zurück

aus: CL.EUROPA.BALKAN v.26.6.1999

Lysistrati schreibt an die GEW

An deutschen Schulen denunzieren Lehrkräfte serbische Kinder

7/8-99
trdbook.gif (1270 Byte)
trend
online
zeitung
Briefe oder Artikel:
kamue@partisan.net
ODER per Snail:
Anti-Quariat
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin


Lysistrati

Internationales Frauenbündnis

gegen den NATO-Angriffskrieg
Renate Schmidt-Karakatsanis,

Bonnerstr.24, 80804 München
Tel./Fax: 089/3689598

An die GEW
München, den 24.6.99
Landesverband Bayern
Fax: 089/5389487

Liebe Freunde in der GEW!

Wir hoffen, wird sind Euch als das internationale Frauenbündnis gegen den Nato-Angriffskrieg, Lysistrati, bereits ein Begriff. Wir haben uns während der ersten Kriegstage zusammengeschlossen, um gegen diesen bestialischen, menschenverachtenden Krieg eine Gegenwehr zu bilden. Dies, so meinen wir, ist uns trotz dem "Sieg" der Mächtigen und trotz dem gegen uns geführten lückenlosen Boykott durch die Kriegsmächte gelungen. Wir alle wissen, daß die Besatzung durch die Nato keinen Friedenszustand herbeizuführen gedenkt, sondern das angestrebte Ziel ihrer ethnischen Säuberungsaktionen weiterbetreibt und in den einzelnen Nato-Mitgliedsländern den Fremdenhaß schürt, indem sie derzeit die serbischen Mitbürger zur Zielscheibe macht.

Wir halten diese Taktik nicht für verwunderlich. Von Beginn an haben wir darauf aufmerksam gemacht, daß der große Zuspruch aus breiten Bevölkerungsschichten der europäischen Länder und der USA für diesen leicht durchschaubaren Mobbingkrieg, der dem Zweck des Ausschlusses und schließlich der endgültigen Vernichtung eines kleinen europäischen Landes mitten in Europa diente, zurückzuführen ist auf die niemals aufgearbeitete rassistisch-zionistische Geschichte Europas und im besonderen Deutschlands. Diese Ansicht wird gestützt durch die Erkenntnisforschung der Psychoanalyse , die vom Wiederholungszwang nicht aufgearbeiteter Phänomene und Traumata ausgeht und kann durch die Vergleichsanalyse untermauert werden. (Vergleicht z.B. die Rolle der Linken während dem und nach dem 1. Weltkrieg und betrachtet die daraus resultieren Tatbestände, sowie zeitgeschichtlichen Entwicklungen, so erkennt ihr eindeutige Parallelen zur Gegenwartsgeschichte, die Schlußfolgerungen auf den weiteren Verlauf unserer Gegenwart zulassen und ein sofortiges Gegensteuern auf breiter Basis fordern, von dem aber parallel zur Geschichte gesehen auch diesmal nichts oder äußerst wenig zu erkennen ist!

So wie sich gut erkennbar Parallelen im politischen Spektrum zwischen Vergangenheit und Gegenwart abzeichnen, lassen sich auch im Bildungs- und Erziehungsbereich diese Parallelen wahrnehmen!

Wir, Lysistrati, möchten Euch unbedingt darauf aufmerksam machen und Euch darum bitten, Gegenstrategien zu entwickeln. Es kann nicht angehen, daß - wie uns mehrfach berichtet wurde - an deutschen Schulen Lehrkräfte serbische Kinder denunzieren, sie vor der Klasse als Mörderkinder hinstellen und direkt oder indirekt die deutschen Kinder aufrufen, diese Kinder aus der Gemeinschaft auszuschließen. Die betroffenen Eltern sind macht- und ratlos! So haben einige ihren Kindern geraten, ihre wahre Identität (serbisch) zu verleugnen, und versuchen selbst, sich von der Schule fernzuhalten. Viele Kinder wollen nicht mehr in die Schule gehen, weil sie täglich auf ihre "Verbrecherherkunft" angesprochen werden und die Lehrkraft ihre Position dazu mißbraucht, über angebliche Greueltaten der Serben "aktuell" zu berichten, und sie den Kriegsverlauf (wie auch die Besatzung) entsprechend einseitig dokumentiert. Dies geschieht nicht nur an den höheren Schulen, sondern wurde und wird bei der Betrachtung der Schilderungen besonders gerne gegenüber Grundschulkindern praktiziert, da wohl die Lehrkraft dort am wenigsten Gegenwehr befürchtet. Allerdings sind uns auch schriftliche Arbeiten aus höheren Jahrgangsstufen bekannt, die durch ihre einseitige Betrachtungsweise des Problems hervorstechen und den Verdacht nahelegen, daß hier die Schule für politische Indoktrination mißbraucht wird (wenn auch sicher unbewußt).

Sicher ist es kein Wunder, daß sich im Bildungs- und Erziehungsbereich solche Entwicklungen abzeichnen, da doch Spitzenpolitiker nahezu aller Parteien diesen spezifischen neuen Fremdenhaß schüren und die deutschen Medien ihre Fehlinformationen und Fehlurteile über uns alle ausschütten, somit auch Pädagogen und Bildungspersonal negativ in ihrer Arbeit beeinflussen. Wir machen auch darauf aufmerksam, daß die praktizierte einseitige Parteinahme im Bildungswesen für die eine Konfliktpartei und gegen deren Kriegsopfer den so zu Feinden erklärten Minderheiten ihr ethnisches Überleben unmöglich machen. So wird kroatischen Kindern die Möglichkeit geboten, ihre Sprache zu pflegen, während serbische Antragsteller für serbische Sprachkurse abgefertigt werden: "Wenn die Serben eine Extrawurst wollen, sollen sie selbst was machen". Wir haben erfahren, daß einer serbischen Lehrkraft (für die vom Ministerium angebotenen Sprachkurse eingesetzt) untersagt wurde, serbische Sprache zu unterrichten. Sie vermittelt demzufolge nur Kroatisch. Eine gemeinsame serbo-kroatische Sprache, deren Ursprung aus dem Serbischen kommt, gibt es nicht mehr, nachdem Kroatien einseitig eine kroatische Sprache aus der ehemals gemeinsamen entwickelt hat.

Außerdem sind uns Berichte bekannt, wonach in deutschen Schulen Lehrkräfte mit ihren Klassen Hilfspakete für kosovo-albanische Empfänger verschickten. In diesen Klassen befanden sich auch serbische Kinder. Auf ihre Frage, ob auch ihre serbischen Freunde Hilfspakete bekämen, erhielten sie die herablassende Antwort, daß die ja selbst schuld seien und nicht auch noch unterstützt werden sollten. (Dabei kommt uns der Gedanke, daß auch künftig serbische Mitbürger in Deutschland durch Aufbauhilfen für den Kosovo herangezogen werden, so wie sie bereits die deutsche Wiedervereinigung selbstverständlich mittrugen, aber mitansehen und mitanhören müssen, daß Serbien für kein gleichwertiges Hilfsprogramm vorgesehen wird.)

Wir schenken diesen Mitteilungen Glauben und können gleichzeitig beobachten, daß auch andere Minderheiten in unserem Land von jeher auf dem Bildungssektor Benachteiligungen erleiden müssen und mußten, wenn sie ihre Identität wahren wollen.

Wir denken, daß all diesen Hinweisen ernsthaft nachgegangen werden sollte. Wir würden ein fruchtbares Gespräch mit Euch wünschen, um der Mitmenschlichkeit in diesem Land zu einer wirklichen Chance zu verhelfen. Denn wenn auch diesmal die Geschichte sich darin wiederholen sollte, daß wir wieder einmal behaupten, wir hätten nichts davon gewußt, wird dies Folgen für uns alle haben, die niemals mehr wiedergutzumachen sind.

Mit mitmenschlichen Grüßen
Eure Lysistrati
Gez. Renate Schmidt-Karakatsanis

nach oben