Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Neue Arbeitsrechts-„Reform“
„Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“ durch Polizei & Armee

Teil 18 – Stand vom 27./28. April 2016

04/2016

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Wenn es von einem solchen Burschen kommt, dann klingt es wie ein Kompliment. Als „Leute ohne Hirn im Kopf“ bezeichnete Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstag, den 26. April die Teilnehmer/innen an der Platzbesetzerbewegung Nuit debout. (Vgl. http://lci.tf1.fr/ und http://lelab.europe1.fr oder http://www.lemonde.fr/ ) Jedenfalls aus seinem Munde kommend, klingt das wie Musik. Sarkozy war französischer Staatspräsident von 2007 bis 2012 und ist seit Mai 2015 wieder Vorsitzender der konservativ-wirtschaftsliberalen Rechtspartei LR (Les Républicains, ehemals UMP). 2017 möchte er erneut zur Präsidentschaftswahl antreten... falls er bis dahin nicht zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Dies droht ihm mehr oder minder akut in zwei Strafverfahren, eines davon betrifft den Versuch illegaler Einflussnahme auf den Obersten Gerichtshof im Falle einer vorherigen Strafuntersuchung gegen ihn. Ungefähr zur selben Zeit wie sein jüngster Ausspruch, den Sarkozy am Dienstag im südostfranzösischen Nizza tätigte, wurde ein andere Nachricht über ihn bekannt.

 Für eine einzelne (!) Restaurantrechnung gab das Bürschchen demnach in Saint-Tropez die Kleinigkeit von 107.000 Euro aus. (Vgl. http://nordpresse.be/) Wie hieß es einmal so schön in einem Lied?: „Es ist zwar etwas teurer hier – dafür ist man unter sich – und ich weiß ganz genau: - Jeder Zweite hier ist genauso blöd wie ich.“

Aber nicht nur vom konservativen Oppositionsführer Sarkozy kommt Hetze zum Thema. Auch von Seiten der Regierungsparteien ist der Ton unvermittelt rauer geworden. (Vgl. http://www.lefigaro.fr/ ) Der besonders polarisierend auftretende Rechtssozialdemokrat Jean-Marie Le Guen, derzeit Minister für parlamentarische Angelegenheiten, sprach etwa Anfang der Woche rundheraus von einer „Manipulation der radikalen Linken“, die „hier ihren Radikalismus und dort ihre Gewalt sät“. Derselbe behauptete zugleich auch, der stärkste Gewerkschaftsdachverband in Frankreich in Frankreich – die CGT, die vom 18. bis 22. April dieses Jahres ihren Kongress in Marseille abhielt – stehe nun „unter der Kontrolle von radikalen Splittergruppen“. Im Januar 16 hatte Le Guen sich bereits darüber ausgelassen, es gebe „zu viele Gewerkschaften in Frankreich“ (Vgl. https://www.neues-deutschland.de/ ). In der Anfangsphase der Proteste hatten RegierungspolitikerInnen noch behauptet, die Platzbesetzung wohlwollend als „Bereichung der politischen Debattenkultur“ zu betrachten.

Platzbesetzerbewegung: vorübergehend die Luft raus?

Danke für das dicke Lob also, Monsieur Nic. (Nique) Sarkozy, und Jean-Marie Le Guen... Doch aus anderen Gründen muss die Platzbesetzer/innen/bewegung sich im Augenblick ein bisschen Sorgen machen. Deswegen muss den aus der Ferne beobachtenden deutschen Freunden und Kolleginnen einmal mehr dazu angeraten werden, statt blinder Euphorie – manche glauben ja sogar, Frankreich befinde sich BEREITS in einer Art Generalstreik, was absoluter Humbug ist: gut wäre es..! – lieber genaue Beobachtung zu wahren und richtig hinzugucken.

Am Montag und Dienstag dieser Woche (25. und 26. April) etwa fand keine Vollversammlung auf der Pariser place de la République statt; am Mittwoch Abend hingegen schon. Der brutale Kälteeinbruch seit dem vergangenen Freitag/Samstag (23. April) und die quasi winterlichen Abendtemperaturen – in Paris wurden für diesen Mittwoch Abend (27. April) ganze 2° Celsius vorhergesagt, und im Vorort Clamart wurden am Vortag Schneeflöckchen gesichtet -, aber auch die (im Pariser Raum anhaltende) Schulferienperiode sind dafür zum Gutteil verantwortlich. Aber es ist auch zu fragen, inwieweit eine Bewegung sich ohne greifbare Erfolge oder jedenfalls Zuspitzung totläuft, und ob nicht jene anfängliche Auseinandersetzung, entlang derer ein Kräfteverhältnis aufzubauen wäre – gegen die geplante „Reform“ im Arbeitsrecht – zeitweilig ein wenig zu sehr aus dem Blick geriet. Sicherlich: Teile der Platzbesetzer- und der übrigen Sozialprotestbewegung sammeln unterdessen auch ihre Kräfte für Mitte dieser Woche, wenn eine entscheidende Kraftprobe beginnen könnte.

Ja, es stimmt, es gibt eine positive Dynamik. Längst hat das Beispiel der Platzbesetzerbewegung auf andere französische Städte ausgestrahlt, am Wochenende waren es über sechzig. Neben Regionalmetropolen wie Lyon, Lille und Toulouse sind mittlerweile auch weniger bekannte und kleinere Städte wie Plombières-les-Bains, Questembert oder Saint-Aubin-du-Cormier Unter den Pariser Vorstädten gibt es unterdessen viele, die ihre eigene Nuit debout oder „wache Nacht“ haben. Am Samstag kamen etwa erstmals 150 Menschen auf dem Rathausplatz in Malakoff südlich von Paris zusammen.

Am Wochenende des 23./24 April wurden in Marseille auch zum ersten Mal die banlieue-ähnlichen quartiers Nord, die am weitesten vom Mittelmeerhafen entfernten nördlichen Stadtteile mit ihren Hochhausghettos, erreicht. 150 Menschen kamen aus der Innenstadt, um dort eine Vollversammlung mit Einwohner/inne/n abzuhalten. Es kam zu Kontakten und gemeinsamen Diskussionen (welche auch Gegenstand einer Reportage in Libération vom Montag, 25. April waren). Aber in den peripheren Wohnvierteln, Vor- und Trabantenstädten bleibt ein tief sitzendes Misstrauen gegenüber den oft als bobos (bourgeois bohèmes) bezeichneten Kernstadtbewohnern, denen sozialromantisches Yuppietum unterstellt wird, zurück und erschwert die Ausweitung der Bewegung. Auch in den Leitmedien wird derselbe Begriff des Bobo oft bemüht (vgl. http://bigbrowser.blog.lemonde.fr), der hochproblematisch ist, weil er im Kern berechtigte Sozialkritik an selbstverliebenden Besserverdienenden mit einem eher rechten Ressentiment gegen „Gutmenschen“ auf trübe Weise vermischt. Vielleicht gerade deswegen hat er in den bürgerlichen Medien eine bislang ungebrochene Popularität erlangt.

Aktionstag mit und ohne gewerkschaftliche Unterstützung

Am heutigen Donnerstag, den 28. April 16 findet nun ein erneuter landesweiter „Aktionstag“ mit Unterstützung der größeren Gewerkschaftsdachverbände – sofern sie nicht wie die rechtssozialdemokratisch geführte CFDT die Regierungsposition unterstützen – statt. Es ist der erste gemeinsame Termin von Jugend- und Studierendenvereinigungen einerseits und Gewerkschaften andererseits seit dem 09. April d.J.. Es war just das mehrwöchige Auseinanderziehen der Mobilisierungstermine durch die größeren Gewerkschaftsverbände, das Aktivistinnen und Aktivisten dazu motivierte, die Platzbesetzungen zu starten, um den Druck aufrechtzuerhalten und nicht zurückgehen zu lassen.

Auch unter den Platzbesetzer/inne/n gab und gibt es Vorbehalte gegen eine Annäherung an die Gewerkschaften. Dabei treffen linksradikalistisches Sektierertum und eine abstrakte „Bürgerbewegungs“ideologie, die in anderen Teilen der Platzbesetzerbewegung verankert ist, zusammen. Letztere Ideologie mündet oft in eine generelle Organisationsfeindlichkeit, verknüpft mit der Vorstellung, falls man lange genug auf demokratische Verfahren insistiere – oft in Gestalt stundenlanger Diskussionen darüber, wie man diskutiert -, lasse sich schon immer ein Konsens finden. Dies führt wiederum zu Kritik und Abwehrreaktionen seitens von Gewerkschafter/inne/n, die vor solchen – aus ihrer Sicht – Laberveranstaltungen zurückschrecken, vgl. https://www.facebook.com/ im Zusammenhang mit https://odieuxconnard.files.wordpress.com

Auf die Probe gestellt wurde dieses von manchen Strömungen verfochtenen Konsensprinzip in den vergangenen Wochen jedoch immer wieder, wenn auch rechte Aktivisten als Trittbrettfahrer auftauchten. Der Aktivist der rechtsextremen, querfrontähnlich auftretenden „Bewegung vom 14. Juli“, Sylvain Baron, wurde ein halbes Dutzend Mal vom Platz verwiesen, was aber immer wieder zu Diskussionen über „Offenheit“ und „demokratisches Rederecht für alle“ führte.

Auch der Philosoph Alain Finkielkraut, ein früherer Maoist und Schreihals um 1968, der heute dem rechten Flügel der Konservativen nahe steht, wurde nach gut einstündiger Anwesenheit von unzufriedenen Anwesenden – die KP-Jugend bekannte sich im Anschluss per Twitter dazu – faktisch vom Platz gedrängt oder vertrieben. Finkielkraut und seine Widersacher beschimpften sich gegenseitig als „Faschisten“. Im Anschluss öffnete die konservative Zeitung Le Figaro Finkielkraut (welcher ohnehin ständigen Zugang zu bürgerlichen Leitmedien, vor allem konservativer Ausrichtung, hat) einmal mehr ihre Spalten für einen Leitartikel. Er behauptete darin, auf dem besetzten Platz diskutierten immer „der Gleiche mit dem Gleichen“ und es gebe keinen Meinungspluralismus, was angesichts der starken Heterogenität der Bewegung keinesfalls zutrifft -, und die bürgerliche Rechte nutzte den Anlass für eine Räumungsforderung.

Mehrere Abende hindurch durchzog die Kontroverse um den Rauswurf daraufhin die Vollversammlungen und flammte immer wieder aufs Neue auf. – Unterdessen hat, was wohl zu erwarten hat, auch das Spektrum „anti-antisemitischer“ durchgeknallter Fanatiker-mit-Schaum-vorm-Mund das Thema entdeckt und behauptet, der Rauswurf Finkielkrauts stehe in Zusammenhang mit einer „Kriegssituation für Juden“ in Frankreich (sic); vgl. https://lizaswelt.net Nein, drunter ging’s nun mal nicht, eine Nummer kleiner war’s nicht zu haben (auch wenn die behauptete Kriegssituation gerade noch einmal mit einem Fragezeichen versehen wurde), und ein Auschwitz-Vergleich blieb einem/r gerade noch erspart. Dabei hat nicht einmal Finkielkraut selbst die Behauptung erhoben, die Sache habe irgend etwas mit Antisemitismus zu tun gehabt (und er hätte sich sicherlich nicht die Gelegenheit dazu entgehen lassen, hätte es auch nur die leiseste Andeutung darauf gegeben). Nein, die Wahrheit liegt ziemlich woanders: Die Leute auf dem Platz, oder eher: einige von ihnen, hatten schlicht keine Lust, kurz darauf dem Gesabber des Pseudo-Philosophen zuhören zu müssen, wie er im Fernsehen das auf dem Platz Aufgeschnappte zur Unkenntlichkeit verzerrt wiedergegeben hätte. Zwischenzeitlich hat Finkelkraut übrigens inhaltlich nachgelegt und bei einem bürgerlichen Müll-Sender (BFM TV) behauptet, auf dem Platz vollziehe sich eine „Wiedererfindung des Totalitarismus“, sic; vgl. http://www.bfmtv.com In den 1970er Jahren zählte Finkielkraut in Frankreich zu den Mit-Erfindern jenes bürgerlich-neokonservativn Theoriemülls, den man als den „Antitotalitarismus“ (Stichwort: Rot = Braun) der „Neuen Philosophen“ bezeichnet hat. Kurz, es gibt verdammt gute Gründe, den Sabberfritzen nicht hören zu wollen...

In anderen und meist begründeten Fällen gab es eine formale Entscheidung für einen Ausschluss, aber Rednern wurde faktisch das Wort entzogen. In der ersten Woche kam ein wirrer Beitrag etwa nach fünf Sätzen zu einer angeblichen Weltherrschaft der Freimaurer, der Betreffende konnte jedoch angesichts der Reaktionen rund um ihn herum keinen Satz weiterreden.

Gewerkschaften & Nuit debout

Die aus unterschiedlichen Motiven resultierenden Widerstände gegen ein Zusammengehen mit den Gewerkschaften wurden in der vergangenen Woche in der Platzbesetzerbewegung überwunden. Am Donnerstag (21. April) und nochmals am Samstag wurde je ein Appell bei einem Votum durchgesetzt, welcher Gewerkschaftsvertreter/innen dazu auffordert, im Anschluss an die Demonstration vom Donnerstag Nachmittag auf dem besetzten Platz das Wort zu ergreifen. Am Abend soll dort bis um 21 Uhr eine gemischte Vollversammlung von Platzbesetzerbewegung und Gewerkschafter/inne/n tagen.

Ein Gewerkschaftsverband, der vordergründig „unpolitisch“ auftretende und auch rechte Tendenzen einschließende Dachverband Force Ouvrière (FO) – er entstand einst im Kalten Krieg als antikommunistische Abspaltung von der CGT – lehnte das Angebot klar und rundheraus ab. (Vgl. dazu die Worte seines Vorsitzenden jean-Claude Mailly, der zugleich die Polizei gegen allzu schlimme Kritik in Schutz nimmt: http://www.francetvinfo.fr)

Seitens der anderen Gewerkschaften bleibt die Reaktion abzuwarten. Seitens der CGT-Branchengewerkschaft im Handel (CGT Commerce) war ihr Pariser Vertreter Karl Ghazi immerhin selbst bereits auf dem besetzten Platz; er plädierte auf dem jüngsten Kongress seines Dachverbands in Marseille auch eher für eine Ausweitung und Radikalisierung der Kämpfe gegen das geplante „Arbeitsgesetz“, was aber auch auf Widerstände stieß. (Vgl. http://www.liberation.fr/ )

Doch es steht fest, dass von der Frage einer Bündelung der Kräfte und ihrem erfolgreichen Einsatz gegen die geplante „Reform“ in den nächsten Tagen sehr Vieles abhängt. Die Parlamentsdebatte über das „Arbeitsgesetz“ beginnt am kommenden Dienstag, den 03. Mai 16.

Das dickste Problem läge bislang darin, dass es noch in keinem Sektor eine Streikbewegung gibt, die faktisch die Spitze des ganzen Kampfes gegen das geplante „Arbeitsgesetz“ übernehmen und die Proteste bündeln würden – ähnlich, wie die Eisenbahner/innen beim Streik aller öffentlichen Dienste im November & Dezember 1995 (buchstäblich) eine Lokomotivfunktion übernahmen, und die Lehrer/innen beim Kampf gegen die mittlerweile vor-vor-vorletzte „Rentenreform“ in Frankreich im März/April/Mai 2003.

Dazu trug und trägt bei, dass sich die Regeln betreffend die Lohnverluste bei Streiks verändert haben. In der Vergangenheit war es jedenfalls in den öffentlichen Diensten oftmals möglich, die Lohnverluste bei Streiks – in Frankreich bezahlen die Gewerkschaften, die zahlenmäßig (nicht inhaltlich) schwächer aufgestellt sind als in Deutschland - keinen Lohnersatz bezahlen, aufzufangen oder auch zu verhindern. Dies hing u.a. damit zusammen, dass die Direktionen öffentlicher Dienste oder Einrichtungen selbst ein Interesse daran hatten, Lohnabzüge tendenziell eher zu vermeiden, weil sie sonst ihr Jahresbudget nicht ausgeschöpft hätten – was wieder zur Folge haben konnte, dass sie im kommenden Jahr mit einem geringeren Haushalt auskommen mussten („so viel Geld wie bislang war ja nicht notwendig, wie sich im vergangenen Jahr erwies“). Die Staatsmacht hat dieses „Problem“ jedoch erkannt und behoben. Bei den Streikbewegungen gegen die Renten„reformen“ im Frühjahr 2003 und im Herbst 2010 hat es vielerorts gnadenlose Lohnabzüge gegeben, viele Lehrkräfte fanden sich etwa im Frühsommer 2003 bis zu anderthalb – zwei Monaten Gehaltsabzug wieder (und verzichteten notgedrungen auf ihre Sommerferien in jenem Jahr).

Bislang zeichnet sich keine vergleichbare Streikbewegung in einem zentralen Sektor wie jene bei der Eisenbahn 1995 oder beim Rentenstreik 2003 (in den öffentlichen Schulen) ab. Eine solche lässt sich jedoch nicht durch eine Jugend- oder Studierendenbewegung ergänzen ja, aber eben nicht ersetzen, möchte man wirklich ökonomische Auswirkungen zeitigen – was unabdingbar ist, nimmt man den Slogan der Protestbewegung ernst, „ihnen (den Arbeit„gebern“ und Regierenden) Angst einzujagen“, was immerhin die Ausgangsdevise seit dem 23. Februar dieses Jahres war, vgl. http://www.fakirpresse.info/leur-faire-peur und einen gemeinsamen Aufruf an/von Gewerkschaften und Platzbesetzerbewegung unter demselben Titel: http://leurfairepeur.wesign.it/fr

Immerhin zeichnen sich nun für den morgigen/heutigen Donnerstag – neben den Aufrufen zu Demonstrationen – auch einige Streikbewegungen ab. Vgl hier etwa einen Aufruf bei der französischen Post: http://canempechepasnicolas.over-blog.com/ Das Nähere wird sich im Laufe des Tages erweisen müssen...

Ausblick & Rolle der Repression
 

Aus dem Attac-Milieu kommend, besteht mittlerweile ein Aufruf, ab dem 03. Mai dieses Jahres – an dem Tag beginnt die Parlamentsdebatte über den Gesetzentwurf in der Nationalversammlung den Arbeit„geber“verband MEDEF zu blockieren (vgl. http://reporterre.net/ ) Auch andere Ansätze zielen darauf ab, „die Ökonomie zu blockieren“. Einen ersten Vorgeschmack darauf lieferten in der dritten Aprilwoche die mehrstündigen Blockaden vor verschiedenen Pariser Einrichtungen des Fastfood-Gewerbes, um die besonders prekären Arbeitsbedingungen dort anzuprangern. (Vgl. https://paris-luttes.info/ und http://www.huffingtonpost.fr )

Am Wochenende des 07./08. Mai ruft die Platzbesetzerbewegung internationale Kräfte dazu auf, aus Solidarität mit dem aktuellen Kampf auf die Pariser place de la République zu kommen. Und am 15. Mai soll ein internationaler Aktionstag, in unterschiedlichen Städten und Ländern gleichzeitig, begleitend stattfinden. Ausführlicheres dazu folgt. Vgl. auch https://www.facebook.com

Unterdessen bleiben polizeiliche Repression und Polizeigewalt gegen die aktuelle soziale Protestbewegung ein wichtiges, ja zentrales Thema. Selbst die bürgerliche Presse widerspiegelt mittlerweile die Bedeutung des Phänomens (vgl. http://www.lemonde.fr/ und http://www.metronews.fr// ). Die französische Polizei setzt in diesem Zusammenhang mittlerweile sogar Drohnen ein, wie es etwa am 09. April auf bzw. über der Pariser place de la Nation sichtbar wurde. (Vgl. http://www.revolutionpermanente.fr/ ) Wenigstens ein bisschen „Angst“ scheinen sie also doch zu haben, die Herrschenden...

LETZTE MELDUNG vor Beginn des „Aktionstags“:

In den frühen Morgenstunden des 28. April wurde bekannt, dass in der Nacht ein Abkommen zur sozialen Absicherung der intermittents du spectacle oder prekären Lohnabhängigen im Kulturbetrieb abgeschlossen worden sei. (Vgl. http://www.francetvinfo.fr/ oder http://www.huffingtonpost.fr/ ) Die Kulturbranche der CGT betrachte es als mehr oder minder guten Kompromiss. Durch dieses – so hat es jedenfalls derzeit den Anschein – Einlenken oder teilweise Einlenken zugunsten der Interessen der Kulturprekären haben Regierung und Kapitelverbände sicherlich versucht, bei dem derzeitigen Sozialspitze mindestens eine Spitze abzubrechen oder herauszulösen. Die intermittents, die seit Ende vergangener Woche eine Welle von koordinierten Theaterbesetzungen in französischen Städten starteten (vgl. z.Bsp. http://www.lemonde.f) und am Mittwoch, 27. April auch die altehrwürdige Comédie Française besetzt hielten (vgl. https://www.actualitte.com/ ), stellten tatsächlich eine Art Speerspitze der aktiven sozialen Kräfte dar. Ob diese Einigung nun ihrem Protest die Grundlage entzieht, oder im Gegenteil nach dem relativen Erfolg (eine nähere Auswertung des Abkommens bleibt abzuwarten) noch Flügel verleiht, bleibt abzuwarten.

Am Donnerstag früh (28. April) erschien in Paris keine einzige Tageszeitung, nachdem die Drucker in der Nacht zuvor streikten. Am frühen Vormittag wurden rund 20 Prozent der Flugbewegungen an den beiden Pariser Flughäfen Paris und Orly annulliert, die Abflüge waren streikbedingt gestört. Seit dem Vorabend war auch der Nahverkehr auf den RER-Linien (ungefähr vergleichbar mit den S-Bahnen in Deutschland) im Pariser Umland gestört, am Donnerstag früh schienen auch andere Bahnverbindungen beeinträchtigt. Der „Aktionstag“ schien also tatsächlich mit Arbeitsniederlegungen und Streiks einherzugehen.

Editorische Hinweise

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.