufe  gehoben. Im Januar 1936 einigten sich die Parteien auf ihre  gegenseitige Unterstützung und zogen ab  April in den Wahlkampf. Bei den Wahlen vom Mai 1936 siegte in Frankreich ein sog. politischer Block eines Flügels, der auf Reformen aus war, mit Arbeiterparteien, die dem Faschismus den Weg versperren wollten, und was die Kommunistische Partei anbetrifft, auch die Verteidigung  der Sowjetunion anstrebten.  Es war eigentlich der Block eines kapitalistischen Flügels, der sich  im Januar 1936 durch das Programm ‚Rassemblement populaire’ (Sammlung des Volkes) einen offiziellen Namen, der so gebildeten  Koalition gab.
Bei den Wahlen im Mai 1936 siegte diese ‚Volksfront’, die im französischen Parlament über eine Mehrheit verfügte. Drei Tage vor dem Einmarsch der Hitlertruppen in Österreich (Wien) scheiterte die Regierung Blum an finanzpolitischen Gegensätzen. Blum trat am 7. April 1938. zurück. Die Periode der Volksfrontregierung fand damit ein Ende. Die Entwicklung der  spanischen ‚Volksfront’ umfasste zeitlich mehrere Epochen, die mit dem Sturz Primo de Riveras begann, den Aufstand der asturischen Arbeiter (Oktober 1934) einschließt,  in den Wahlsieg der ‚Volksfront’ in der ersten Jahreshälfte 1936  einmündet, in die eigentliche Bürgerkriegsperiode bis zu den  Maitagen von 1937 in Barcelona übergeht, und mit der Niederlage 1939 endet. Angesichts des Vormarsches der Faschisten gründete sich ein  Bündnis vom Proletariat und liberalem Mittelstand, das bei den  spanischen Parlamentswahlen im Februar 1936 durch die absolute Mehrheit der Linken bestätigt wurde. Damit konstituiert sich die ‚Volksfront’. Die U.G.T. (Sozialistische  Arbeiterpartei) und die anarchistische Gewerkschaft, C.N.T., unter  dem Schriftsteller Diaz (1880-1940), dem Führer der republikanischen  Linken, bildete sich die ‚Volksfrontregierung’. Am 17. Juli 1936 kam es zu Aufständen im Militärstützpunkt Marokko. Am 18. Juli bringt Franco die Kanaren unter sein Kommando und das Militär hinter sich. Am 19. Juli richteten Francos Truppen in Barcelona ein  Blutbad an. Der Putsch konnte zwar noch niedergeschlagen werden, doch das Land spaltete sich in zwei Zonen: in eine nationalistische und  eine republikanische. Diese, sich ständig verschärfenden Gegensätze lösten letztendlich den Bürgerkrieg aus. Am 26. April 1937 wurde durch die faschistische Legion Condor die baskische Industriestadt Guernica durch ein  Flächenbombardement  in Schutt und Asche gelegt. Die ‚Internationalen Brigaden’ leisteten heftigsten Widerstand. Doch  nicht  zuletzt  aufgrund schwerwiegender Fehler der KOMINTERN und  Stalins müssen sie vor der Übermacht der Truppen Francos  spätestens im September 1938 kapitulieren. Am 28.3.1939 marschierten Francos Truppen in Madrid ein.  Am 1. April 1939 wird der Bürgerkrieg für beendet erklärt. Ab  1939 errichtete Franco ein diktatorisches Regierungssystem in Spanien. 

(6) Vgl. den Text der Antwort Stalins an den Moskauer Korrespondenten  der Agentur Reuter vom 28. Mai 1943. Zitiert nach H. Weber: Der deutsche Kommunismus. Dokumente 1915-1945 und: Die Kommunistische Internationale. Eine Dokumentation, Köln, 1973. Vgl. auch das Dokument des ‚Archivs der Gegenwart’ (Anhang). 

(7) Zitiert nach: Pierre Frank: Geschichte der Kommunistischen  Internationale, 2 Bd., Frankfurt/M. 1981, hier: Band 2, S. 737. Vgl. auch das Dokument des ‚Archivs der Gegenwart’ (Anhang). 

(8) Die Gründung des KOMINFORM erfolgte am 30. September 1947 in  Polen, in einem kleinen Ort in Schlesien (Szklaraska). Die Tagung ist auch  bekannt als ‚Schreiberhauer Konferenz’). Andere Quellen sprechen im übrigen von einer Gründung am  27. September 1947. Das Informationsbüro der Kommunistischen und Arbeiterparteien  bestand bis zum 17. April 1956. Während der Gründungskonferenz trägt Andrej A. Shdanow, der Leiter der sowjetischen Delegation, erstmals die ‚Zwei-Lager-Theorie’ vor. U. a. heißt es dort: Deklaration über die Gründung des Kommunistischen Informationsbüros  Auszüge aus dem Gründungskommunique vom 30. September 1947:  ‚In der internationalen Situation sind als Folge des Zweiten Weltkrieges und  der Nachkriegszeit wesentliche Veränderungen eingetreten. Diese  Veränderungen sind gekennzeichnet durch eine Neuverteilung der  wichtigsten politischen Kräfte, die auf der Arena des Weltgeschehens  wirken, durch Änderungen in den Beziehungen zwischen den Siegerstaaten  des Zweiten Weltkrieges und ihre Umgruppierung. Solange der Krieg währte,  gingen die im Krieg gegen Deutschland und Japan verbündeten Staaten  gemeinsam vor und bildeten ein gemeinsames Lager. Aber schon während  des Krieges bestanden unter den Alliierten Meinungsverschiedenheiten  über die Ziele des Krieges und die Nachkriegsgestaltung der Welt. Die Sowjetunion und die demokratischen Länder betrachteten als Hauptziele  des Krieges die Wiederherstellung und Festigung der demokratischen Systeme  in Europa, die Liquidierung des Faschismus, Verhütung der Möglichkeit einer  neuen Aggression Deutschlands und allseitige dauernde Zusammenarbeit der  Völker Europas. Die USA, und in Übereinstimmung mit ihnen Großbritannien,  setzten sich im Krieg ein anderes Ziel: Beseitigung ihrer Konkurrenten auf  dem Weltmarkt (Deutschland und Japan) und Festigung ihrer eigenen  Vormachtstellung.  Die Meinungsverschiedenheiten in der Zielsetzung des Krieges und der  Aufgaben der  Nachkriegsgestaltung haben sich in der Nachkriegszeit  vertieft. Es bildeten sich zwei einander entgegengesetzte politische Richtungen  heraus: auf dem einen Pol die Politik der UdSSR und der demokratischen  Länder, die auf Untergrabung des Imperialismus und Festigung der  Demokratie gerichtet ist, auf dem anderen die Politik der USA und  Großbritanniens, die auf Stärkung des Imperialismus und Drosselung der  Demokratie abzielt. Da die UdSSR und die Länder der neuen Demokratie  ein Hindernis bei der Durchführung der imperialistischen Pläne des Kampfes  um die Weltherrschaft und der Zerschlagung der demokratischen Bewegung  sind, wurde ein Kreuzzug gegen die UdSSR und die Länder der neuen  Demokratie proklamiert, der auch durch Drohungen mit einem neuen Krieg  von Seiten der besonders eifrigen imperialistischen Politiker der USA und  Englands bestärkt wird. Auf diese Weise entstanden zwei Lager: das  imperialistische, antidemokratische Lager, dessen Hauptziel die  Weltherrschaft des amerikanischen Imperialismus und die Zerschlagung der  Demokratie ist, und das antiimperialistische und demokratische Lager,  dessen Hauptziel die Untergrabung des Imperialismus, die Festigung der  Demokratie und die Liquidierung der Überreste des Faschismus ist. Der  Kampf der beiden einander entgegengesetzten Lager - des imperialistischen und des antiimperialistischen - erfolgt zu einem Zeitpunkt einer weiteren  Zuspitzung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Schwächung seiner  Kräfte und der Stärkung der Kräfte des Sozialismus und der Demokratie ...  Unter diesen Umständen muss sich das antiimperialistische demokratische  Lager zusammenschließen, eine gemeinsame Aktionsplattform ausarbeiten  und seine Taktik gegen die Hauptkräfte des imperialistischen Lagers, gegen  den amerikanischen Imperialismus, gegen dessen britische und französische  Verbündete und gegen die rechtsgerichteten Sozialisten, vor allem in England  und Frankreich, aufstellen. Um den Plan der imperialistischen Aggression zu  vereiteln, ist der Einsatz aller demokratischen antiimperialistischen Kräfte  Europas notwendig Darum müssen die kommunistischen Parteien im  Widerstand gegen die Pläne der imperialistischen Expansion und Aggression, auf allen Gebieten, im staatlichen, politischen, wirtschaftlichen und  ideologischen Bereich, an der Spitze stehen. Sie müssen sich  zusammenschließen, ihre Bemühungen auf der Basis einer gemeinsamen  antiimperialistischen und demokratischen Plattform vereinigen und alle demokratischen und patriotischen Träger des Volkes um sich scharen.  Die Beratung stellt fest, dass das Fehlen von Verbindungen zwischen den  kommunistischen Parteien, die sich an dieser Beratung beteiligen, unter  den gegenwärtigen Umständen ein ernstlicher Mangel ist. Die Erfahrung  hat gezeigt, dass eine derartige Isolierung der einzelnen kommunistischen  Parteien voneinander falsch und schädlich ist. Das Bedürfnis nach einem  Erfahrungsaustausch und nach freiwilliger Koordinierung der Tätigkeit der  einzelnen Parteien ist heute angesichts der Schwierigkeiten der internationalen  Nachkriegszeit besonders aktuell, wo die Abgesondertheit der kommunistischen  Parteien voneinander der Arbeiterklasse zum Schaden gereichen kann.  In Anbetracht dessen sind die Beratungsteilnehmer übereingekommen:   

1. Ein Informationsbüro aus Vertretern der Kommunistischen Partei vorgenannter  Länder zu gründen.
2. Das Informationsbüro zu beauftragen, einen Erfahrungsaustausch zu  organisieren und nötigenfalls die Tätigkeit der kommunistischen Parteien auf  der Grundlage gegenseitigen Einvernehmens zu koordinieren.  
3. Dem Informationsbüro sollen je zwei Vertreter der entsprechenden  Zentralkomitees angehören, die von diesen zu ernennen und auszutauschen sind.
4. Das Informationsbüro soll eine gedruckte Halbmonatsschrift, später eine Wochenschrift herausgeben. Diese wird in französischer und russischer und  nach Möglichkeit auch in anderen Sprachen erscheinen.  
5. Das Informationsbüro soll seinen Sitz in Belgrad haben.’ (Vgl. auch das Dokument des ‚Archivs der Gegenwart’ im Anhang.

(9) Vgl. Francois Fejtö: Die Geschichte der Volksdemokratien, 2 Bd. Köln 1972, zitiert nach Bd. II., S. 201. 

(10) Dies war nicht der erste Zusammenstoss: zwei weitere frühere  Vorfälle müssen genannt werden. Einmal die Übergriffe sowjetischer Soldaten gegenüber der jugoslawischen Zivilbevölkerung nach der Befreiung Belgrads (Ende 1944), dann Stalins Reaktionslosigkeit im Mai 1945, als Tito ihn vergeblich um Hilfe gegen die  angloamerikanischen Invasionstruppen gebeten hatte.

(11) Ab dem 18. März 1948 wurden militärische und dann auch  sowjetische Experten aus Jugoslawien abgezogen. Das unter dem  Vorwand einer ‚politischen Diskriminierung’.  Ab dem 27. März erfolgte dann ein Schreiben des ZK der KPdSU, in dem der schwelende Konflikt auf eine politische (ideologische) Ebene gehoben wurde. Der Vergleich mit Trotzki wird gezogen. 

(12) Vgl. etwa die Affäre um Wladsylaw  Gomulka, der wegen seiner  Stellung zur Kollektivierungspolitik sein Amt als Generalsekretär der polnischen Arbeiterpartei verlor (Sommer 1948). Nach einer umfassenden ‚Selbstkritik’ verlor er alle Ämter, wird aus der Regierung ausgeschlossen und sitzt von 1950-September 1954  im Gefängnis.  

(13) Im Mai 1955 führte Nikita Chrustschow in Belgrad offizielle Gespräche, um die Versöhnung zwischen der KPdSU und der KPJ zu besiegeln. 

(14) Hugo Eberlein (Pseudonym: Max Albert) nahm als deutscher Delegierter am 1. Kongress der III. Internationale in Moskau teil. Eberlein war der einzige deutsche Delegierte. Eugen Levine, der zweite Vertreter, kam nicht rechtzeitig nach Russland. Seine Warnungen ‚wir wollen nicht jetzt schon an die Gründung  der neuen Internationale gehen, sondern wir wollen auf einer  Vorkonferenz erst die Kräfte prüfen, die vorhanden sind, die  politischen Grundlagen, auf denen wir uns vereinigen  können...’ wurden nicht gehört. Zitat nach: KOMINTERN Kongresse, Protokoll der Verhandlungen  In Moskau; I. Kongress der Kommunistischen Internationale (Bd. I), Protokoll der Verhandlungen in Moskau vom 2. bis 19. März 1919, Frankfurt/M. 1982. 

(15) Natürlich gab es auch damals andere Tendenzen und Inhalte in der Theorieproduktion des ‚Ostblocks’. Die Zeitschrift ‚Für dauerhaften Frieden, für Volksdemokratie’ erschien in der ersten Ausgabe am 1. November 1947. Chefredakteur: P. Judin. Das Blatt wurde in 18 Sprachen publiziert und von Kräften aus Italien, Polen, Frankreich, Ungarn, Jugoslawien und der Tschechoslowakei mitredigiert. 

(16) Die erste offizielle Verurteilung Trotzkis ist vermutlich die  ‚Erklärung der Sechsundvierzig’ vom 15. Oktober 1923 gewesen. Insgesamt scheint interessant, dass man selbst dann noch der KPJ ‚Trotzkismus’ vorwarf, als der ‚Titoismus’ insgesamt liquidiert  erschien, und man ihr mit dem Vorwurf des ‚Trotzkismus’  beizukommen versuchte. Und die Vorwürfe an Tito gipfelten schliesslich in der absurden  Behauptung, es handle sich um eine ‚faschistische Tito-Bande’. 

(17) Vgl. Dedijer: Stalins letzte Schlacht, Wien 1970, S. 78ff.       

(18) Die Auflösung des KOMINFORM wurde, wie die Auflösung  der KOMINTERN ohne Diskussion und ohne irgendwelche  Beratungen zur Verlautbarung gebracht: Das Informationsbüro und sein Presseorgan, die Zeitschrift ‚Für dauerhaften Frieden, für Volksdemokratie’ haben eine  positive Rolle für die Entwicklung und Stärkung der  brüderlichen Beziehungen wie für den Erfahrungsaustausch zwischen den kommunistischen und Arbeiterparteien gespielt, die Fragen der marxistisch-leninistischen Theorie entsprechend den konkreten Bedingungen der verschiedenen Länder sowie der Erfahrung der internationalen und kommunistischen  Arbeiterbewegung beleuchtet.’ (zitiert nach Frithjof Schmidt: Die Metamorphosen der Revolution. Der Wandel des Revolutionsbegriffs von Blanqui bis zum Eurokommunismus, Frankfurt/Main 1988, S. 297). Eine neue internationale Zeitschrift sollte bereits im November 1957 erscheinen. Die erste Ausgabe wurde jedoch erst im August 1958 redigiert und nannte sich: ‚Probleme des Friedens- und des Sozialismus.’

Editorische Anmerkungen

Der Autor übertrug dem trend das Recht auf Wiederveröffentlichung des Artikel im Internet. Dietmar schrieb in den letzten trend-Ausgaben über:

8 MILE
One Hour Photo
Vor einem neuen Irak Krieg?

Die Mythen-Verkitschung Tokiens beglückt Millionen
Führer EX
Der Budenzauber der Astrologie
The One - Im Banne der Paralleluniversen
Der Staat, (D)ein unbekanntes Wesen
Intoleranz und den alltäglichen Rassismus
Songwriter zum 11. September 2001
When We Were Kings Hollywood und der Krieg

Dietmar Kesten schrieb früher regelmäßig für den trend und Partisan.net. Hier eine Auswahl aus seinen bisherigen Veröffentlichungen:

ASPEKTE DER ENDZEITLICHEN KRISENPHILOSOPHIE

Das "Bündnis für Arbeit" Eine auf dem Kopf stehende Pyramide

Kommentare & Exkurse zum Kosovo-Krieg 1999