Wir haben die Männer, wir entwickeln die Waffen, wir führen die Kriege...
60 Jahre Bau der Atombombe
TeiI 1 - Die Vorgeschichte


von Dietmar Kesten
GELSENKIRCHEN  März 2003

04/03
 
 
trend
onlinezeitung

Briefe oder Artikel info@trend.partisan.net ODER per Snail: trend c/o Anti-Quariat 610610 Postfach 10937 Berlin

Anfang des Jahres 1939 hörte der Physikprofessor Robert OPPENHEIMER an einem Physikerkongress in Washington einen Vortrag über den Stand der Atomforschung in Europa. Schon damals wurde die Möglichkeit einer Atomwaffe ernsthaft in Betracht gezogen. Was er hörte, beunruhigte in zutiefst. Das Forscherehepaar JOLIOT-CURIE beseitigten in der angesehen Zeitschrift ‚Nature’ die letzten Zweifel an der Herstellbarkeit einer solchen Waffe. Wie der Bericht ausführte, würden durch eine Kernspaltung sehr große Energiemengen sowie durchschnittlich zwischen drei und vier Neutronen pro Spaltung frei. Beide hatten nun bewiesen, dass eine genügend große Anzahl dieser Neutronen mit anderen Atomen zusammenstieß und diese ebenfalls spaltete, wobei weitere Energiemengen sowie Neutronen freigesetzt werden, um eine Kettenreaktion in Gang zu bringen. Diese ungeheure Energie, die diese in einem winzigen Bruchteil einer Sekunde erzeugen würde, müsste eine Explosion von bisher unbekannter Gewalt bedeuten. Innerhalb weniger Wochen wurde der JOLIOT-CURIE Bericht in allen Physikzentren der Welt bekannt.  

Ein Jahr zuvor hatte der Direktor des Kaiser Wilhelm-Institus für Chemie in Berlin, der Chemiker Otto HAHN, mit Neutronen und schweren Elementen experimentiert, sie bestrahlt. Man wollte neue schwere Sorten der bestrahlten Elemente, sogenannte ‚Nuklide’ oder ‚Isotope’ gewinnen. Der Aufbau eines Atoms war damals in den Grundzügen bekannt. Nun war man bestrebt, tiefer in das Innere des Atoms vorzudringen. Der deutsche Otto HAHN hatte jedoch ein großes Problem: die Ergebnisse eines seiner Experimente widersprachen allen bisherigen Erkenntnissen im Bereich der Chemie so grundlegend, dass er seine Resultate nicht veröffentlichte. Als er nach der Bestrahlung von Uran durch Neutronen plötzlich Barium fand, war die Überraschung groß, und die schweren Uran-Atome hatten sich über Nacht in die viel leichteren Barium-Atome verwandelt. HAHN und sein kongenialer Partner STRAßMANN deuteten das Ergebnis so, dass die Atomkerne des Urans wohl zerplatzt sein mussten. Hahn hatte somit die eigentliche Kernspaltung entdeckt. zweifelte jedoch an seiner Entdeckung. Doch Lise MEITNER überzeugte ihn schlussendlich.  

Kurz nach dieser Entdeckung wurde der österreichischen Physikerin die Tragweite der Entdeckung klar, und sie veranlasste die Veröffentlichung in angesehenen Zeitschriften. MEITNER, die langjährige Mitarbeiterin HAHNs, hatte wegen ihrer jüdischen Abstammung nach Schweden auswandern müssen. Trotzdem stand HAHN mit ihr laufend in Kontakt, und sie war es auch, die sofort begriffen hatte, dass durch die Spaltung von Atomkernen ungeheure Energiemengen freigesetzt würden. Kein Geringerer als Albert EINSTEIN war es, der schon vor Jahren darauf hingewiesen hatte, dass in der Materie gewaltige Energiemengen schlummern nach der Formel E = mc ². (Energie ist Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat)  

Die Ergebnisse der Arbeit HAHN/STRAßMANN wurden u. a. in der Zeitschrift ‚Naturwissenschaften’ im Februar 1939 veröffentlicht, und sie lösten in den Kreisen der Atomforscher vor allem Überraschung aus. So Soll Niels BOHR gesagt haben: ‚Wie haben wir das nur so lange übersehen können?’ Im April 1939 fand in Berlin ohne Beteiligung von Otto HAHN, der kein Freund der Nationalsozialisten war, eine Besprechung deutscher Atomphysiker statt, auf der über die Kernspaltung zum Antrieb von Motoren debattiert wurde. Mit Wissen und Unterstützung des ‚Dritten Reiches’ wurde zunächst in diesem Sinne über das Uranproblem gearbeitet. Und auf einem weiteren Treffen wurde der Beschluss gefasst, das alle existierenden Uranvorräte in Beschlag zu nehmen seien, und noch zusätzliche Mengen aus den soeben eroberten Bergwerken der Tschechoslowakei beschafft werden sollen. Die Teilnehmer der Berliner Besprechungen waren zu strengstem Stillschweigen verpflichtet. Doch einer der Mitarbeiter HAHNs, Dr. FLÜGGE, hielt sich nicht an diese Geheimhaltung. Er veröffentlichte in den ‚Naturwissenschaften’ einen Aufsatz über ‚Uran-Kettenreaktionen’. Dieser Aufsatz hatte eine Wirkung, die er nicht voraussehen konnte.  

Zwar erklärte Werner HEISENBERG der sich im Sommer des Jahres als Gast der Columbia Universität in Amerika aufhielt, dass damals die Möglichkeit bestand, durch ‚eine gemeinsame Verabredung den Bau der Atombombe zu verhindern’, (Robert JUNGK: Heller als tausend Sonnen. Das Schicksal der Atomforscher, Hamburg 1980, S. 72), doch in den Staaten deutete man die Äußerungen FLÜGGEs und die Beschlüsse der deutschen Atomphysiker Besprechungen als sehr ernst, und dass es den Deutschen nun um das Bombenprojekt gehe. Der Atomphysiker Leo SZILARD kam zu dem Schluss, dass ein Eingriff in das deutsche Projekt unbedingt notwendig sei. Zunächst müsse Amerika sich den Zugang zu den Minen des Belgisch-Kongo sichern welche die einzige größere Uranquelle außerhalb der Tschechoslowakei darstellten. Zu diesem Zwecke mussten die Verbindungen hergestellt werden. SZILARD spannte dazu den Industriellen und Bankier Alexander SACHS und Albert EINSTEIN ein, der in die USA emigriert war.  

Sie verfassten 1939 einen Brief an den amerikanischen Präsidenten ROOSELVELT, das sogenannte ‚EINSTEIN-SZILARD-SACHS-Dokument’, das darlegte, warum Amerikas Teilnahme am Wettlauf der Herstellung einer Atomwaffe unerlässlich sei. Nach einigem Zögern befand ROOSEVELT, dass die Forderungen berechtigt sei. Verantwortlich für die Ausführung von ROOSEVELTs Beschlüssen war zunächst Lyman BRIGGS vom Bureau of Standards, der die besten Physiker des Landes dazu aufforderte, einem Uran-Komitee beizutreten. Insgesamt verschaffte er aber dem Projekt durch übertriebene Geheimhaltung und ungenügender finanzieller Unterstützung nicht die erforderliche Durchsetzungskraft.  

Im Juli 1941 traf eine Gruppe englischer Wissenschaftler in Amerika ein, mit der Absicht, die Amerikaner zum Handeln zu bringen. Auch die Engländer hatten die Möglichkeit des Baus einer Atomwaffe erkannt und ihrerseits ein Uran-Komitee gebildet. Über ein Jahr lang wurde mit den Amerikanern experimentiert, um die wertvollen Informationen über die Konstruktion der Waffe sowie über die Gewinnung des kostbaren Uranisotops, das den Kern der Bombe bilden sollte, herauszufiltern. Die Engländer besaßen jedoch nicht die finanziellen Mittel zur Förderung der Bombe. Eine Delegation unter dem australischen Wissenschaftler Marcus OLIPHANT hatte nun endgültig die Aufgabe, die Forschungen vorantreiben. Er wandte sich an Ernest LAWRENCE einem Studienfreund von OPPENHEIMER in Berkeley, den er ohne Schwierigkeiten von der Notwendigkeit der Situation und einer deutschen Gefahr überzeugen konnte. LAWRENCE schloss sich mit James CONANT, der dem Uran-Komitee vorstand zusammen, und bewegte ihn, ein Gespräch mit dem Direktor der Physikabteilung der University of Chicago, Arthur COMPTON anzuberaumen, der später OPPENHEIMER dazu aufforderte, am Bombenprojekt mitzuarbeiten. Im Oktober 1941 gelang es, ROOSELVELT von der Dringlichkeit der Situation zu überzeugen. Der wissenschaftliche Berater des Präsidenten, Vannevar BUSH wurde aufgefordert, alles zu tun, um die Entwicklung der Bombe voranzutreiben.  

Unterdessen hatte LAWRENCE, nun einer der wissenschaftlichen Leiter des Atombombenprojekts 1940, seine Forschungen weiter vorangetrieben, und eine der Fragen berührte das Isotop 235, das für den Bau der Bombe benötigt wird. Bei dieser Arbeit benötigte er wissenschaftliche Unterstützung. Er wandte sich an OPPENHEIMER. Es war das erste Mal, dass OPPENHEIMER so mit dem Projekt in Berührung kam. OPPENHEIMER wurde beauftragt, eine Reihe von Berechnungen für die nötige Menge von U 235 zu machen, die er auch im Oktober 1941 vorlegte. Damit stellte er einen ersten Konstruktionsplan für die Bombe dar, und zeigte auf, wie sie bestenfalls funktionieren würde. In den folgenden Monaten stellte OPPENHEIMER weitere Berechnungen an und LAWRENCE und COMPTON zu beraten. Ab ca. Mai 1942 übernahm OPPENHEIMER vollständig das BOMBENPROJEKT, nachdem der Koordinator Gregory BREIT zurücktrat.  

Als OPPENHEIMER BREITs Aufgabe übernahm, war ihm klar, dass die Grundlagen für die Arbeit am Bau der Bombe und am Bombenmechanismus überprüft werden müssten. Z. B. war noch völlig unklar wie viel Kilogramm reines Urans für den Bau der Bombe benötigt würden. Ein Team von theoretischen Physikern wurde mit diesen Untersuchungen betraut, während eine weitere Gruppe die zur Konstruktion der Bombe benötigten Daten so genau wie möglich zu bestimmen versuchte, damit die Ingenieure den Bau in Angriff nehmen könnten. Diese Gruppen trafen sich am dem Sommer 1942 regelmäßig. Zu ihnen gehörten bereits Johan van VLECK, Hans BETHE, Edward TELLER. Zunächst versuchten sie, eine Vorstellung von der Größenordnung und der Wirkung der geplanten Waffe zu gewinnen. Als zweites versuchten sie, die Gestalt der Bombe so gut wie möglich zu bestimmen, was ihre Form und Größe anbelangt.  

Im September 1942 übernimmt der General Leslie R. GROVES die organisatorische Leitung des Atombombenprojektes, der zuvor Leiter beim Aufbau des Pentagon war. Aufgrund seiner Fähigkeiten wurden ihm schliesslich sämtliche militärische Bauprojekte im Amerika übertragen. Dazu gehörte die Erstellung von Kasernen, Flugplätzen, chemischen Fabriken, Häfen usw. Im ganzen war GROVES für die Verwendung von mehr als 600 Millionen Dollar pro Monat verantwortlich. Er sollte nun für dieses spezielle Waffenprojekt der Vereinigten Staaten die dafür mehr als 100 Millionen Dollar veranschlagte Summe verwalten. Mit BUSH, der auch für die wissenschaftlichen Kriegsprojekte der USA verantwortlich war, entschied sich GROVES, eine Anlage zur Gewinnung von gereinigtem Uran zu finanzieren. Sie entschieden sich für einen Ort in Tennesee. Dann setzen sie durch, das alle Projekte des Manhattan Engineering Distrikts oberste Priorität erhielten. Die ersten Trennungsmethoden das schwerere U-238 Atom von der Hauptmasse, dem Isotop U 238, zu trennen, wurden im Westinghouse Research Laboratorium in Pittsburgh entwickelt.  

Doch noch immer waren die Resultate unbefriedigend, da es sich bei Uran um kein Gas, sondern um ein Hartmetall handelt. Es musste somit in eine seiner gasförmigen Verbindungen umgewandelt werden. Die einzige, die in Frage kam, war das Uranfluorid. Dafür mussten alle Maschinenteile neu konzipiert werden, da dieses so ätzend war, dass bis dahin keine Röhre, keine Pumpe, nicht einmal eine Diffusionsschranke hergestellt werden konnte, die ihm widerstand. Es war klar, dass diese Apparaturen, die die Trennung durchführen konnten, nicht über Nacht geschaffen werden können.  

In Chicago, im Metallurgy Laboratory war man daran, einen Atomreaktor zu entwickeln, der zu zwei verschiedenen Zwecken dienen sollte. Erstens sollte er den Wissenschaftler ermöglichen, die physikalischen Vorgänge einer kontrollierten Kettenreaktion in der Praxis zu untersuchen, anstatt, wie bis jetzt, nur in der Theorie. Zweitens sollte der Reaktor das neuentdeckte spaltbare Element Plutonium liefern. U. a. waren in dieses Programm eingebunden: Leo SZILARD, der italienische Nobelpreisträger, Enrico FERMI, und Eugen WIGNER. Dieser Rektor wurde am 2. Dezember 1942 zum ersten Mal kritisch. Die Experimente bestätigten, dass eine atomare Explosion möglich war. Der Reaktor war auch Prototyp jener Anlage, die zur Gewinnung des neuen Elements Plutonium benutzt wurde.  

Von Chicago reiste GROVES nach Berkeley zu LAWRENCEs Radiation Laboratory. Dieser führte ihm seine neueste ‚Wundermaschine’, das 184-Inch-Calutron vor, um Uran-Isotope auf elektromagnetische Weise zu trennen. Die Anlage in Tennesee, die schon GROVES Vorgänger in Betracht gezogen hatten, sollten nun mit Maschinen ausgerüstet werden, die aus LAWRENCEs experimentellem und bis jetzt unproduktivem Calutron entwickelt werden sollten. Der Bau der Anlage war bereits im Gange und erhielt erstmals den offiziellen Namen ‚Manhattan Projekt’. Doch auch das war noch unbefriedigend, da es keine zuverlässigen Daten darüber gab, wie sich die Kernspaltungsreaktionen abspielen und welche Hitze in der atmosphärischen Entflammung ausgelöst würden, die eine Zerstörung bisher unbekannten Ausmaßes ermöglichten.  

Mit OPPENHEIMER, mit dem er erstmalig am 8. Oktober 1942 in Berkeley zusammenkam, sah GROVES den Mann für den Bau und die Fertigstellung der Bombe. OPPENHEIMER schlug vor, alle Forscher in einem einzigen Labor unterzubringen, wo sie ihre Arbeiten nach Belieben diskutieren konnten. Dieses Labor sollte von der Außenwelt so streng wie möglich abgesichert werden. Verschiedene Örtlichkeiten waren für dieses künftige Labor in Augenschein genommen worden. Man einigte sich schließlich auf einen Ort in New Mecixo, den Ort, den OPPENHEIMER vorgeschlagen hatte, auf das in 2.000 Meter Höhe gelegene Los Alamos. Hier gab es bereits Unterkunftsmöglichkeiten, Wasser und Elektrizität. OPPENHEIMER erstellte seinen ungefähren Plan für das Laboratorium. Er glaubte, mit etwa dreißig Wissenschaftlern die Aufgabe bewältigen zu können. Anfang 1943 entstand hier das endgültige militärische Projekt der Amerikaner zur Entwicklung und zum Bau der Atombombe. Im März 1943 siedelte OPPENHEIMER von Berkeley nach dorthin über. Bauingineure waren damit beschäftigt, unter militärischer Aufsicht die wichtigsten Gebäude zu errichten. Das Resultat war eine dürftige Budenstadt. Der 15. April 1943 war der Tag des offiziellen Arbeitsbeginns. Hier in dem beschaulichen Los Alamos sollte die Welt in den nächsten Jahren faktisch ihre Unschuld verlieren.  

EXKURS I: FRÜHE DATEN IN DER ENTWICKLUNGSGESCHICHTE DER ATOMBOMBE.  

1931: COCKROFT und WALTON spalten das Atom.  

1932: James CHADWICK entdeckt das Neutron.  

1934: Enrico FERMI erweitert das Experiment von JOLIOT-CURIE, indem er verschiedene Elemente statt mit Alphateilchen mit den neuentdeckten Neutronen beschießt. Beim Beschuss von Uran beobachtet er die Entstehung von mehreren Elementen mit künstlicher Radioaktivität.  

1938: Otto HAHN und STRAßMANN beweisen, dass es sich bei FERMIs Beobachtung vier Jahre zuvor, um das ‚Platzen’ des Atomkerns gehandelt hat. Am 22. Dezember 1938 wird ihre erste Beschreibung des Vorganges, der später ‚Kernspaltung’ genannt wird, international veröffentlicht.  

1939: FRISCH und MEITNER beschreiben den mechanischen Vorgang dieser ‚Spaltung’ und stellten fest, dass er große Mengen von Energie erzeugt. Die Hauptfrage ist nun, ob auch Neutronen freigesetzt werden, die dann weitere Spaltungen verursachen und dadurch zusätzliche Energie produzieren würden, so dass eine Kettenreaktion entstünde.  

1939: Leo SZILARD bestätigt die Freisetzung von Neutronen und die Wahrscheinlichkeit einer explosiven Kettenreaktion. 1939: Ein Brief von JOLIOT-CURIE in der Zeitschrift ‚Nature’ bestätigt, dass pro Spaltung 3,5 Neutronen freigesetzt werden. die Kettenreaktion ist somit Tatsache geworden.  

EXKURS II: DAS DEUTSCHE U-PROJEKT.  

Das deutsche ‚U-Projekt’ wurde ab 1939 zwar nicht auf Eis gelegt. Doch es gab enorme Schwierigkeiten. Im Frühjahr 1939 setzten sich auch die Physiker Georg JOOS Wilhelm HANLE von der Universität Göttingen mit dem Kultusministerium in Verbindung. Monate später erfahren sie, dass die deutsche Reichsarmee angeblich über die Möglichkeit einer Kernspaltung schon seit längerer Zeit im Bilde sei. Im September 1939 gründete sich in Deutschland der sog. ‚Uran-Verein’, der aus neun Kernphysikern bestand. Ein Arbeitsprogramm legte fest, auf welchen Gebieten nun weiter geforscht werden soll. 1939/1940 schloss Werner HEISENBERG eine theoretische Arbeit ab, die den prinzipiellen Unterschied zwischen dem Bau eines Uranmeilers, in dem die Kettenreaktion gesteuert wird, und einer Uran-Bombe konstatierte, bei der man die Neutronenlawine einem explosiven Höhepunkt entgegenlaufen lässt. Im Juli 1940 brachte von WEISZÄCKER, HEISENBERGs engster Mitarbeiter, unter dem Titel ‚Eine Möglichkeit der Energiegewinnung aus U 238’ Überlegungen zu Papier, aus denen hervorging, dass in einem Uranmeiler eine ganz neue Substanz entstehen könnte, die ‚als Sprengstoff’ (später als Plutonium bekannt) zu verwenden sei. Im April 1942 hatte HITLER ein Dekret unterzeichnet, dass alle Forschungsprogramme, die nicht unmittelbar Kriegszwecken dienten, ausdrücklich verbot. Im Mai 1942 hatten die Deutschen den ersten Atomreaktor entworfen und gebaut, und waren dazu in der Lage, eine Tonne Uran im Monat zu beschaffen, um einen Reaktor zu betreiben. Und im Juni d. J. wurde eine Konferenz einberufen, um das deutsche Bombenprojekt im Lichte dieses Dekrets zu prüfen. HEISENBERG (als verantwortlicher Wisschaftler), Albert SPEER, Feldmarschall MILCH, als GÖRINGs Abgeordneter, waren die militärischen Vertreter. HEISENBERG dämpfte bei diesem Gespräch die Erwartungen und den Enthusiasmus, und erklärte, dass ‚die Konstruktion der Bombe in Deutschland zur Zeit ökonomisch ausgeschlossen sei’. Außer SPEER schien sich niemand so recht, für eine deutsche Bombe zu interessieren. Im Sommer 1943 beginnt man zusätzlich mit dem Bau einer Gasdiffusionsanlage, um die ausreichende Menge an Uran 235 für eine Atombombe zu bekommen. Es kam zu weiteren Schwierigkeiten. Immerhin ließ SPEER noch eine Anlage für einen Großreaktor bauen, der auch probeweise Uran 235 lieferte. Die Zentrifuge wird nach dem Krieg von den Allliierten demontiert und es wird Deutschland verboten, weiter Atombombenprogramme zu führen. Doch erst ab Ende 1942 wurde im Dritten Reich der Entwicklung neuer Waffen auch praktische Aufmerksamkeit geschenkt. Zu diesem Zeitpunkt war der Vorsprung der Forschungen der USA bereits schon so groß, dass er nun nicht mehr eingeholt werden konnte. Die wichtigste Waffe, die V-2 Fernrakete, kam erst in einem Stadium des Krieges zum Einsatz, als Deutschlands Lage bereits hoffnungslos war.  

EXKURS III  

AUFBAU VON ATOMKERNEN VON PROTONEN UND NEUTRONEN  

Atome bestehen aus einem Atomkern und einer Elektronenhülle. Bei chemischen Vorgängen sind nur die Elektronen beteiligt, die Kerne bleiben unverändert. Veränderungen der Atomkerne hingegen sind physikalische Vorgänge. Die Bausteine eines Atomkerns sind positiv geladene Protonen sowie elektrisch neutrale Neutronen. Protonen und Neutronen haben etwa die gleiche Masse: Sie sind rund 2000-mal so schwer wie ein Elektron. Die Zahl der Protonen entscheidet dabei über die Art des chemischen Elements. So ist beispielsweise jeder Kern mit 6 Protonen ein Kohlenstoffkern. Aber es gibt in der Natur Kohlenstoffkerne mit 6, 7 oder 8 Neutronen: Diese drei Isotope nennt man nach der Massezahl Kohlenstoff-12, Kohlenstoff-13, Kohlenstoff-14. Elemente mit einer höheren Ordnungszahl enthalten im Kern deutlich mehr Neutronen als Protonen. So besteht jeder Urankern aus 92 Protonen. In der Natur kommen Urankerne mit 142, 143 und 146 Neutronen vor. Das sind die Isotope Uran-234, Uran-235 und Uran-238. Mit steigender Ordnungszahl steigt das Zahlenverhältnis zwischen Neutronen und Protonen, das für jeden stabilen Atomkern einen bestimmten Wert hat, von 1:1 beim Helium bis auf fast 1,6:1 bei den schwersten Elementen. Man spricht hier vom Neutronenüberschuss. Ein Teil dieser überschüssigen Neutronen wird bei der Kernspaltung frei.  

RADIOAKTIVITÄT  

Kerne mit einem falschen Zahlenverhältnis zwischen Neutronen und Protonen sind nicht stabil. Sie zerfallen früher oder später. Von Radioaktivität spricht man, wenn ein Kern einzelne Bausteine oder Energiequanten (Photonen) abgibt. Dies geschieht ohne äußeren Anlass. Kernspaltung nennt man es, wenn durch Neutronen schwere Atomkerne (z.B. Uran-235 oder Plutonium-239) in zwei mittelschwere Bruchstücke (Spaltprodukte) geteilt werden und dabei Neutronen freigesetzt werden, die weitere Spaltungen auslösen können (Kettenreaktion). Ein Maß für die Stabilität eines radioaktiven Atomkerns ist seine Halbwertszeit. Hohe Halbwertszeit bedeutet geringe Radioaktivität. Denn für jeden einzelnen Kern stehen nach Ablauf der Halbwertszeit die Chancen 50:50, dass er noch besteht. Es gibt keine erkennbare Ursache, warum dieser Kern früher zerfällt und jener später. Uran-235 hat eine Halbwertszeit von 704 Millionen Jahren. Das heißt: Von einer Milliarde Atomen ist nach einem Jahr gerade einmal eines zerfallen. Uran-238 hat eine Halbwertszeit von fast 4,5 Milliarden Jahren. Bei einer Milliarde Atomen dieses Isotops muss man etwa sechseinhalb Jahre auf einen Zerfall warten.  

Nur durch seine hohe Halbwertszeit, also durch seine geringe Zerfallsneigung, hat sich von der Entstehung der Erde an noch so viel natürliches Uran erhalten. Beim Alpha-Zerfall verlässt ein Heliumkern den Kern. Dieser verliert also zwei Protonen und zwei Neutronen. Dadurch entsteht ein Element mit einer um zwei niedrigen Ordnungszahl. Beim Beta-Zerfall verwandelt sich ein Neutron in ein Proton und ein Elektron. Dieses Elektron verlässt den Kern. Die Masse des Kerns ändert sich wegen der geringen Masse des Elektrons nur wenig. Aber es entsteht ein Element mit einer um eins höheren Ordnungszahl. Wenn der Kern bei der Gamma-Strahlung ein Photon aussendet - also elektromagnetische Wellen -, dann verändern sich weder die Massenzahl noch die Ordnungszahl. Uran-238 ist der Hauptbestandteil des natürlichen Urans. Sein Kern sendet ein Alpha-Teilchen aus und wird zu Thorium-234. Dessen Kern ist bedeutend weniger stabil, er gibt binnen Tagen ein Beta-Teilchen ab und ergibt Protactinium-234. Dieses Element wird zu Uran-234, dann zu Thorium-230 und so weiter. So entsteht aus Uran-238 eine ganze Reihe natürlicher radioaktiver Stoffe. Ganz am Ende dieser Zerfallsreihe steht Blei-206 mit 82 Protonen und 124 Neutronen. Dieser Kern ist stabil und zerfällt nicht weiter. Auch Uran-235 bildet eine Zerfallsreihe. Viermaliger Beta-Zerfall hat keinen Einfluss auf die Massenzahl. Siebenmal aber wird ein Alpha-Teilchen ausgesendet; dabei nimmt die Massenzahl in Viererschritten ab. Also enthält diese Reihe durchweg andere Stoffe als die Zerfallsreihe des Uran-238. Am Ende dieser Reihe steht wieder ein Blei-Isotop: das stabile Blei-207.  

NEUTRONENEINFANG  

Atomkerne senden nicht nur Teilchen oder Wellen aus. Manche können Elementarteilchen aufnehmen und werden dadurch schwerer. Beispiele sind die Kerne von Wasserstoff oder Uran-238. Von technischer Bedeutung ist die Fähigkeit des Uran-238-Kerns, Neutronen ‚einzufangen’, so dass zunächst Uran-239 entsteht. Dieses geht durch Beta-Zerfall in Neptunium-239 über. Daraus entsteht binnen weniger Tage Plutonium-239.  

KERNSPALTUNG  

Der Kern des Uran-235 ist nicht nur radioaktiv, er ist auch spaltbar. Wenn ein Neutron - etwa aus der kosmischen Strahlung - auf einen solchen Kern trifft, gibt es zwei Möglichkeiten: Ist das Neutron zu schnell oder trifft es ihn nicht genau, prallt es am Urankern ab. Hat es aber die richtige Bahn und die richtige Geschwindigkeit, zerfällt der Urankern in zwei mittelgroße Teile. Man spricht von Kernspaltung. Ein anderer spaltbarer Stoff ist Plutonium-239. Aus einem Kern des Uran-235 mit seinen 92 Protonen entstehen dann zwei Kerne, deren Ordnungszahlen ungefähr im Verhältnis 2:3 stehen und deren Summe 92 ergeben muss. Beispiele für Spaltprodukte sind:  

+ Selen und Cer (Ordnungszahlen 34 und 58),  

+ Brom und Lanthan (Ordnungszahlen 35 und 37),  

+ Krypton und Barium (Ordnungszahlen 36 und 56),  

+ Rubidium und Caesium (Ordnungszahlen 37 und 55),  

+ Strontium und Xenon (Ordnungszahlen 38 und 54).  

Wegen des Neutronenüberschusses sind die Spaltprodukte radioaktiv. Denn sie enthalten im Verhältnis zu ihrer Protonenzahl vier bis sechs Neutronen zu viel. Bei der Kernspaltung wird zusätzlich ein Teil der Kernbindungskräfte frei, die die Kernbausteine zusammenhalten. Die Spaltprodukte fliegen mit hoher Geschwindigkeit auseinander. Sie stoßen an die umgebende Materie und geben Bewegungsenergie an deren Atome und Moleküle ab. Das versetzt diese Atome in heftigere Schwingungen. Diese Schwingungen sind aber nichts anderes als Wärme, zunehmende Schwingungen bedeuten die Zunahme der Temperatur: eine Erwärmung. Mit dieser Energie lässt sich Dampf erzeugen, der eine Turbine antreibt und so elektrischen Strom erzeugt. Schließlich entstehen bei jeder Kernspaltung noch zwei bis drei schnelle Neutronen. Ihre Geschwindigkeit beträgt etwa 20000 km/s. Von diesen Neutronen werden 0,75% erst nach einer Verzögerung von bis zu 60 Sekunden frei. Diese ‚verzögerten Neutronen’ machen die Kettenreaktion regelbar. Ein Teil dieser Neutronen verlässt den Reaktor ohne Wechselwirkung mit anderen Kernen. Ein weiterer Teil wird von Kernen des Uran-238 absorbiert. Ein letzter Teil der Neutronen wird durch den Zusammenstoß mit Wasserstoffatomkernen so weit abgebremst, dass diese Neutronen die Spaltung weiterer Uran-235-Kerne auslösen können. Ideal ist dafür eine Geschwindigkeit von 2,2 km/s.  

KURZBIOGRAFIEN IN EINER AUSWAHL  

BETHE, Hans (1906-); amerikanischer Physiker, wurde durch seine Arbeiten in der Kern- und Astrophysik bekannt, wurde 1928 Doktor für Physik an der Universität von München. Ab 1933 in England, dann in Amerika, fiel in dieser Zeit durch seine Arbeiten über Subatomare Partikel und über die Quanten-Physik auf, wurde 1935 Professor der Physik an der Cornell Universität. In den USA interessierte sich Bethe für die Energieressourcen der Sonne und anderer Sterne. Später ging er nach Los Alamos, arbeitete mit Oppenheimer im ‚Manhattan Projekt’ zusammen und wurde dort Chef der Abteilung für theoretische Physik des Atombombenprojekts. Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte sich Bethe mit der Schockwellen-Theorie, der Meson-Theorie und der Quantenphysik. Als Präsident Truman einen ‚Crashkurs’ zum Bau einer Wasserstoffbombe anordnete, entschloss sich Bethe mit Edward Teller das Programm zu verlassen. 1958 war er Leiter einer Studie über Abrüstung, wurde zu diesem Thema Berater von Präsident Eisenhower, Kennedy und Johnson, vermittelte 1963 bei Verhandlungen mit der Sowjetunion. Bethe wurde 1967 für seinen Beitrag zur Theorie der Kernreaktion, insbesondere seine Entdeckung über die Energieerzeugung in den Sternen mit dem Nobel-Preis für Physik ausgezeichnet. Später sprach er sich gegen sogenannte nukleare Verteidigungsanlagen aus.  

BOHR, Niels (1885-1962) ; Studium der Physik, 1911 Promotion über die Elektronentheorie der Metalle, 1911-1916 wissenschaftliche Tätigkeit an der Universität von Cambridge und unter Ernest Rutherford (1871-1937) in Manchester. Rutherford führte den Begriff ‚Atomkerne’ ein und ging von der Vorstellung eines winzigen massiven Kerns innerhalb eines planetarischen Modells aus, bezieht ab 1913 die experimentellen Ergebnisse Rutherfords, die theoretischen Überlegungen Max Plancks und Albert Einsteins in seine Forschungen mit ein. Er entwickelt das nach ihm benannte Atommodell. Demnach ist lediglich der Übergang von einem Zustand zu einem anderen bei einem Atom mit Aufnahme oder Abgabe von Energie verbunden, wobei die Aussendung bzw. Absorption von Strahlung nur in Quantensprüngen geschieht. Mit diesem dynamischen Modell ist die theoretische Grundlage für die Atomphysik gelegt. Bohr ist ab 1916 Professor für Physik an der Universität Kopenhagen, leitet ab 1920 in Kopenhagen das Institut für theoretische Physik, 1918-1922 Veröffentlichung seiner Schrift ‚Über die Quantentheorie der Linienspektren’, entwickelt 1921 das ‚Aufbauprinzip’ und liefert damit eine theoretische Erklärung der chemischen Elemente. Die äußeren Schalen der ring- bzw. schalenförmig angeordneten Elektronen bestimmen die chemischen Eigenschaften des Atoms. Bohr erhält für seine Forschungen über die Atomstruktur den Nobelpreis für Physik, bringt 1926/1927 in Zusammenarbeit mit Werner Heisenberg die Quantentheorie zu einem Abschluss, befasst sich ab 1935 vor allem mit Fragen der Kernphysik, entwickelt ab 1939 eine Theorie der von Otto Hahn und Fritz Straßmann (1902-1980) entdeckten Kernspaltung, die entscheidende Bedeutung für deren spätere technische Nutzung hat. Während der deutschen Besetzung Dänemarks im Zweiten Weltkrieg engagiert sich Bohr aktiv im Widerstand. Seine Forschungen zur Kernspaltung des Urans sind eine wesentliche Voraussetzung für den Bau der Atombombe, an deren Entwicklung Bohr und sein Sohn Aare in den USA 1943-1945 mitarbeiten. 1944 versucht er Roosevelt und und den britischen Pemier W. Churchill von der Notwendigkeit der friedlichen Nutzung der Nuklearwaffen zu überzeugen. 1946 kehrt er nach Dänemark zurück. 1950 fordert Bohr in einem offenen Brief an die Vereinten Nationen eine ‚rationale und friedenssichere Politik der Großmächte’, organisiert 1955 die ‚erste internationale Konferenz zur friedlichen Nutzung der Atomkraft’ in Genua, erhält 1957 die erste ‚US-Atoms for Peace’-Ehrung, stirbt am 18. November 1962 in Kopenhagen.  

BREIT, Gregory (1899-1981); bis Juni 1942 Leiter der Forschungsgruppe beim staatlichen Atomprogramm in den USA, wurde durch Oppenheimer als Leiter der Forschungsgruppe beim amerikanischen staatlichen Atomprogramm ersetzt.  

BRIGGS, Lyman (1874-1963); war ab 1939 Leiter des Urankomitees in Washington.  

BUSH, Vannevar (1890-1974); wissenschaftlicher Berater Präsident Roosevelts und Koordinator amerikanischer Wissenschaftler. Vannevar Bush veröffentlichte schon 1945 in einem Artikel: ‘As We May Think’ (1945) seine Visionen über einen Einsatz von Computern für ein wissenschaftliches Informationssystem ‚MEMEX’. Im Gegensatz zu einer hierarchischen und abstrakten Indexierung bisheriger (relationaler) Datenbanken, die nur numerische oder alphabetische Sortierungen erlaubten, soll MEMEX ein ONLINE-TEXT- und RETRIEVALSYSTEM mit assoziativem Zugriff auf Texte, Fotos, Zeichnungen und persönliche Notizen sein. Vannevar Bush organisierte das ‚Manhattan-Projekt’ und traf mit Roosevelt die Entscheidung zum Bau der Atombombe  

COMPTON, Arthur, Holly (1892-1962); amerikanischer Physiker, Studium der Philosophie in Ohio, studierte später in Princeton und erhielt 1916 den Doktortitel. Das nächste Jahr war er als Professor an der University of Minnesota und dann als Entwicklungsingenieur im Forschungslabor bei der Westinghouse Lamp company tätig. 1920 folgte er einem Ruf an die Washington-University in St. Louis. 1922 entdeckte er den nach ihm benannten Compton-Effekt, für den er 1927 den Nobelpreis erhielt. Er teilte ihn sich mit Charles Thomson Rees Wilson (1869-1959), Großbritannien. Von 1923 bis 1945 war er Professor an der University of Chicago. Er war Präsident der American Physical Society (1934), der American Association of Scientific Workers (1939-40) und der American Association for the Advancement of Science (1942). 1945 kehrte er nach St. Louis zurück und war bis zu seiner Emeritierung 1961 an der dortigen Washington-University tätig. Während des zweiten Weltkrieges war er Direktor des Metallurgical Atomic Projekt und leitete von 1942 bis 1945 beim Manhattan-Projekt zum Bau der Atombombe die mengenmäßige Herstellung von Plutonium. Er hat unter der Leitung von Fermi bei der erstmaligen Verwirklichung einer sich selbst aufrechterhaltenen Kettenreaktion mitgewirkt. Sein Hauptarbeitsgebiet war die Untersuchung der kosmischen Strahlen, sowie die Reflexion, Polarisation und Spektren der Röntgenstrahlung.  

CONANT, James Bryant (1893-1978); US-amerikanischer Politiker und Chemiker.  

JOLIOT-CURIE, Irene (1897-1956); Studium der Physik und Mathematik In Paris, 1925 Doktorprüfung und vertieft sich in den Forschungsarbeit der Radioaktivität, entdeckt bei diesen Arbeiten mit ihrem Mann die künstliche Radioaktivität, und dafür 1935 den Nobelpreis für Chemie. 1936 arbeitet sie für kurze Zeit als Staatssekretärin für Wissenschaft und Forschung in der französischen Volksfrontregierung mit, wird 1937 Professorin an der Sorbonne, leidet ab Ende der dreißiger Jahre an Strahlenverseuchung, wird nach dem Krieg Kommissarin der Atombehörde, sowie 1946 Direktorin am Radium-Institut. Sie stirbt am 17. März 1956 an den Folgen der Strahlenverseuchung. Ihr Mann stirbt ebenfalls an diesen Folgen.  

JOLIOT-CURIE, Frederic (1900-1958); Chemiker, wurde 1925 Assistent bei Marie Curie, deren Tochter, Irene, er heiratete. Bei dem Beschuss von Leichtmetallen stellten beide 1934 die Umwandlung zu neuen radioaktiven Isotopen fest. Für diese Entdeckung erhielt das Ehepaar 1935 den Chemie-Nobelpreis. Beide arbeiteten in den 30er Jahren Erfolgreich an der Uranspaltung. Nach 1945 förderte Frederic Joliot-Curie als Vorsitzender der französischen Atomenergiebehörde den Bau des ersten Kernreaktors, wurde als Kommunist entlassen, übernahm nach dem Tode seiner Frau die Leitung des ‚Institut du Radium’.  

EINSTEIN, Albert (1879-1955); Studium an der Eidgenössischen Polytechnischen Schule, der späteren ETH, in Zürich (Schweiz), ab Oktober 1895 der Kantonsschule in Aarau, um seine Wissenslücken zu schließen. Anfang Oktober 1896 machte er dort das Matur (Abitur) und immatrikulierte sich kurze Zeit später am Polytechnikum. Studienziel war das Diplom eines Fachlehrers für Mathematik und Physik. Einstein begnügte sich damit, ein mittelmäßiger Student zu sein, und beendete im Juli 1900 erfolgreich sein Studium mit der Diplomprüfung. Danach folgten erfolglose Bewerbungen um eine Assistentenstelle am Polytechnikum und an anderen Universitäten. Zwischenzeitlich bewarb sich Einstein, nachdem er 1896 die deutsche Staatsangehörigkeit aufgegeben hatte, formell um die Schweizer Staatsbürgerschaft. Am 21. Februar 1901 wurde er Schweizer Bürger. Ab Mai 1902 bis Januar 1902 Lehrer in Winterthur und Schaffhausen, später in Bern, ab Dezember 1901 Stelle am Berner Patentamt. Dort Vertiefung auf dem Gebiet der theoretischen Physik.  

Im April 1905 reichte Einstein seine Dissertation ‚Eine neue Bestimmung der Moleküldimensionen’ an der Universität in Zürich ein, die im Juli 1905 akzeptiert wurde. Im gleichen Jahr veröffentlichte er fünf bahnbrechende Arbeiten in der Fachzeitschrift ‚Annalen der Physik’, die die Grundlagen der Physik um 1900 revolutionierten. Drei dieser Arbeiten sollen hier kurz erwähnt werden. In dem ersten Artikel ‚Über einen die Erzeugung und Verwandlung des Lichtes betreffenden heuristischen Gesichtspunkt’ stellte Einstein u.a. den Satz auf, dass elektromagnetische Strahlung aus Lichtquanten bzw. Photonen bestehen muss. Obwohl diese Theorie u.a. den photoelektrischen Effekt erklärte, wurde sie von den Physikern, vorneweg vom Pionier der modernen Physik Max Planck, erst abgelehnt, später aber bestätigt. Mit dieser Arbeit wurde die Grundlage einer Quantentheorie der Strahlung gelegt, und ausdrücklich für sie erhielt Einstein den Nobelpreis für das Jahr 1921. Der Artikel ‚Zur Elektrodynamik bewegter Körper’ legt die Prinzipien der speziellen Relativitätstheorie dar. Diese Theorie behandelt Fragen von sich gegeneinander mit konstanter Geschwindigkeit bewegenden Bezugssystemen. Sie führte zu einer Neufassung der Begriffe Raum und Zeit und beruht auf dem Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit und auf dem Relativitätsprinzip, das die Unmöglichkeit der Bestimmung einer absoluten Bewegung postuliert. Es folgt kurze Zeit später der Artikel ‚Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig?’ Er enthält die berühmte Formel von der Äquivalenz von Masse und Energie ‚E = m · c2’. Durch diese Arbeiten hat Einstein die wissenschaftliche Welt auf sich aufmerksam gemacht. Ende des Jahres 1906 veröffentlicht er den Artikel ‚Die Plancksche Theorie der Strahlung und die Theorie der spezifischen Wärme’, der als erste Veröffentlichung über die Quantentheorie des Festkörpers angesehen werden kann. 1907 bis 1908 Habilitation an der Universität Bern, ab Oktober 1909 Tätigkeit als außerordentlicher Professor für Theoretische Physik an der Universität Zürich auf. 1911 wurde Einstein als ordentlicher Professor an die Deutsche Universität Prag berufen, dem er auch Folge Leistete, später wieder in der Schweiz an der ETH.  

Ab 1914 in Berlin an der Preußischen Akademie. Dort weitere Forschungen im Hinblick auf einer Verallgemeinerung der speziellen Relativitätstheorie, die er im März 1916 in dem Artikel ‚Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie’ zusammenfasste. Diese Theorie untersucht relativ zueinander beschleunigte Bezugssysteme sowie den Einfluss von Gravitationsfeldern auf Uhren und Maßstäbe. War die spezielle Relativitätstheorie für den Laien noch zu verstehen, so galt dies nicht mehr für die allgemeine Relativitätstheorie. Auch war es schwierig, wegen der teilweise geringen relativistischen Effekte, diese Theorie im Experiment zu bestätigen. Einstein bzw. seine allgemeine Relativitätstheorie machte die Vorhersagen von der Perihelbewegung des Merkur, der Gravitations-Rotverschiebung sowie von der Lichtablenkung im Gravitationsfeld. Nach mehreren gescheiterten Sonnenfinsternisbeobachtungen war es dann soweit. Am 29. Mai 1919 konnte der englische Astronom Arthur Stanley Eddington die von Einstein vorhergesagte Lichtablenkung bei einer Sonnenfinsternis, die er auf der Vulkaninsel Principe im Golf von Guinea in Westafrika beobachtet hatte, bestätigen. Eine zweite Expedition, unter der Leitung von Andrew Crommelin, beobachtete sie von Sobral in Brasilien aus.  

Ab 1920 beschäftigte sich Einstein mit der Suche nach einer einheitlichen Feldtheorie, die neben der Gravitation auch die Elektrodynamik mit einschließen sollte. Die Lösung dieses Problems sollte ihn bis an sein Lebensende beschäftigen und erfolglos bleiben. Im ersten Jahrzehnt wurde er noch von Physikerkollegen bei seiner Arbeit zur einheitlichen Feldtheorie unterstützt, die sich dann aber, da sie nicht mehr an eine Lösung glaubten, anderen Aufgaben zuwandten, z.B. der neuen Theorie des Mikrokosmos, der Quantenmechanik. Niels Bohr, der Begründer der so genannten Kopenhagener Schule, Max Born und aus der jungen Generation Werner Heisenberg, Wolfgang Pauli und andere waren die Physiker, die die Quantenmechanik entwickelt hatten. In diesem Zusammenhang ist auch das bekannte Zitat Einsteins zu verstehen, als er sagte: ‚Der liebe Gott würfelt nicht’. In Bezug auf die Quantenmechanik hat sich Einstein aber geirrt, denn sie gehört heute genauso zum physikalischen Alltag wie z.B. seine Relativitätstheorien. Im März 1933 Austritt aus der Preußischen Akademie der Wissenschaften und brach alle Kontakte zu deutschen Institutionen ab, mit denen er jemals zu tun hatte. Emigration in die USA, ab November 1933 tätig am Institute for Advanced Study in Princeton, New Jersey. Seit 1939 wütete in Europa der Krieg. Aus Angst davor, dass in Deutschland an der Entwicklung einer Atombombe gearbeitet wird, unterzeichnete Einstein am 2. August 1939 einen Brief an den amerikanischen Präsidenten Roosevelt, um ihn auf die Möglichkeit einer atomaren Gefahr hinzuweisen. In dem Brief wies er den Präsidenten auf die militärische Bedeutung der Atomenergie hin und gab ihm die Anregung, dass auch die USA ihre kerntechnischen Forschungen forcieren sollten. Dies war die einzige Beteiligung Einsteins im Zusammenhang mit der Atombombe. 1946 schlug Einstein in einem offenen Brief an die Vereinten Nationen die Bildung einer Weltregierung vor, in der er die einzige Möglichkeit für einen dauerhaften Frieden sah. Diese Bestrebungen verstärkte er bis zu seinem Tod in den darauf folgenden Jahren.  

FERMI, Enrico (1901-1954); Studium der Physik in Rom, Promotion 1922 in Pisa, Studien bei Max Born und Paul Ehrenfels, war 1924-1926 Dozent in Florenz, 1927 Professor für theoretische Physik in Rom. Hier entwickelte er die Fermi-Dirac-Statistik von Teilchen, entwickelte 1934 auf der Grundlage der Paulischen Neutrinohypothese die Theorie des Beta-Zerfalls. Im gleichen Jahr zeigte er im Anschluss an die Joliot-Curierische Entdeckung der künstlichen Radioaktivität, dass aus fast allen Elementen durch Neutronenbombardement radioaktive Isotope hergestellt werden können. Die Beobachtung, dass die bei Neutronenbeschuss entstehende künstliche Radioaktivität wesentlich vom umgebenden Material abhängt und z.B. bei Wasser oder Paraffin infolge der im Wasserstoff auftretenden Bremseffekte besonders hoch ist, führte ihn zur Entdeckung der hohen Wirksamkeit langsamer Neutronen. Für diese Beobachtung erhielt er 1938 den Nobelpreis für Physik. Er ging von Stockholm aus nach Amerika, um seine Frau, die Jüdin war, vor rassistischer Verfolgung in Italien zu bewahren, lehrte zunächst an der Columbia University in New York und baute dort 1941 einen Reaktor, der sich jedoch noch nicht selbst in Gang hielt, wechselte an die Universität von Chicago, baute dort einen größeren Reaktor, der am 2.Dezember 1942 zu arbeiten begann und die erste sich selbst erhaltende Kettenreaktion lieferte. 1943 ging er nach Los Alamos (New-Mexico) und beteiligte sich dort am amerikanischen Atombombenprojekt, kehrte nach 1945 zur Grundlagenforschung zurück. Letzte Entdeckung: die Anregung von Protonen unter Massenzuwachs durch Beschuss mit schnellen Mesonen gemäß Einsteins Energie-Masse-Äquivalenz.  

GROVES, Leslie (1890-1970; amerikanischer General. Wurde ab September 1942 zum militärischen Leiter des ‚Manhattan-Projekts’ ernannt, hatte aber nicht nur mit dem wissenschaftlichen Leiter Oppenheimer Schwierigkeiten, sondern generell mit der Schar der Wissenschaftler in Los Alamos, denen er mangelnde Disziplin vorwarf. Von ihm soll der Ausspruch stammen: ‚Wir haben die größte Sammlung von Eierköpfen zusammengebracht, die man je gesehen hat.’  

HAHN, Otto (1879-1968); 1897-1901 Chemiestudium an den Universitäten Marburg und München, Promotion in Marburg, 1902-1904 Assistent in Marburg, 1906 Aufnahme ins Chemische Institut der Berliner Universität, 1907 Habilitation, 1910 außerordentlicher Professor, 1912 Leiter einer Abteilung für Radioaktivität am Kaiser-Wilhelm-Institut, 1928 dort Direktor, 1933 Gastprofessur in New York, 1944 Zerbombung des KWI, 1966 Enrico-Fermi-Preis,  

HEISENBERG, Werner (1901-1976); 1920-1923 Studium der Physik in München und Göttingen bei Max Born, 1924 Assistent bei Born in Göttingen, bei dem Er habilitiert, 1924/25 Arbeit an der Universität von Kopenhagen bei Niels Bohr, begründet 1924-1927 zusammen mit Max Born und Pascal Jordan die Quantenmechanik. Heisenberg ist von 1927-1941 Professor an der Universität von Leipzig und Leiter des Theoretisch-Physikalischen Institutes in Leipzig, veröffentlicht 1927 seine Theorie ‚Über den anschaulichen Inhalt der quantentheoretischen Kinematik und Mechanik’. Die ‚Heisenberg'sche Unbestimmtheitsrelation’, nach der es physikalisch unmöglich ist, Ort und Impuls z.B. eines Elektrons für den gleichen Zeitpunkt mit absoluter Genauigkeit zu bestimmen, wird zu einer der größten Entdeckungen seit Bestehen der Quantentheorie. 1928 Veröffentlichung des Buches ‚Die physikalischen Prinzipien der Quantentheorie’, erhält 1933 nachträglich die Verleihung des Physik-Nobelpreises 1932 für seine Arbeiten zur Quantenmechanik und Verleihung der Planck-Medaille, wird 1936 von den Nazis diffamiert und seine Berufung auf den Münchener Lehrstuhl der Physik wird zurückgezogen. Heisenberg ist von 1941-1945 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Institutes, dem späteren Max-Planck-Institut in Berlin und Professor an der Universität Berlin, wird 1945/46 mit anderen Atomforschern in England Interniert, ist 1946-1957 Professor und Leiter des Max-Planck-Institutes für Physik in Göttingen. Heisenberg beschäftigt sich mit der bei Atomspaltungen im Weltall entstehenden kosmischen Strahlung, wird 1952 Vizepräsident des ‚Europäischen Rates für kernphysikalische Forschung’. Ab 1953 Arbeit an der Suche nach der ‚Weltformel’, einer einheitlichen Theorie der Materie, die alle Grundgesetze der Natur erfassen soll, Mitunterzeichner der Göttinger ‚Erklärung der 18 Atomwissenschaftler’, die auf die Gefahren der Atomwaffen hinweist und sich gegen die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen ausspricht (1957). Heisenberg hält 1958 in Göttingen einen Vortrag über seine ‚Einheitliche Theorie der Elementarteilchen’, die als ‚Weltformel’ bekannt wird. 1958-1970 Professor an der Universität München und Leiter des Max-Planck-Institutes für Physik in München.  

MEITNER, Lise (1878-1968); 1901-1906 Physikstudium an der Universität. Ab 1907 an der Berliner Universität, Beginn der Zusammenarbeit mit Otto Hahn, 1912 Assistentin von Max Planck, 1913 wissenschaftliches Mitglied des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie in Berlin, 1915-1916 Röntgenschwester in der österreichischen Armee. Meitner habilitiert sich 1922 als zweite Frau in Deutschland, 1926 außerordentliche Professur an der Universität Berlin, 1938 Gast am Nobel-Institut für Physik in Stockholm, dort 1947 Professur, erhält 1966 den Enrico-Fermi Preis.  

OLIPHANT, Marcus Laurence Elwin (1901-2000); australischer Physiker, Studium der Physik, arbeitete ab 1933 an der Universität Cambridge mit Rutherford zusammen und führte dort Experimente mit Atomkernen durch. Im Mittelpunkt stand der künstlich herbeigeführte Zerfall von Atomkernen. 1934 gelang es ihm u. a. durch Kernreaktion von zwei Deuteriumkernen das Wasserstoffisotop Tritium (3H) zu erzeugen. Ab 1937 übernahm Oliphant eine Professorenstelle an der Universität Birningham und arbeitete dort bis 1950. Dort regte er einen Teilchenbeschleuniger an, der nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Während des Krieges gab er entscheidende Impulse für die Weiterentwicklung des Radars im Zentimeterwellenbereich. Außerdem gab er zusammen mit den Kernphysikern Robert Frisch und Rudolf Peierl den Anstoß für das britische Atombombenprojekt MAUD (Military Application of Uranium Detonation). Später arbeitete Oliphant auch am ‘Manhattan Projekt’ in den USA. Nach dem Krieg war er von 1946-1950 maßgeblich am Bau des Protonensynchrotrons beteiligt. 1950 ist er wieder in Australien, wird dort Leiter der Graduiertenforschung in der Physik; 1964 übernahm er in Canberra den Lehrstuhl für Physik.  

OPPENHEIMER, Robert (1904-1967); studierte Physik und Chemie an der Harvard-University in Cambridge und in Göttingen, 1929 Professor an der University of California, lehrte von 1929-1945 Physik am California Institute of Technology in Pasadena. Oppenheimer arbeitete auf dem Gebiet der Atomphysik und der Quantentheorie, machte sich einen Namen als glänzender Physiker Auf den Gebieten der kosmischen Strahlen, Positronen und Neutronensternen, war von 1943-1945 Direktor des Forschungslaboratoriums In Los Alamos in New Mexico und leitete das amerikanische Atomenergieprojekt, das ‚Manhattan-Projekt’. Unter seiner Verantwortung wurde die erste Atombombe entwickelt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges am 6. August 1945 warfen die Amerikaner die weltweit erste Atombombe auf die japanische Hafenstadt Hiroshima ab. Bei diesem Angriff kamen ca. 80.000 Menschen ums Leben. Am 9. August erfolgte der zweite Angriff auf Nagasaki. Von 1947 bis 1966 leitete Oppenheimer das Institute for Advanced Studies in Princeton in New Jersey, von 1947 bis 1956 war er Präsident beim General Advisory Committee der Atomic Energy Commission (AEC), der amerikanischen Atomenergiebehörde, Entlassung aus dem Amt 1954, sprach sich später für Rüstungskontrolle aus, weigerte sich die Wasserstoffbombe zu entwickeln, Verhör vor dem McCarthy-Ausschuss, 1963 Rehabilitation durch Kennedy, erhielt im gleichen Jahr den Enrico-Fermi Preis, den höchsten Preis der Atomenergiebehörde. Veröffentlichungen: ’Wissenschaft und allgemeines Denken’ (1954), ‚Lectures on Electrodynamik’ (posthum 1970).  

ROOSEVELT, Franklin, D. (1882-1945); der 1921 an der Kinderlähmung erkrankte amerikanische Präsident (1932 -1945) kehrte trotz bleibender Lähmungserscheinungen Ende der 20er Jahre in die Politik zurück und befahl zu Beginn des Zweiten Weltkriegs den Bau einer Atombombe. Dazu wurde ein geheimes Forschungslabor unter dem Decknamen ‚Manhattan-Projekt’ gegründet und in der Wüste von New Mexico bei Los Alamos eine gigantische Fabrik errichtet, in der unter militärischer Aufsicht die erste Atombombe entwickelt, getestet und für den Abwurf über Hiroshima vorbereitet wurde.  

STRAßMANN, Fritz (1902-1980); 1920-1929 Chemiestudium und Promotion an der Technischen Hochschule Hannover, 1929-1932 Stipendiat am KWI, 1935 Anstellung als Assistent, 1946 Leiter der Chemischen Abteilung des KIWI, dessen Überführung nach Mainz, ordentlicher Professor und Leiter des Chemischen Instituts der Universität Mainz. Straßmann ist 1950 zweiter Direktor des KWI, 1953 scheidet dort aus (jetzt Max Planck Institut), erhält 1966 den Enrico-Fermi-Preis.  

SZILARD, Leo (1898-1964); ungarischer/amerikanischer Kernphysiker. Immatrikulation an der TU-Budapest 1916, 1917 Offiziersanwärter, beendete sein Studium 1919, ist 1920 in Berlin und nimmt sein Physik-Studium auf, hört Einstein, Planck und von Laue. Einstein bewertete seine Doktorarbeit mit höchsten Ehren. Ab 1924 ist er für drei Jahre Assistent bei von Laue in der Theoretischen Physik an der Universität zu Berlin, wird 1927 Privatdozent, gibt ab 1930 mit Erwin Schrödinger und John von Neumann Seminare in theoretischer Physik, mit Lise Meitner Seminare über Kernphysik, emigriert 1933 nach England und beginnt mit seinen Kernversuchen. Seit 1938 ist er in den USA tätig und veranlasste u. a. Einstein zur Abfassung seines Briefes vom 2. August 1939 an Roosevelt, der den Anstoß zum amerikanischen Atombombenprojekt gab. Seit 1939 an der Entwicklung des amerikanischen Atombombenprojekts beteiligt, beteiligt sich mit Enrico Fermi an der Realisierung der ersten kontrollierten Kettenreaktion. Szilard beteiligte sich auch an der Entwicklung des Kernreaktors in Chikago, warnt nach dem Krieg vor der Anwendung der Atombombe. Seit 1946 ist er Professor für Biophysik an der Uni in Chikago, befasst sich dort mit Wachstum, den Mutationen und der Genetik der Bakterien und Viren. 1962 gründet er u. a. den ‚Rat für eine lebende Welt’, der sich für Nuklearkontrollen und Außenpolitik einsetzt.  

TELLER, Edward (1908- ); verlässt 1926 Budapest, um in Karlsruhe chemische Technik zu studieren, studiert in Leipzig und erlangt dort seinen Doktortitel unter Heisenberg.1935 zieht Teller nach Amerika, nicht zuletzt wegen seiner jüdischen Abstammung, aber auch aufgrund der starken Förderung der Forschung in den Vereinigten Staaten. 1941 wird er schliesslich eingebürgert, ist Professor für Physik an zahlreichen amerikanischen Universitäten, arbeitet ab 1942 am berüchtigten ‚Manhattan Projekt’ mit. Dort Zusammenarbeit mit Oppenheimer in Los Alamos, aber auch sein Kontrahent. Statt einer Kernspaltung schlug er für die Realisation der Atombombe eine Kernverschmelzung vor. Teller gilt daher als ‚Vater der Wasserstoffbombe, die er in den 50er Jahren entwickelte. Edward Teller war gegen den Abwurf der Bombe über Hiroshima, da er der Meinung war, die Zündung einer Atombombe in der Atmosphäre über der Bucht von Tokio sei ausreichend, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. ‚Die Dinge, an denen wir arbeiten, sind so grauenhaft, dass alles Protestieren oder Einmischen in die Politik unsere Seelen nicht retten wird... Ich wäre nicht gegen meine Neigungen in diese Arbeit geraten. Deshalb glaube ich nicht, dass ich anfangen sollte zu protestieren.’ (Teller zum Versuch des Physikers Szilard, der ebenfalls am ‚Manhattan-Projekt’ beteiligt war, sich über eine Petition an Präsident Truman zu wenden, um diesen dazu zu bewegen, die Japaner angesichts des beabsichtigten Atomschlags wenigstens vorzuwarnen). Mitverantwortlich für die Abwürfe der Atombombe auf Hiroshima und Nagasaki. Arbeitet nach dem Tode Roosevelts weiter an dem Projekt. Truman, Nachfolger Roosevelts, fördert die sog. ‚Super’ ab 1950. An der Entwicklung der Wasserstoffbombe ist Teller maßgeblich beteiligt und der führende Entwickler. 1952 kommt es dann schliesslich zum ersten Testversuch im Eniwetok Atoll, Pazifischer Ozean.  

VLECK, John van (1899-1980); US-Physiker, Arbeiten über das chemisch-physikalische Verhalten von Fremdatomen in Kristallen zusammen mit Anderson und Mott, Nobelpreis für Physik 1977.  

WIGNER, Eugene Paul (1902-1995); amerikanischer Physiker, bekannt für seine Arbeiten in der theoretischen Physik, gehörte zu den ersten Befürwortern der Kernenergie. Wigner arbeitete von 1942-1948 unter der Leitung von Robert Oppenheimer am ‚Manhattan-Projekt’ mit. Seine Ergebnisse der Erforschung der Kernladungen wurden ein Teil der Atombombe. Er erhielt 1953 den ‚Enrico Fermi Preis’. 1963 wurde er mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.  

Editorische Anmerkungen

Der Autor schickte uns seinen Artikel mit der Bitte um Veröffentlichung.

In den letzten trend-Ausgaben schrieb D. Kesten über:

8 MILE
One Hour Photo
Vor einem neuen Irak Krieg?

Die Mythen-Verkitschung Tokiens beglückt Millionen
Führer EX
Der Budenzauber der Astrologie
The One - Im Banne der Paralleluniversen
Der Staat, (D)ein unbekanntes Wesen
Intoleranz und den alltäglichen Rassismus
Songwriter zum 11. September 2001
When We Were Kings Hollywood und der Krieg

Dietmar Kesten schrieb früher regelmäßig für den trend und Partisan.net. Hier eine Auswahl aus seinen bisherigen Veröffentlichungen:

ASPEKTE DER ENDZEITLICHEN KRISENPHILOSOPHIE

Das "Bündnis für Arbeit" Eine auf dem Kopf stehende Pyramide

Kommentare & Exkurse zum Kosovo-Krieg 1999

Der Text wurde uns von der Redaktion "Streifzüge" zur Veröffentlichung zugesandt.