Editorial
Vom Querkopf zur Querfront

von Miriam Verleger
10/07

trend
onlinezeitung
Manchmal ist es doch gut, dass es anders kommt, als mensch denkt. Besonders dann, wenn bestimmte Ereignisse hätten eskalieren können:

Im letzten Editorial war zu lesen, dass die vom TREND für den 30.9.2007 geplante Veranstaltung  "Wieviel Populismus braucht die Linke?" mit den Referenten Jürgen Elsässer und Bernard Schmid von INTERKOMM  durchgeführt wird. Noch am Vormittag des 30.9.2007 während der Veranstaltung zum §129a-Verfahren glaubte Markus Mohr, der dies nicht mitgekriegt hatte, so wurde uns aus berufener Quelle berichtet, dass die Elsässer/Schmid-Veranstaltung am selben Abend von uns ausgerichtet werde. Er hatte sich - extra aus Hamburg angereist - vorgenommen, so hieß es, die Öffentlichkeit dieser Veranstaltung zu nutzen, um dem TREND in Sachen Agit 883 gehörig die Meinung zu sagen.

Schade. So musste unser Markus unverrichteter Dinge nach Hamburg zurückfahren. Doch wir können ihm helfen, seinen inneren Gefühlsstau abzubauen, wenn das BAIZ mitspielt. Von dieser Stelle aus unterbreiten wir ihm und seinen Genossen nun wirklich ein letztes Mal  den Vorschlag, ein öffentliches Streitgespräch mit uns über das 883-Lesebuch zu führen - und zwar in den Räumen des BAIZ.

Jürgen Elsässer, kann zurecht als politischer Querkopf bezeichnet werden. Also als jemand, der - wie Louis de Funès in dem gleichnamigen Film - als quirliger Hektiker, ausgestattet mit dünnen und überzogen ausgefallenen Argumenten, beständig versucht, die Aufmerksamkeit - gemäß dem Gottlieb Wendehals´schen Motto "Sie können mich buchen für alle Zwecke" - auf sich zu lenken.

Wir erinnern uns. Früher mal beim Kommunistischen Bund (KB) aktiv, war er dann bis Juni 1997 leitender Redakteur bei der Jungen Welt.  Nach deren Spaltung machte er eine Weile auf antideutsch bei der beständig in Geldnot sich befindenden Jungle World. Alsbald arrivierte er im April 1999 zum Redakteur der Monatszeitschrift konkret. Doch im Dezember 2002 setzte ihn Herausgeber Gremliza  wegen seiner "Israel-Kritik" vor die Tür. So kam er wieder dort unter, wo er schon einmal mit KB-verschnittenen linken Theoriepartikeln reüssiert hatte: bei der Jungen Welt. Und seine Umtriebigkeit sollte sich auszahlen: Jürgen erhielt zudem noch Mitarbeiterjobs bei der Linken (PDS). Dort war die soziale Frage behandelt als nationale schon immer Trumpf. Jürgen schien in seinem Element und wurde zum gefragten Autor der rechten Schweizer Zeitschrift "Zeit-Fragen", einem Ableger der VPM-Sekte. Folglich nahm er 2006 sowohl vom 1. bis 3. September 2006 in Feldkirch am Kongress «Mut zur Ethik»  wie auch an einer Lesung in Stockach, die von der Initiative „Freie Bürger für eine freie Demokratie“ organisiert worden war, teil. Derartig eingebunden in rechte Diskurse brachte Jürgen Elsässer im Januar 2007 für dieses Klientel und für seine "linken" Freunde bei der Jungen Welt das Buch mit dem kotzwürgenden Titel "„Angriff der Heuschrecken. Zerstörung der Nationen und globaler Krieg“ heraus, worin es in bester NPD-Diktion heißt: "Mit Staatsknete wird Multikulti, Gender-Mainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf Hartz IV gesetzt werden und sich oft auch keine Kita, kein Schwimmbad und keine warme Wohnung mehr leisten können."

Konsequenterweise appellierte am 12.4.07 die NPD an Elsässer: "Herr Elsässer, Herr Lafontaine, Herr Maurer – lassen Sie uns endlich in Querfront-Gespräche für einen nationalen und sozialen Politikwechsel in unserem Land eintreten!"

Danke INTERKOMM, dass ihr uns frühzeitig diese Veranstaltung abgenommen habt, hätten wir den Jürgen Elsässer nicht nur wegen seiner Honorarforderungen für diesen Abend, sondern vor allem auch wegen seiner Rechtslastigkeit ausladen müssen. Befremdlich dagegen war es, dass der Veranstalter dennoch den Jürgen Elsässer als "links" labelte und sich im Eingangsstatement des Abends in zentristisch-sozialdemokratischer Manier selbst zugute hielt, zwei "Linke" an einen Tisch gebracht zu haben.

[Am 11.10.2007 hat uns INTERKOMM das Einleitungsreferat mit der Bitte gegeben, es zu veröffentlichen. Was wir gerne taten. Leider veranlasst uns der nun vorliegende Originaltext trotzdem nicht, unsere politische Bewertung des Auftretens der Gruppe Internationale KommunistInnen "zentristisch-sozialdemokratisch" zu bezeichnen, zu revidieren. Ganz im Gegenteil.]
Nachgetragen am 16.10.2007

Bernard Schmid versuchte nun unter diesen Voraussetzungen - so gut es eben ging -  aufzuweisen, dass der "linke Populismus" des Jürgen Elsässer gar nicht links sei. Kürzer und prägnanter ging es dann in der anschließenden Diskussion zu. So waren es zum Beispiel Harry Waibel und Karl-Heinz Schubert, die mit ihren Statements deutlich machten, dass Jürgen Elsässer sich rechter Argumentationsfiguren bedient, indem er Politik nicht mit Aufklärung sondern mit Angst zu verbinden sucht.

Bleibt noch die wenig überraschende Informationen nachzutragen, dass Jürgen Elsässer bei der Preußischen Gesellschaft Berlin Brandenburg e.V. ("für die Wahrung und Pflege preußisch-friederizianischen Gedankengutes und preußischer Tugenden gegen den allgemeinen Werte- und Sittenverfall in Deutschland")  am 10. Oktober 2007, um 19 Uhr im Berliner Hotel Hilton am Gendarmenmarkt  mit seinem derzeitigen Lieblingsthema dem „Angriff der Heuschrecken“ wieder gutes Geld verdienen wird.


Nachgetragen am 24.10.2007  Quelle: ADF

Sebastian Prinz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Preußischen Gesellschaft Berlin Brandenburg e.V.
Er ist Mitglied der "Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn", die wiederum nicht frei ist von rechten Einflüssen. Auf ihrer Homepage wird berichtet, dass unter anderem Horst Mahler, JF-Chef Dieter Stein und der JF-Autor Klaus Kunze vor den Burschenschaftlern referierten. Autor des "Handbuch des Linksextremismus", neben den Herausgebern Hans-Helmuth Knütter und Stefan Winckler (Criticon, Epoche, Der Selbständige) Alexander Helten, Bernd Kallina (Deutschlandfunk), Peter Meier-Bergfeld (Rheinischer Merkur, Deutschlandmagazin), Klaus Motschmann (Evangelische Notgemeinschaft), Werner Olles (Junge Freiheit), F. Roland A. Richter (Criticon, Gegengift) und Claus-M. Wolfschlag (Wir Selbst, Synergon Deutschland, Junge Freiheit)

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Rechte Denke mit linker Begrifflichkeit zu larvieren ist für uns seit dem Fall Rabehl - verbunden mit dem Rausschmiss der Kalaschnikow aus dem Partisan.net - sowie der Schließung der SDS-Website des Günter Langer kein Aufsehen erregendes Ereignis mehr, sondern eher eine symptomatische Erscheinung in der gesellschaftlich marginalisierten revolutionären BRD-Linken. Grund genug, demnächst mal  einen kommentierenden Blick auf deren Internetseiten www.kalaschnikow.net (Stefan Pribnow)  und www.isioma.net (Günter Langer) zu werfen.

Doch gegenwärtig haben wir andere Schwerpunkte.

Zum einen kommen Linke nicht daran vorbei, gegen die Flut von Verdrehungen und Lügen durch die bürgerliche Presse und ihre LohnschreiberInnen in Sachen "Deutscher Herbst" Dämme durch Wahrheitssuche in den Tatsachen zu errichten. Und seien sie noch so klein. Dabei ist es unabdingbar, erstmal daran festzuhalten, dass es einen "Deutschen Herbst" zunächst nur in den Köpfen linksliberaler Intellektueller gegeben hat. Stattdessen gab es 1977 - wie Karl Müller richtig aufweist  - die "präventive Konterrevolution". Und Wahrheitssuche heißt für die Stammheimer Todesnacht, die sich zum 30zigsten Mal jährt, die Ausführungen von Irmgard Möller den Austs, Kraushaars - und wie sie heißen mögen - entgegen zu halten.

Zum andern wird sich im nächsten Monat die russische Revolution zum 90. Mal jähren. Auch hier gilt:  Sowohl gegen Mythen als auch gegen Verrisse und Denunziationen die historische Wahrheit, in den Tatsachen suchend, zu stellen. Die publizistische Umsetzung dieses Anspruches wird ein hartes Stück Arbeit werden.

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Die TREND-Oktoberausgabe 2007 enthält nicht nur ausgezeichnete Texte, sondern deckt auch eine große inhaltliche Breite ab, die vor allem dadurch möglich wurde, dass neue Autoren wie Klaus Remmler,  Hartmut Barth-Engelbart und Guy Fawkes dazu gekommen sind. Von hieraus ein herzliches Dankeschön an Euch.

Ziemlich auf den Tag genau schickte uns nach einem Jahr Pause Vadim Riga eine solide Abhandlung der Geschichte der Lehrlingsbewegung der 60er und 70er Jahre in der BRD und Westberlin (...ich will nicht werden was mein Alter ist! ). Dieser Text ist deshalb so bedeutsam, weil er auf die sozialen Bewegungen, die tatsächlich die Klassenauseinandersetzungen damals bestimmten, aufmerksam macht und damit den gegenwärtigen Mainstream, - rechts wie links - die BRD-Geschichte der 70er Jahre durch das Nadelör RAF zu zwängen, durchbricht.

Ebenfalls hervor gehoben gehört Hans-Peter Büttners Aufsatz Wertbegriff und ökonomische Theorie. Er  behandelt darin die Debatte zur Marxschen Werttheorie von Böhm-Bawerk bis zur modernen Diskussion, und thematisiert zugleich die Verkürzungen und Unterschlagungen der nationalökonomischen Standard-Interpretation der Marxschen Werttheorie.

Schlussendlich bleibt noch die traurige Mitteilung zu machen, dass unsere Autorin, Referentin und Unterstützerin, Genossin Ilse Schwipper,  nach kurzer schwerer Krankheit von uns gegangen ist. Ilse - Du wirst uns fehlen!

TREND im Netz - hier die jüngsten Zahlen:

Die BesucherInnenzahlen vom September 2007, in Klammern 2006, 2005

  • Infopartisan gesamt: 126.353 ( 96.118 , 56.462 )
  • davon TREND: 91.210 ( 64.499, 36.524)

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  • Es wurden 2225 Mal Ausgaben der Agit 883 aufgerufen.

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Waldorfschulen "rassistisch geprägt?"

Der am meisten gelesene Artikel der September 2007-Ausgabe:
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Klassenlose Klassengesellschaft - Das neue linke Theoriezirkular »Kosmoprolet«