Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist,
für dieses Streitgespräch den junge Welt-Mitarbeiter Jürgen
Elsässer und den Jungle World-Mitarbeiter Bernhard Schmid zu
gewinnen. Ein solches Streitgespräch ist heute gar nicht mehr
so selbstverständlich. Anders als vor 10 und 15 Jahren, als
sich die Linke leidenschaftlich über ihr Verhältnis zu Staat
und Nation stritt, ersetzen heute leider oft wechselseitige
Beschimpfungen und Verdächtigungen und Etikettierungen die
leidenschaftliche Debatte.
Wir haben das Streitgespräch auch deshalb angesetzt, weil wir
genau diesen Zustand der gegenseitigen Sprachlosigkeit und
Beschimpfung beenden wollen. Leidenschaftliche auch polemische
Debatten haben die Geschichte der Linken immer begleitet und
sie auch theoretisch und praktisch weitergebracht. Das war
aber nur dann der Fall, wenn sich die ProtagonistInnen der
unterschiedlichen Positionen zusammen argumentativ
ausgetauscht haben. Dagegen nehmen wir in der letzten Jahren
in den Linken eine Tendenz war, freigiebig Etikettierungen zu
verteilen und diese als Argumente zu nehmen, mit den
VertreterInnen, der so Titulierten nicht zu kommunizieren.
Auch der Populismusvorwurf hat sich zu einem dieser freigiebig
verteilten Etiketten entwickelt. Aktuell sind in Deutschland
die häufigsten Anwärter auf den Populismustitel der
venezolanische Präsident und romantische Antiimperalist Chavez
und der sozialdemokratische Linksparteivorsitzende Lafontaine.
Um nicht missverstanden zu werden: Kritik an dem Agieren der
beiden Politiker ist für KommunistInnen notwendig. Wir als
Gruppe haben bei unterschiedlichen Veranstaltungen diese
Kritik auch geleistet. Wir fragen uns aber, ob es dazu des
Populismus-Etikettes bedarf, um reformerische oder Politiker
zu kritisieren. Was wird überhaupt mit dem Populismusvorwurf
angegriffen: Lafontaines rückwärtsgewandte Träumereien vom
keynsianistischen Sozialstaat, Chavez Illusion, das Eigentum
an den Produktionsmittel nicht anzutasten und nur die
Ölprofite zu verteilen? Ist dafür der Begriff des Reformismus
oder Sozialdemokratismus eigentlich treffender. Oder wird als
populistisch kritisiert, dass diese Politiker zumindest
rhetorisch die sozialen Probleme der Lohnabhängigen und
Ausgebeuteten in ihre Propaganda aufnehmen oder wie Chavez mit
dem Staatenbündnis Alba eine reale Alternative zur Vormacht
der USA in Lateinamerika konstruiert? Der historische
Populismusbegriff wurde für PolitikerInnen verwandt, die ihren
sozialen Reden keine entsprechenden Taten folgen ließen oder
die soziale Rhetorik gar nutzten, um den Lohnabhängigen die
kapitalistische Ausbeutung schmackhafter zu machen. Bei der
aktuellen Anwendung des Populismusbegriffs hingegen hat man
oft den Eindruck, dass schon jede Bezugnahme auf die Probleme
der Lohnabhängigen oder die Ablehnung einer Beteiligung an
einen Nato-Einsatz in Afghanistan unter das Populismus-Verdikt
fallen.
So halten wir den Populismusvorwurf für berechtigt, wenn die
Ablehnung einer Beteiligung deutscher Truppen in Afghanistan
in erster Linie mit der Gefährdung Deutschlands durch
islamische Anschläge begründet wird, wie es von PolitikerInnen
der Linkspartei zu hören ist. Wir halten es aber für genau so
populistisch, wenn mit einer angeblichen islamischen Bedrohung
eine e Kriegsbeteiligung gefordert wird, wie in mehreren
Beiträgen in der Jungle Word zu lesen. Wir hingegen bekämpfen
unter der etwas aktualisierten Parole des ehemaligen
SPD-Vorsitzenden August Bebel „Diesem Staat keinen Menschen
und keinen Cent“ jede Kriegsbeteiligung kapitalistischer
Staaten. Das war nur ein Beispiel, wie hinter dem
Populismusvorwurf die Beteiligung an staatlicher Ausbeutungs-
und Kriegspolitik versteckt werden kann.
Wir erhoffen uns, dass die heutige
Debatte durchaus lebhaft und leidenschaftlich mit dem Anspruch
geführt wird, die Linke theoretisch und praktisch voran zu
bringen. Deswegen bitten wir die TeilnehmerInnen, sich bei
ihren Fragen und Einwänden kurz zu fassen. Um vielen eine
Beteiligung an der Debatte zu ermöglichen, begrenzen wir die
Redezeit auf 2 Minuten. Um die Dominanz männlicher Redner auf
das Podium zu begrenzen gibt es eine quotierte Redeliste, d.h.
wenn sich Frauen zu Worten melden, haben sie Vorrang
Internationale KommunistInnen
Editorische
Anmerkungen
Wir Text erhielten wir am
11.10.2007 von den AutorInnen.