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trend onlinezeitung für die alltägliche wut
Nr. 7-8/1998
 

Roma-UnterstuetzerInnen-Gruppe
Misshandlungen bei Abschiebeversuchen durch den BGS

In Nordrhein-Westfalen scheitert schaetzungsweise jede 20. Abschiebung auf
dem Rollfeld des Duesseldorfer Flughafens an der Weigerung der Piloten, die
sich wehrenden Fluechtlinge gegen ihren Willen zu transportieren. Bei an
die 5 000 Abschiebungen pro Jahr allein aus dem groessten Abschiebeknast
Europas im westfaelischen Bueren, bedeutet dies, dass Widerstand praktisch
taeglich stattfindet. Die Fluechtlingsverwaltung und der am Flughafen fuer
die Durchfuehrung der Abschiebung zustaendige BGS haben sich auf diese fuer
sie aergerliche und kostspielige Gegenwehr der Fluechtlinge eingestellt und
verwenden verschiedene Massnahmen, um sie zu brechen.

Nach gescheiterten Abschiebungen werden Fluechtlinge nicht wieder in das
Abschiebegefaengnis zurueckgebracht, in dem sie bis zu diesem Zeitpunkt
inhaftiert waren. Damit sich die Moeglichkeit eines erfolgreichen
Widerstandes gegen die Abschiebung nicht unter den Abschiebegefangenen
herumspricht, werden sie stattdessen vom Flughafen aus direkt in
Justizvollzugsanstalten (JVAs) fuer Strafgefangene eingeliefert. Gemaess
einem Rotationssystem sind die dafuer 'zustaendigen' Knaeste im 1. Quartal
die JVA Rheinbach, im 2. Quartal  die JVA Bochum, im 3. Quartal die JVA
Duesseldorf und im 4. Quartal die JVA Dortmund. Dort unterliegen die
Abschiebegefangenen verschaerften Haftbedingungen, da sie von den
Auslaenderaemtern wegen der Vorkommnisse am Flughafen als gefaehrlich oder
selbstmordgefaehrdet eingestuft werden, und die JVAs diese Einstufung
uebernehmen.

Doch es bleibt nicht bei der Verlegung in Strafknaeste als
Repressionsmassnahme. Noch auf dem Duesseldorfer Flughafen kommt es in
vielen Faellen zu Misshandlungen durch Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS):
Immer wieder berichten Fluechtlinge von Bedrohungen und Schlaegen im
Anschluss an die Weigerung des Piloten, sie gegen ihren Willen ins Flugzeug
zu nehmen. Entweder im Gefangenentransporter vom Flugzeug zurueck in die
Raeumlichkeiten des BGS oder in eben diesen Raeumlichkeiten werden
Fluechtlinge von Gruppen von 2-6 Beamten in gefesseltem Zustand mit
Knueppeln geschlagen, mit behandschuhten Faeusten auf den Koerper oder auch
ins Gesicht geboxt. Stellvertretend fuer eine Anzahl aehnlicher Berichte
steht das folgende Zitat aus dem Brief eines z.Zt. in der JVA Bochum
inhaftierten Abschiebegefangenen:

(Ein Mitglied der Oppositionspartei U.D.P.S. aus ex-Zaire soll am 17.4.98
abgeschoben werden. In seinem Koffer, den er selbst nicht in die Hand
bekommt, befinden sich Dokumente ueber seine politischen Aktivitaeten, was,
sollten sie auf dem Flughafen in Kinshasa (Zaire)  gefunden werden, die
sofortige Verhaftung bedeuten wuerde. Er sagt den Beamten des BGS, dass er
deswegen nicht freiwillig die Maschine der SABENA besteigen wuerde )

"Daraufhin fesselten die Polizisten zu viert meine Arme mit einer
schwarzen Schnur, sie begannen mich zu schlagen, aber nicht in mein
Gesicht, sondern eher in die Seiten, auf meinen Ruecken und auf meine
Beine, bis ich schrie und ihnen sagte, dass sie aufhoeren sollten, mich zu
schlagen, und dass ich mitfliegen wuerde. Darauf hoerten sie mit ihren
Uebungen auf, aber meine Arme blieben hinter meinem Ruecken gefesselt und
das T-Shirt mir ueber den Kopf gezogen, damit ich nicht sehen konnte, wer
mich schlug und womit.

Direkt auf dem Flughafen wurde ich von 6 Polizisten begleitet, dort
erinnerte ich mich, was mich in meinem Land erwarten wuerde, und ich sagte
der Polizei, dass ich nicht ins Flugzeug stiege und nicht aus ihrem Bus
aussteigen wuerde. Sie beschimpften mich auf jede erdenkliche Weise und
nahmen wieder gewisse Bedrohungen auf, aber da Reisende anwesend waren,
die die Szene beobachteten, tat mir die Polizei nichts, d.h. sie schlugen
mich nicht. Einige Minuten spaeter kam der Captain oder der Copilot oder
sonstwer aus der Crew (...) in den Bus der Polizei und sah, wie ich an den
Armen gefesselt und weinend im Bus lag; er rettete mir das Leben indem er
sagte,' den hier nehme ich nicht in meinem Flugzeug mit'. Und wir fuhren
zurueck zur Polizei.

Ich wurde wieder in denselben Saal gebracht, wo die Polizisten wieder
begannen, mich zu schlagen, und sie zogen mein T-Shirt ueber mein Gesicht,
die Arme waren mir noch immer hintenherum gefesselt, und sie fingen an
mich von neuem mit Stoecken und 'Totschlaegern'  zu schlagen. Es ist schwer,
das zu erklaeren, doch nach einigen Minuten liessen sie mich in Ruhe, wobei
ich schrie und weinte."

In den Berichten der Fluechtlinge ueber die Misshandlungen am Duesseldorfer
Flughafen zeichnet sich das Muster ab, dass  Schlaege nach gescheiterten
Abschiebungen nicht als Ausrutscher einzelner Beamter gewertet werden
koennen, sondern als regelmaessig verwendetes Mittel zur Einschuechterung.

Konsequenzen haben die beteiligten Beamten nicht zu befuerchten. Obwohl
Berichte ueber Misshandlungen bisweilen auch die zustaendigen Stellen in
Justiz- und Innenministerium erreichen, von dort weitergegeben werden an
die Staatsanwaltschaft und das Bundesinnenministerium, kommt es bisher
weder zu einer Beendigung der Misshandlungen, noch zu erstzunehmenden
Ermittlungen durch die Strafverfolgungsbehoerden, wie z.B. Vernehmung der
Misshandelten oder ihrer Besucher in der Abschiebehaft.

Im Gegenteil wird von den politisch verantwortlichen Stellen im
Innenministerium NRW schon einmal vorsorglich an der Glaubwuerdigkeit der
Berichte gezweifelt: Gerade die Aehnlichkeit der Berichte vieler
Fluechtlinge spreche dafuer, dass hier eine Absprache existiere. Wie diese
'Asylantenverschwoerung' in Anbetracht der Verlegungspraxis, der
Sprachbarrieren und der fortlaufenden Abschiebung der 'Verschwoerer' denn
eigentlich organisiert wird, bleibt dabei das Geheimnis der
Ministerialbeamten. Das Signal fuer politische Rueckendeckung fuer das
Vorgehen des BGS ist jedoch klar und offen.

Roma-UnterstuetzerInnen-Gruppe
c/o Bahnhof Langendreer
Wallbaumweg 108
44894 Bochum

Weiterleitung erfolgt ohne Gewähr, der Artikel wurden nicht gegenrecherchiert.

 

 

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