Editorial
Für die Einheit der Klassenlinken

von Karl Mueller

01-2014

trend
onlinezeitung

2013 besuchten 1.099.531 LeserInnen unsere TREND-Onlinezeitung. Das ist ein gutes Ergebnis. Nämlich wenn man bedenkt, dass die Zahl der Blogs nach wie vor zunimmt, die direkt mit der unmittelbaren politischen Praxis jenseits des Netzes verbunden sind, so dass die Zahl der kontextgebundenen InteressentInnen sich statistisch betrachtet weiter aufsplittet. Dennoch konnten wir die LeserInnenzahl gegenüber 2012 noch einmal um 31.948 steigern. Gelesen wurden 2.475.529 Seiten - sprich Artikel. Seit etlichen Wochen belegt TREND den 10. Platz in der Alexa-Rubrik "Alternative Medien".

Nun sollte man sich  von diesen Zahlen nicht täuschen lassen und meinen, dass es einen nennenswerten politisch-ideologischen Einfluss von TREND im linken und linksradikalen Spektrum gäbe. Wer unsere kleinen Monatsstatistiken, die hier im Editorial regelmäßig veröffentlicht werden, liest, wird feststellen, dass die höchsten Zugriffszahlen meistens auf Texte entfallen, die teilweise vor Jahren veröffentlicht wurden. Damit wird deutlich, dass die publizistische Wirkung von TREND durch ihre Archivfunktion erreicht wird. Schließlich sind nun mittlerweile fast 16 Jahrgänge komplett online.

Dies heißt  allerdings nicht, dass wir TREND-MacherInnen keine politischen Positionen zum Zeitgeschehen hätten und diese auch mit TREND nicht zum Ausdruck bringen wollen. Ganz im Gegenteil. Aber unsere persönlichen Positionen wurden und werden nicht zu einer gemeinsamen kondensiert, sondern wir garantieren gerade durch unsere politische Heterogenität, dass TREND in jeder ihrer Ausgaben dem strömungsübergreifenden Konzept treu bleibt.

Dennoch gibt es unter uns inhaltliche Fixpunkte, zu denen sicherlich die Orientierung auf die proletarische Klasse und ihre Kämpfe zu den wichtigsten gehört. Wenngleich auch hier keine einheitliche definitorische Sprachregelung vorgegeben wird, so dass es auch LohnarbeiterInnen und soziale Kämpfe hätte heißen könnte.

Die Klassenorientierung war speziell für den TREND-Herausgeberkreis ein wesentlicher Antrieb, um sich zeitweilig an dem NaO-Projekt zu beteiligen.  Dort forderte Karl-Heinz Schubert  in Anlehnung an die "il manifesto"-Parole im Dezember 2011, dass die NaO-ProtagonistInnen für die "Einheit der Klassenlinken" als strategisch politische Orientierung zur Überwindung des linken Zirkelwesens eintreten sollten. Im August 2012 erneuerte der TREND-Herausgeberkreis diesen Vorschlag. Wie die Entwicklunggeschichte von "NaO" zeigt, trat das Gegenteil ein. Statt Vereinheitlichung anzustreben, filettierten die selbsternannten "sujektiven Revolutionäre" das NaO- Projekt und beenden es nun als Farce.

Wie die Erfahrungen mit dem NaO-Projekt zeigten und wie wir es in den entsprechenden Veranstaltungen immer wieder erlebten, wird das Eintreten für die Einheit der Klassenlinken nur noch als Phrase verstanden, da der Klassenbegriff, der diesem Konzept zugrunde liegt, durch postrukturalistische Kräfte sowie durch Anhänger der so genannten "neuen Marxlektüre" inklusive der "Werttheoretiker" erst beschädigt und dann aus dem antikapitalistischen Diskurs entfernt wurde.

Nicht schuldlos an der Amputation von marxistischen Kerninhalten sind die traditionell klassenorientierten Strömungen. Das ml-maoistische Spektrum meinte bisher mit dem Hochhalten einer "Stamokap"-Theorie in der nach1989er Lesart ideologisch ausreichend für das Verstehen und Intervenieren in die heutige Klassengesellschaft gewappnet zu sein. (siehe dazu z.B. die Debattenbeiträge in der DKP-nahen Marx-Engelstiftung oder auch das Programm der MLPD) Für einen ideologischen Kampf zur Verteidigung der historisch notwendigen Klassenorientierung ist dieses Spektrum daher nicht zureichend munitioniert und weicht ihm, wenn er außerhalb der eigenen Reihen geführt werden soll, aus.

Anders die Arbeiterbewegungssozialisten aus dem trotzkistischen Spektrum. Sie haben jenseits der Empirie der Verhältnisse an klassentheoretischen Fragen nur ein gering ausgeprägtes Interesse. Zum exemplarischen Nachvollzug dieser Behauptung siehe in dieser Ausgabe das Manifest für eine Bewegung für eine Internationale der sozialistischen Revolution, insbesondere den Abschnitt "Revolutionäre Fraktionen in den Gewerkschaften, Einheitsfront und Selbstorganisation".

Anhand der trotzkistischen Gruppe Arbeitermacht, die ebenfalls in ihrer politischen Praxis ohne klassentheoretische Anstrengungen bzw. mit dem Wiederholen ewiggestriger Allgemeinplätzchen auskommt, lässt sich ähnliches zeigen. Sie sieht sich  nicht nur als Nao-Gründer, sondern auch als Teil der Gewerkschaftslinken. Dieser Gewerkschaftslinken schlägt die GAM vor, man solle irgendwie "Basisgruppen in Städten, Fachbereichen und Betrieben" aufbauen. Dass solch ein Vorschlag nur Sinn macht, wenn er Teil einer die Klasse organisierenden Untersuchung ist, liegt offensichtlich jenseits ihres Erkenntnisinteresse. Sonst wäre ihnen aufgefallen, dass Klassenlage und individuelle Klassenerfahrungen "in Städten" sich anders ausprägen und anders er/gelebt werden, als betrieblich kollektive Erfahrungen. Und schließlich die Frage, wie sich ihre Aktionsfelder "NaO" und Gewerkschaftslinke vereinheitlichen ließen, haben sie erst recht nicht auf dem Schirm. Stattdessen planen sie für 2014 (gähn...): "So suchen wir Diskussion und Zusammenarbeit mit Gruppierungen wie der „Interventionistischen Linken“ (IL), links-autonomen Gruppierungen, MigrantInnenorganisationen oder der „Antikapitalistischen Linken“.

Wenn die "Einheit der Klassenlinken" nur noch als Phrase wahrgenommen wird, weil ihr der politisch-ideologische Resonanzboden abhanden gekommen ist, dann ist es richtig, gleichsam einen Gang runterzuschalten, um diesen Resonanzboden wieder herzustellen. In diesem Sinne soll unsere Veranstaltungsreihe "Let's talk about class" mit dazu beitragen, den Klassenbegriff zu aktualisieren und ihn als theoretischen Bezugspunkt in der politischen Debatte zu verankern, damit die Klassenorientierung wieder genuiner Teil der antikapitalistischen Praxis wird.

Das Konzept "Einheit der Klassenlinken" darf jedoch nicht mit einem opportunistischen Zentrismus verwechselt werden, der nur darauf abstellt, voluntaristisch die eigenen Reihen zahlenmäßig durch prinzipienlose Zusammenschlüsse zu vergrößern bzw ein Auseinanderdriften bestehender Zusammenschlüsse abzuwenden. Noch immer gilt: Erst Klarheit, dann Einheit.

Wie so etwas inhaltlich aussehen kann, zeigen die beiden Thesenpapiere von Frank Braun und Jürgen Suttner zum "ökologischen Desaster", die wir in der Nr. 12/2013 und in der aktuellen Ausgabe veröffentlichen. Im zweiten Teil, der sich mit der MLPD befasst, schreiben sie, dass sie sich für eine Stärkung der "kommunistischen Linken" einsetzen. Liest man beide Teile zusammen, wird deutlich, dass es den AutorInnen darum geht, durch Widerstreit zur Klarheit in maßgeblich Fragen für eine zeitgenössische kommunistische Politik zu kommen, die die Beteiligten in einer theoretischen Praxis und daraus hervorgehend zu einer politischen zusammenführt. 

Allerdings wäre die Herstellung der Einheit der KommunistInnen, so sie sich denn auf die bestehenden parteimäßig organisierten KommunistInnen beschränkt, im Sinne des Konzepts "Einheit der Klassenlinken" nur ein Einstieg und nicht das Ziel. Wie der Aufruf zur LL(L)-Demo, den wir als einzigen in dieser Ausgabe publizieren, zeigt, gibt es eine Tendenz im antikapitalistisch geprägten Antifa-Spektrum, die die Notwendigkeit der Verankerung des Klassenbezugs in ihrer Politik thematisiert, indem kritisiert wird: "Die Versatzstücke von Klassentheorie, die dem Antifaschismus immer noch eine antikapitalistische Schlagseite gaben, wurden in den letzten Jahren zunehmend entsorgt."  Wir meinen, dass eine solche klassenorientierte Ökologiedebatte, die zunächst mit den "Partei"kommunistInnen beginnt, auf das klassenorientierte Spektrum im  postautonomen Spektrum ausgedehnt werden müsste.

Unsere Publikationen und die für 2014 von uns geplanten Veranstaltungen werden sich an der Losung "Für die Einheit der Klassenlinken" messen lassen müssen.

TREND(s) im Netz - hier die jüngsten Zahlen:

Die BesucherInnenzahlen vom Dezember 2013, in Klammern 2012, 2011

  • Infopartisan gesamt:  145.605 (125.989, 119.879)
  • davon TREND: 99.992 (89.596, 88.459)

Diese Auswertung fasste alle Seitenaufrufe eines Besuchers,  gekennzeichnet durch seine IP-Adresse und seine Browserkennung, zu einem Besuch (unique visit) zusammen. Ein Besucher wurde nur gezählt, wenn er mindestens eine Page-Impression, d.h. eine vollständig geladene Seite mit dem Rückgabewert 200 oder 304, ohne Bestandteile wie Bilder und Dateien mit den Endungen .png, .jpg, jpeg, .gif, .swf, .css, .class oder .js auslöste. Liegen mehr als 30 Minuten zwischen den einzelnen Page-Impressions, so wird der Besucher mehrfach gezählt. Ein Besuch kann maximal 30 Minuten dauern.

  • 2.033  BesucherInnen verbuchte die Agit 883 Seite.
  • Es wurden 1.461 Ausgaben der Agit 883 aufgerufen
  • 5.411 BesucherInnen besuchten das Rockarchiv
  • 8.432 Seiten wurden im Rockarchiv abgerufen

Die am meisten gelesene Seite im Dezember 2013 bei Infopartisan war:

Der am meisten gelesene TREND-Artikel im Dezember 2013:

Die am meisten gelesenen TREND-Artikel der 12/2013-Ausgabe im Dezember 2013:

Weitere stark nachgefragte TREND-Artikel aus vorherigen Ausgaben im Dezember 2013

Seitenaufrufe bei INFOPARTISAN gesamt im Dezember 2013: 270.956
Seitenaufrufe bei TREND im Dezember 2013: 194.102