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Rostocker Naziaufmarsch 98: wird Verfahren gegen Nazi eingestellt?

7/8-99 trdbook.gif (1270 Byte) trend online zeitung Briefe oder Artikel: kamue@partisan.net ODER per Snail: Anti-Quariat Oranienstr. 45 D-10969 Berlin
Am 19.9.98, vor fast einem Jahr, wurde unser Genosse Holger von Nazis in Rostock angegriffen und lebensgefaehrlich verletzt. Nach einem wochenlangen Koma kaempft er bis heute mit den Folgen des Angriffs und wird auf unabsehbare Zeit weiter mit den Reha- Massnahmen befasst sein. Nachdem der Mordkommission das Verfahren entzogen wurde, bevor Gutachten und ZeugInnenaussagen vorlagen, ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft gegen den Taeter wegen Verursachung eines Verkehrsunfalles. Das Gericht erwaegt jetzt, das Verfahren gegen Geldauflage einzustellen, weil Holger "eine moegliche Mitschuld" unterstellt wird.

Zur Erinnerung:

Im letzten Sommer mobilisierten NPD und JN zu einem Naziaufmarsch als Hoehepunkt ihres Bundestagswahlkampfes nach Rostock-Lichtenhagen; dorthin, wo Faschisten gemeinsam mit dem deutschen Mob im August 1992 ueber mehrere Tage ein angekuendigtes Pogrom gegen ein Wohnhaus ehemaliger vietnamesischer VertragsarbeiterInnen abhielten. Damals sah die Polizei tatenlos zu und beschaeftigte sich hauptsaechlich damit, die eher spaerlich eintreffenden AntifaschistInnen einzusammeln.

Von Seiten der buergerlichen Parteien wurde vor allem Verstaendnis fuer die rassistischen Gewaltorgien geaeussert und die Hetze vom "Asylmissbrauch" forciert. Betroffenheit wurde nur fuer das Erscheinungsbild Deutschlands im Ausland mobilisiert, ebenso wie fuer die Befuerchtung, der Tourismus in Mecklenburg koennte Schaden nehmen.

Am 19.9.98 marschierten nun 3000 Nazis in Rostock-Dierkow, nachdem ihnen eine Kundgebung an der Staette des Pogroms von 92 verboten worden war; geschuetzt von einem Grossaufgebot der Polizei. Im Verlauf des Tages kam es zu einem Ueberfall von 30 bis 40 Nazis auf das Antifa-Infozelt am Stadthafen. Holger befand sich zu diesem Zeitpunkt auf der Antifa-Demo. Als er von dem Nazi-Ueberfall hoerte, versuchte er, zum Infozelt zu gelangen und wurde auf dem Weg dorthin von einem Pkw, in dem 4 Nazis sassen, ueberfahren.

Es gibt zahlreiche Zeugen, die den Tathergang beobachtet haben. Nach ihren Schilderungen hat der Fahrer weder versucht zu bremsen, noch auszuweichen, obwohl dies ohne weiteres moeglich gewesen waere. Ein spaeter erstelltes Gutachten ermittelte die Geschwindigkeit des Wagens beim Aufprall auf ca. 80 km/h.

Die Polizei hat alles dafuer getan, den Hergang der Tat zu verwischen. Mehrere Zeugen mussten darauf bestehen, vernommen zu werden, Spuren wurden erst nach Tagen gesichert. Der polizeiliche Unfallbericht wurde stark wertend und verharmlosend formuliert.

Die Staatsanwaltschaft bemuehte sich, die Tat als Verkehrsunfall darzustellen und den faschistisch gewalttaetigen Hintergrund des Taeters zu leugnen. Dem scheint jetzt das Gericht folgen zu wollen. Seit November 98 ist das Jugendgericht Tecklenburg zustaendig. Angeklagt ist der Fahrer des Wagens wegen Koerperverletzung. Nachdem der Jugendrichter das Verfahren an das Jugendschoeffengericht abgeben wollte, da bei der Schwere der Tat das von ihm zu bemessende Strafmass nicht ausreichend sein koenne, lehnte das Schoeffengericht eine Uebernahme ab. Es erteilte die Empfehlung, das Verfahren gegen eine Geldbusse von 2000 DM einzustellen wegen "Mitschuld des Opfers". Hierueber muss jetzt das Jugendgericht entscheiden, wobei Holger als Nebenklaeger kein Widerspruchsrecht hat. Das Gericht versucht einen Mordanschlag von Nazis als Verkehrsunfall darzustellen. Wir sehen darin den Versuch, faschistische Gewalt zu verharmlosen und gesellschaftlich Akzeptanz hierfuer zu schaffen.

Dies findet Ausdruck

  • in der Tatsache, dass der Mordkommission das Verfahren zu einem Zeitpunkt entzogen wurde, zu dem die Ermittlungen noch gar nicht begonnen hatten
  • in der Art und Weise der Ermittlungsarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft
  • in der verharmlosenden Anklage wegen Koerperverletzung
  • und als Kroenung in der Einstellung des Verfahrens wegen angeblicher Mitschuld des Opfers.

Wir werden das nicht hinnehmen!
Wir fordern die Eroeffnung des Verfahrens gegen den Taeter und seine Verurteilung!

WIWA Wendland und SolidariTAT Hamburg fuer das bundesweite YA-Basta- Netz  

Wer in den Presseverteiler aufgenommen werden moechte, mail an wiwawend@mail.nadir.org Stichwort Holger

Rueckfragen unter 05841 5452, 040 4301451 oder 0172 411820
Neben einer kontinuierlichen Infoarbeit zum Prozess und Prozessbegleitung planen wir eine Faxaktion an Richter und Staatsanwalt sowie eine bundesweite Antifa- Demo am Ort des Prozesses zu Prozessbeginn.

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