Bernard Schmid berichtet aus Frankreich

Neue Arbeitsrechts-„Reform“
CGT-Kongress in Marseille
Teil 16 – Stand vom 22. April 2016

04/2016

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Der CGT-Kongress in Marseille (vom 18. bis 22. April 16) öffnet nun die Tür für Arbeitniederlegungen gegen das bekämpfte Gesetzesvorhaben. Jedenfalls für lokale unbefristete Streiks, die alle 24 Stunden in Personalversammlungen verlängert werden können; der Dachverband hält sich aber mit einer „Generalstreik“forderung zurück. Neue Skandale und Polemiken um Polizeigewalt, und um ein polizeiliches Totenkopfsymbol. Der bislang stärkste Andrang auf den besetzten Platz in Paris war an diesem Mittwoch (20. April) zu verzeichnen. Am selben Abend tagte, parallel dazu bzw. im Vorabendprogramm, eine turbulente Versammlung im Pariser Gewerkschaftshaus. Unterdessen üben die Arbeit„geber“verbände sich in einer Erpressungsstragie...


Was bedeutet Nuit debout (sinngemä
ß „wache“ oder „aufrechte Nacht“)? Aus Sicht des amtierenden rechtssozialdemokratischen Premierministers Manuel Valls erklärt es die – erst seit einem Monat erscheinende, und z.T. von radikalen Gewerkschafter/inne/n gemachte – linke französische Tagszeitung Le Progrès social. Auf einer Zeichnung, die an diesem Dienstag (19. April) publiziert wurde, sieht man den Premierminister aufrecht im Bett sitzen, am Himmel prangt ein Mondsymbol ; für ihn also bedeutet es schlaflose, durchwachte Nächte. Hoffen wir wirklich, dass dem auch so sei.

Auf der besetzten Pariser place de la République, also im derzeitigen „Epizentrum“ der französischen Platzbesetzerbewegung, wird unterdessen ebenfalls nicht geschlafen, sondern heftig diskutiert. Wie an diesem Donnerstag Abend (21. April), noch vor Beginn der allgemeinen Vollversammlung.

Hier findet eine bunt durchmischte Runde zum Generalstreik auf der zu Frankreich gehörenden Insel Mayotte (vgl. dazu Labournet vom Mittwoch, 20. April) statt. Nebenan tagt das Frauenplenum, dessen tägliche Abhaltung gegen manche männlichen Widerstände durchgesetzt wurde. Anderswo auf dem Platz wird eifrig über den Ausnahmezustand – dessen Verlängerung für die Periode vom 26. Mai bis zum 25. Juli dieses Jahres soeben durch die Regierung angekündigt wurde – debattiert. Etwas weiter zur Platzmitte hin bietet ein Stand der Avocats debout kostenlose Rechtsberatung und Informationen zum geplanten Arbeitsgesetz. Die Initiative dazu hatte ein Anwalt, welcher auch als Blogmacher unter dem Namen Maître Eolas bekannt wurde, ergriffen. Ihm gesellten sich inzwischen weitere Freiwillige und eine Reihe von Jurastudierenden hinzu.

Nach der Nuit debout – der „wachen Nacht“ – bringt die französische Sozialprotest- und Platzbesetzerbewegung unterdessen nun auch neue Varianten hervor. In Saint-Ouen in der nördlichen Pariser banlieue gibt es etwa mittlerweile einen midi debout, einen aufgeweckten Mittag: Einwohner/innen und Pendler/innen, die in der an der Pariser Stadtgrenze liegenden Kommune arbeiten, treffen sich an einem RER- (deutsches Pendant: S-Bahn-)Ausgang zum gemeinsamen Mittagessen, Austauschen und Debattieren über soziale Themen bei Vollversammlungen. Neben Saint-Ouen erreichte die Platzbesetzerbewegung inzwischen über sechzig französische Städte: Pariser Trabantenstädte, Regionalmetropolen wie Toulouse, aber auch Kleinstädte in der Bretagne wie Saint-Aubin-du-Cormier mit 3.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Bewegung im Gesundheitssektor

Auf der Pariser place de la République, wo am 31. März dieses Jahres alles anfing, gibt es inzwischen etwa auch eine Bewegung Psychiatrie debout, oder auch Hôpital debout (aufrechtes Krankenhaus). Es handelt sich um Selbstorganisationen von Beschäftigten, die gegen die aktuelle Kahlschlagspolitik in diesen Bereichen und im Gesundheitswesen allgemein protestieren. Aktuell plant die französische Regierung gerade, 16.000 Krankenhausbetten wegzusparen. In der Psychiatrie geht es auch um Versuche, die Einrichtungen zu instrumentalisieren, um gefängnisähnliche Funktionen zu übernehmen. Die Lohnabhängigen des Sektors haben einen größeren Stand auf dem besetzten Platz aufgebaut, allabendlich finden dort Debatten statt, wie etwa am gestrigen Donnerstag (21. April) unter reger Einteilnahme der Gewerkschaft SUD-Santé, einer linken Basisgewerkschaft aus dem Gesundheitswesen. Neben dort Beschäftigten kamen z.B. bei der Pariser Vollversammlung vom Montag, den 18. April auch Psychiatriepatienten zu diesem Anliegen zu Wort, darunter ein ausgesprochen guter und viel applaudierter Redebeitrag. (Ein ähnliches Phänomen existierte auch in den Protestbewegungen um 1968 und noch in den frühen 1970er Jahren, auch im damaligen Westdeutschland.)

Kulturelles

Und mittlerweile gibt es nun auch ein Orchestre debout. Am Mittwoch, den 20. April spielte ein Amateurorchester, dessen Mitglieder sich zum Teil zuvor noch nie gesehen hatten (Schüler/innen der Musikschule Conservatoire de Paris hatten zwei Tage zuvor an alle Freiwilligen appelliert), vor einer Riesenmenge von faszinierten und dichtgedrängten Menschen die Symphonie „Aus der Neuen Welt“ von Antonin Dvorak, um später zu „Bellaciao“ und Liedern aus der Arbeiterbewegung überzugehen. (Vgl. in den Medien dazu http://www.francetvinfo.fr oder http://www.lemonde.fr/) Aber auch Liebhaber/innen von Rap oder Hiphop kamen an anderen Abenden auf ihre Kosten. An diesem Mittwoch waren über 6.000 Menschen gleichzeitig auf dem Platz, davon rund 2.000 bei der auf der Südhälfte des Platzes (mit Blickrichtung Bastille-Platz) tagenden Vollversammlung und mindestens 3. bis 4.000 bei dem Platzkonzert auf der Nordhälfte. es war die bis dahin stärkste Teilnahme auf dem verkehrsberuhigten Pariser Platz. Angenehmer Nebeneffekt: Die dichte Besetzung des Platzes verbannte nunmehr die Bierdosenberge, die an den Vorabenden im späteren Abendprogramm teilweise auffielen, aus dem Bild.

Die „aufrechte“ oder „durchwachte Nacht“ ist nur ein Ausdruck der derzeitigen sozialen Protestbewegung in Frankreich. Diese Platzbesetzung war und ist es, die es ihr erlaubte, permanent im öffentlichen Raum präsent zu bleiben. Den Ausgangspunkt der Proteste bildete und bildet der Versuch der Regierung, das französische Arbeitsrecht in einem für die Lohnabhängigen regressiven Sinne umzukrempeln. Am 03. Mai beginnt nun die Debatte um das geplante „Arbeitsgesetz“ in der französischen Nationalversammlung und am 11. Juni im Senat, dem „Oberhaus“ des französischen Parlaments. Unterdessen übt der MEDEF – der stärkste der drei Kapitalverbände in Frankreich - sich in Erpressung für den Fall, dass das von ihm heiß erwünschte Gesetz doch nicht verabschiedet oder aber aus seiner Sicht „verwässert“ wird.

Erpresser-Strategie

Seit dem Dienstag, 19. April droht der MEDEF für diesen Fall nun, die derzeit laufenden und alle zwei Jahre stattfindenden Verhandlungen der so genannten Sozialpartner über die Neuregelung der Arbeitslosenversicherung zu verlassen. In diesem Falle könnte die Arbeitslosenkasse, deren Leitung paritätisch mit Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern besetzt ist, nicht funktionieren, und der Staat müsste aus Steuermitteln für ihre Leistungen einspringen. Wie vor zwei Jahren verhandeln der MEDEF und die rechtssozialdemokratische CFDT auf Gewerkschaftsseite – während viele andere Gewerkschaften opponieren – derzeit vor allem um eine Verringerung der Ansprüche für die intermittents du spectacle, die Beschäftigten im Kulturbetrieb, die in Frankreich in aller Regel nicht festangestellt, sondern während ihrer auftraglosen Zeit nach speziellen Regeln aus der Arbeitslosenkasse alimentiert werden. Die intermittents, deren Zukunft dadurch erneut bedroht wird, zählen auch mit zu den tragenden Kräften der aktuellen Protest- und Platzbesetzerbewegung.

Inzwischen hat der MEDEF sogar einen draufgesattelt und fordert jetzt sogar offensiv, zu der unverwässerten Ausgangsfassung des Gesetzesentwurfs (vor der leichten Entschärfung des Textes durch die Regierungsspitze am 14. März 16, wir berichteten damals) zurückzukehren. Einen Tag später schloss sich ihm auch der Kapitalverband CGPME, der Arbeit„geber“verband der kleinen und mittleren Unternehmen, an.

Neben CGT-Chef Philippe Martinez (vgl. http://www.lefigaro.fr/ ) sprach deswegen sogar Premierminister Manuel Valls von einer „Erpresserstrategie“ – Valls gar von „Geiselnehmen“ (vgl. http://www.lefigaro.fr/ )- und verwarnte MEDEF-Boss Pierre Gattaz deswegen. Allerdings glauben viele Beobachter/innen inzwischen, es handele sich dabei zumindest zum Teil um Blendwerk, also um eine gezielte Ablenkungsstrategie und Theaterdonner; um es der Regierung zu erlauben, den Eindruck zu vermeiden, total am Gängelband des MEDEF zu laufen. Bereits nach den Ankündigungen von Manuel Valls am 14. März d.J., die den Gesetzentwurf leicht entschärften, hatte Gattaz gemault und gemosert. Allerdings hatte er zugleich, wie die (auf Satire und Enthüllungen spezialisierte) Wochenzeitung ,Le Canard enchaîné’ – nicht online – berichtete, zugleich in Fax- oder e-Mail-Sendungen an seine Kreisverbände Befriedigung über den Inhalt des Textes geäußert, auch noch den leicht abgeschwächten.

Gewerkschaftlicher Aktionstag

Vor dem Beginn der Parlamentsdebatte findet nun am 28. April der nächste, von der Mehrzahl der Gewerkschaftsverbände – ohne die CFDT und den christlichen Gewerkschaftsbund - unterstützte „Aktionstag“ statt. Unterdessen rufen mehrere Gewerkschaften zwei Tage zuvor zu einem Streik bei der Bahngesellschaft SNCF auf. Dabei geht es zunächst um bahninterne Probleme wie Arbeitsbedingungen und Löhne, doch es wäre vorstellbar, dass eine Streikbewegung eine „Brücke“ zwischen beiden Terminen – dem 26. und dem 28. April - schafft und dadurch vielleicht auch in anderen Sektoren Arbeitsniederlegungen nach sich zieht. Gelingt dies, würde eine erfolgreiche Streikbewegung den derzeitigen Sozialprotest aus dem Dilemma herausbringen, zwischen strategisch unwirksamen Latschdemonstrationen der Gewerkschaftsführungen einerseits und einer irren Scherbendemo-Strategie, wie sie in einem Teil der Platzbesetzerbewegung Anhänger gewinnt (möglichst viel Glasbruch als politisches Programm!), andererseits wählen zu müssen.

Die Gewerkschaft SUD Rail, eine linke Basisgewerkschaft bei der Eisenbahn - orientiert etwa darauf. Anmelder der Arbeitniederlegung bei der SNCF am 26. April ist allerdings die CGT, die stärkste Einzelgewerkschaft dort. Und ihrem Aufruf gesellten sich mittlerweile die CFDT und die „unpolitisch“ auftretende Gewerkschaft UNSA hinzu, denen sicherlich nicht an einer Radikalisierung von Sozialprotesten und der „Konvergenz der Kämpfe“ – wie sie etwa durch die Platzbesetzerbewegung gefordert wird – gelegen ist.

Gleichzeitig nahm eine turbulente Versammlung im Pariser Gewerkschaftshaus am Abend des Mittwoch, 20. April 16 mit Liveübertragung auf dem nahen Platz (vgl. https://www.mediapart.fr/ ) einen Vorschlag des linken Journalisten und Dokumentarfilmers François Ruffin – auf ihn ging der Vorschlag der Platzbesetzung ursprünglich zurück -, für den 1. Mai an. Er schlug, dass die Maidemonstration der Gewerkschaftsverbände (ohne die rechteren Verbände: CFDT, christlichen Gewerkschaftsbund/CFTC und Angestelltengewerkschaften, die sich an dem Tag gemeinsam in einem geschlossenen Saal im Pariser Süden versammeln) an dem Tag bis zum besetzten Platz verlängert wird und mit der Platzbesetzerbewegung zusammentrifft.

Noch ist unsicher, ob auch die an der Maidemonstration beteiligten Gewerkschaftsverbände darauf eingehen. Denn nicht nur gibt es in Teilen der Platzbesetzerbewegung eine gewisse Organisationsfeindlichkeit, wie man auch von Teilen der spanischen Indignados kennt – ein grundsätzliches Misstrauen gegen jegliche gefestigtere Organisation -, sondern umgekehrt misstraut auch ein Teil der CGT der Platzbesetzerbewegung. Auch wenn Hauptamtliche der CGT (der Verfasser denkt an seine Bekannten Ma. und Pa.) sich, ohne sich unbedingt zu ihrer Organisationszugehörigkeit zu erkennen, ebenfalls quasi allabendlich auf dem besetzten Platz weilen.

Kongress der CGT

Anlässlich des Gewerkschaftstags der CGT – des stärksten Dachverbands –, der vom 18. bis 22. April in Marseille stattfand, wurde nach einigem Hin und Her jedoch ein Antrag angenommen, der die einzelnen Mitgliedsgewerkschaften für die Tage nach dem 28. April zu unbefristeten Streiks in der Form von grèves reconductibles aufruft.

Also in Gestalt von Arbeitsniederlegungen, über deren Fortführung oder Beendigung alle 24 Stunden in Personalversammlungen entschieden wird. Möglicherweise erhöht sich dadurch der Druck von unten nun in Bälde auf entscheidende Weise. Möglichersweise. Allerdings vermied die Leitung des Dachverbands das heikle, heiße Wort vom „Generalstreik“: Der Generalsekretär des Dachverbands, Philippe Martinez, erklärte dazu am ersten Kongresstag – dem Montag, 18. April -, dass ein solcher „nicht verordnet“ werden könne (La grève générale ne se décrète pas).

Dass ein Generalstreik nicht einfach angeordnet werden kann, trifft zweifellos zu. Und auch, dass der Begriff vom ,Generalstreik’ ein bedeutungsschweres Wort, und selbiger eine scharfe Waffe ist – jedenfalls, wenn man an einen ECHTEN Generalstreik denkt (einen, der alle Sektoren und Branchen zumindest potenziell erfasst). Und nicht an das, was deutschlinke Naivlinge sich mitunter darunter vorstellen, die bei jedem kleineren Anlass jenseits des Rheins und bei jedem gewerkschaftlichen Aktionstag (mit Latschdemonstrationen und ohne Arbeitsniederlegungen) unbesehen „Generalstreik in Frankreich!“ brüllen. Ja, es stimmt: Ohne Nachdenken und ohne Strategie aus relativ nichtigen Anlässen von „Generalstreik“ zu reden, wenn dann keinerlei Ergebnis auf der Höhe der Anforderungen eintritt, das droht die Waffe des Generalstreiks unscharf zu machen. Nichtsdestotrotz: Bei der aktuellen Auseinandersetzung um das geplante „Arbeitsgesetz“ handelt es sich eben keineswegs um einen furzigen Anlass. Und die Entscheidung, die einzelnen Mitgliedsgewerkschaften dazu aufzufordern, zu prüfen, inwiefern unbefristete Streiks vor Ort möglich sind – aber ohne inhaltlich klaren und zentralen Aufruf -, das ist sicherlich noch nicht das Maximum, was der Dachverband CGT in die Waagschale werfen könnte.

Vgl. dazu auch die am Ablauf des CGT-Kongresses formulierte Kritik:

* Von libertärer, eher anarcho-kommunistischer Seite:
http://www.alternativelibertaire.org/?En-direct-du-congres-CGT-Les

* Von eher orthodox-kommunistischer (parteikommunistischer) Seite, unter anderem: http://canempechepasnicolas.over-blog.com (und andere Artikel dort)

Polemik um Polizei

Eine inhaltliche Auseinandersetzung innerhalb der CGT, doch vor allem zwischen ihrer Führung und dem französischen Innenministerium, gab es unterdessen um die Kritik von Teilen des Gewerkschaftsverbands am Vorgehen der Polizei. Eine Mitgliedsgewerkschaft der CGT im Mediensektor hatte ein kritisches Plakat zum Thema der Polizeigewalt bei den letzten Demonstrationen – die Vorkommnisse darum häufen sich spätestens dem 17. nd 24. März d.J. – veröffentlicht. Vgl. beispielsweise: http://www.lefigaro.fr

Daraufhin beschwerte sich der amtierende französischen Innenminister Bernard Cazeneuve (Rechtssozialdemokrat) bitterlich darüber, wie seine Beamten da gar bösartig in den Schmutz gezogen würden. (Vgl. http://www.lefigaro.fr/) Die Leitung des Dachverbands erklärte daraufhin zunächst etwas halbherzig, das Plakat gehe von einer Mitgliedsstruktur und nicht vom Dachverband selbst aus, und die einzelnen Mitgliedsverbände genössen Meinungsfreiheit. Dadurch vermied die Leitung des Dachverbands – dessen Webseite das umstrittene Plakat nicht (mehr) zeigte – eine inhaltliche Stellungnahme. Kurz darauf erklärte die Leitung dann jedoch, dass die CGT „die grundlegende Rolle der Polizei anerkennt“ und würdigt; gleichzeitig jedoch gegen ihr konkretes Vorgehen besonders gegen Jugendliche und Studierende in den letzten Woche klare Kritik übe (vgl. http://www.lefigaro.fr/

Unterdessen taucht eine neue Affäre auf, die in Teilen der öffentlichen Meinung Empörung hervorrief. Am gestrigen Donnerstag (21. April) wurde bekannt, dass ein Polizist, der aus Anlass der Demonstrationen bei der „Aufrechterhaltung der Ordnung“ eingesetzt war, einen aufgemalten Totenkopf auf seinem Schlagstock spazieren führt. Vgl. http://www.huffingtonpost.fr/ und http://www.francetvinfo.fr/

Ausblick

In den letzten April- und ersten Maitagen 2016 wird nun auf jeden Fall ein entscheidender Moment liegen. Dann wird sich herausstellen, ob die aktuellen Bewegungen auch das Potenzial haben, den im Augenblick zentralen Angriff auf die Lohnabhängigen – das geplante „Arbeitsgesetz“ – in Gänze oder teilweise zu verhindern. Gelingt dies jedoch nicht, oder gerät es gar als zentrales Anliegen aus den Augen, dann droht hinterher möglicherweise der Katzenjammer.

Auf dem besetzten Platz in Paris war die Forderung auf Rücknahme des Gesetzentwurfs zur „Reform“ des Arbeitsrechts zeitweilig etwas aus dem Zentrum gerückt, bevor die Redebeiträge sich am 20. April 16 wieder stärker als zuvor darauf konzentrierten.

Diese zeitweilige Entwicklung weg vom zentralen Anliegen einer Rücknahme der Regression im Arbeitsrecht hängt auch mit der sozialen Zusammensetzung zusammen. Zwar trifft nicht zu, was manche bürgerlichen Medien herbeischreiben um der Protestbewegung zu schaden, indem sie diese als eine Angelegenheit eher von Mittelsklassen-Angehörigen, Yuppies und Intellektuellen behandeln, und gegenüber der lohnabhängigen Bevölkerung eher als eine Art Luxushobby darstellen. Die convergence des luttes, also das Zusammengehen der Kämpfe in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen, wird von vielen Rednerinnen und Rednern am offenen Mikrophon der Platzbesetzerbewegung immer wieder beschworen. Der linke Wirtschaftswissenschaftler Frédéric Lordon, einer der prominenten Köpfe in einer Bewegung, die keine Chefs haben möchte, beschwor die Versammelten schon in den ersten Tagen, auf diverse andere soziale Milieus zuzugehen, um die Bewegung tunlichst zu verbreitern. Am Abend des 20. April 16 im Pariser Gewerkschaftshaus rückte er das geplante „Arbeitsgesetz“ in seiner Ansprache wieder sehr viel stärker in den Mittelpunkt. (Vgl. https://www.facebook.com/ )

Editorische Hinweise

Den Artikel erhielten wir vom Autor für diese Ausgabe.