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trend onlinezeitung für die alltägliche wut
Nr. 7-8/1998
 

Kritik

Am 24.7. veröffentlichten wir den Artikel Kosovo-Krieg - um was geht es dem albanischen Widerstand? von Max Brym , daraufhin erhielten wir folgenden LeserInnenbrief:

....Received:  Sat, 25 Jul 1998 14:25:22 PDT.... (auf Wunsch Header  gekürzt - 27.7.98, Kamue)

In dem Artikel "Kosovo-Krieg" ist allen Ernstes vom Kampf des
"albanisches Volkes" im Kosovo die Rede. Voelkische Argumentation
durchzieht den ganzen Artikel - doch es darf sehr wohl bezweifelt
werden, dass da ein ganzes Volk aufsteht. Auch am morgigen Tag duerfte
es im Kosovo unter den Albanern eine Menge Leute geben, die die
Strukturen von heute denen von morgen vorziehen, wenn sich die
rivalisierenden Fraktionen einer UCK gegenseitig abservieren werden. Und
sicher ist auch, dass die Leute, die da mit Waffen durch die Gegend
laufen (und dabei ganz selbstverstaendlich serbische Zivilisten toeten
bzw. vertreiben), sich untereinander nur in einem einig sein duerften -
im Feindbild "Serbe", das mit dem Machtanspruch des restjugoslawischen
Staatsapparates gleichgesetzt wird. Serben als Privatleute totschlagen
oder vertreiben, die Staatsgewalt Restjugoslawiens sowieso. Was diese
Leute sonst fuer edle Plaene haben - wer es wissen will, kann sich
anschauen, was in Albanien passiert ist. Wer mit einem "Volk" aufsteht
und ein anderes "Volk" bekaempft, wird sich wundern, wenn er nach
erfolgreichen Morden und Vertreiben vor den Truemmern einer Oekonomie
steht, die erstens keine Absatz- und Marktkanaele mehr besitzen wird
(die sind naemlich immer noch in Restjugoslawien und nicht in
Albanien...), dann wird er sich fragen, und sich erst recht wundern, wer
sehr schnell das Sagen haben wird im "befreiten" Kosovo. Da
Restjugoslawien draussen ist, werden es aussen- und finanzpolitisch die
EU oder die USA sein bzw. der IWF. Innenpolitisch - im Kosovo, auf den
Truemmern einer zerstoerten Oekonomie (viel desastroeser als heute),
wird es sehr schnell um ein brutales Verteilen der wenigen frei
verfuegbaren Reichtuemer gehen, dh die Haeuser der geflohenen Serben und
ihrer albanischen Mitarbeiter, da knallen sich die Leute. die sich jetzt
alle als UCK bezeichnen, noch gegenseitig ab bzw. geht es auch ohne
Toetung, wird aber dennoch so aussehen, dass einige sich bedienen werden
und die anderen merken werden, dass der Raubzug (und nichts anderes ist
das, ganz bestimmt keine Revolution) vorbei ist und sie nichts bekommen
haben.
Interessant, dass derartiger voelkischer Unsinn im vermeintlich linken
"trend" passiert - oder ist das (albanisierender) National-Sozialismus?

(Und - wird das veroeffentlicht?)

A.N.

Ja - der Text wird natürlich veröffentlicht. Und zwar, nicht nur weil wir weitgehend mit den  darin enthaltenen Positionen übereinstimmen, sondern weil diese Veröffentlichungspraxis (free speech) dem "vermeindlich linken" trend-Selbstverständnis entspricht.
Daß es aus marxistischer Sicht inhaltlich auch anders geht, zeigt ja der bereits Anfang Juli hier veröffentlichte Kosovoartikel, wo es heißt: "In die Zange genommen zwischen imperialistischer Militaerintervention, serbischer Aggression und albanischem Nationalismus koennen Linke dennoch etwas tun: naemlich aktiv Verbindungen zu solchen Kraeften vor Ort aufzubauen, die einen
multiethnischen und solidarischen Ansatz haben."

So long A.N.
Kamue

 

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