Die Organisationsdebatte geht weiter

…jeder Schritt wirklicher Bewegung

von F
rank Braun

7-8/11

trend
onlinezeitung

They stone you, when you’re trying to be so good(…)
I would not feel so all alone
Everybody must get stoned

Bob Dylan, ‘Rainy Day woman #12 & 35’

Eine Replik zum Artikel von Meinhard Creydt  anläßlich der Debatte um das Berlin-Schöneberger Papier der Sozialistische Initiative Berlin-Schöneberg“ .

Dieser Beitrag nämlich wirkt nicht ehrlich und auch nicht dessen Impetus. Die darin geäußerte Kritik trifft das Anliegen des Papiers der Autorengruppe aus Berlin-Schöneberg nicht, und zwar systematisch nicht.

Creydt argumentiert gegen zuvor selber aufgebaute Pappkameraden (=Positionen), die im Berliner Text nicht zu finden sind. Ganz ähnlich übrigens wie zuvor die seltsame Attacke von Karl-Heinz Schubert  der doch tatsächlich vor dem Versuch warnen will, jetzt an den Aufbau einer, wie er titelte, ‚revolutionär-proletarischen Partei’ zu gehen. Dabei reicht doch eine begrenzt intensive Lektüre, um festzustellen, daß von einer ‚revolutionär-proletarischen Partei’ im Berliner Papier gar nicht die Rede ist.

Redaktionelle Hinweise

Wir veröffentlichten in der Märzausgabe einen Beitrag der
„Sozialistische Initiative Berlin-Schöneberg“ zur Gründung einer antikapitalistischen Organisation. Darüber entwickelte sich eine Debatte, die durch das TREND TEACH IN seinen ersten Bilanzpunkt erfuhr. Die Statements wurden in der Juniausgabe des TREND veröffentlicht.

Es scheint so, als dass die Debatte weitergehen würde. In unserer Sommerausgabe 7-8/11 werden wir weitere Texte zu dieser Frage
publizieren.

Die "SchönebergerInnen" haben mittlerweile einen Blog eröffnet, der ebenfalls  die Debatte begleitet.

Dieser Beitrag nämlich wirkt nicht ehrlich und auch nicht dessen Impetus. Die darin geäußerte Kritik trifft das Anliegen des Papiers der Autorengruppe aus Berlin-Schöneberg nicht, und zwar systematisch nicht.

Creydt argumentiert gegen zuvor selber aufgebaute Pappkameraden (=Positionen), die im Berliner Text nicht zu finden sind. Ganz ähnlich übrigens wie zuvor die seltsame Attacke von Karl-Heinz Schubert  der doch tatsächlich vor dem Versuch warnen will, jetzt an den Aufbau einer, wie er titelte, ‚revolutionär-proletarischen Partei’ zu gehen. Dabei reicht doch eine begrenzt intensive Lektüre, um festzustellen, daß von einer ‚revolutionär-proletarischen Partei’ im Berliner Papier gar nicht die Rede ist.

Ich ahne also bezüglich der besagten Repliken von Creydt und Schubert, daß sich da wer sträubt, einem ganz einfachen, ganz naheliegenden Gedanken zu einer praktischen Dimension zu verhelfen: In einer für die antikapitalistische Linke sehr schwierigen Situation fortschreitender Marginalisierung auf Dauer angelegte gemeinsame politische Schritte zu organisieren.

  • Bspw. fordern die Berliner Autoren ja gar nicht die ultimative und sofortige Auflösung bestehender Klein- und Kleinstgruppen. Sie fordern von denen ‚nur’ Bekenntnis zu gemeinsamen Handeln auf einer zuvor erarbeiteten gemeinsamen Grundlage. Und erst dann, füge ich hinzu, ist vieles möglich!
  • Die Autoren unterstellen ja geradezu, daß es viele große und kleine Gründe stategischer und/oder taktischer Art gibt, weswegen jene Zirkel auf ihrer Nischenexistenz beharren; solche, die aus der Geschichte in die Gegenwart herüberreichen, und solche, die sich aus unterschiedlicher Wertschätzung des einen oder anderen Milieus ergeben. Deswegen bescheiden sie sich in der Nennung von theoretischen und praktischen Essentials und Vorbedingungen. Was soll daran falsch sein ? Warum soll an den Beginn einer notwendigen Zusammenarbeit ausgerechnet die Erörterung des Trennenden stehen?
  •  Die Autoren wissen ja offensichtlich, daß sie mit ihrem Papier nicht die von Creydt geforderte Qualität einer materialistischen theoretischen Klassenanalyse (1) zum Ausdruck bringen. Jene Analyse, die erforderlich wäre, schon jetzt, wie Creydt fordert, die Wirklichkeit zur Idee zu bringen. Doch können das andererseits die Kleingruppen? Kann das Creydt oder Schubert ? Ein Blick in die Runde verheißt nichts Gutes. Ist nicht dazu erst eine organisatorischer Struktur mindestens eines verbindlich und stetig agierenden Netzwerks vonnöten, welches im Resultat gesellschaftliche Realität einzuatmen, politisch zum Ausdruck zu bringen und praktisch zu erproben in der Lage ist?

Creydt und Schubert dreschen mit so erheblicher Verve auf den Berliner Text, daß man meinen könnte, ihnen reiche die eigene bloße Rabulistik für eine gedeihliche linksradikale Existenz.

Warum glaubt sich einer wie Creydt exklusiv im Besitz der Wahrheit, wenn er als entscheidende Frage oberschlau formuliert: „Was sind die Bedingungen der Möglichkeit dafür, daß sich bestimmte Kerne von sozialer Opposition und nachhaltigem linken Engagement in relevanten gesellschaftlichen Bereichen bilden?“ Natürlich ist das eine der zentralen Fragen antikapitalistischer Politik. Aber gerade weil die Antwort dazu in linksradikalen Milieus so harmlos unterschiedlich ausfällt, kommen die Berliner doch zu ihrer Initiative.

Die Hoffnung vieler, das Projekt Partei ‚Die Linke.’ (PDL) möge für die antikapitalistische und revolutionäre Linke einen Sprung nach vorne bedeuten, dürfte wohl inzwischen längst in der parlamentarischen Orientierung des Projekts zerstoben sein. Die Hoffnungen andererseits in die Interventionstische Linke (IL) scheinen ebenfalls abgesoffen – hier in den seichten Wassern von Unverbindlichkeit und Unstetigkeit.

Warum sollte sich die antikapitalistische Linke mit Niederlagen bescheiden, warum sich steinigen lassen?

Das Berliner Papier ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung und scheint geeignet, eine Dynamik der Aufhebung der politischen Defensive zu begünstigen.

Anmerkungen:

1) … des Standes der Entwicklung des Widerspruchs zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen sowie zwischen den gesellschaftlichen Hauptklassen und ihren jeweiligen politischen Ausschüssen… etc. pp.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Text vom Autor, er wurde uns unter dem Label "Leserbrief" am 7. Juli 2011 zugesandt.

Der Autor ist Mitglied der "Sozialistischen Kooperation" Diese wird im Zusammenhang mit dem "Schöneberger Papier" eine Veranstaltung am 16. Juli in Leverkusen zum Eintrittspreis von 10 bis 15 Euro durchführen, wo der Autor als Referent auftreten soll.