Im Wartesaal Teil 7 
Die Flüchtlingspolitik der britischen Regierung
nach 1933

Leseauszug aus: Asylland Großbritannien

05/2016

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Unmittelbar nach der Machtübernahme des deutschen Fa­schismus wurde für viele deutsche Emigranten auch Groß­britannien zur Zufluchtsstätte. Fanden hier auch zunächst weniger aus politischen oder rassischen Gründen verfolgte Menschen Aufnahme als beispielsweise in Deutschlands Nach­barländern Belgien, Holland oder Frankreich, so nahm ihre Zahl durch den wachsenden faschistischen Terror von Jahr zu Jahr zu. Lord Plymouth, Unterstaatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten, teilte am 14. Dezember 1938 im Oberhaus mit, daß die britische Regierung bis zu diesem Zeitpunkt 11000 Flüchtlingen Asyl gewährt hatte.(1) In den folgenden Monaten — nach der Besetzung Österreichs und der Tschecho­slowakei sowie den Judenpogromen vom November 1938 — wuchs die Zahl der deutschen und österreichischen Emigran­ten sprunghaft auf etwa 70000 an.(2)

Bedingt durch die Insellage Großbritanniens war eine illegale Einreise wie etwa in die CSR, die Schweiz oder nach Frank­reich ausgeschlossen. Jeder, der hier Schutz vor der faschisti­schen Bedrohung suchen wollte, war von vornherein der Fremdengesetzgebung unterworfen.

Während des 19. Jahrhunderts und im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts besaß Großbritannien den Ruf eines regelrechten Asyllandes. Es gewährte nach dem Fremdengesetz von 1905 jedem die Einreise, der darum ersuchte, „um der Verfolgung oder Bestrafung aus religiösen oder politischen Gründen oder wegen eines Vergehens politischen Charakters zu entgehen"(3).

Im Wartesaal / Teil 1
Refugees in Nachkriegsdeutschland 1945 - 1957
Zahlen und Daten zur Unterbringung jüdischer Displaced Persons
Im Wartesaal Teil 2

Refugees in der BRD 1951
Bericht des Bundesministeriums für Vertriebene
Im Wartesaal Teil 3
Refugees in der BRD 1953
Auszüge aus dem Bericht des Bundesministeriums für Vertriebene

Im Wartesaal / Teil 4

Der anhaltende Flüchtlingsstrom 1955
Auszüge aus dem Bericht des Bundesministeriums für Vertriebene
Im Wartesaal Teil 5
BRD-Lagerleben 1976-80
von Rolf Oerter und Helmut Stapf 

Im Wartesaal Teil 6
Deutsche antifaschistische Emigration in den USA nach 1933
von Jürgen Schebera

UNSERE LESEEMPFEHLUNG ZUM TEIL 7

Diese großzügige Einwanderungspolitik wurde mit der Auf­gabe des Freihandels im Verlauf des ersten Weltkrieges ein­geschränkt und in der Nachkriegsperiode beträchtlich ein­geengt. Hierzu gehörte die Einführung des Systems der Prüfung eines jeden Einreisenden durch den Einwanderungs­beamten, der Ausschluß derjenigen, die nicht bereits über genügend Mittel verfügten, um sich selbst zu unterhalten, und die Vorlage einer Arbeitserlaubnis für unbemittelte Einwan­derer. Diese Einschränkungen spielten auch in der Asyl­rechtspraxis der dreißiger Jahre eine nicht unbedeutende Rolle. So wurde die Frage, wer Asyl beanspruchen durfte, durch politische Rücksichtnahme, wirtschaftliche Umstände und den Charakter des Asylsuchenden direkt von der bürgerlichen Gesetzgebung des Vereinigten Königreiches bestimmt. Als die ersten deutschen Flüchtlinge 1933 das Land betraten, waren die Einreisebedingungen im Vergleich zu denen der nachfolgenden Jahre noch locker. Zu dieser Zeit konnte man die Flüchtlinge kaum von auswärtigen Besuchern oder Aus­ländern, die beabsichtigten, sich in Großbritannien nieder­zulassen, unterscheiden. Sie kamen, die Geldbörsen voller englischer Währung, ohne irgendwelche Vorverhandlungen, Visen oder andere Dokumente. Kontrolle wurde in den Sec-und Flughäfen ausgeübt. So hatte jeder Emigrant oder fremde Reisende die Spießruten des Einwanderungsbeamten zu durch­laufen, in dessen Ermessen es lag, den Aufenthalt zu geneh­migen oder zu verweigern. Das wichtigste Kriterium dabei war die ausreichende finanzielle Sicherung. Wer sie nicht aufweisen konnte, wurde nicht selten zurückgeschickt. Wie es in einer Studie des britischen Friedensnobelpreisträgers Sir Norman Angell heißt, wurden von dieser Maßnahme im Durchschnitt der Jahre 1933 bis 1937 jährlich dreihundertfünfzig deutsche Emigranten betroffen.(4)

Diese Praxis stand im krassen Widerspruch zur Stellung, die Großbritannien im Völkerbund zum Flüchtlingsproblem ein­nahm, das 1936 die Genfer Völkerbundskonvention für die deutschen Flüchtlinge (Provisional Arrangement concerning the Status of Refugee Coming from Germany) unterzeichnete und ratifizierte und mit Sir Neill Malcolm einen britischen Beamten für das Amt des Hohen Kommissars für Flüchtlingsfragen stellte.

Die britische Flüchtlingspolitik richtete sich vor allem gegen die Kommunisten und anderen konsequenten Antifaschisten, die man in einer Zeit, da große Teile der britischen Werk­tätigen mit machtvollen Aktionen ihren Willen zur Herstel­lung der antifaschistischen Einheits- und Volksfront bekun­deten, keinesfalls ins Land lassen wollte. Während ihnen die Aufnahme verweigert wurde, gewährte man „politisch un­gefährlichen" bürgerlichen Prominenten — wie dem Schrift­steller Paul Marcus, den Schauspielern Hermann Lom, Albert Lieven, Anton Walbrook (Wohlbrück) und Elisabeth Bergner oder dem österreichischen Wissenschaftler Sigmund Freud — bereitwillig Asyl.

Die Ursachen dieser Haltung sind wohl vor allem in der Appeasementpolitik der britischen Regierung zu suchen, die die Expansions- und Aggressionspläne der Hitlerfaschisten offen begünstigte. Es lag daher nicht im Interesse der herrschenden Kreise Großbritanniens, durch das Öffnen ihrer Grenzen die Beziehungen zu Hitlerdeutschland zu verschlech­tern.

Als die ersten Flüchtlingsströme aus Deutschland einsetzten, hatte Großbritannien die Folgen der Weltwirtschaftskrise noch nicht überwunden. 1937 erschütterte bereits die nächste zyklische Krise das Land. Zweifellos spielt daher in der Haltung der britischen Regierung auch die Befürchtung eine gewisse Rolle, eine größere Zahl von Exilierten würde das Arbeitslosenheer, das sich im Sommer 1938 der Zweimil­lionengrenze näherte, nur noch vergrößern. Doch darf dieses Moment nicht überschätzt werden.

Die überwiegende Mehrzahl derjenigen, die in Großbritannien Aufnahme fanden, waren aus Hitlerdeutschland auf Grund ihrer jüdischen Abstammung vertrieben worden. Nur wenige von ihnen waren aber strenggläubige Juden. Ihrer Tradition und Lebensweise nach waren sie zumeist deutsche Klein- und Mittelbürger, die sich entweder überhaupt nicht oder mehr oder weniger formal zur jüdischen Religion bekannten. Ihrer Lebensauffassung, Muttersprache und Kultur nach betrach­teten sie sich nach wie vor als Deutsche. Unter diesen Emigran­ten gab es eine Reihe von Künstlern, Wissenschaftlern und Angehörigen freier Berufe, aber auch Beamte und eine größere Zahl von Kaufleuten und Unternehmern. Sie erstrebten zu­meist ihre Assimilation in Großbritannien oder wollten in die USA weiterwandern.

Nach der Annexion Österreichs durch die Hitlerregierung im März 1938 setzte eine neue große Emigrationswelle ein. Die britische Regierung beschloß zu diesem Zeitpunkt ein Visasy­stem einzuführen. Visen waren durch die britischen Konsulate im Ausland und das Innenministerium erhältlich, wenn eine der nachfolgenden drei Bedingungen erfüllt wurden:

1. wenn der Flüchtling eine Arbeitserlaubnis erhielt beziehungsweise den Nachweis erbrachte, daß er sich mit eigenen finanziellen Mitteln an einem Unternehmen beteiligen würde;
2. wenn er Großbritannien nur als Durchgangsstation in ein anderes Land wählte oder
3. wenn sich ein britischer finanzieller Bürge — Privatperson oder Organisation — bereit erklärte, den Unterhalt des Emigranten zu sichern, so daß dieser dem öffentlichen Fonds nicht zur Last fallen würde.

Arbeitserlaubnis erteilte das Arbeitsministerium in den Vor­kriegsjahren aber nur dann, wenn die betreffende Stelle nicht durch einen Briten zu besetzen war. Sie zu erhalten war an­gesichts der wachsenden Erwerbslosenziffern nicht leicht. Die größten Aussichten bestanden für Angehörige medizinischer Berufe und Frauen bis zum 45. Lebensjahr, die bereit waren, als Haushaltshilfe in einem englischen Haushalt zu arbeiten, sowie für Ehepaare gleichen Alters, die sich beispielsweise als Köchin und Gärtner verdingten.

Die Einführung des Visasystems führte zwangsläufig zu einer Zentralisation, da das Innenministerium die Ausgabe der Visa überwachte. Auch wenn es jetzt möglich wurde, den Kreis der Emigranten qualitativ und quantitativ zu erweitern, blieb die Zahl der Aufnahmen eingeschränkt und der Charakter einer Auswahlemigration erhalten.

Im Gegensatz zur offiziellen Flüchtlingspolitik widerspiegelte die Unterstützung, die viele deutsche Emigranten durch die zahlreichen privaten und halboffiziellen Hilfs- und Flüchtlingsorganisationen sowie durch prominente Persönlich­keiten des öffentlichen Lebens erhielten, die echte Empörung breiter Schichten des Volkes gegen das faschistische Regime in Deutschland.....

Die Arbeits- und Lebensbedingungen der deutschen Emigranten

Die Arbeits- und Lebensbedingungen der deutschen Emigran­ten in Großbritannien waren differenziert. Sie unterschieden sich jedoch im allgemeinen positiv von denen anderer europä­ischer kapitalistischer Länder. So konnte jeder, der hier Asyl fand, im Gegensatz zur Schweiz oder zu Frankreich vor einer plötzlichen Auslieferung an das faschistische Deutschland sicher sein. Natürlich stellte die Emigration für viele der Betroffenen auch in diesem Land eine psychische Belastung und auch ein wirtschaftliches Problem dar. Doch selbst wenn sie auf Unterstützungsgelder der Flüchtlingsorganisationen angewiesen waren, brauchten die Emigranten nicht zu hun­gern.

Bruno Retzlaff-Kresse, der vom Czech Refugee Trust Fund betreut wurde und zeitweilig in einem Emigrantenheim im Londoner Stadtteil Putney wohnte, schrieb dazu in seinen Erinnerungen:

„Das uns vom Komitee zur Verfügung gestellte Wirtschaftsgeld war genügend hoch, um uns eine zwar nicht üppige, aber doch anständige Verpflegung zu garantieren ... Das Komitee bewilligte jedem von uns ein kleines Taschengeld. Insgesamt mußten wir uns jetzt, durch unsere Lebensverhält­nisse in der Tschechoslowakei wahrlich nicht verwöhnt, wie in einem Paradies lebend vorkommen."(21)

Ein Teil der beim Innenministerium akkreditierten Hilfs- und Flüchtlingsorganisationen, die gegenüber dem Staat als fi­nanzieller Bürge für die von ihnen betreuten Emigranten auftraten, hatte sich bereits 1933 gebildet. Allein bei den jüdischen Flüchtlingskomitees waren 80% aller deutschspra­chigen Flüchtlinge registriert. Dank ihren intensiven Be­mühungen gelang es, eine größere Zahl nichtbemittelter jüdi­scher Menschen, vor allem Frauen und Kinder, zu retten. Durch die jüdischen Flüchtlingskomitees — das Generalflüchtlingswerk, das Spezialwerk für Frauen und Kinder und andere Spezialorganisationen — wurden von 1933 bis 1938 233000 Pfund Sterling für die Unterstützung der Flüchtlinge aufgebracht.(22) Diese Summe erhöhte sich bis zum Frühjahr 1940 auf 3 Millionen Pfund.(23) Zu den halboffiziellen Organi­sationen gehörten neben den jüdischen Flüchtlingskomitces verschiedene christliche Körperschaften(24) und paritätisch zu­sammengesetzte Komitees(25), die sich zumeist bestimmter Gruppen von Flüchtlingen annahmen. Im Frühjahr 1938 be­standen im ganzen Land weit über zweihundert solcher Ko­mitees, die im Januar 1939 unter einer Dachorganisation zu­sammengeschlossen wurden.(26) Der im Mai 1933 gegründete Akademische Hilfsrat (Academic Assistence Council) stellte es sich beispielsweise zur Aufgabe, „Assistenten, Wissen­schaftlern und Forschern zu helfen, denen es auf Grund ihrer Religion, ihrer politischen Anschauung oder Rasse nicht möglich ist, ihre Arbeit in ihrem eigenen Land fortzusetzen"(27). Zu seinen Gründern gehörten Rektoren britischer Universitä­ten und Vorsitzende akademischer Gesellschaften. Präsident des Rates war der Nobelpreisträger Lord Rutherford of Nelson. Mit seiner und der Unterstützung anderer Hilfs­komitees, wie etwa der Gesellschaft zur Förderung der Wis­senschaft und Bildung (Society of the Protection of Science and Learning), gelang es über zehntausend deutschen, östereichischen und sudetendeutschen Wissenschaftlern, nach Großbritannien zu flüchten.(28) Einigen von ihnen konnten Stellen an Universitäten und Hochschulen vermittelt werden.

Der Akademische Hilfsrat arbeitete auch eng mit der Not­gemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland zusam­men. Die Notgemeinschaft war im Frühjahr 1933 durch den Pathologen Prof. Philipp Schwartz, den ehemaligen Direktor der Akademie für Politische Wissenschaften, Prof. Fritz De-muth, und den Nationalökonomen Prof. Moritz Bonn, als Selbsthilfeorganisation in Zürich gegründet worden. Zu dieser Zeit hatten bereits Hunderte von Wissenschaftlern ihre Heimat aus rassischen, ethischen oder politischen Gründen verlassen, die sich nun oftmals mittellos, ohne Aussicht, ihre wissenschaftliche Arbeit fortsetzen zu können, in eine kom­plizierte Situation gestellt sahen. Diesen Menschen beratend zur Seite zu stehen und ihnen nach Möglichkeit Lehr- und Forschungsaufträge an ausländischen Universitäten, Hoch­schulen und Instituten zu vermitteln war das Ziel, das sich die Gründer der Notgemeinschaft gestellt hatten. Die ma­terielle Basis dafür war bescheiden. Die ersten finanziellen Mittel, die überhaupt die Aufnahme einer solchen Tätigkeit ermöglichten, kamen von Schweizer Wissenschaftlern und aus den eigenen Reihen. Ein erster Erfolg war erzielt, als sich die Türkei nach einigen Verhandlungen entschloß, fünfzig deut­sche Gelehrte an ihre Hochschulen zu berufen. Da auch Philipp Schwartz einer Berufung nach Istanbul folgte, über­nahm statt seiner Fritz Demuth den Vorsitz der Notgemein­schaft, den er bis zu deren Auflösung Ende 1946 innehatte. Anfang 1936 verlegte die Organisation ihren Hauptsitz nach London. Daneben gab es Büros in New York, Istanbul, Paris und Zürich.

Ohne die solidarische Unterstützung internationaler wissen­schaftlicher Einrichtungen und Hilfskomitees wäre eine wirk­same Tätigkeit der Notgemeinschaft kaum möglich gewesen. Waren doch bereits 1936 nach einer für den internen Gebrauch zusammengestellten Liste 1641 Wissenschaftler und Forscher unterschiedlichster Fachrichtungen erfaßt,(29) von denen nur ein geringer Prozentsatz ein seiner Qualifikation entsprechendes Tätigkeitsfeld gefunden hatte. Bis Mitte 1939 erhöhte sich ihre Zahl auf 2600.(30) Eine enge Zusammenarbeit entwickelte sich vor allem mit dem Academic Assistance Council in London, der der Notgemeinschaft auch die erforderlichen Räumlich­keiten zur Verfügung stellte, und dem Emergency Committee in Aid of Displaced German Scholars in New York. Wie Demuth rückblickend feststellte, war es für die Elite leicht, „Stellung zu finden. Um die Nobelpreisträger riß sich die Welt, erfahrene deutsche Physiker und Mathematiker wären überall gesucht, schon bei den Medizinern war es sehr schwierig, in den Geisteswissenschaften ähnlich, in der Ju­risprudenz schwer bis zur Unmöglichkeit auch für ehemalige Ordinarien, eine angemessene Stellung zu finden. Da hieß es, sich durchhungern, mit kleinen Posten vorliebnehmen, an bescheidenen Colleges, die man noch vor ein paar Jahren nicht angesehen hätte, in neuen Ländern, und sich dann hoch­arbeiten."(31)

Dank den gemeinsamen Anstrengungen gelang es jedoch, alle zweitausendsechshundert Personen und darüber hinaus eine größere Anzahl von Praktikern mit akademischer Bildung — wie Lehrer, Ingenieure, Geistliche, Ärzte und Zahnärzte — zu vermitteln. Viele von ihnen fanden in den USA und den Ländern des Britischen Empire ein Unterkommen. Auch in der Sowjetunion, in der Türkei, in Mittel- und Südamerika wurden emigrierten deutschen Wissenschaftlern Stellen vermittelt. Bei Kriegsende sah die Notgemeinschaft ihre Aufgabe darin, jenen ihrer Klienten, die den Wunsch hatten, nach Deutsch­land zurückzukehren, behilflich zu sein. Nach der Unterzeichnung des Münchener Abkommens im September 1938 und den Judenpogromen vom November 1938 verstärkten die Hilfskomitees und die ihnen nahestehenden Persönlichkeiten ihre Bemühungen für die Rettung sowohl der gefährdeten deutschen Antifaschisten in den Grenzgebieten Böhmens und Mährens und in der Tschechoslowakei als auch der verfolgten jüdischen Bürger in Deutschland. Selbst das britische Innenministerium und die offizielle Labour Party unterstützten unter dem Druck der öffentlichen Meinung den eigens für die Rettung der Antifaschisten in der Tschecho­slowakei ins Leben gerufenen Czech Refugee Trust Fund. Dieser setzte die Tätigkeit des im September 1938, nach der Besetzung des Sudetengebietes durch deutsche Truppen, ge­schaffenen British Committee for Refugees from Czecho-slovakia fort. Seine finanziellen Mittel in Höhe von 4 Millionen Pfund entstammten einer Anleihe, die die Chamberlain-Regierung der tschechoslowakischen Hácha-Regierung in einem Staatsvertrag im Januar 1939 gewährte. Im Unterschied zu den anderen Hilfskomitees war der Czech Refugee Trust Fund eine staatliche Einrichtung und unterstand dem Innen­ministerium. Von ihm wurden achttausend Emigranten, darunter achthundertfünfzig deutsche Antifaschisten, be­treut.(32)

Unter denen, die mit seiner Hilfe nach Großbritannien ge­langten, befanden sich etwa dreihundertsechzig deutsche Kommunisten, die, von den Faschisten verfolgt, in die Emi­gration gegangen waren und von der CSR aus den anti­faschistischen Kampf entschlossen fortgeführt hatten. An­gesichts ihrer erneuten physischen Bedrohung unternahm eine Gruppe britischer Unterhausabgeordneter, an ihrer Spitze der Kronanwalt D. N. Pritt, große Anstrengungen zu ihrer Rettung. Als Verbindungsmann zu diesem Komitee und an­deren Gremien, die sich mit der Rettung der gefährdeten Menschen in der CSR beschäftigten, wirkte im Auftrag des Sekretariats des ZK der KPD Heinz H. Schmidt.

„Selbstlos halfen britische Persönlichkeiten der unterschied­lichsten sozialen Schichten und politischen Bindungen, z. B. die Unterhausabgeordnete Eleanor Rathbone, die fortschritt­lich-bürgerliche Margaret Lloyd und die politisch erfahrene Antifaschistin Margaret Mynatt",(33) erinnerte sich Emmy Koenen später. „In dieser bedrohlichen Situation spürten wir, daß führende Funktionäre der SPD unserer Einreise nach England ablehnend gegenüberstanden ...
Mit dem Vorsitzenden der Visa-Kommission, Gillies, der die Internationale Abteilung der Labour Party leitete, hatte Heinz H. Schmidt ständig zu verhandeln. Gillies ... haßte vor allem die Kommunisten und auch die Deutschen. Es war keineswegs leicht, bei ihm Visa für uns durchzusetzen ...
In dem harten Ringen konnte sich Gillies dem hartnäckigen Auftreten Schmidts und dem Druck der öffentlichen Meinung in Eng­land schließlich nicht widersetzen."(34)

So gelang es im Verlauf mehrerer Monate, einige Hundert Einreisevisa zu erhalten, was jedoch bei der raschen Zuspitzung der Lage in und um die CSR viel zu schleppend geschah, so daß beim Einmarsch der deutschen Truppen in Prag eine Reihe von Antifaschisten in die Hände der Gestapo fiel.

Der Czech Refugee Trust Fund unterschied sich von anderen Hilfskomitees auch dadurch, daß er als eine Organisation für die Flüchtlinge mit einer Organisation der Emigranten zu­sammenarbeitete. Die einzelnen von ihm betreuten Gruppen bildeten eine eigene Vertreterkörperschaft, den Arbeitskreis. Dieser setzte sich aus den jeweiligen Leitern der Gruppen(35) zusammen und wurde von der offiziellen britischen Leitung beratend hinzugezogen. Einen Rechtsstatus gegenüber den britischen Behörden besaß der Arbeitskreis jedoch nicht. Zu seiner Tätigkeit bemerkte Emmy Koenen: „Man einigte sich auf den Sozialdemokraten (SPD) Dr. Maas als Vorsitzenden des Arbeitskreises und auf Heinz H. Schmidt (KPD) als Stell­vertreter. In die Leitungen berufen wurden ferner [der jüdische Emigrant Hans] Rehfeld und [der österreichische Sozialdemo­krat] Löwinger. Letzterer arbeitete als Sekretär. Über Jahre hinweg spielte diese gemeinsame Körperschaft eine politisch mobilisierende Rolle und regelte manche soziale und rechtliche Frage zum Nutzen von uns allen. In unserer Schmidt-Gruppe arbeiteten ehrenamtlich neben Heinz H. Schmidt erfahrene und befähigte Genossen, wie zum Beispiel Willi Barth, Jo­hanna Klopstech und Raja Hoffmann. Sie entwickelten sich zu Spezialisten auf vielen Gebieten des Lebens in einem fremden Land. Sie sorgten sich buchstäblich um alles: Wohn­räume, anfangs auch Einzelquartiere, die Einrichtung leerstehender Häuser, die ärztliche Betreuung, die Unter­bringung schulpflichtiger Kinder, in Ausnahmefällen auch um die Arbeitsplatzvermittlung."(36)

Unter den aus der Tschechoslowakei geretteten Antifaschisten befanden sich auch politisch engagierte Künstler. Zu ihnen gehörten unter anderen die Schauspieler Josef Almas, Erich Freund, Amy Frank, Charlotte Küter, Paul Lewitt und Friedrich Richter, die Kabarettistin Annemarie Hase, die Dichter und Schriftsteller Kurt Barthel (Kuba), Jan Kop-plowitz und Max Zimmering, John Heartfield, dessen Foto­montagen international Beachtung fanden, sowie die Maler und Bildhauer Theo Bälden, Eugen Hoffmann, Oskar Kokoschka, Heinz Worner und Dorothea Wüsten. Nach bishe­rigen Schätzungen war die Anzahl der emigrierten deutsch­sprachigen Kunst- und Kulturschaffenden in Großbritannien mit rund vierhundert Berufs- und Laienkünstlern im Ver­gleich zu anderen europäischen Asylländern die größte.(37)

Im täglichen Leben wirkte sich anfangs ihr Rechtsstatus für viele Emigranten belastend aus. In nicht wenigen Fällen wurde ihnen die Einreiseerlaubnis nur unter der Bedingung erteilt, in kurzer Zeit nach Übersee weiterzuwandern. Einigen gelang es zwar, die nötigen Visa und Mittel zu beschaffen, für die übrigen verursachten diese Bestimmungen jedoch einigen Zeit-und Kraftaufwand, um die Aufenthaltsgenehmigung zu ver­längern. Zwischen September 1939 und April 1940 verließen etwa fünftausend Menschen Großbritannien, um teils in den USA, teils im britischen Mandatsgebiet Palästina Zuflucht zu finden.(38)

Bis Kriegsbeginn unterlagen die meisten Emigranten dem Arbeitsverbot.(39) Sie durften nach einer vom Deutsch-Jü­dischen Hilfskomitee (German Jewish Aid Committee) her­ausgegebenen Informationsbroschüre „keinerlei Stellung — weder bezahlte, noch unbezahlte — annehmen", noch „sich an einem Geschäft beteiligen oder irgendeinen Beruf ausüben, ohne die schriftliche Erlaubnis der Ausländerabteilung des Innenministeriums einzuholen".(40) Unter der Rubrik „Erlaubte Arbeit" hieß es:

„Das Innenministerium wird stets solche Fälle wohlwollend in Erwägung ziehen, in denen Geschäftsleute und Angehörige freier Berufe Spezialkenntnisse und besondere Fertigkeiten haben, die es hier nicht gibt, und durch die möglicherweise neue Industrien geschaffen werden können. Das Innenministerium zieht die Anträge von Geschäftsleuten in wohlwollende Erwägung, die imstande sind, Fabriken in den sogenannten ,Sondergebieten' in Nordostengland, Cumber-land, Südwales, Westschottland und Nordirland zu eröffnen und dadurch britische Arbeiter zu beschäftigen, die sonst arbeitslos bleiben würden."(41)

Doch dieses „Wohlwollen" kam der Masse der Emigranten, die gerade ihr Leben gerettet hatten und über keine finanziel­len Mittel verfügten, nicht zugute. Lediglich jene, die in britischen Haushalten arbeiteten, erhielten vorerst eine Arbeitserlaubnis.

Zu den Ausnahmen gehörte eine Reihe von Wissenschaftlern, denen es durch die Vermittlung der Notgemeinschaft deut­scher Wissenschaftler gelang, Arbeitsplätze beziehungsweise befristete Lehraufträge an britischen Hochschulen zu erhalten. Auch einige Drehbuchautoren, Schauspieler und Regisseure erhielten für die Laufzeit ihrer Verträge mit britischen Film­gesellschaften eine begrenzte Arbeitserlaubnis. Die Mehrzahl der Emigranten war jedoch zunächst auf die Unterstützung der verschiedenen Hilfs- und Flüchtlingsorganisationen an­gewiesen oder verdiente ihren Lebensunterhalt durch Gelegen­heitsarbeiten.

Für die emigrierten Künstler bedeutete das Verlassen ihrer Heimat häufig nicht nur den Verlust ihrer wirtschaftlichen Basis, sondern einen Kampf um ihre künstlerische Existenz überhaupt. Zu den wenigen Ausnahmen, denen es gelang, ihre künstlerische Tätigkeit erfolgreich fortzusetzen und damit zugleich ein ihren Ansprüchen entsprechendes Leben zu führen, gehörte zum Beispiel der Choreograph Kurt Jooss. Der ehemals führende Choreograph Deutschlands, dessen anti­faschistische Aufführungen allgemein Anerkennung fanden, gründete nach seiner Flucht nach Großbritannien im Jahre 1934 gemeinsam mit Sigurd Leeder die Jooss-Leeder-School of Dance.

Unter dem Mangel an Publikationsmöglichkeiten litten ins­besondere die Schriftsteller. Vor allem für die Lyriker und Dramatiker und jene, die erst unmittelbar vor oder während der Emigration zu schreiben anfingen, war es kompliziert, einen Verleger zu finden. Selbständige Emigrantenverlage, aus­genommen den juristischen Sitz des Malik-Verlages in London, gab es in den Vorkriegsjahren in Großbritannien noch nicht. Der englische PEN-Club in London bemühte sich zwar, den emigrierten Schriftstellern sowohl finanziell als auch durch Empfehlungsschreiben an die Verleger zu helfen, doch war diese Unterstützung nach Aussage des Schriftstellers Robert Neumann faktisch wirkungslos.(42)

Zu jenen Verlegern, die Arbeiten emigrierter deutscher Auto­ren in ihr Verlagsprogramm aufnahmen, gehörte Victor Gollancz. In dem von ihm geleiteten Left Book Club erschie­nen unter anderem 1936 Rudolf Oldens Hitler-Biographie, 1938 Carl Brinitzers Satire „Zulu in Germany" und Robert Neumanns historischer Roman „Struensee", 1939 Jürgen Kuczynskis vergleichende Untersuchung zur Lage der Arbeiter in Großbritannien, Deutschland und der Sowjetunion sowie Jan Petersens Romane „Unsere Straße", 1938, und „Sache Baumann und andere" (Originaltitel „Gestapo trial"), 1942, in englischer Sprache.

Anfängliche Schwierigkeiten ergaben sich auch aus der Un­kenntnis der englischen Sprache. Einige beschreibt Neumann in dem erwähnten autobiographischen Bericht: „Karl Mannheim, meinen Freund, der Professor der Soziologie in Frankfurt gewesen war, ein großer Mann, sie ließen ihn sogar gleich an der London School of Economics lesen, leider geht es nur zu einem minimalen Salär, Professor, wir schieben Sie ja auch nur irgendwo zwischendurch hinein. Dann wollte er seine brillanten Frankfurter Vorlesungen englisch halten — ,und unser Stammeln, unsere Hilflosigkeit, soviel hatten wir ihnen zu sagen und konnten's nicht. Eines Abends kam er zu mir, verzweifelt: ein Kolleg, das in Frankfurt fünfzig Minuten gedauert hatte, war, übersetzt ... nur mehr zweiundzwanzig Minuten lang.

Diese Verzweiflungen. Der Film, den ich damals schrieb, .Abdul the Damned', ... Fritz Kortner spielte die Rolle, und wir beide kannten ja doch die Sprache nicht. Er lernte jeden Satz auswendig, buchstäblich Wort um Wort, und dann steckte der Hilfsregisseur seinen Kopf in die Garderobe, ,Mr. Kortner, wir haben diese drei Sätze da umgestellt und das hier gestrichen und diese paar Worte hinzugefügt, das lautet jetzt nicht mehr so, sondern so'. Weg war er, und Kortners Verzweiflung, wie um Gottes willen lernt man das in letzter Minute und spricht es aus?"(43)

Im November 1939 wurde das Arbeitsverbot mit Einschrän­kungen aufgehoben. Mit der Umstellung der Wirtschaft auf die Erfordernisse des Krieges stieg der Bedarf an qualifizierten Facharbeitern erheblich an. So informierte der Freie Deutsche Kulturbund im Jahre 1940 seine Mitglieder darüber, daß für die männlichen Emigranten gute Aussichten beständen, eine Arbeit als Mechaniker, Elektriker, Diamantschneider oder Packer zu erhalten. Den weiblichen Emigranten wurden Stellen in der Krankenpflege, der Textilindustrie oder in Haushalten empfohlen. Betriebe der Rüstungsindustrie, Kraftwerke und andere Schwerpunktbetriebe blieben jedoch im allgemeinen für Ausländer gesperrt. Es sei denn, der Emigrant erhielt nach sorgfältiger Prüfung durch die Kriegs­hilfsdienstabteilung (Auxiliary War Service Department) einen speziellen Erlaubnisschein.

Auf Anordnung des Arbeitsministeriums hatten sich alle deutschen und österreichischen Männer zwischen 16 und 65 Jahren sowie Frauen von 16 bis 50 Jahren, die nicht inter­niert waren oder in der britischen Armee dienten, registrieren zu lassen, um „den bestmöglichen Gebrauch von den Diensten der vielen Österreicher und Deutschen zu machen, die der britischen Sache wohlgesinnt sind"(44).

Viele aus bürgerlichen oder intellektuellen Kreisen stammende Emigranten sahen sich jetzt veranlaßt, einen anderen Beruf zu erlernen, um ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Dazu wurden von der britischen Regierung eigens Umschulungskurse organisiert. Nicht wenige, die auf diesem Wege zu Facharbeitern wurden, sahen in ihrem Einsatz in der Rüstungsindustrie auch eine Möglichkeit, sich aktiv am Kampf des britischen Volkes gegen den Faschismus zu beteiligen. Über die Bedeutung seiner Ausbildung zum technischen In­spektor, Gütekontrolleur und Anreißer im Technischen Trainingszentrum in Leeds für sein weiteres Leben berichtet Jan Koplowitz, vor seiner Emigration vorwiegend als Journa­list und Mitarbeiter der Arbeiterpresse tätig, in seinen „Ge­schichten aus dem Ölpapier":

„Seine Hände zu entdecken, wenn man vorher kaum einen Nagel gerade in die Wand zu schlagen vermochte, ohne sich den Daumen blau zu klopfen, die Feile richtig zu führen, allmählich die Schneidestähle genau nach dem Katalog zu schleifen und endlich Herr der Maschine zu werden, drehen, fräsen, hobeln, schleifen, bohren zu lernen, das ist eine Er­rungenschaft, von der man sein ganzes Leben lang zehrt... Es war doch gar nicht leicht: praktische und theoretische Prüfungen bis zur Erreichung der Metallarbeiterwürde und Spezialkurse ... Das Wissen dreier Lehrjahre in kaum einem Jahr vermittelt, Prüfungen, die härter und strenger waren als jene, die ich später durchmachte. Doch welch ein beglückendes Gefühl, in eine Welt einzutreten, mitten unter die Menschen der Arbeiterklasse, neue Erkenntnisse gewinnen zu dürfen, Erfolgserlebnisse am gelungenen Werkstück mit nach Hause zu nehmen."(45)

Nach einer Umfrage des „Austrian Centre", der antifaschi­stischen österreichischen Emigrantenorganisation, waren im Sommer 1942 etwa 30% der deutschsprachigen Emigranten in der Rüstungsindustrie tätig.(46)

Von den britischen Behörden bisher als unwillkommene, doch unvermeidliche „Gäste" geduldet, wurden die meisten Emi­granten mit Kriegsbeginn zu „feindlichen" Ausländern erklärt und von vielen britischen Kreisen als höchst gefährlich be­trachtet. Zwar begannen die Masseninternierungen erst im Mai 1940, aber die Einschränkungen, denen sie ausgesetzt waren, wirkten sich auf ihr Leben erschwerend aus.

„Die schon vorher streng kontrollierten Emigranten wurden jetzt von improvisierten Tribunalen in drei Kategorien" als „feindliche Ausländer" (enemy aliens) „A-, B- oder C-Grad" eingestuft. Von den 70 bis 80000 Geprüften [deutschsprachigen Emigranten] fielen 500 bis 600 in Kategorie A, von denen rund 300 sofort interniert wurden. Die A-Fälle waren „die so­genannten staatsgefährlichen Personen" (security risks), „zu meist profaschistische See- oder Handelsleute",(47) die sich bei Kriegsbeginn in Großbritannien befanden. Da die Einstufung jedoch maßgeblich von der subjektiven Haltung der Tribunal­mitglieder, ihren sozialen und politischen Vorurteilen, beein­flußt wurde, erklärte man auch einige bewährte Antifaschi­sten, darunter Jürgen Kuczynski, zu staatsgefährlichen Personen. Dank der Intervention einflußreicher Persönlichkeiten, wobei sich vor allem D. N. Pritt um die juristische Seite bemühte, gelang es, Kuczynski im März 1940 aus dem Lager zu befreien.

Die meisten aktiven österreichischen und deutschen Anti­faschisten befanden sich unter den 7000 bis 8000 B-Fällen, die obwohl auch jetzt noch in Freiheit belassen — strengen Einschränkungen ausgesetzt wurden, da die britischen Be­hörden ihnen als „potentiellen Feinden" nur bedingt vertrauten. Die Mehrzahl der Emigranten wurde als C-Fälle klassifiziert und galten als der britischen Sache gegenüber freundlich Gesinnte.(48) Jedoch wurden nicht wenige von ihnen von der späteren Internierungswelle erfaßt, auf die im Zusammenhang mit dem Freien Deutschen Kulturbund näher eingegangen wird.

Zu den allgemeinen Sicherheitsvorschriften und der 1940 ein­geführten Lebensmittelrationierung, die auch für die britischen Staatsbürger galten, kamen noch einige besondere Bestim­mungen für Ausländer. So hatten die Emigranten im Gegen­satz zu den Briten, die keiner Meldepflicht unterlagen, jeden Wohnungs- und Arbeitsstellenwechsel sowie jede vorüber­gehende Abwesenheit von mehr als zwei Wochen der Polizei zu melden. Im täglichen Leben waren die Emigranten durch diese Bestimmungen, die ihren besonderen Status als Aus­länder kennzeichneten, kaum belastet.

Anmerkungen

1) Norman Angell/Dorothy Frances Buxton, You and the Re-fugees. The Morals and Economics of the Problem, Paulton and London 1939, S. 225.

2) F. Lafitte, The Internment of Aliens, London 1940, S. 33.

3) Zit. nach: Hans-Albert Waltet, Deutsche Exilliteratur 1933—1950. Asylpraxis und Lebensbedingungen in Europa, Darmstadt und Neuwied 1972, S. 79.

4) Angell/Buxton, a. a. O., S. 238.

                                                                                    .....

21) Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Zentrales Parteiarchiv (IML, ZPA), EA 0765/2.

22) Lafitte, a. a. O., S. 36.

23) Ebenda, S. 42.

24) International Comittee of Refugees, The Church of England Committee, Catholic Committee for Refugees, Christliches Büro für die Flüchtlinge aus Deutschland und Zentraleuropa.

25) Bloomsbury House, Society of the Protection of Science and Learning, International Student Service, International Solidary Fund, Nursing and Midwifery Department, Medical Depart­ment.

 

26) Lafitte, a. a. O., S. 41—52.

27) Zit. nach: Alan Clark, Die Rolle des Theaters des „Freien Deutschen Kulturbundes in Großbritannien" im Kampf gegen den deutschen Faschismus (1938—1947). Ein Beitrag zur Unter­suchung des deutschen antifaschistischen Exiltheaters, Phil. Diss., Humboldt-Universität, Berlin 1972, Bl. 12. — Eigene Ubersetzung aus dem Englischen.

 

28) Ebenda.

29) List of Displaced German Scholars, London 1936.

30) F. Demut, Die Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland; in Deutsche Rundschau, 77. Jg., H. 7, Juli 1951, S. 612.

 

31) Ebenda, S. 614.

 

32) Lafitte, a. a. O., S. 53.

33) Emmy Koenen, Zum antifaschistischen Kampf der KPD in der CSR. Erinnerungen; in: BzG, 18. Jg., 1976, H. 6, S. 1066f.

34) Ebenda, S. 1067.

 

35) Nach Aussagen von Emmy Koenen „waren die KPTsch-Emigran-ten durch die Abgeordnete Anna Hodinova-Spurna" vertreten, „die KPD durch Heinz H. Schmidt und Willi Barth, die Kommu­nisten aus dem Sudetengebiet durch den Abgeordneten der KPTsch Gustav Beuer, der KPÖ durch Hans Winterberg, die deutschen Sozialdemokraten durch Wilhelm Sander, die öster­reichischen Sozialdemokraten durch Löwinger, die sudetendeut­schen Sozialdemokraten durch Richard Reitzner, anfangs durch Wenzel Jaksch. Bernhard Menne vertrat die Thomas-Mann-Gruppe und Hans Rehfeld die jüdische Gruppe." Zit. nach ebenda, S. 543.

36) Emmy Koenen, Exil in England. Erinnerungen; in: BzG, 20. Jg., 1978, H. 4, S. 543f.

37) Deutsches Theater im Exil der Welt. Ein Übersichtsbericht über die Tätigkeit deutscher Theaterkünstler in der Emigration von 1933 bis 1946, Ms., Bl. 536.

 

38) Lafitte, a. a. O., S. 23.

39) So berichtete die tschechoslowakische Schauspielerin Charlotte Küter in ihren Erinnerungen, daß ihr Paß, noch bevor sie eng­lischen Boden betreten durfte, mit einem Stempel versehen wurde, „der uns einen Schock versetzte. Es hieß, wir dürften keinerlei Arbeit annehmen und müßten das Land spätestens in zwei Jahren wieder verlassen." — Vgl. Archiv der Wissenschaftlichen Abtei­lung Darstellende Kunst der Akademie der Künste der DDR, II-GB 312.

40) While you are in England. Helpful Information and Guidance for every Refugees. Hrsg. von: The German Jewish Aid Committee, London (o. J.), S. 19.

41) Ebenda, S. 20.

42) Robert Neumann, Ein leichtes Leben. Bericht über mich selbst und Zeitgenossen, Berlin und Weimar 1975, S. 81.

43) Ebenda, S. 33f.

44) IML, ZPA, NL 74/52. Bd. 1.

45) Jan Koplowitz, Geschichten aus dem Ölpapier, Halle (Saale) 1972, S. 386.

46) Zeitspiegel, London, 29. August 1942, S. 3.

47) Clark, a. a. O., Bl. 73/74. — Zitat unbedeutend stilistisch ver­ändert.

48) Werner Röder, Die deutschen sozialistischen Exilgruppen in Großbritannien 1940—1945. Ein Beitrag zur Geschichte des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus, Schriftenreihe des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bd. 58, Bonn-Bad Godesberg 1973, S. 117: „Von 71200 vorgeladenen Deut­schen, östetreichern und Sudetendeutschen erhielten über 55400 den Status eines ,Refugee from Nazi Oppression' zuerkannt (in England lebten zu der Zeit über 18000 Alteingesessene mit deutscher Staatsbürgerschaft) ... Insgesamt wurden 600 Deut­sche und östetreicher nach Kategorie A (davon 160 mit Refugee-Status), 6 800 nach Kategorie B (4100 Refugees) und 64200 nach Kategorie C (51200 Refugees) eingestuft." — Da sich diese Zahlen nicht völlig mit denen anderer Quellen decken, sind im Text nur Näherungswerte angegeben.

Editorische Hinweise

Die Leseauszüge wurden entnommen aus: Exil in der Tschechoslowakei, in Großbritannien, Skandinavien und Palästina, Hrg von: Ludwig Hoffmann u.a., Band 5 der Reihe: Kunst und Literatur im antifaschistischen Exil. Leipzig,  (1980), S.147-150, S.163-174

Auf die Bedingungen während der Internierung werden wir in einem der folgenden Teile unserer Serie eingehen.