trend onlinezeitung für die alltägliche wut Nr. 7-8/1998 |
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Lecker Mail!! reinhold.abele@student.uni-tuebingen.de Die Tübinger Üblichen Verdächtigen (TÜV) Der folgende Flugblattext aus Tübingen dürfte auch für linke und antirassistische Zusammenhänge aus anderen Städten interessant sein, vor allem für diejenigen, die in den vergangenen Jahren mit verdeckten Ermittlern und anderen Repressalien konfrontiert waren. Ein Hinweis noch vor dem Flugblattext: In der Ermittlungsakte gegen die 18 TübingerInnen konstruiert das BKA einen direkten Zusammenhang zwischen der Gründung des bundesweiten Treffens antirassistischer Gruppen im Herbst 92 und dem ersten Anschlag auf das Tübinger RP am 1.März 93 sowie anderer Anschläge und militanter Aktionen in anderen Städten (Berlin, Göttingen, Bonn...) aus dieser Zeit. Die TeilnehmerInnen dieses Treffens hätten "unter Führung des Antirassismus-Büro Bremen" diese "Anschlagserie" gemeinsam geplant. Der Tübinger Anschlag sei der bundesweite Auftakt der "Anschlagserie" und der damaligen "Anti-Lager_Kampagne" gewesen. Diese skandalöse Verknüpfung zwischen öffentlicher Organisierung gegen den staatlichen Rassismus und militanten Aktionen ist hier in Tübingen eine Grundlage für die Konstruktion der Verdächtigung von allen Mitgliedern verschiedener in der Öffentlichkeit arbeitender Gruppen. Staatsschutz - Ermittlungen in Tübingen. Die X-te Episode Was ist passiert? Aus den Akten ergibt sich, daß die Sonderkomission zunächst gegen 280 Personen
ermittelte, die sie wohl alle dem linken Spektrum in Tübingen/Reutlingen zuordnet.
Aus diesen 280 Personen wurden mittels eines Rasters 18 Personen herausgefiltert,
von denen die Sonderkommision behauptet "... Bei der verbliebenen Zielgruppe
muß es sich um die Tätergruppe handeln." ( vgl. Schwäbisches vom 2.5.98). Der
einzige aus den Akten hervorgehende Anhaltspunkt für die Erstellung des Rasters war das
Bekennerinnenschreiben: Aus der politischen Argumentationsweise und aus der verwendeten
Sprache wurden "Täter- und Täterinnen"-Merkmale abgeleitet, so z.B., daß die
"Täter bzw. Täterinnen" in den 50er,bzw. 60er Jahre geboren sein müssen. Die
Spurenauswertung war noch nicht abgeschlossen, als die Bei ihren eigenen Vorgesetzten bei der Staatsanwaltschaft erhielten die Sonderermittler eine Abfuhr. Oberstaatsanwalt Weller weigerte sich, beim Amtsgericht eine Hausdurchsuchung bei den 18 Personen zu beantragen. Offensichtlich war selbst ihm das polizeiliche Verdachtskonstrukt zu diffus und unhaltbar. Die angebliche "Täter/innengruppe" Der Verfassungsschutz kam dabei zu der "Erkenntnis", daß der In den Akten werden weiter das Cafe Nepomuk, die Schellingstraße/Infocafe und der Provenceweg/Verein für gemeinschaftliche Wohn- und Lebensformen als Szenetreffpunkte erwähnt. Über die Schellingstraße gibt es einen detaillierten Plan in den Akten über die Zu- und Abfahrtswege und die Räumlichkeiten im Haus. (Ein paar Kostproben aus der Staatsschutzkartei:
das waren einzelne Ausschnitte aus den "Kurzdossiers" über die 18 Personen.) Wir, die 18 sogenannten "Tatverdächtigen", stellen zu diesen Vorgängen fest: Tatsächlich sind wir alle geboren, und ein Teil sogar in den 50er bzw. 60er Jahren.
Die Mehrheit von uns arbeitet seit mehr als 10 Jahren kontinuierlich in verschiedenen
politischen Gruppen in Tübingen und/oder Reutlingen. Einige auch in den Gruppen, die in
den Akten erwähnt sind. Andere wiederum stehen mit diesen Gruppen in keinem Zusammenhang,
oder sind schon seit Jahren nicht mehr aktiv. Manche sind später dazugekommen. Manche von
uns kennen sich nicht einmal persönlich! So stimmt die Zusammensetzung der "Gruppe
von Hauptverdächtigen" noch nicht einmal mit den von der Sonderkomission selbst
aufgestellten Rasterkriterien überein, dennoch gehen wir nicht von Zufälligkeiten bei
ihrer Zusammenstellung aus. Aus der Geschichte politischer Ermittlungsverfahren gegen
Linke ist bekannt, wie Verfolgungsbehörden Gruppen, sprich "kriminelle
Vereinigungen", Auch wenn es sich in unserem Fall erstmal "nur" um eine beantragte Hausdurchsuchung geht: Die Drohung, die mit diesem Ermittlungsverfahren ausgesprochen wird, ist eindeutig. Es passiert irgend etwas irgendwo in Tübingen und alle oder Teile der 18 Personen sind "dran". Und mit ihnen sollen die Gruppen, in denen sie arbeiten, unter Druck gesetzt und ein Klima der Einschüchterung produziert werden. Die Gruppenarbeit soll durch den Zwang, der Repression entgegenzutreten, gelähmt werden. Die politischen Basisarbeit könnte so zerstört werden, lokal in Tübingen/Reutlingen momentan diejenige gegen den Abschiebeknast in Rottenburg, die staatliche Flüchtlingspolitik, die Castortransporte,...- um nur einige Beispiele zu nennen. Als weiteres Motiv für das Ermittlungsverfahren sehen wir den Erfolgsdruck der
Fahndungsbehörden. In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind viele militante Aktionen in
der Region gelaufen, die bis heute nicht aufgeklärt werden konnten. Immer gab es auch die
Auseinandersetzung um verschiedenste Widerstandsformen und um bewaffnet/militant
kämpfende Gruppen. Nicht zuletzt deshalb waren in Tübingen 1991/92 zwei verdeckte
Ermittler eingesetzt worden. Der damalige Einsatz endete für die Verantwortlichen
juristisch und politisch mit einem Schlag ins Wasser. Aber wie '92 bereits von den Was tun? Wir alle werden Antrag auf Akteneinsicht stellen. Außerdem werden wir an die Presse gehen und die Öffentlichkeit informieren. Diejenigen von uns, die politisch organisiert sind, werden ihre Politik weiterführen. Wir lassen uns weder bedrohen, noch lassen wir uns den Mund verbieten, noch hören wir auf, uns da zu engagieren wo wir es für notwendig halten. Von euch, die das Flugblatt lesen, wünschen wir uns Solidarität, keine Tratschgeschichten und, daß ihr euch ebenfalls nicht einschüchtern laßt. Was vordergründig uns gilt, gilt in zweiter Linie allen zur Abschreckung. Wir legen euch allen die Veröffentlichungen zum Thema Zeugen-/Zeuginnenaussagen bzw. -verweigerung ans Herz. Macht euch Gedanken darüber, wie ihr euch im Falle einer Hausdurchsuchung oder Zeugen-/Zeuginnenvorladung verhalten wollt. Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen; aber es ist immer besser, sich grundsätzlich Gedanken über diese Fragen zu machen und nicht zu warten, bis der Staatsanwalt vor der Türe steht. V.i.S.d.P.: TÜV (Tübinger Übliche Verdächtige), Im Datenspeicher 1, Konrad Adenauerstr.32, 72072 Tübingen Erste Auflage: 280. Aber das sind noch nicht alle! |
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