13. August - 50 Jahre Berliner Mauerbau

Die unmittelbaren Aggressionsvorbereitungen des westdeutschen Imperialismus und die Sicherungsmaßnahmen der DDR vom 13. August 1961

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Die Aggressionsvorbereitungen der imperialistischen Kräfte gegen die DDR und die Aufgaben zur Sicherung des Friedens standen im Mittelpunkt einer Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages, die am 28. und 29. März 1961 in Moskau stattfand. An der Beratung nahmen die Ersten Sekretäre der Zentralkomitees der kommunistischen und Arbeiterparteien, die Ministerpräsidenten, die Außenminister und die Verteidigungsminister der Teilnehmerstaaten des Warschauer Paktes sowie als Beobachter Vertreter der Volksrepublik China, der Koreanischen Volksdemokratischen Republik und der Mongolischen Volksrepublik teil. Auf der Tagung führte der Erste Sekretär des Zentralkomitees der SED und Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Walter Ulbricht, den Vorsitz. Zur Delegation der DDR gehörten des weiteren der Sekretär des Zentralkomitees der SED, Erich Honecker, der stellvertretende Vorsitzende des Ministerrats und Außenminister, Lothar Bolz, und der Minister für Nationale Verteidigung, Karl-Heinz Hoffmann.
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Die Teilnehmerländer des Warschauer Vertrages erklärten nachdrücklich, daß sie nicht teilnahmslos zusehen könnten, wie die imperialistischen Staaten ihre Kriegsvorbereitungen intensivieren. „Die sozialistischen Staaten haben ihre auf die allgemeine und vollständige Abrüstung, die Einstellung des Wettrüstens und die Entspannung der internationalen Lage gerichteten Bemühungen nicht eingestellt und werden sie nicht einstellen. Jedoch angesichts der Situation, die sich aus den neuen Kriegs Vorbereitungen der Westmächte ergibt, haben die Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages im Laufe ihres allseitigen Meinungsaustausches die Maßnahmen vereinbart, die sie für notwendig halten, um ihre Verteidigungsfähigkeit weiter zu festigen und den Weltfrieden zu konsolidieren." (1)

Unter dem Druck der Weltöffentlichkeit, die sich in wachsendem für die Beilegung internationaler Streitfragen durch Verhandlungen einsetzte, mußte sich der Präsident der USA, John F. Kennedy, bereitfinden, zu einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten der UdSSR, N. S. Chruschtschow, nach Wien zu reisen. Während dieses Treffens am 3. und 4. Juni 1961 legte N. S. Chruschtschow Memoranden der Sowjetregierung über die Einstellung der Kernwaffenversuche und über den Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland und die Regelung des Westberlin-Problems vor.

In dem Memorandum über die deutsche Frage, das die Dringlichkeit des Abschlusses eines Friedensvertrages hervorhob, machte die Sowjetregierung konstruktive Vorschläge, wie eine gemeinsame Lösung gefunden werden könnte, die die Interessen aller beteiligten Seiten berücksichtigte. In voller Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes des deutschen Volkes regte das Memorandum an, die vier Großmächte sollten sich an die beiden deutschen Staaten mit dem Appell wenden, „sich in jeder für sie annehmbaren Form über die Fragen zu einigen, die eine Friedensregelung mit Deutschland und die Wiedervereinigung betreffen. Die vier Mächte werden von vornherein erklären, daß sie jede Vereinbarung anerkennen, die von den Deutschen getroffen wird."(2)

Aber auch diesen vom Geiste der Verständigung getragenen Vorschlägen der Sowjetregierung stimmten die USA und die westdeutsche Regierung nicht zu. Die imperialistischen Kräfte in Westdeutschland hatten alles auf die Karte von Provokationen gesetzt und hofften, daß sie einer Friedensregelung und damit einer Entspannung in Europa zuvorkommen könnten.

Die DDR dagegen machte sich in dieser ernsten Situation erneut zum Sprecher des ganzen Volkes und der Interessen aller europäischen Völker, indem sie den Deutschen Friedensplan verkündete. Dieser auf Initiative der SED von der Volkskammer am 6. Juli 1961 beschlossene Plan enthielt umfassende Vorschläge zur Sicherung des Friedens und zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten auf der Grundlage der Prinzipien der friedlichen Koexistenz.(3)

Die Volkskammer der DDR erklärte, sie sehe „in der Empfehlung des sowjetischen Memorandums, nach der die vier Mächte von vornherein erklären sollen, daß sie jede Vereinbarung anerkennen, "W von den beiden deutschen Staaten gemeinsam in den Fragen getroffen wird, die eine Friedensregelung mit Deutschland und die Wiedervereinigung betreffen, eine historische Chance für die deutsche Nation.

Der Regierung der Bundesrepublik und dem Bundestag wurde vorgeschlagen, eine deutsche Friedenskommission aus Vertretern der Parlamente und der Regierungen der beiden deutschen Staaten zu bilden, deren Aufgabe es sein sollte, deutsche Vorschläge für einen Friedensvertrag auszuarbeiten. Um das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten sofort zu verbessern, schlug die Volkskammer ein Abkommen des guten Willens vor, das vor allem folgende Vereinbarungen zum Inhalt haben sollte:

Verzicht auf die atomare Bewaffnung der Streitkräfte der beiden deutschen Staaten, Verständigung über Stärke, Bewaffnung und Standort der Streitkräfte, Nichtzulassung von Kriegs- und Revanchepropaganda, Unterstützung des Abschlusses eines Nichtangriffsvertrages zwischen den Staaten des Warschauer Vertrages und den Staaten der NATO sowie Bildung einer kernwaffenfreien Zone in Mitteleuropa. Beide deutsche Staaten sollten die Entscheidung über die Gesellschaftsordnung als einen Akt der Selbstbestimmung der Bevölkerung betrachten und die Verpflichtung übernehmen, sich nicht in Fragen der sozialen Ordnung des anderen deutschen Staates einzumischen. Schließlich sollten sich beide zu Maßnahmen verpflichten, die der Erweiterung des Handels zwischen ihnen dienten; sie sollten den Ausbau der kulturellen und sportlichen Beziehungen vereinbaren und Maßnahmen zur Erleichterung und Verbesserung des Reiseverkehrs treffen.

Der von nationaler Verantwortung getragene Deutsche Friedensplan bewies, daß die DDR bestrebt war, selbst die geringsten Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Verständigung zwischen beiden deutschen Staaten und eine Entspannung der Lage in Europa herbeizuführen. Die DDR war trotz der von Westdeutschland ausgehenden Hetze auch zu Kompromissen bereit, die einer Verständigung im Interesse der Nation und des Friedens, im Interesse der Durchsetzung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz zwischen beiden deutschen Staaten und der Schaffung eines militärisch neutralen Deutschlands, das den Frieden im Herzen Europas garantierte, dienlich waren.

Die im Deutschen Friedensplan enthaltenen Vorschläge wurden lit der Bevölkerung der DDR eingehend diskutiert. Wie immer bei der Beratung von Grundfragen der Politik, gingen die führenden Funktionäre der SED zu den Werktätigen, beantworteten deren Fragen, erläuterten ihnen den Friedensplan und entlarvten die verhängnisvolle antinationale Politik der herrschenden Kreise in Westdeutschland. So sprachen Paul Fröhlich auf einem Einwohnerforum in Schkeuditz, Gerhard Grüneberg vor dem Bezirksparteiaktiv ir^Schwe-rin und vor Spreewaldbauern und Albert Norden vor dem Bezirksparteiaktiv in Gera.

Eine Verständigung über die im Deutschen Friedensplan enthaltenen Vorschläge hätte im Interesse aller Schichten des deutschen Volkes gelegen, mit Ausnahme eines kleinen, an der Politik der Aggression interessierten Klüngels unverbesserlicher Militaristen und Imperialisten. Obwohl die Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung das Leben in einem friedliebenden Deutschland dem Leben unter den Bedingungen des Wettrüstens und der Atomkriegspolitik vorzog, gelang es nicht, den Kriegstreibern in Westdeutschland in den Arm zu fallen. Die Adenauer-Regierung und die militaristischen Kräfte in anderen NATO-Staaten beantworteten die Vorschläge zum Abschluß eines Friedensvertrages damit, daß sie die Kriegshetze und die revanchistische Propaganda verstärkten. Dies fand vor allem seinen Ausdruck in einer Erklärung des Bundesvorstandes der westdeutschen CDU vom 11. Juli 1961.

In ihr betonte die führende Partei des Monopolkapitals in Westdeutschland, das Ziel ihrer Politik sei es, die DDR dem Machtbereich des westdeutschen Imperialismus einzuverleiben und so „ein wiedervereinigtes Deutschland... zu scharfen, das in die Europäische Gemeinschaft integriert ist", das heißt ganz Deutschland in die NATO einzugliedern, da „die Europäische Gemeinschaft ihrerseits der Nordatlantischen Gemeinschaft bedarf, an derem weiteren Ausbau wir [die CDU/CSU] mitzuwirken entschlossen sind".(4)

Diese Grundsatzerklärung stellte das folgerichtige Ergebnis der bisherigen Politik der Wiedererrichtung des deutschen Militarismus dar. In ihr wurde die antinationale Konzeption des westdeutschen Monopolkapitals zusammengefaßt und fortgeführt.

Zur Entfachung einer Kriegshysterie organisierten die Landsmannschaften besonders im Juni 1961 großangelegte Veranstaltungen in Westdeutschland und Westberlin. Konrad Adenauer und andere Mitglieder des Kabinetts, die auf dem „Deutschlandtreffen der Schlesier" in Hannover, dem „Bundestreffen der Deutschen aus dem Donauraum" in Karlsruhe, dem „Sudetendeutschen Tag" in Köln, dem „Brandenburger Tag" in Westberlin und auf anderen Kundgebungen auftraten, erklärten sich mit der übelsten Revanche- und Kriegshetze solidarisch.

Der persönliche Freund des westdeutschen Ministers Franz-Josef Strauß und Sprecher des Generalstabs Alfons Dalma forderte im „Münchner Merkur", man müsse eine „Explosion" in der DDR herbeiführen. Hierbei bedürfe es „entsprechender politischer, ökonomischer, propagandistischer und nicht zuletzt auch organisatorischer und subversiver Vorbereitung des Westens" (5)

Der Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands beim Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen veröffentlichte am 6. Juli 1961 in seinem 3. Bericht einen detaillierten Plan, wie die ökonomischen und sozialen Grundlagen der DDR beseitigt und der Kapitalismus nach der Vernichtung der Arbeiter-und-Bauern-Macht restauriert werden sollten.

Demzufolge sollte nach dem „Tage X" von der Bundesrepublik eine spezielle Behörde in der DDR eingesetzt werden, deren Aufgabe es wäre, das sozialistische Eigentum sofort zu beseitigen und die Macht des deutschen Monopolkapitals auch auf die DDR zu übertragen.


Neues Deutschland vom 18.8.1961


Neues Deutschland vom 20.8.1961

 


Neues Deutschland vom 23.8.1961

Neues Deutschland vom 23.8.1961


Berliner Morgenpost vom 15.8.1961


Berliner Morgenpost vom 16.8.1961


Berliner Morgenpost vom 18.8.1961


Berliner Morgenpost vom 20.8.1961

Durch „Nutzungsverträge", durch Verkauf an westdeutsche Konzerne oder durch Bildung eines Aufsichtsrates sollte die Aufteilung der volkseigenen Betriebe unter die großen Monopole erfolgen. Der Plan fand die ausdrückliche Billigung des offiziellen Pressebulletins der westdeutschen Regierung.

General Adolf Heusinger teilte provokatorisch mit, sieben westdeutsche Divisionen seien bereit, „unverzüglich jede Mission auszuführen" (6). In der „Bonner Rundschau" wurde offen propagiert, die imperialistischen Mächte müßten imstande sein, „alle Mittel des Krieges, des Nervenkrieges und des Schießkrieges anzuwenden. Dazu gehören nicht nur herkömmliche Streitkräfte und Rüstungen, sondern auch die Unterwühlung, das Anheizen des inneren Widerstandes, die Arbeit im Untergrund, die Zersetzung der Ordnung, die Sabotage, die Störung von Verkehr und Wirtschaft, der Ungehorsam, der Aufruhr."(7)

An der psychologischen Vorbereitung der Aggression hatten auch reaktionäre Kräfte der westdeutschen Kirchenleitungen Anteil. So verstieg sich der stellvertretende Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Hanns Lilje, in einem Interview im westdeutschen Rundfunk und Fernsehen zu der provokatorischen Erklärung, die Christen in der DDR hätten ein „aktives Widerstaüds-recht". Unverhüllt rief er zur Vorbereitung eines Bürgerkrieges auf. Da für dessen Auslösung der Zeitpunkt von Bonn noch bestimmt werden mußte, hielt er es lediglich für nicht zweckmäßig, „voreilig zu einer Flinte zu greifen"(8)

In einem Drei-Punkte-Programm entwickelte Franz-Josef Strauß seinen Aggressionsplan mit den Forderungen, Westdeutschland müsse die stärksten Waffen in der Hand haben, man müsse entschlossen sein, sie anzuwenden, und es müsse ein Anlaß vorhanden sein, der gegenüber der öffentlichen Meinung als hinreichend erscheine, die Waffen einzusetzen.

Während einer zweiwöchigen Reise in die USA im Juli 1961 trug Strauß dem Kriegsminister der USA, Robert S. McNamara, Außenminister Dean Rusk und anderen Politikern und Militärs die Hauptforderungen der Adenauer-Regierung zur Verschärfung der Lage in Deutschland vor. So verlangte er, daß in die „Berliner Krise" der gesamte Westen einbezogen werde, und erklärte, daß Westdeutschland seinerseits entschlossen sei, „diese Krise bis zur letzten Konsequenz zuzuspitzen". Auf einer abschließenden Pressekonferenz am 1. August 1961 in New York wies er nach einer Meldung der westdeutschen Presseagentur DPA darauf hin, „daß der Westen auf eine Art Bürgerkrieg vorbereitet sein müsse".

Der westdeutsche Imperialismus unternahm außerordentliche Anstrengungen, um möglichst viele Bürger der DDR zum Verlassen der Republik zu bewegen. Durch einen aufs äußerste gesteigerten Menschenhandel und eine wüste Hetze gegen die DDR hofften sie, eine Situation schaffen zu können, in der es ihnen möglich wäre, bewaffnete Provokationen gegen die Arbeiter-und-Bauern-Macht zu unternehmen. Westberlin war in diesen Plänen die Rolle des Einfalltors zugedacht.

Die von den Westmächten und dem westdeutschen Monopolkapital im Jahre 1948 vollzogene Spaltung Berlins war schon mit dem Ziel erfolgt, aus Westberlin einen vorgeschobenen Brückenkopf inmittender damaligen sowjetischen Besatzungszone zu machen. Nach dem Eintritt Westdeutschlands in die NATO, im Mai 1955, war Westberlin dann systematisch zum Stützpunkt der NATO und zum Zentrum der Diversion und Spionage gegen die DDR, die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Länder ausgebaut worden.

Zur Verwirklichung dieser Funktion erhielt Westberlin 1959 bis 1961 unmittelbare und mittelbare Zuwendungen aus dem Haushalt der Bundesrepublik in Höhe von insgesamt 3,4 Milliarden DM. Über 80 Spionage- und Diversionsorganisationen der Bundesrepublik und der Westmächte konnten sich mit Unterstützung des Westberliner Senats in Westberlin einnisten und ausbreiten, wobei der Hetzsender RIAS als eine der Leitzentralen für Provokationen in der DDR diente. In Westberlin fanden die meisten Veranstaltungen statt, auf denen in Anwesenheit offizieller westdeutscher Vertreter, oftmals sogar von Ministern, Annexionsforderungen gegenüber der DDR und anderen sozialistischen Ländern erhoben wurden. Zweigstellen des westdeutschen Innenministeriums, des Bundesministeriums für Gesamtdeutsche Fragen und des sogenannten Bundesministeriums für ' Vertriebene, die sich völkerrechtswidrig in Westberlin niedergelassen hatten, befaßten sich unter Anleitung der Dienststelle eines „Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland in Berlin" mit der psychologischen Kriegführung und der Vorbereitung von Aggressionsakten gegen die DDR. Den gleichen Zielen dienten die in Westberlin rechtswidrig und in provokatorischer Absicht durchgeführten Tagungen des Bundestages, des Bundesrates sowie ihrer Ausschüsse. Westdeutsche Dienststellen hatten in Westberlin gemeinsam mit speziellen Einrichtungen der Monopole Anteil an der Abwerbung von Bürgern der DDR und anderen Maßnahmen des Wirtschaftskrieges.

Die zahlreichen Geheimorganisationen und Dienststellen des kalten Krieges, deren Treiben von den Besatzungsorganen Frankreichs, Großbritanniens und der USA geduldet und gefördert wurde, wirkten unmittelbar darauf hin, die Vorbereitungen zu treffen, damit von Westberlin aus konterrevolutionäre Bewegungen und Sabotageakte auf dem Territorium der DDR ausgelöst wurden und Westberlin zur Ausgangsbasis für militärische Überfälle gemacht werden konnte.

Zur Verwirklichung der auf Revanche abzielenden Politik wurde der Staatsapparat in Westberlin systematisch mit faschistischen Kräf-.ten durchsetzt. Im Jahre 1961 gab es in der Westberliner Verwaltung wieder rund 28 000 Beamte des früheren faschistischen Staatsapparates. Mehr als ein Drittel aller Westberliner Polizeiangehörigen waren ehemalige Angehörige der NSDAP oder der SS und über 50 Prozent aller Justizangestellten frühere Mitglieder der Nazipartei oder ehemalige Richter und Staatsanwälte aus der Zeit des Faschismus. Das alles zeigte die Rolle Westberlins als Brückenkopf der NATO und gefährlicher Kriegsherd in Deutschland und Europa.

Der Konzeption der aggressiven Kräfte der Bundesrepublik lag eine völlige Verkennung des realen Kräfteverhältnisses zugrunde. Die Vorstellung von einer angeblichen inneren Schwäche der DDR, die die westdeutschen Militaristen für ihre Eroberungsabsichten auszunutzen gedachten, war eine durch nichts begründete Illusion. Genauso illusorisch war auch die Vorstellung, daß die Sowjetunion und die anderen Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages einem Überfall der westdeutschen Militaristen auf die DDR tatenlos zusehen würden. Aber die deutschen Militaristen hatten schon sehr oft die reale Lage und das reale Kräfteverhältnis falsch eingeschätzt. Ebendeshalb bestand die akute Gefahr, daß sie durch ihre abenteuerliche Politik, durch militärische Provokationen gegen die DDR einen Wek-brand auslösen könnten.

Die SED und die Regierung der DDR richteten an die regierenden Kreise Westdeutschlands die ernste Mahnung, ihre den Frieden gefährdenden Provokationen einzustellen. Diese Mahnung wurde jedoch von den militaristischen Kräften in Westdeutschland in den Wind geschlagen. Das Zentralkomitee der SED und die Regierung dftr DDR trafen rechtzeitig die notwendigen Vorbereitungen, um entschlossene Maßnahmen gegen die von Westdeutschland geplanten Abenteuer und gegen die von Westberlin ausgehende Untergrabung der Volkswirtschaft der DDR zu ergreifen. Die grundsätzlichen politischen, ökonomischen und militärischen Aufgaben wurden vom Zentralkomitee der SED auf dessen 13. Tagung am 3. und 4. Juli 1961 beraten.

Die SED rief zu besonderen Taten im Kampf gegen die akute Kriegsgefahr auf. Sie appellierte an die Werktätigen der Industrie, bei gleichem Lohn mehr zu produzieren. Sie wandte sich an die Bauern mit dem Aufruf, höhere Erträge zu erreichen, auch wenn ein Jahr lang ihre Einnahmen nicht oder nur gering wachsen sollten. Sie forderte die Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker auf, neue Forschungs- und Entwicklungsergebnisse zu erzielen.

Ende Juli 1961 wandte sich die Brigade „Otto Krahmann" vom Berliner Kabelwerk Oberspree an alle Werktätigen der DDR mit dem Appell(9): „Laßt keinen Planrückstand zu! Schlagt die Militaristen mit Taten in der sozialistischen Produktion, und der Deutsche Friedensplan wird verwirklicht!" (10)

Dieser Aufruf, an dessen Zustandekommen auch die Brigade „Anton Saefkow" des gleichen Werkes Anteil hatte, fand ein starkes Echo, vor allem unter den Berliner Werktätigen. Viele Belegschaften forderten, dem Grenzgängerunwesen, dem Menschenhandel und der Ausplünderung der Republik ein Ende zu setzen.

Der Magistrat von Groß-Berlin machte dem Senat von Westberlin Vorschläge zur Herstellung normaler Beziehungen zwischen Westberlin und der Hauptstadt der DDR, zur Regelung des Grenzgängerproblems, zur Entspannung der bis auf den Siedepunkt angeheizten Situation. Die Antwort der Machthaber in Westberlin und in Westdeutschland bestand jedoch in einer weiteren Steigerung der Hetze gegen die Deutsche Demokratische Republik.

Jahrelang hatte die DDR größte Besonnenheit an den Tag gelegt und gegenüber den ständigen Provokationen eine fast grenzenlose Geduld geübt. Sie hatte alles, aber auch alles unternommen, um die Herbeiführung normaler Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten und die Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für eine künftige nationale Wiedervereinigung Deutschlands als demokratischer und friedliebender Staat unter Bedingungen zu erreichen, die die persönlichen Interessen der Deutschen und vor allem die Verbindungen zwischen den Bürgern in beiden deutschen Staaten möglichst nicht beeinträchtigten. Dabei war immer wieder darauf hingewiesen worden, daß der einzige Weg zur friedlichen Lösung der Deutschlandfrage nur der Weg von Verhandlungen sein konnte.

Die SED und die Regierung der DDR hatten jede Möglichkeit offengehalten, normale Beziehungen mit Westdeutschland zu entwickeln. In diesem Bestreben ging die DDR bis an die äußerste Grenze der Staatsräson. Sie tat dies in der Hoffnung, daß sich in der westdeutschen Regierung doch noch die Vernunft durchsetzen und daß auch die westdeutsche Bevölkerung den Ernst der Lage erkennen und entschiedener für eine friedliche Regelung des deutschen Problems eintreten würde.

Die militaristischen Kräfte in Westdeutschland und Westberlin legten jedoch die von der DDR geübte Geduld als Schwäche aus. Sie meinten, daß sie ihr sträfliches Spiel mit der Sicherheit und dem, Leben von Millionen Menschen fortsetzen könnten.

Das Ausmaß der Gefahr wurde in den ersten Augusttagen immer deutlicher. Der westdeutsche Generalstab bereitete die Einberufung von Reservisten vor. Die NATO-Verbände in Europa wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Zugleich begannen Manöver der NATO-Truppen, die ebenfalls zu einer Erhöhung der Kriegsgefahr beitrugen. So führte die westdeutsche Kriegsflotte mit 5500 Soldaten auf 100 Schiffen der verschiedensten Typen ihre Manöver als bisher größte Kriegsübung unter dem Decknamen „Wallenstein IV" direkt vor der Küste der DDR durch. Die „Aufmarschräume" an der Staatsgrenze zur DDR wurden für den geplanten militärischen Überfall besichtigt, unter anderem durch den Befehlshaber der NATO-Land-streitkräf te Europa-Mitte, den ehemaligen Hitlergeneral Hans Speidel.

Am 7. August 1961 wurde im VEB Großberliner Vieh- und Schlachthöfe ein Brand gelegt. Einige Tage später wurden in der Berliner Humboldt-Universität Brandsätze entzündet. Die Maßnahmen zur Organisierung konterrevolutionärer Umtriebe von Westberlin und Westdeutschland aus häuften sich.

Nach den Vorstellungen der aggressiven Kräfte des westdeutschen Monopolkapitals sollte die Eroberung der DDR mit „Girlanden und wehenden Fahnen und siegreichem Einzug der Bundeswehr durchs Brandenburger Tor unter klingendem Spiel" (11) gefeiert werden, wie die Zeitung der großen Monopole, der „Industriekurier", nachträglich schrieb.

Die großangelegte Provokations-, Diversions- und Hetztätigkeit gegen die DDR unterschied sich in nichts von den Methoden, die schon der Hitlerfaschismus am Vorabend seiner Überfälle auf die Tschechoslowakei und Polen angewandt hatte. Die aggressiven Kräfte des westdeutschen Imperialismus fühlten sich stark genug, ihfe NATO-Verbündeten in einen von ihnen entfesselten Krieg hineinzuziehen.

Noch nie seit Beendigung des zweiten Weltkrieges war der Frieden Europas in einem solchen Maße gefährdet gewesen wie im Spätsommer 1961. Die Sicherung des Friedens durch die eindeutige Fixierung der nach dem zweiten Weltkrieg in Europa entstandenen Lage vertrug keinen weiteren Aufschub. Der Revanche- und Aggressionspolitik des westdeutschen Militarismus mußte ein Riegel vorgeschoben werden. Die DDR und ihre Verbündeten konnten es nicht verantworten, notwendige Sicherungsmaßnahmen weiter zu verzögern oder gar so lange zu warten, bis die westdeutschen Militaristen und Revanchepolitiker mit Raketen und Atombomben bewaffnet und kriegsbereit waren. Es kam darauf an, wie Walter Ulbricht vor 3000 Arbeitern, Ingenieuren, Technikern und Angestellten des VEB Kabelwerk Oberspree am 10. August 1961 erklärte, „den Kriegstreibern in Westdeutschland in den Arm zufallen und heute, nicht erst morgen oder übermorgen... die vom Kriegsbrandberd Westberlin aus drohenden Gefahren zu bannen" (12).

Als souveräner Staat mußte die DDR gemäß ihrer Verantwortung für die deutsche Nation und für die Sicherung des Friedens in Deutschland und damit des Weltfriedens handeln. Die SED und die Regierung waren sich immer bewußt gewesen, daß die Sicherheit der DDR vor äußeren Angriffen in besonderem Maße von einer starken Landesverteidigung abhing. Die Verwirklichung der führenden Rolle der SED in den Verbänden und Truppenteilen und die Meisterung der modernen Waffentechnik durch die Soldaten, Offiziere und Generale der Nationalen Volksarmee waren entscheidend dafür, daß sich die Kampfkraft der Streitkräfte beträchtlich erhöht hatte. Das zeigte sich eindeutig bei den Sommerübungen 1961 der Vereinten Streitkräfte der Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages. Der hohe Grad der Einsatzbereitschaft der NVA befähigte sie, im Zusammenwirken mit den sozialistischen Bruderarmeen jederzeit eine militärische Aggression abzuwehren.

Die Werktätigen der DDR und ihre Regierung wußten, daß sie der Unterstützung durch die Sowjetunion und die anderen Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages sicher sein konnten. Dies alles ermöglichte der DDR, die notwendigen Maßnahmen vorzubereiten. Zwischen Vertretern des Politbüros des Zentralkomitees der SED und der Regierung der DDR und Vertretern des Präsidiums des Zentralkomitees der KPdSU und der Regierung der UdSSR fanden Beratungen statt, als deren Ergebnis die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen vereinbart wurden.

Vom 3. bis 5. August 1961 traten in Moskau die Ersten Sekretäre der Zentralkomitees der kommunistischen und Arbeiterparteien der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages zu einer Beratung zusammen. Die Beratung billigte die Durchführung der von der DDR und der UdSSR vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung des durch den westdeutschen Imperialismus und seine Bundesgenossen in der NATO bedrohten Friedens.

Alle Fraktionen der Volkskammer der DDR nahmen in einem gemeinsamen Beschluß am 11. August 1961 zu der ernsten Situation Stellung, die durch das Treiben des westdeutschen Imperialismus und Militarismus hervorgerufen worden war. Die Volkskammer begrüßte die Ergebnisse der vorangegangenen Moskauer Beratung. Sie beauftragte den Ministerrat, alle Maßnahmen vorzubereiten und durchzuführen, die sich auf Grund der Festlegungen der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages als notwendig erwiesen.

In einer am 13. August 1961 veröffentlichten Erklärung legten die Regierungen der Warschauer Vertragsstaaten unwiderleglich die forcierten Vorbereitungen der imperialistischen Kräfte zu militärischen Abenteuern dar und machten die Welt auf den ganzen Ernst der Situation aufmerksam.(13) Sie stellten fest: „Angesichts der aggressiven Bestrebungen der reaktionären Kräfte der Bundesrepublik und ihrer NATO-Verbündeten können die Warschauer Vertragsstaaten nicht umhin, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um ihre Sicherheit und vor allem die Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik im Interesse des deutschen Volkes selbst zu gewährleisten."(14)

In der Nacht vom 12. zum 13. August 1961 wurden die Truppen der Nationalen Volksarmee der DDR und die auf dem Gebiet der DDR stationierten Sowjettruppen in Alarmbereitschaft versetzt. Sie bezogen in voller militärischer Bereitschaft die ihnen zugewiesenen Räume. Zugleich wurden die Kampfgruppen der Arbeiterklasse alarmiert. In äußerst kurzer Zeit waren die bewaffneten Berliner Werktätigen in dieser Sommernacht an ihren Stellplätzen. In den ersten Stunden des 13. August rückten Einheiten der Nationalen Volksarmee mit Geschützen und Panzern in Berlin ein. Gemeinsam mit den Kampfgruppen und der Volkspolizei riegelten sie die bis dahin offene Staatsgrenze der DDR nach Westberlin ab. Der NATO-Stützpunkt und Kriegsbrandherd Westberlin wurde unter zuverlässige Kontrolle gebracht. Die Angehörigen der Kampfgruppen, der Nationalen Volksarmee und der Volkspolizei waren bereit, unter Einsatz aller Kräfte, ja selbst des Lebens, die Heimat und den Frieden zu schützen.

Der S-Bahn-Verkehr zwischen den Westsektoren Berlins und der Hauptstadt der DDR wurde auf Anordnung des Ministers für Verkehrswesen der DDR unterbrochen und der gesamte Berufsverkehr für die Bewohner der Randgebiete neu organisiert.

Als am Morgen des 13. August die Sonne über Berlin aufging, waren die Sicherungsmaßnahmen im wesentlichen abgeschlossen. Die Morgenzeitungen informierten über den Beschluß des Ministerrates der DDR189, der besagte: „Zur Unterbindung der feindlichen Tätigkeit der revanchistischen und miliaristischen Kräfte Westdeutschlands und Westberlins wird eine solche Kontrolle an den Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik einschließlich der Grenze zu den Westsektoren von Groß-Berlin eingeführt, wie sie an den Grenzen jedes souveränen Staates üblich ist.

Anmerkungen

1) Dokumente zur Außenpolitik der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Bd. IX. Vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1961, Berlin 1962, S. 292.

2) Neues Deutschland (A) (Berlin), 12. Juni 1961.

3) Dokumente zur Außenpolitik der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Bd. IX, S. 104/105.

4) Union in Deutschland (Bonn), 1961, Nr. 28, S. 3.

5)  Münchner Merkur, 24./2S. Juni 1961

6) Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe, 30. Juni 1961.

7) Bonner Rundschau, 9. Juli 1961.

8) Rheinische Post (Düsseldorf), 29. Juli 1961

9) Dokument Nr. 71

10) Mit Friedenstaten für den Friedensvertrag - gegen Bonner Atomkriegspläne. Stellungnahme von Werktätigen der Deutschen Demokratischen Republik und Rede des Vorsitzenden des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik, Walter Ulbricht, im VEB Kabelwerk Oberspree. In: Schriftenreihe des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik, 1961, Nr. 14, S. 9.

11) Industriekurier (Düsseldorf), 2. September 1961

12) Mit Friedenstaten für den Friedensvertrag - gegen Bonner Atomkriegspläne. In: Schriftenreihe des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik, 1961, Nr. 14, S. 32.

13) Dokument Nr. 72.

14) Dokumente zur Außenpolitik der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Bd. IX, S. 296.

Editorische Hinweise

Der Text wurde entnommen aus: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Berlin 1966, Band 8, S.275-287