Ein weiteres Kapitel im Kampf zweier Linien
Tagung des DKP-Parteivorstands vom 19./20.11.16 

Beschluss zur "Parteiauseinandersetzung" und ein "Alternativantrag"

2/2016

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Antragsteller*innen: Hans-Peter Brenner, Patrik Köbele und Wera Richter

1. Der Parteivorstand beruft vor der 8. Parteivorstandstagung, die im März 2017 stattfindet, Versammlungen der Mitglieder der Bezirksorganisationen in Rheinland-Pfalz und Südbayern ein. Inhalt und Zielstellungen  sind:

* Die Information an die Mitglieder der Bezirksorganisationen, dass ihre Bezirksvorstände u. a. mit der Beschlussfassung die Parteitagsbeschlüsse zur Bundestagswahl 2017 nicht zu unterstützen und mehr oder  minder offen zur Wahl der Linkspartei aufrufen, dem Parteivorstand eine Zusammenarbeit unmöglich machen.

* Die Bitte an die Mitglieder der Bezirksorganisationen, sich mit dieser Situation auseinanderzusetzen.

* Die Aufforderung an Vorstände und Genossinnen und Genossen, zur Beschlussverbindlichkeit zurückzukehren und fraktionelle Tätigkeit (sogenanntes kommunistisches Netzwerk) einzustellen.

* Die Aufforderung zur aktiven Beteiligung an der Vorbereitung des 22. Parteitags im Rahmen der Parteibeschlüsse.

* Die Ankündigung, dass ab jetzt alle statutarischen Parteigliederungen der Bezirksorganisation in die Information durch den Parteivorstand aufgenommen werden.

* Der Parteivorstand entscheidet nach der 8. PV-Tagung über das weitere Vorgehen.

2. Der Parteivorstand lädt die Sekretariate aller Bezirks- und Landesvorstände zu einer außerordentlichen  Klausurtagung des Parteivorstandes im Frühjahr 2017 ein.

3. Der Parteivorstand verurteilt die fortgesetzte Mitarbeit im „kommunistischen Netzwerk“. Parteivorstand,  Bezirks- und Landesleitungen stehen in der Verantwortung, um jedes Mitglied zu ringen und trotz unterschiedlicher Meinungen wieder zum Grundsatz „gemeinsam Handeln" zurückzukehren, um Schaden von der  Partei abzuwenden. Sie sind aufgefordert, mit den Unterstützern des „kommunistischen Netzwerks“ zu diskutieren, um sie aufzufordern:

* die fraktionelle Tätigkeit einzustellen,

* sich an der Umsetzung der Beschlüsse des 21. Parteitags zu beteiligen,

* sich in die Vorbereitung des 22. Parteitags einzubringen.

Mit den Erstunterzeichnern des „Offenen Briefes“ wird ein Gespräch mit der gleichen Zielstellung geführt.

4. Sollte dieser Diskussionsprozess nicht zur Einstellung der fraktionellen Tätigkeit führen, beauftragt der Parteivorstand das Sekretariat, einen Beschlussvorschlag für den 22. Parteitag vorzulegen, der die Mitgliedschaft im sogenannten „kommunistischen Netzwerk“ für unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der DKP erklärt.

(beschlossen mit 15 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen, bei wenigen Enthaltungen)

Begründung:

Im Referat der 5. PV-Tagung formulierten wir:

„Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem bei Teilen der Opposition Diskussionen und Diskussionsangebote genauso wie Beschlüsse auf taube Ohren stoßen. Wir werden diese Angebote weiter machen. Aber wir brauchen gleichzeitig den von Statut und Programm der DKP geforderten Schutz der Einheit und Handlungsfähigkeit der Partei. Dazu muss die Partei sich jetzt eine Meinung bilden. Aus unserer Sicht muss die  PV-Tagung im November hier Entscheidungen treffen.“

Die Meinungsäußerungen, die uns nach dieser PV-Tagung erreichten, waren unterschiedlich. Aber auch die  Meinungsäußerungen, die sich gegen organisationspolitische Maßnahmen aussprachen, widerlegten nicht,  dass:

* bereits nach dem 20. Parteitag die Homepage des Parteivorstands (www.kommunisten.de  ) dem Parteivorstand entzogen wurde.

* die sogenannten „Thesen“, die bereits der 19. Parteitag der DKP zurückgewiesen hat, weiterhin eine Art programmatische Grundlage für das sogenannte kommunistische Netzwerk bilden. Wir haben mehrfach nachgewiesen, dass die Inhalte, die Grundlage dieser Fraktionsbildung sind, unvereinbar mit unserer Programmatik sind, weil sie unter anderem:

  • die Leninsche Imperialismusanalyse negieren

  • die Machtfrage nicht mehr stellen

  • das Verhältnis von Klasse und Bewegung nivellieren

  • die Demokratiefrage klassenneutral behandeln

  • die Rolle der Kommunistischen Partei auf eine Denkfabrik reduzieren und sie damit ihres Charakters als initiierende, agierende, mobilisierende und revolutionäres Bewusstsein verbreitende Kraft berauben.

  • dem demokratischen Zentralismus eine Absage erteilen.

* Mit der Diffamierung des 20. Parteitags als „Putschparteitag“ den Delegierten eine eigenständige Entscheidungskompetenz abgesprochen wurde.

* Mit der mehr oder weniger offenen Unterstützung von „Unite“ die Gefahr der Schwächung, der mit uns freundschaftlich verbundenen SDAJ und die Schädigung des Verhältnisses zwischen uns und der SDAJ wissentlich und billigend in Kauf genommen wurde.

* Auch mit dem Umgang mit dem Beschluss des 20. Parteitags zum Umgang mit Materialien und Logos der Europäischen Linkspartei (ELP) die Nichteinhaltung von Parteitagsbeschlüssen zur Normalität der Opposition wurde.

* Gegenveranstaltungen zur LLL-Veranstaltung des Parteivorstands organisiert werden.

* Trotz des Beschlusses des 21. Parteitags, „die Bildung eigener Strukturen in der Partei zu unterlassen  bzw. sich nicht an dem sogenannten ,kommunistischen Netzwerk‘ in der DKP zu beteiligen“, im Vorfeld des  UZ-Pressefests eine Unterschriftensammlung unter den offenen Brief des sogenannten „kommunistischen  Netzwerks“ begonnen wurde.

* Trotz der vorhergehenden Aufforderung des Parteivorstands, Provokationen beim Pressefest nicht unterblieben (Wandzeitungsprojekt mit antikommunistischen Karikaturen, Auftritt der marxistischen Linken)

* Dass der offene Brief des sogenannten „kommunistischen Netzwerks“ eine Absage an das Statut der DKP,  an wesentliche Teile des Programms der DKP, sowie an die Beschlüsse des 20. und 21. Parteitags der DKP darstellt.

Das alles hat nichts mehr mit dem statutarischen Recht, „einzeln oder in Verbindung mit anderen Mitgliedern politische Positionen, Kritik und Vorschläge zu entwickeln“, zu tun. Es ist vielmehr die Bildung einer Fraktion, d.h., wie es das Statut formuliert, einer „Gruppe mit eigener Disziplin, eigenen Strukturen und politischen  Plattformen“.

Die Feststellung der 5. PV-Tagung wird auch dadurch bestätigt, dass:

* mittlerweile zwei Bezirksvorstände der DKP (Südbayern und Rheinland-Pfalz) durch Beschlüsse festhalten,  dass sie den Parteitagsbeschluss zur Kandidatur der DKP bei den Bundestagswahlen nicht nur nicht umsetzen, sondern mehr oder minder offen zur Wahl einer anderen Partei (PDL) aufrufen.

Damit wird auch folgende Feststellung der 5. PV-Tagung bestätigt:

„Unser Prinzip heißt: Breiteste innerparteiliche Debatte um Inhalte und in Vorbereitung von Beschlüssen zum Eingreifen der Partei. Und dann: Gemeinsames Handeln, auch dann, wenn Beschlüsse nur mit Mehrheit gefasst werden. Das ist wahrlich kein Prinzip, das mit irgendeiner Deformation zu tun hat. Das ist ein Prinzip, was den meisten Organisationen eigen ist, vom sprichwörtlichen Taubenzüchterverein, bis zur kommunistischen Partei. Dieses Prinzip wird nun von Genossinnen und Genossen, von Gliederungen der Partei bewusst gebrochen. Das ist nicht hinnehmbar, das ist nicht mehr in der Diskussion zu überwinden.“

Alternativantrag zur Parteiauseinandersetzung

Antragsteller: Lothar Geisler

1. Der Parteivorstand der DKP hält den von Hans-Peter Brenner, Patrik Köbele und Wera Richter eingebrachten Antrag für ungeeignet, die Partei aus der Krise zu führen und lehnt ihn in allen drei ausgeführten Punkten ab.

(abgelehnt bei 4 Ja-Stimmen, 16 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen)

2. Der Parteivorstand lädt die Sekretariate aller Bezirksvorstände zu einer außerordentlichen Klausurtagung des Parteivorstandes im Frühjahr 2017 ein.

Inhalt und Zielstellung: Die gemeinsame inhaltliche Vorbereitung des 22. Parteitages und Klärung der Fragen:

1. Können wir zu solidarischer Diskussion strittiger Fragen und gemeinsamem Handeln zurückfinden? Wenn ja, wie und auf welchen Politikfeldern?

2. Ist die Politik gegenseitiger Provokation und Blockaden zu überwinden? Wenn ja, wie?

3. Ist eine Spaltung der Partei zu vermeiden? Wenn ja, wie?

(Abstimmung, die ersten beiden Zeilen ohne die Bestimmung von „Inhalt und Zielstellung“ in den Antrag der Vorsitzenden zu integrieren: einstimmig angenommen bei 1 Enthaltung)

Begründung erfolgte mündlich, sinngemäß wie folgt:

Unsere Position in Recklinghausen ist bekannt. Wie wenig ich von dem Antrag Brenner/Köbele/Richter halte, ist in meiner ersten spontanen Kommentierung (die ja an die PV-Mitglieder mitverschickt wurde) zum Ausdruck gebracht. Darum hier ein paar zusätzliche Gründe für meinen Antrag.

Der Auftrag, den uns der Parteitag zur Organisierung einer Diskussion in der Partei und mit der Minderheit erteilt hat, ist m.E. noch nicht ausreichend umgesetzt. Es gibt keinen objektiven Zeit- und Entscheidungsdruck. Den machen wir uns selbst, oder werden getrieben. Wir sollten uns aber von niemandem treiben lassen und den Gesprächsfaden mit der Minderheit wieder aufnehmen. . Ausgerechnet die Beschlussverbindlichkeit zur Eigenkandidatur bei der Bundestagswahl 2017 zur „Sollbruchstelle“ zu machen, ist – aus Sicht der Befürworter wie der Kritiker! – rational nicht nachvollziehbar. Denn was wir auch tun, hat keinerlei Einfluss auf das Wahlergebnis! Ist es uns das wert, hier die Spaltung der Partei zu riskieren oder den Verlust wertvoller Mitglieder?

Es geht nicht nur um 200/300 (höchst unterschiedliche!) UnterzeichnerInnen des „Offenen Briefes“, denen wir quasi die „Exkommunikation“ androhen. (Nichts anderes sind Bezirksauflösungen und Unvereinbarkeitsbeschlüsse.) Nur zur Erinnerung: eine qualifizierte Minderheit von ca. 1/3 der Parteitagsdelegierten hat den Weg „organisationspolitischer Maßnahmen“ grundsätzlich abgelehnt. Wir Recklinghäuser waren dabei und bleiben dabei. In der jüngeren Vergangenheit haben wir ähnlich komplizierte Situationen anders gelöst, als mit „organisationspolitischen Maßnahmen“. Beispiel 1.) Bei der Kröll/Rosenberg/Brenner-Fraktion mit ihrem eigenen Organ „Nordbayrischer Landbote“ und ihrem abgestimmten Auftreten im PV. Wenn wir damals so reagiert hätten wie heute, säßen Hans-Peter Brenner und andere nicht da, wo er jetzt sitzt. Beispiel 2.) Beim „Rotfuchs“, der ja anfangs als Zeitung der DKP-Gruppe Berlin-Nordost ver-sucht hat, bundesweit gegen die damalige Mehrheitslinie zu agieren. Auch da haben wir in vielen Gesprächen die Kuh anders vom Eis geholt. (Herausgeberschaft durch Förderverein.) Warum suchen wir in dringlicher Lage heute nicht einen anderen Ausweg? Das sollten wir gemeinsam mit der Minderheit ausloten.

Quelle:

DKP-Informationen
Nr. 6/2016 - 28. November 2016
6.Tagung des Parteivorstandes
19./20. November 2016
Essen
Herausgegeben vom Parteivorstand der DKP
Hoffnungstraße 18, D - 45127 Essen

Seite: 17-19

http://news.dkp.suhail.uberspace.de/wp-content/uploads/2016/12/DKP-Info-2016_06_6.-PVT.pdf

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