....Vor
dem 2. Juni 1967 hatte Benno Ohnesorg bereits einmal an einer
Demonstration gegen die als verfehlt geltende Bildungspolitik
teilgenommen. Die Teilnahme an den Protesten gegen den Schah-Besuch
war also nicht die erste Teilnahme
Benno Ohnesorgs an einer Demonstration - wie
es seit dem 2. Juni 1967 so oft behauptet
wird.[...]
Ohnesorg fuhr oft und
gern nach Ost-berlin, um sich Brecht-Stücke anzusehen, meist mit
seinem Freund Alex Schubert, einem Chilenen deutscher Abstammung,
der in Westberlin studierte, den Ohnesorg aber in Ostberlin beim
FDJ-Pfingsttreffen 1964 kennen gelernt hatte.[...]
»Der Benno erscheint
immer so als ein unpolitischer Mensch«, sagt Schubert, »das war er
nicht. Dass wir uns beim FDJ-Treffen kennen gelernt haben, zeigt
auch schon dass der Benno keine unpolitische Person war. Aber er war
auch kein Revoluzzer. Er war kein Marxist. Er war keiner, der an
vorderster Front Steine geworfen hätte. Er war der sanfteste und
liebevollste Mensch, den ich damals kannte. Selbst wenn er sich über
etwas aufregte, wurde er nicht aggressiv. Er hat sich sehr über die
Ungerechtigkeit in den Ländern der Dritten Welt, auch im Iran,
aufgeregt. Das Buch von Nirumand hatte er gelesen, und es hat ihn
sehr empört. Was ich heute noch genau nachvollziehen kann, was auch
zeigt, dass Benno kein unpolitischer Mensch --
ganz im Gegenteil - gewesen ist, dass er es war, der mich
politisiert hat.« [...]
Schon vor seinem Studium
hatte Benno Ohnesorg damit begonnen, arabisch zu lernen, nachdem er
1962 nach Marokko getrampt war. 1965 und das Frühjahr 1966
verbrachte er in Frankreich, wo er ein Schulpraktikum absolvierte.
Sowohl gegenüber seinem Bruder als auch gegenüber Eckhard P. äußerte
Ohnesorg im Mai 1967 seine Empörung über das härter gewordene
Vorgehen der Berliner Polizei, die im April versucht hatte, ein
Sit-in an der FU aufzulösen, bis Duensing die Aktion abbrach, weil
es nur so möglich war, eine sinnlose Konfrontation zu vermeiden.
Trotzdem war der Eindruck verheerend, für die Universitätsleitung,
die ein Tabu gebrochen hatte - und die Polizei.
In den letzten Monaten
seines Lebens lebte Benno Ohnesorg mit Christa in einer großen
Wohnung in der Wilmersdorfer Prinzregentenstraße, gemeinsam mit
einem Freund aus Kolleg-Tagen, der ihnen zwei Zimmer in seiner viel
zu großen Wohnung angeboten hatte. In den ersten Tagen nach
Ohnesorgs Tod liefen hier automatisch alle Fäden zusammen, hier
wurden der Trauerzug und der dem Leichenwagen nach Hannover folgende
Fahrzeug-Konvoi geplant.
Quelle:
Uwe
Soukup, Wie starb Benno Ohnesorg? S.141-144
Die 2017
aktualisierte und überarbeitete Fassung
des 2007 verfassten Buches von Uwe Soukup
erhältlich bei
TRANSIT
|