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Günter Langer

Rock Is Dead?

MAR1LYN MAN5ON IN DEUTSCHLAND

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Die Berliner Wuhlheide at its best. LIVE und GUANO APES heizen ab 17.00 Uhr bei bestem Wetter ein. "APE" Sandra Nasics Stimme ist so wunderbar voll und eindringlich, daß man sich wundert, warum sie glaubt, das Publikum wolle sie gar nicht hören. Die Ränge toben genausowenig, wie sie es später bei MAR1LYN MAN5ON tun, aber im Zentrum dieses exzellent beschallten Runds, auf der Wiese finden sich ihre Fans ein und tanzen, was das Zeug hält. Eine sympathische Gruppe, die versucht, Kontakt auch jenseits der musikalischen Performance herzustellen. Mehr Selbstvertrauen sollte man ihnen aber zukünftig anempfehlen. Der Funke springt trotzdem über, sie werden zur Zugabe fast genötigt.

Glaubt man, die Power der "APES" könne nicht überboten werden, wird man bereits beim ersten Song der Truppe um MAR1LYN MAN5ON eines besseren belehrt. Exakt 60 Minuten eine ekstatische Show mit vollem Einsatz des halbnackten Körpers, Mansons Stimme rollt wie ein Donner durch das ostberliner Amphitheater, Manson streckt und reckt sich, kauert am Boden, schnellt wieder hoch, um im nächsten Augenblick im Dreck zu landen. Er zeigt seinen Blanken, greift sich an den Schwanz, schmeißt mit dem Mikrofon um sich, zerstört eine Guitarre, zerdonnert einen Bühnenlautsprecher, rennt hin und her und versucht seinen nur deutsch sprechenden Fans Englisch beizubringen, wofür sie seiner Meinung nach aber nur ein einziges Wort zu lernen brauchten: D.R.U.G.S.

Mit oder ohne Englischkenntnissen, die Menge ist begeistert, tanzt wie wild, drängelt sich an der Barriere zur Bühne fast zu Tode, läßt Biergläser durch die Luft fliegen und muß reihenweise von Sanitätern auf Bahren rausgeschleppt werden. Gequetschte Rippen, verrenkte Extremitäten, blutige Nasen, Ohnmachten, alles wird ohne Murren hingenommen. Nach kurzer Auszeit nehmen die Blessierten auf den Rängen Platz...

Für Voyeure gibt's neben der Musik noch ein inoffizielles Nebenprogramm, die phantasiereich gestylten Mitglieder dieser speziellen Szene, die als die moderne Variante des Undergrounds der Spätsechziger gesehen werden könnte. Punkige Netzstrümpfe, Strapse, schwarze Klamotten, aufreizend-bunte Klamotten, (die üblichen T-Shirts durften natürlich nicht fehlen), Perücken, schwarz gefärbte Haare, hellblond und bunt gefärbte Haare, kurze und lange, Goths, Grufties, Drags, Hippies, vereinzelte "Heil Satan"-Zeichen, süßliche Rauchschwaden, viele hübsche Menschen. Mit einem Wort, ein Genuß für alle Sinne.

Noch bevor es dunkel wird, 10 vor 10, Antichrist Superstar zelebriert noch den Fahnenspektakel zu Ende, stürzen schon die Helfer auf die Bühne und montieren das Equipment ab. Die Show is over, der Message gibt's nichts hinzuzufügen. Verausgabt, erfüllt, erleichtert trabt die Menge durch die MATRIX, sprich die Heide, und fragt sich, wo geht's zur Party?

Am Sonntag darauf kommt es dann in Neubiberg/München beim zweitägigen Southside-Festival vor insgesamt 16.000 Zuschauern zum Eklat: Den alt-68iger Schlachtruf der Haschrebellen "Macht kaputt, was Euch kaputt macht" aufgreifend titelt die Süddeutsche Zeitung zur Randale, die ausbricht, nachdem Marilyn Manson 20 Minuten nach Beginn seiner Show den Eurythmic Song "Sweet Dreams" zum Besten gibt und dann die Bühne verläßt, nicht ohne dem Publikum seinen blanken Arsch und seinen Mittelfinger zu zeigen, und nicht wiederzukehren. Ein Beobachter meint dazu, Manson wisse nicht mehr, "wo die Show aufhört und seine wirkliche Macke anfängt". Rund 100 Fans zahlen es ihm heim, tatsächlich in bester Haschrebellen-Manier erklimmen sie - "Asshole" und "Fuck you" rufend - die Bühne und zerstören sein gesamtes Equipment.

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