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trend onlinezeitung für die alltägliche wut
Nr. 7-8/1998

aus *UZ* unsere zeit, Zeitung der DKP, Nr. 29 v. 17. Juli 1998
 

Zypern

       Den diesjährigen Osterurlaub mit unseren Kindern auf Zypern
       nutzten wir nicht nur, um uns zu erholen, sondern auch, um
       historische und politische Eindrücke zu sammeln. 

         Andreas Heß, Falk Moldenhauer

       Zypern ist die drittgrößte Insel im östlichen Mittelmeer, in
       einer Entfernung von 380 km nördlich von Ägypten, 105 km
       westlich von Syrien und 75 km südlich der Türkei. Das
       griechische Festland liegt ca. 800 km in westlicher
       Richtung.

       Die prozentuale Zusammensetzung der Bevölkerung bei der
       letzten Volkszählung (1960) ist wie folgt: 77,1 Prozent
       griechische Zyprioten 18,1 Prozent türkische Zyprioten 4,8
       Prozent andere Minderheiten (Maroniten, Armenier, Lateiner
       u. a.)

       Die britische Besetzung dauerte von 1878 bis 1960, dann
       wurde die Insel nach einem vierjährigen Befreiungskampf
       unabhängig. Im westlichen Teil der Insel erhebt sich das
       schroffe Massiv des Trodosgebirges.

       In diesem unzugänglichen Gelände versteckten sich die
       Widerstandskämpfer gegen die britische Besetzung. Noch heute
       sind die Zyprioten mit der Wiederaufforstung der einst
       dichtbewaldeten Höhen des Trodos beschäftigt. Bei den
       britischen Versuchen, die Widerstandsbewegung auszumerzen,
       waren die Wälder zu großen Teilen zerstört worden.

       Führer der Widerstandsbewegung war Erzbischkof Makarios
       III., der erster Präsident der Republik Zypern wurde.

       Im Trodosgebirge befindet sich das Macheraskioster, welches
       als Versteck für die Rebellen und ihre Waffen diente. In der
       Nähe erhebt sich auf einem Berggipfel das große Denkmal
       eines Adlers mit gebrochenem Flügel, was sinnbildlich für
       die geraubte Freiheit durch die Besatzungstruppen steht.
       Noch heute gibt es auf Zypern riesige britische
       Militärbasen, deren Sinn kaum ein Zypriot versteht. In ihnen
       existiert ein autonomes kulturelles Eigenleben. Immer noch
       lautet die Währung Pfund, wird auf den Straßen links
       gefahren.

       Im Kampf um die Befreiung vom britischen Joch haben sich die
       Kommunisten (Fortschrittspartei des werktätigen Volkes
       Zyperns, AKEL) sehr beliebt gemacht.

       Momentan sind fünf Parteien im griechischen Teil Zyperns im
       Parlament vertreten: die demokratische Sammlungspatei mit 20
       Sitzen, die AKEL-Partei mit 19, die demokratische Patei mit
       zehn, die sozialistische Partei mit fünf und die Bewegung
       der Konservativen mit zwei Sitzen.

       Zypern ist blockfrei, sein Präsident ist der eher
       rechtsgerichtete Glafkos Klerides, der sich erst vor kurzem
       ganz knapp gegen seinen sozialistischen Konkurrenten
       durchsetzte.

       Nach dem faschistischen Militärputsch 1967 in Griechenland
       inszenierte die vom Imperialismus gestützte innere Reaktion
       Zyperns bis Mitte 1974 Überfälle auf Polizeistationen,
       Terror gegen die Bevölkerung und Mordanschläge auf Makarios.
       All dies wurde begleitet von Eingriffen der Athener
       Militär-Junta in die Souveränität Zyperns. Erklärtes Ziel
       war der Sturz der Regierung Makarios und die Umwandlung
       Zyperns in eine NATO-Basis. Auf der anderen Seite versuchte
       die türkisch-zypriotische Führung in Abstimmung mit der
       Türkei neue Realitäten zu schaffen.

       Die türkischen Minister zogen sich aus dem Kabinett zurück,
       die türkischen Staatsangestellten hielten sich von ihren
       Büros fern, Umsiedlungen türkischer Zyprer in den Nordosten
       und die Bildung einer eigenen Administration erwiesen sich
       als gezielte Schritte, um der Inselteilung näherzukommen.

       Die äußere Einmischung, insbesondere die vom US-Geheimdienst
       CIA gesteuerte Verschwörung gegen die Selbständigkeit der
       Insel, verhinderten nicht nur einen Verhandlungserfolg,
       sondern führte am 15. 7. 1974 zum Putsch der
       griechisch-zyprischen Nationalgarde gegen die Regierung
       Makarios und zur Besetzung Nordostzyperns durch türkische
       Streitkräfte ab dem 20. 7. 1974. Die türkischen Truppen
       besetzten schließlich 37 Prozent des Inselterritoriums.

       Ankara bemühte sich, die Invasion zu legitimieren und sie
       als Friedensoperation zur Wiederherstellung der
       verfassungsmäßigen Ordnung, die durch den Putsch zerstört
       war, darzustellen.

       Aber auch nach Wiederherstellung der legitimen Ordnung durch
       zypriotische Patrioten (nach dem Sturz der griechischen
       Obristen) blieben die türkischen Truppen auf der Insel.

       Ziel des NATO-Mitglieds Türkei ist es, Zypern zu
       kolonisieren und später anzugliedern. 200 000 griechische
       Zyprer, 40 Prozent der griechisch-zyprischen Bevölkerung,
       wurden gezwungen, ihre Häuser im besetzten Teil zu
       verlassen.

       Unter ständiger Mißachtung wiederholter UN-Resolutionen wird
       die andauernde Aufrechterhaltung des Besatzungszustandes
       durch 40 000 Soldaten sowie durch die Kolonisierung des
       besetzten Gebietes mit 100 000 Siedlern aus Anatolien
       vollzogen.

       Der Haß zwischen den griechischen und türkischen Bewohnern
       ist enorm, ja rassistisch. An der Trennlinie zwischen den
       beiden Volksgruppen, nahe Famagusta, einer einst blühenden
       mediterranen Metropole, nun beinahe menschenleeren
       Geisterstadt im türkisch besetzten Teil, befindet sich ein
       "staatlich verordnetes" Ausflugsziel der nunmehr
       ausschließlich griechischen Republik Zypern. Dort konnten
       wir folgendes große Schild lesen:

       "If you trust a Turk, it's like you trust a snake" (Wenn du
       einem Türken traust, ist es, als wenn du einer Schlange
       traust). Zugleich werden antitürkische Propagandafilme
       vorgeführt.

       Die Demarkationslinie verläuft auch durch die Hauptstadt
       Nikosia. Hier gibt es sogar eine Imbißstube namens
       "Checkpoint Charlie" (ehemaliger Grenzübergang zwischen Ost
       und West in Berlin).

       Ein Überqueren der Grenze ist für Touristen und die meisten
       Einheimischen nicht möglich. Trotz einer UN-Pufferzone ist
       die Luft recht bleihaltig und es hat schon viele Todesopfer
       gegeben. Apropos UN-Pufferzone: Eine Mitreisende aus den
       "blühenden Ländern" kam nicht umhin zu bemerken: "Warum hat
       die UNO uns (die BürgerInnen der DDR) nicht gleichfalls vor
       Übergriffen aus dem Westen geschützt?"

       Wir erfuhren, daß sich die Lage im Mitelmeer noch
       militärisch zuspitzen könnte: So habe die Regierung des
       griechischen Inselteils Raketen aus Rußland bestellt. Die
       Türkei habe daraufhin mit der Versenkung der entsprechenden
       Tranportschiffe gedroht. Wie gesagt, die Türkei und
       Griechenland sind NATO-"Verbündete". Wie wäre es vor Ort mit
       einem diplomatischen NATO-Engagement?
 


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