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aus:  Searchlight 7/99  Die elektronische deutsche Ausgabe besorgte ANTIFA-WEST@BIONIC.zerberus.de  

The Italian Job
Der rechte Flügel der Tories versucht, die Konservative Partei mit europäischen Neofaschisten auf eine Linie zu bringen

Von Nick Lowles

7/8-99
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Britische Parlamentsabgeordnete der Konservativen haben im vergangenen Jahr mehrere geheimgehaltene Treffen mit den italienischen Neofaschisten der Alleanza Nazionale (AN) abgehalten. Es gab mindestens fünf Treffen in London und Rom; Thema war die Bildung einer "Union für Europa", eines neuen rechten Bündnisses im Europaparlament. Diese Enthüllungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem es in großen Teilen der Konservativen Partei zunehmend Unruhe über die künftigen Beziehungen zu der gemäßigt rechten Europäischen Volkspartei (EVP) gibt.

Die Jugendorganisation der AN, die Azione Giovani, hat bereits formelle Beziehungen zu ihrem konservativen Gegenstück, der Conservative Future, aufgenommen. Beide Organisationen sind Mitglied bei den Europäischen Jungen Konservativen. Searchlight kann jetzt aufdecken, daß die Festigung dieser Beziehungen, die weitaus umfassender sind, als zunächst angenommen, das Werk mehrerer ehemaliger Mitglieder der Federation of Conservative Students sind, die mittlerweile in bedeutende Positionen im Umfeld der Konservativen Partei aufgestiegen sind.

Die Nachricht über die geheimen Gespräche wurde nur Tage vor dem triumphalen Sieg der Konservativen bei den Europawahlen bekannt, der einem unangenehm europhoben Wahlkampf folgte. Während Edward MacMillan Scott, Vorsitzender der koservativen Europaabgeordneten, sofort jedes Gespräch über engere Beziehungen zu der AN, die er als "neofaschistisch" bezeichnete, von sich wies, hält sich das Zentralbüro der Partei hinsichtlich künftiger Bündnisse im Europaparlament bedeckt.

Eine vor kurzem erschienene Veröffentlichtung der rechtsgerichteten Brügge-Gruppe schließt mit den Worten: "Eine weitere formelle Beziehung zwischen der Konservativen Partei und der EVP wäre lächerlich." Zwei der frisch gewählten Abgeordneten, Daniel Hannon and Roger Helmer, haben erklärt, daß sie nicht beabsichtigen, sich der EPP-Fraktion anzuschließen, zu der auch christdemokratische Mitte-Rechts- Gruppen gehören.

All dies ist Musik in den Ohren der AN-Führer, die sich von der Gründung der "Union von Europa" internationale Anerkennung und Akzeptanz erhofft haben. Während sich die AN in Italien als bedeutendere politische Partei etablieren konnte, die bei Wahlen auf 10% bis 15% Stimmenanteil kommt, die 300.000 Mitglieder, 90 Abgeordnete im italienischen Parlament und neun im Europaparlament hat, hat es sich für die Partei als schwieriger erwiesen, internationale Verbindungen aufzubauen. Nachdem die AN in den 80er Jahren in das Europaparlament kam, schloß sie sich sofort der rechtsextremen Gruppe an, zu der Le Pens Front National gehörte. Das Bündnis war allerdings nicht von langer Dauer, da die Wahl von Abgeordneten der deutschen "Republikaner" 1989 zu derart starken Reibereien um die bei den Rechten umstrittene Region Südtirol führte, daß die AN sich zurückzog.

Bei der euroskeptischen Rechten hat die AN Freunde gefunden. Nach Angaben von AN-Sprechern hat es mindestens fünf Treffen zwischen der AN und Euroskeptikern gegeben. Im vergangenen Jahr reiste der AN-Vorsitzende Gianfranco Fini in Begleitung zweier Europaabgeordneter der AN nach London, um das Unterhausmitglied Bill Cash im Zentralbüro seiner "European Foundation" zu treffen.

Cash sagte hierzu: "Wir haben keine formellen Beziehungen zur Alleanza Nazionale, aber wir führen sicherlich Gespräche. Wir suchen nach dem Grad der Übereinstimmung mit anderen Anti- Föderalisten."

Cash vergaß allerdings, die weiteren Verbindungen zwischen der European Foundation und der AN zu erwähnen. Direktor der Stiftung ist Andrew Rosindell, der als Student aktives Mitglied der "Federation of Conservative Students" war und heute Ratsmitglied in Havering ist. In einer auf der Website der AN veröffentlichten e-Mail verkündet Rosindell: "Ich bin sehr stolz darauf, mit der Azione Giovanni in Verbindung zu stehen." Die beiden italienischen Vertreter der European Foundation, Marco Respinti and Emiliano Carlucci, sind Aktivisten der AN, ebenso wie deren Kontaktmann in Schweden, Bruno Tiozzo, als er noch in Italien lebte. Wenn Respinti nicht gerade als Journalist für die AN-Zeitung "Il Secolo d'ltalia" arbeitet, schreibt er Artikel für das extrem rechte britische Magazin "Right Now". Carlucci muß bei seiner Tätigkeit mit seinen Aufgaben als Bürochef der European Foundation in Rom und seinen Verpflichtungen als Vizepräsident der Azione Giovanni jonglieren.

Die Versuche der AN, sich bei den britischen Konservativen einzuschmeicheln, scheinen Erfolg zu haben. Im Mai letzten Jahres wurde die Azione Giovanni bei den Europäischen Jungen Konservativen aufgenommen. Vertreter der "Conservative Future" besuchten eine von der AN gesponsorte Konferenz in Treviso. Auf dieser Konferenz stellte der AN-Führer Fini fest, daß die Aufnahme der Azione Giovanni bei den Europäischen Jungen Konservativen "ein sehr wichtiger Augenblick" für die italienische Rechte ist.

Der offizielle Vertreter der britischen Konservativen bei den Europäischen Jungen Konservativen ist Russell Walters, Kampagnen-Chef von Paul Sykes' "Democracy movement". Ehemaliger Vorsitzender der "Europäischen Jungen Konservativen" ist kein anderer als Andrew Rosindell.

Es ist zwar nicht überraschend, daß einige britische Euroskeptiker neue Bündnisse außerhalb der europafreundlichen EVP suchen, doch werfen die erwähnten Beziehungen zur extremen Rechten ein bezeichnendes Licht auf die zunehmende Bedeutung ehemaliger Aktivisten der "Federation of Conservative Students" (FCS) in der heutigen Konservativen Partei. Diese jüngere Generation löst die alten konservativen Rechten wie Tony Marlow, Nick Budgen und Bill Walker ab, von denen viele ihre Parlamentssitze bei den letzten Wahlen verloren. Politisch erwachsener geworden als in ihrer Zeit provokativer Politik bei der FCS, als sie die Legalisierung von Heroin forderten und T-Shirts mit dem Aufdruck "Hängt Nelson Mandela" trugen, haben sie sicherlich an Einfluß gewonnen. Einige sind heute Abgeordnete im britischen Parlament, während einige andere in prominente Positionen in Anti-EU-Kampagnen gelangten. John Barcow war Vorsitzender der FCS, als sie von Norman Tebbitt wegen ihres Extremismus aufgelöst wurde - heute ist er ein ehrgeiziger Abgeordneter für den Wahlkreis Buckingham. John Hayes ist Abgeorneter für South Holland and Deepings. 1983 sorgte er für Kontroversen an der Universität Nottingham, als ihm das folgte Zitat nachgesagt wurde: "Die Leute auf dem Campus, die unbeliebter als ich sind, kann man an den Fingern einer Contergan-Hand abzählen". Drei Jahre vorher opponierte er gegen eine Anti-Apartheids-Kampagne und lud den Informations- Attaché der südafrikanischen Botschaft zu einer Veranstaltung über die Apartheid an die Universität ein.

Marc Henri Glendening, der zur Zeit Koordinator des "Democracy Movement" ist, schloß sich Rosindell und Walters in der anti- europäischen Bewegung an. In den 80er Jahren war Glendening einer der fanatischsten libertären Aktivisten der FCS. 1983 wurden ihm die folgenden Worte nachgesagt: "Es ist das Recht jedes Mannes, Schwarze zu diskrimieren, wenn er das will." Später wurde er Forschungsdirektor des Centre for Foreign Policy Studies" (Zentrum für außenpolitische Studien). Etwas weniger prominent, aber ebenso einflußreich sind ehemalige FCS-Aktivisten, die bei der extrem rechten Zeitschrift "Right Now" mitarbeiteten. Zu dieser Gruppe gehören Allan Robertson und Stuart Millson. Als Millson 1986 aus der Konservativen Partei austrat und zu der rechtsextremen BNP ging, bat Robertson seinen Freund in einem Brief inständig, seine Entscheidung zu überdenken. Robertson verstand zwar die Gründe für Millsons Entscheidung, schrieb ihm aber, daß es der nationalistischen Sache dienlicher sei, bei den Tories zu bleiben.

Robertson gab in dem Brief auch zu, selbst Verbindungen zur BNP zu haben. "Ich habe einige BNP-Mitglieder kennengelernt und hatte mit ihrem [Edinburgher] Vorsitzenden Eric Brand private Kontakte. Ich denke, daß eine Zusammenarbeit nützlich sein kann."

Heute hat "Right Now" den "Salisbury Review" als philosophische Zeitschrift der konservativen Rechten abgelöst. Die Zeitschrift hatte Kontakte zu mehr als 20 konservativen Abgeordneten, unter ihnen der Schattenminister für Handel und Industrie, John Redwood, der auf einer Right Now-Veranstaltung im Sommer letzten Jahres sprach. Die Zeitschrift war in vorderster Linie bei Versuchen, rassistische Eugenik wieder zu einem Thema des politischen Mainstream zu machen.

Bei den ehemaligen FCS-Aktivisten, die eine neue Generation von konservativen Politikern dominieren, sind die Verbindungen zur AN nicht überraschend; wahrscheinlich werden die Kontakte längerfristig anhalten. Obwohl die britische Konservative Partei bei den Europäischen Jungen Konservativen um einen Bericht über die Beteiligung der AN angefragt hat, sieht es nicht so aus, als würde sich etwas ändern. Selbst wenn die AN im stillen wieder fallengelassen werden sollte, werden die ehemaligen FCS-Aktivisten auch weiterhin eine zunehmend bedeutendere Rolle in der Konservativen Partei und beim rechten Flügel des Anti-Europa-Kreuzzugs spielen.

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