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Editorial

Entsorgung

12/1998
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Dem Vernehmen nach soll Gretchen Dutschke im letzten Monat mindestens zweimal in Berlin gewesen sein. Eine Rudi-Dutschke-Stiftung sei in Gründung, hieß es. Bernd Rabehl und Ines Lehmann, gern als Chronisten der APO tätig, sollen sich dafür engagiert haben , wurde gemunkelt. Ein ehemals gewichtiger SdS-Funktionär und heute daselbst ordentlicher Professor an einer "Ostuni", soll Gretchen in diesen Gründungsverhandlungen beiseite gestanden haben. So weit so gut.

Ihm und gewissen Leuten aus dem Haus der Demokratie und von der Heinrich-Böll-Stiftung, die auch mitgemischt haben sollen, soll es schließlich gelungen sein, Gretchen Dutschke via Hamburg zu orientieren. Dort residiert bekanntermaßen Jan Reemtsma, finanziell gut betucht und für linke sozialpolitische und wissenschaftliche Projekte aufgeschlossen.

Für Berlin mit dem Haus der Demokratie als Standort, wofür eine Gruppe junger Leute warb, weil sie im Namen von Rudi dessen Theorie und Praxis linker&radikaler Politik pflegen und weiterentwickeln wollten, sah es dagegen mau aus. Der Umstand, daß diese jungen Leute nicht mal ein Promille des Reemtsmaschen Vermögen besitzen, ließ ihre Chancen von vornherein gegen Null sinken. Unter Null wurden sie dann - so hieß es - von den "ollen 68ern" selber gedrückt, weil sie im Gegensatz zu Rudi "militaristisch, sexistisch und chauvinistisch" seien.

Wer Gretchen Dutschkes Buch "Wir hatten ein barbarisches, schönes Leben" gelesen hat, begreift den Sinn dieser Kritik recht schnell: Rudi, ein DEUTSCHER, SOZIALER CHRIST. So soll Geschichte entsorgt werden.

Rudi ein militanter, antiautoritärer Sozialist - ein REVOLUTIONÄR? Igitt. Mit solchen Ansichten, wie sie irrigerweise in den Köpfen dieser jungen Leute herumspuken, ist endlich Schluß zu machen. Für die in Gründung befindliche Rudi-Dutschke-Stiftung, mutmaßlich mit Sitz Hamburg, wissenschaftlich und politisch betreut von der Heinrich-Böll-Stiftung, die wichtigste Aufgabe schlechthin. Daher wird es im nächsten Jahr auch eine Rudi-Dutschke-Konferenz mit entsprechenden Impulsreferaten geben.

Ich persönliche wünsche mir dann Gerhard Schröder zum Thema "Die Pflicht eines jeden 68er ist es, ein 68er zu sein - zeitlebens und überall."

Es grüßt Karl Müller.

Nachtrag vom 4.12.1998

Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, haben
Bündnis90Grüne in das Gerangel eingegriffen. Als erstes soll die Berliner
Lokalgröße der Grünen, der Rechtsanwalt Wolfgang Wieland, angekündigt
haben, er werde jeden strafrechtlich verfolgen lassen, der unter
Verwendung der Bezeichnung "Rudi-Dutschke-Stiftung" öffentlich etwas
verlautbart. Dies läßt den Rückschluß, daß nur noch die Grünen sich dieses
Labels bedienen dürfen sollen, was wiederum dem Gerücht entspräche, daß
die Bündnis90Grünen gezielt an einer eigenen Parteihochschule basteln, wo
der arme Rudi nun posthum zum Gründungsrektor ernannt werden soll. Wenn
Wieland und sein Klientel von Gretchen den Namenszuschlag erhalten, dann
wünsche ich mir statt dessen ein Impulsreferat von Joschka Fischer zum o.a. Thema.·

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