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Österreichische Faschisten
pflegen antisemitischen Kult

12/1998
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Am Anfang diesen Jahres pilgerten Scharen von Anhängern eines
antisemitischen Kultes in die Stadt Rinn, um dem sogennanten
"Martyrium" eines Anderl von Rinn zu gedenken.

Dieser bizarre Kult hat seinen Ursprung im Jahre 1642, mit
einer Erzählung von Ipollito Guaroni, einem Arzt aus Halle.
Beeinflußt von der mittelalterlichen Legende von Simon von
Trent, behauptete er, ohne jeden Beweis, daß Anderl von Rinn,
ein Junge aus Tirol vor mehr als 160 Jahren von Juden zu Tode
gemartert wurde.

In Übereinstimmung mit Simon von Trent, erkannte der Vatikan
von Rinn umgehend als Märtyrer an, ohne ihn jedoch heilig zu
sprechen. Dreihundert Jahre später erschien von Rinns
Geschichte dann doch so zweifelhaft, daß der Bischof von
Innsbruck seinen Todestag aus dem Kirchenkalender strich. 1985
wurden die Überreste von Anderl von Rinn aus seinem Grab unter
dem Altar der Pfarrkirche entfernt, und ein antisemitisches
Fresko übergepinselt.

Offiziell endete die jährliche Pilgerreise nach Rinn im Jahre
1994 mit dem Verbot des Kultes durch einen österreichischen
Bischof. Dennoch gibt es nach wie vor Anhänger, die den
Jahrestag feiern, unter ihnen einige prominente Faschisten.

Gottfried Melzer, ein Kaplan im Ruhestand, ist mit seiner
verquasten Blättchen "der Anderl-Bote" das Sprachrohr dieser
faschistischen Elemente. In der neuesten Ausgabe sind, neben
schwärmerischen Berichten über die rätselhaften Qualitäten des
Anderl-Kultes auch Veranstaltungshinweise und Stellungnahmen
von Robert Prantner, die im letzten Dezember in der
faschistischen Wochenzeitung "Zur Zeit" erschienen sind, zu
finden.

In dieser Wochenzeitung, herausgegeben von Andreas Mölzer,
einem Berater des FPÖ Vorsitzenden Jörg Haider, unterstützt der
Theologe Prantner den Mythos des Ritualmordes an Rinn. Aufgrund
einer Beschwerde des Dokumentationszentrums des
österreichischen Widerstandes (DÖW), wurde er daraufhin vom
österreichischen Presserat gerügt. Eine Anklage wegen
Volksverhetzung, die der DÖW forderte, wurde von der
Staatsanwaltschaft jedoch nicht eingeleitet.

In seinem Artikel unterstützt Gottfried Melzer die
parlamentarische Nachfrage der FPÖ, die die Ablehnung von
Prantners antisemitischer Dissertation als Attacke auf die
akademische Freiheit werten. Anschließend berichtet er über die
"leidenschaftlichen Proteste", die Prantners Artikel in "Zur
Zeit" hervorrief. Sein Zorn richtet sich gegen die DÖW und die
österreichische Jüdische Gemeinde, die er als "Anführer der
Kampagne gegen Prantner" bezeichnet. Angeblich haben sie
Demonstrationen und Störungen anläßlich einer Ehrungszeremonie
für Prantner geplant und hetzen zudem noch "holländische
Journalisten" gegen ihn auf.

Die Jüdische Gemeinde wird sogar der Intervention im
Sekretariat des Vatikans angeschuldigt. Als Resultat solchen
Drucks, so Melzer in seinem Artikel, erwog der Kanzler des
Malteser Ritterordens die Entbindung Prantners von seinen
diplomatischen Diensten.

Diese Entscheidung wurde allerdings später auf ein Verbot
reduziert, sich zur "Jüdischen Frage" zu äußern. Prantner, der
- als er von der Polizei überwacht wurde - im März dieses
Jahres aufgrund seiner Tätigkeit als Gesandter des Malteser
Ordens diplomatische Immunität beanspruchte, bat seinen Orden
um "Zeit zum Reflektieren".

Melzer enthüllt andere interessante Fakten über diesen
wohlbekannten "Theologen", zum Beispiel die Tatsache, dass
Prantner im Januar dieses Jahres bei einem Treffen der
faschistischen 'Volksbewegung für sittliche und soziale
Erneuerung' (VBSSE) als Hauptredner auftrat.

Die VBSSE ist so rechtslastig, dass sie bis 1982 verboten war.
Dann wurde sie aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtes
legalisiert. Maximilian Baumgartner, Chef der VBSSE, hat
erklärt, das Hauptziel seiner Organsiation sei die Rettung
"unseres Volk, unserer Kinder, und unserer westlichen
christlichen Kultur vor dem moralischem Kollaps und vor
kultureller Ausdünnung durch gottlose und rassisch
zerstörerische Kräfte".

Auf einem ihrer Flugblätter sagt die VBSSE, sie werde "die
rassisch zerstörerischen Kräfte der Freimaurer demaskieren, die
bösen Konsequenzen von Zinsknechtschaft beleuchten" und "die
Arbeiter für eine wahre Gesellschaft des Volkes" gewinnen".

An anderer Stelle schrieb Baumgartner, dass "die Zionisten und
ihre Verbündeten verantwortlich sind, für eine anti-deutsche
Propagandawelle, indem sie Lügen verbreiteten, über
Grausamkeiten der verabscheuungswürdigsten Art". Seine
"Identifikation des Weltfeindes" gipfelt in seiner Behauptung,
dass die "internationale, rassisch fremde Geldmacht ungehindert
regiere".

Es überrascht nicht, dass Baumgartner auch im 'Anderl-Bote'
auftaucht. Melzer dankt Baumgartner, dass er ihm "wichtiges
Material" für die Chronologie über Prantner zur Verfügung
gestellt habe, und erwähnt, dass Baumgartner, im Zusammenhang
mit den Briefbombenanschlägen, von denen Österreich seit Ende
1993 heimgesucht wird, "langen Verhören der Polizei" ausgesetzt
war.

Schließlich findet Prantner nochmals Erwähnung ... als nichts
geringeres denn als "ein Führer" bei der Anderl- Gedächtnisveranstaltung in Rinn.


Die elektronische Ausgabe für das CL-Netz besorgte

Antifa-West - Antifaschistische Initiative im Bielefelder Westen
ANTIFA-WEST@BIONIC.zerberus.de  
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