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AUFSTEIGENDE ANGST
DIE RAUHE SEITE DER GELDDINGE
 

von  DIETMAR KESTEN

12/1998
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Das Fusionskarussell dreht sich weiter und immer schneller. In der Zwischenzeit vergeht fast keine Woche mehr, in der nicht irgendeine Bank durch den Aufkauf einer anderen, noch größer, noch gigantischer und in ihren Finanzpraktiken noch undurchschaubarer   wird.

Schwimmend im Kielwasser von DAIMLER-CHRYSLER, überraschte die DEUTSCHE BANK damit, daß sie mit BANKERS TRUST eine umfassende transatlantische Bindung einging, die mittel- und längerfristig eine in sich verschärfende Krise der Marktmechanismen des Geldkapitals hervorrufen wird. Bei zusammen ca. 1, 3 Billionen DM Bilanzsumme, wird die Megafusion  der vor gut 1 Jahr stattgefundenen Fusion zweier Schweizer Großbanken zur UBS (United Bank of Switzerland), die eine ausgewiesene Bilanz- summe von runden 1, 1 Billionen DM haben soll, noch übertroffen. Gemunkelt wird, daß für insgesamt 16, 5 Milliarden DM BANKERS TRUST gekauft worden sein soll. Damit hat die DEUTSCHE BANK mehr als ein Standbein in den Staaten etablieren können. Konnte sie sich bereits vor zwei Wochen bezüglich einer Allianz mit dem japanischen Versicherungsmulti NIPPON LIFE INSURANCE COMPANY (vgl. Handelsblatt vom 14. 11. 1998) brüsten, so wird der neue Clou die Konkursverwalter und Liquidatoren kleinerer Banken und Finanzhäuser auf den Plan rufen. 

Die Gigantomanie des Finanzkapitals, das System der Milliarden DM und Dollar kann eine Explosion von bisher noch nicht gekanntem Ausmaß hervorrufen, und ähnlich wie beim russischen Finanzdesaster können hohe Verluste einen Crash nach dem anderen auslösen. Die DEUTSCHE BANK, das dürfte jetzt schon feststehen, wird mit BANKERS TRUST ein ähnliches Vorhaben planen, wie mit den Japa- nern: Es geht um Investmentfonds, Vermögensanlagen, spekulatives Geld, mit denen gehandelt wird, die vertrieben werden, das an- und verkauft wird. Hatte bereits vor kurzem die COMMERZBANK mit einer ähnlichen Zu- sammenarbeit (1) auf sich aufmerksam machen können, so sichert sich jetzt die größte DEUTSCHE BANK die für sie wichtigen Marktanteile. 

Wie immer wird das eine Welle nach der anderen lostreten; denn sogenannte "Kostensenkungen" , die jetzt entstehen, ergeben sich vor allem durch das Zusammenlegen von Kernbereichen eines kapitalistischen Unternehmens, was in der Regel zur Kappung der Lohn- und Gehaltslisten bis zum mittleren Management führt. Das andere, viel wichtigere Problem, die Fusionen mit sich bringen, ist die unbarmherzige Rationalisierungswelle, die selbst vor den Bank-Konzernen nicht halt machen. Die HBV (2) schätzt, daß im Bankgewerbe in den nächsten Jahren jeder 10. Job in Gefahr ist.

 Wenn man sich vor Augen hält, wie der heutige Bankalltag aussieht, der in sich eine Widerspiegelung der Intensivierung der Arbeitsprozesse durch die immer stärker werdende Konkurrenz und des elektronischen Bankverkehrs ist, dann kann es nicht verwundern, daß das "kleine" Geschäft, das Geschäft mit dem Mann auf der Straße, mit der Masse der Kunden, nicht mehr interessant ist, oder immer weniger interessant wird. Die Mär von der "sauberen" Bank gibt es nicht mehr; allenfalls kommende leere Schalterhallen.

 Das Geld, das schnelle Geld, die Spekulation, das Geschäft mit Dervisen, mit fälligen Zinsen, die die Verlierer-Staaten nicht mehr aufbringen können, die ganzen Praktiken, die in einem Sumpf von sog. "Umverteilungen" der weltumspannenden Organisationen. wie etwa der Weltbank, daher in hohen Finanzgefilden angesiedelt sind, die Spekulation mit Immobilien, die Abnahme der produktiven Investitionen (3), die "Rettungsversuche" für kleinere Banken, die man sich teuer bezahlen läßt, die fortschreitende Globalisierung, kann das gesamte Kreditsystem paralysieren; denn es ist auch der Kredit, der auf den Finanzmärkten eine wichtige Rolle spielt. Die in ihrer Finanzkrise dem Ende entgegehenden Länder in Latainameri- kan, in Asien, deren Zusammenbruch nicht nur eine Folge der kapitalistischen Warenwirtschaft ist, sondern auch der gewollten Verschuldung und des ungehemmten maximalen Profits, rufen in die Erinnerung, daß die Spirale: Verschuldung - Inflation - größere Verschuldung - Bankpanik und schließlich Zusammenbruch sich mit der Logik des modernen Kapitalismus gut verträgt. 

Indes sollte folgende Frage zur Verallgemeinerung gelangen: Wie lange wird es noch möglich sein, das Bankensystem in dieser Form, wie es heute existiert, zu erhalten? Zwar kann diese Frage niemand beantworten, das Streben nach der Unge- hemmtheit des Geldes impliziert jedoch die unvermeidlichen Risiken, die die Ware-Geld Wirtschaft ständig, immer, mit sich herumschleppt: die Fahrlässigkeit im Umgang mit Milliarden und somit die Gefährdung des globalen Marktsystems als Ganzes. BANKERS-TRUST soll nicht unbedingt als Top-Adresse gelten und selbst unter den hohen Verlusten in Asien und Rußland leiden. Käme des "stabile Geld" nun in wirkliche Gefahr, werden selbst die neokeynesianischen Konzepte den Haussegen kaum retten. Eine schnelle Ausweitung des Gesamtvolumens der Kredite, um damit das eigene Kreditsystem zu sanieren, wird die "Betriebsverluste" nicht auffangen. 

Der Preis, den die Weltbevölkerung zahlen wird, ist enorm teuer: Versagen die Anti-Krisen Techniken des Staates, führen die weltweiten Anstrengungen durch Schaffung "falschen Geldes", die sich in der fortwährenden Entwertung des Papiergeldes niederschlagen kann, zu keinem Erfolg, besteht die Möglichkeit, daß sich das ganze Mißverhältnis von Globalisierung, Deregulierung, sogar des Virtuellen aufschaukelt. Immer größere Geldmengen müssen in einen Kreislauf, der nicht mehr existiert, deren Vorhandensein die internationale Banken und Finanzierungsgesellschaften dann schon lange aufgegeben haben dürften, und die die nur noch dem Schein nach existieren, hineingepumpt werden. Die Lawine, die loszurollen beginnt, wird sich auf keinerlei radikale Veränderung mehr einlassen. Der Staatsbankrott ist dann keine Vision mehr.  

Anmerkungen

(1) Die COMMERZBANK hat sich in jüngster Zeit durch die Zusammenarbeit mit der italienischen Versicherungsgruppe GENERALI ins Gerede gebracht. 

(2) Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen. 

(3) Allein die Risikovorsorge der DEUTSCHEN BANK 1997 mußte gegenüber 1996 um ca. 1,4 Milliarden DM auf ca. 2, 2 Milliarden DM aufgestockt werden, bei einem Vermögen von runden 558 Milliarden DM.

Texte von Dietmar Kesten werden regelmäßig in CL/GRUPPEN/KRISIS veröffentlicht.

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