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Nr. 7-8/1998

UZ-REDAKTION@LINK-F.RHEIN-MAIN.DE   (UZ-Redaktion)

Geheimpläne der Post

Arbeitsplatzvernichtung bei der Post geplant?

Die Deutsche Post AG plant, in der Briefzustellung ganze Bezirke an private Zustelldienste zu vergeben. Bis zu 10 000 Bezirke sollen bundesweit betroffen sein. Bei derzeit insgesamt 64 000 Zustellbezirken wäre das eine unverantwortliche Ausdünnung.

Gegenüber der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) begründete der Postvorstand die Outsourcingpläne (Ausgliederung von Betriebsteilen, d. Red.) mit zu erwartenden Umsatzeinbußen bei der Briefpost in Höhe von jährlich zwei Milliarden DM. Vergleichbare Zusteller wären 30 bis 40 Prozent billiger als die Postler und zwängen die Post AG zu Kompensationsmaßnahmen. Die seien vor allem im Personalbereich zu erreichen. Gedacht wird an:

- einen rigorosen Personalabbau von jetzt 270 000 auf 150 000 bis 180 000 Beschäftigte,

- die Senkung der Lohnkosten durch ein neues Bewertungs- und Bezahlungssystem,

- eine straffere Konzernorganisation, die einen Großteil der Beschäftigten in der Verwaltung einsparen soll und

- die völlige Neuorganisation des Fahrdienstes.

Geht es wirklich nur darum, Umsatzeinbrüche aufgrund der Deregulierung der Postmärkte zu kompensieren? Postchef Zumwinckel hat da weitreichendere Ziele. Auf einer Pressekonferenz während der Cebit in Hannover erklärte er kürzlich, die Post AG solle zum Marktführer in Europa werden.

Und so vergeht derzeit kein Monat, in dem die Post AG nicht irgendeine Tochter im In- oder Ausland bildet oder zumindest wesentliche Anteile einschlägiger Unternehmen erwirbt. Beteiligungen bestehen bereits an den europäischen Frachtfirmen trans-o-flex und DHL. Die Herlitz-Tochter McPaper mit ihren 317 Schreibwarenfilialen wurde komplett gekauft. Mit dem amerikanischen Paketzusteller UPS wurden Kooperationsverträge geschlossen. Vor allem aber richten die Postmanager ihre Augen auf die Länder Osteuropas. Dort sollen flächendeckende Netze aufgebaut werden. Angesichts solch ehrgeiziger Expansionpläne kann es der Post AG gar so schlecht nicht gehen.

Der Postvorstand benutzt daher für diese Situation zwei Sprachregelungen. An die Aktionäre gerichtet bestätigte Zumwinckel bei der Vorstellung der Bilanz am 13. Mai in Bonn, der Post AG gehe es blendend, und fügte hinzu: "Wir sind auf dem Weg, Marktführer in Europa zu werden." Ganz anders hingegen wendet sich der gleiche Vorstand an Postgewerkschaft und Betriebsräte. Aufgrund des im Dezember 1997 im Bundestag beschlossenen Postgesetzes stehe die Post AG vor gewaltigen Umsatzeinbußen im Briefdienst. Wenn diese nicht ausgeglichen würden, bestünde Gefahr nicht nur für Tausende Arbeitsplätze, sondern gar für das gesamte Unternehmen.Den Coup im Zustellbereich hat die Post AG generalstabsmäßig vorbereitet. Vor einem Jahr startete die Generaldirektion, an Betriebsräten und DPG vorbei, den "Betriebsversuch zur Entlastung der Zustellkräfte" als geheime Kommandosache über Nacht in fünf Großstädten der Bundesrepublik. Dabei sollte geprüft werden, ob zwei parallele Zustellnetze billiger sein können, nämlich eines für hochwertige Post wie Briefe und das andere für Infopost, Presse- und Wurfsendungen. Dafür wurden mit privaten Firmen Kooperationsverträge abgeschlossen. Die wurden mit allen Arbeitsmitteln ausgestattet, wie sie auch die Postler verwenden - nur nicht mit den Rechten (Betriebsräte gibt es da nicht) und den Tarifverträgen, wie sie bei der Post gültig sind. Die derzeitige Lage am Arbeitsmarkt zwingt genügend Menschen, die Bedingungen zu akzeptieren.Der Betriebsversuch scheint abgeschlossen zu sein. Ein separates Zustellnetz lohnt sich wohl nicht. Das hatten die Beschäftigten und die DPG vorhergesagt, nachdem sie von dem Projekt erfuhren. Eines jedoch hatte der Versuch erreicht. Es wurde nämlich ein funktionsfähiges zusätzliches Zustellnetz geschaffen. Den Anteilseignern dieser Unternehmen winken Traumgewinne. Verlierer werden die Beschäftigten der Post AG und der privaten Zusteller sein, wenn es ihrer Gewerkschaft nicht gelingt, dem einen Riegel vorzuschieben. Die DPG hat schon viele Erfolge erfochten. Mit der Unterstützung der Zusteller dürfte auch in dieser Sache noch nicht das letzte Wort gesprochen worden sein.

Dirk Winter

In gleicher Weise wie bei der Post AG, plant die Deutsche Bahn AG die Vernichtung von 20 000 Arbeitsplätzen.

aus "ZU" unsere zeit, Zeitung der DKP, Nr. 30, 24. Juli 1998

 

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