Der Kampf zweier Linien in der DKP geht weiter
"Wir appellieren an alle Gliederungen und Mitglieder der Partei"

Erklärung des Sekretariats des Parteivorstands der DKP

10-2013

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Auf der 1. Tagung des 20. Parteitages der DKP Anfang März wurde eine neue Leitung der Partei gewählt, auf der 2. Tagung Ende Mai in Hannover wurde dann der Hauptantrag „Antworten der DKP auf die Krise” mit Veränderungen – vor allem im Forderungsteil, aber auch zur Krisenanalyse usw. – mit deutlicher Mehrheit angenommen. Auf dieser 2. Tagung wurde zudem ein Beschluss zur Europäischen Linkspartei gefasst, der eine endgültige Entscheidung auf dem 21. Parteitag unserer Partei und zuvor eine gründliche Prüfung sowie eine Diskussion in der Partei vorsieht.

Einige Mitglieder der Partei sehen die Ergebnisse des Parteitags – Personalentscheidungen, Beschluss „Antworten der DKP auf die Krise”, Beschluss zur Europäischen Linkspartei u. a. – sehr kritisch. Für manche Genossinnen und Genossen bedeuten einige Beschlüsse zudem einen Bruch mit bisheriger DKP-Programmatik und -Politik. Auf dem Internetportal www.kommunisten.de spiegelt sich dieses Herangehen in einer Reihe von Beiträgen wider.

Wieder andere Mitglieder haben die Entscheidungen des Parteitags mit Erleichterung aufgenommen und äußern die Erwartung, dass die Partei in eine neue Etappe ihrer Entwicklung eintritt, hoffen auf neue Impulse, auf eine Stärkung der DKP im Sinne von Programm sowie Statut und auf Vergrößerung ihres gesellschaftlichen Einflusses.

Über die unterschiedlichen Einschätzungen und Erwartungen muss offen – vor allem jedoch miteinander – geredet werden.

Das Sekretariat – in dem es unterschiedliche Einschätzungen des Parteitags gibt – bzw. der Parteivorsitzende haben mehrfach betont, dass die Differenzen in der Partei durch den Parteitag nicht ausgeräumt sind und sein können, dass sich Differenzen nur in der gemeinsamen Diskussion und in der politischen Praxis überwinden lassen.

Die Debatte um Streitpunkte muss weiter geführt und organisiert werden.

Die Diskussion in der UZ, momentan zur Krisenanalyse, und die gewerkschaftspolitische Konferenz im Oktober bieten dazu eine Chance.

Gleichzeitig haben Sekretariat und Parteivorstand an verschiedenen Punkten begonnen, die mit großer Mehrheit gefassten Parteitagsbeschlüsse umzusetzen.

Auch hier gibt es Zustimmung, aber auch Kritík und Ablehnung.

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Es gibt jedoch Entwicklungen in unserer Partei, die darüber hinausgehen und Sorgen bereiten.

Es ist zumindest ungewöhnlich, dass sich am 15. und 16. Juni Genossinnen und Genossen außerhalb der Strukturen der DKP trafen, um über ihre Positionen und ihr Herangehen an die Situation nach dem Parteitag zu beraten.

Im Statut heißt es im Artikel 2: „Alle Mitglieder haben gleiche Rechte.

Dazu gehören das Recht

  • an der Erarbeitung der Politik der Partei und ihrer Beschlussfassung mitzuwirken;
  • seine Meinung in allen die DKP betreffenden Angelegenheiten frei zu äußern und sie im Rahmen der Möglichkeiten in Parteipublikationen zu vertreten;
  • Kritik an Beschlüssen, Gremien und Mitgliedern der Partei zu üben;
  • seine Meinung zu allen politischen Fragen in der Öffentlichkeit zu vertreten. Dabei muss öffentliche Kritik an der Partei und einzelnen ihrer Mitglieder oder Gremien solidarisch erfolgen und darf die Umsetzung gefasster Beschlüsse nicht gefährden;
  • einzeln oder in Verbindung mit anderen Mitgliedern politische Positionen, Kritik und Vorschläge zu entwickeln, in den Zusammenkünften und Publikationen der Partei alternative politische Positionen zu vertreten und dafür in unserer Partei um demokratische Mehrheiten zu werben; (…)”

Auf dem Treffen wurden laut www.kommunisten.de „alternative politische Positionen diskutiert und Vorschläge entwickelt, wie diese dargestellt werden und wie dafür in der DKP um demokratische Mehrheiten geworben” werden kann.

Zu diesem Treffen wurde jedoch nicht öffentlich eingeladen und nur das Referat (von Bettina Jürgensen) auf www.kommunisten.de veröffentlicht. Erst nachträglich wurde bekannt, dass die Einlader/innen die PV-Mitglieder Detlef Fricke, Uwe Fritsch, Bettina Jürgensen, Volker Metzroth und Leo Meyer sowie Michael Maercks waren. Nach Aussage der EinladerInnen wurden keine Beschlüsse gefasst, aber es wurde verabredet, sich weiterhin zu treffen.

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Sorge bereitet in diesem Zusammenhang auch, dass zuvor in Südbayern auf einer Auswertungsveranstaltung der 1. Tagung des Parteitages in der Diskussion gefordert wurde: „…

  • unsere am Parteiprogramm orientierte Strömung (zu) organisieren und (zu) vernetzen,
  • dazu werden wir das Nachrichtenportal kommunisten.de nutzen
  • Politik entwickeln auf Grundlage des Programms der DKP, der Fragestellungen, die mit den Politischen Thesen aufgeworfen wurden, und der Stellungnahme der Geschichtskommission des PV der DKP zum Thema Stalinismus vom 12.5.1994
  • wir brauchen Angebote zur theoretischen Debatte – klären, welcher Bezirk macht was
  • wir müssen den jugendpolitischen Ratschlag fortführen: Welcher Bezirk mit welchem Thema?
  • wir müssen die Gewerkschafter und Betriebsarbeiter für uns gewinnen
  • wir werden unsere Bündnispolitik weiterführen und ausbauen, denn es geht um die Bildung einer pluralen, gesellschaftlichen und politischen Kraft, die in der Lage ist, Widerstand zu organisieren und für Veränderung zu arbeiten, d. h. auch:
  • wir arbeiten weiter in der EL • wir versuchen, die Beziehungen zu MarxistInnen in anderen Organisationen zu intensivieren
  • wir brauchen einen politisch-kulturellen „Bezugs”punkt, wie unser „Fest der Solidarität” in München am 6. Juli; aber möglichst auch überregionaler • wir werden dazu auch unsere Positionen im PV nutzen” (zitiert aus dem Auswertungsreferat zum 20. Parteitag aus Südbayern, Anhang Diskussion).

Geäußert wurde bei diesem Auswertungstreffen in Südbayern auch, „mit den anderen” lohne sich die Debatte nicht. Gemeint ist die Mehrheit der neuen Parteiführung, die Mehrheit der Delegierten des 20. Parteitages und gemeint sind jene in der Partei, die die Ergebnisse des Parteitages begrüßen.

Wenn dies „Programm” und über unterschiedliche Einschätzungen nicht mehr gemeinsam diskutiert wird, wenn zudem auch Beschlüsse – des Parteitages, des neuen Parteivorstandes – in Frage gestellt werden, ohne sich in die derzeitigen Debatten umfassend einzumischen, die eigenen Fragen, Zweifel und Vorstellungen in Diskussionsrunden und Veröffentlichungen der Partei einzubringen, dann wird ein leninistisches Grundprinzip unserer Partei in Frage gestellt. Dies betrifft: die streitbare Debatte, die Suche nach gemeinsamen Lösungen und auf dieser Grundlage das einheitliche Handeln, das unsere Stärke als Kommunistische Partei ausmacht.

In Frage gestellt wird auch das Statut, wenn damit (siehe das Zitat oben aus Artikel 2) die Umsetzung gefasster Beschlüsse gefährdet wird.

Wann immer in unserer Parteigeschichte sich solche Entwicklungen vollzogen, wuchs die Gefahr einer Verfestigung von Standpunkten.

Nicht selten entwickelten sich im Laufe solcher Auseinandersetzungen eigene Strukturen mit eigener Disziplin und eigenem politischen Auftreten.

Die DKP hat dies vor allem in der Erneuererauseinandersetzung Ende der 80er Jahre sowie in Auseinandersetzungen Anfang der 90er Jahre erleben müssen.

Immer wurde die Partei in solchen Auseinandersetzungen schwächer.

Deshalb wurde – aus Kenntnis solcher Gefahren – in das Statut in Artikel 3 die Formulierung aufgenommen: „Kommunistinnen und Kommunisten halten die innere Ordnung der Partei als für jedes Mitglied verbindlich.

Sie verstehen die Bildung von Fraktionen, d. h. Gruppen mit eigener Disziplin, eigenen Strukturen und politischen Plattformen, als Gefahr für den Bestand der Partei.” H Sorgen machen uns auch Auseinandersetzungen und Abspaltungstendenzen in dem mit uns eng verbundenen Jugendverband SDAJ, in die auch Parteimitglieder involviert sind.

Nicht hinnehmbar ist, wenn einige junge DKP-Mitglieder jetzt einen neuen Jugendverband neben der SDAJ gründen wollen.

Sorgen bereitet uns auch, dass sich Genossinnen und Genossen durch Internetveröffentlichungen zunehmend persönlich angegriffen und diffamiert sehen. Das hat es auch in früheren Jahren gegeben, entsprach niemals dem Selbstverständnis von Kommunistinnen und Kommunisten.

Wir rufen die Verantwortlichen der Seite www.kommunisten.de auf, Veröffentlichungen entsprechend zu prüfen und Diffamierungen nicht zuzulassen.

Wir appellieren an alle Gliederungen und Mitglieder der Partei, verantwortungsbewusst und im Sinne der ganzen Partei, ihres Programms, ihres Status, im Internet wie auch bei Veröffentlichungen in anderen Medien zu handeln! Wir fordern jene Genossinnen und Genossen, die das nicht durch die Partei organisierte und beschlossene Facebook- Portal „Freunde der DKP” betreiben bzw. moderieren, entsprechende Debattenbeiträge nicht zu veröffentlichen und auf die Verursacher einzuwirken.

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Die Handlungsfähigkeit und Stärke unserer Partei ergibt sich aus der Fähigkeit, Debatten offen auszutragen, unterschiedliche Standpunkte auszutauschen und dennoch die gefassten Beschlüsse gemeinsam umzusetzen.

Das ist unser Organisationsprinzip, das Organisationsprinzip einer kommunistischen Partei. Wir können einen Zustand, in dem dies Stück für Stück aufgeweicht wird nicht akzeptieren.

Wir sehen aber durchaus den unterschiedlichen Entwicklungsstand der Gruppen, ihre unterschiedlichen Schwerpunkte, die Altersstruktur usw.

Also wird nicht alles, was zentral beschlossen wurde, auch überall direkt und umfassend umgesetzt werden können. Aber zumindest darum ringen müssen wir und zwar gemeinsam.

Die DKP ist keine Strömungs- oder pluralistische Partei, sondern eine Kommunistische Partei, die sich die Prinzipien des demokratischen Zentralismus zu eigen gemacht hat: Der schließt die lebendige Demokratie von unten, die Mitwirkung aller Mitglieder bei der politischen Meinungsfindung und Beschlussformulierung, die Mitbestimmung bei der Wahl der Gremien ebenso ein wie die Beschlussverbindlichkeit.

Im Parteiprogramm heißt es dazu: „Die Gemeinsamkeit der Weltanschauung und der politischen Ziele bestimmt die Prinzipien des innerparteilichen Lebens der DKP. Sie schafft die Voraussetzung dafür, dass sich die DKP als eine einheitliche und solidarisch handelnde Kampfgemeinschaft von Gleichgesinnten entwickelt. Meinungsvielfalt, streitbare Diskussion und gemeinsame Aktion bilden eine Einheit. Die Mitglieder der DKP lassen sich von dem Grundsatz leiten, dass nur ein einheitliches, von der ganzen Partei getragenes Handeln das Unterpfand ihrer Aktionsfähigkeit und Stärke ist. Voraussetzung dafür ist die solidarische Diskussion und die Erarbeitung von Übereinstimmung. Darum verbindet sich in der DKP breite innerparteiliche Demokratie mit dem Grundsatz der einheitlichen, zentralisierten Aktion.

Zu den Grundsätzen des innerparteilichen Lebens gehören: die Wählbarkeit aller Leitungen von unten nach oben, die Rechenschaftspflicht, die Einbeziehung der ganzen Partei in die Entwicklung der Politik und Programmatik, zentralisiertes, einheitliches Handeln durch die Verbindlichkeit der Beschlüsse der übergeordneten gewählten Parteiorgane für die nach geordneten Leitungen und die Mitgliedschaft, die Organisierung der Partei in Grundorganisationen und die Pflicht eines jeden Mitglieds, in einer Grundorganisation mitzuarbeiten, sich im Rahmen der persönlichen Möglichkeiten in gesellschaftliche Auseinandersetzungen einzubringen und sich theoretisch weiterzubilden.

Kommunistinnen und Kommunisten wirken dafür, dass das Leben der Partei bestimmt wird durch Kollektivität des Handelns bei gleichzeitiger persönlicher Verantwortung des einzelnen.”

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Das Sekretariat appelliert an alle Mitglieder, die Diskussionsmöglichkeiten in der Partei zu nutzen, offen, aber sachlich, bei Achtung der anderen, Kritik und weitere Vorschläge für die Organisierung der kollektiven Parteidiskussion zu äußern, und dabei gleichzeitig die Beschlüsse des Parteitages und des Parteivorstandes gemeinsam umzusetzen Wie rufen alle Mitglieder der Partei dazu auf, die Handlungsfähigkeit und Einheitlichkeit der DKP auf der Basis unserer Organisationsprinzipien zu verteidigen und möglichen Parallelstrukturen, die die Gefahr der Entstehung von Fraktionen und Tendenzen der Spaltung mit sich bringen abzulehnen.

Wir müssen einen Weg finden, die Meinungsverschiedenheiten zu überwinden.

Wir appellieren an jene Genossinnen und Genossen, die die Diskussion und eine eigene Praxis zur Zeit neben oder gar außerhalb unserer Strukturen organisieren, zu unseren Organisationsprinzipien zurückzukehren und die innerparteiliche Diskussion und gemeinsame Arbeit wieder aufzunehmen.

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Quelle: Unsere Zeit, Wochenzeitung der DKP, 13. September 2013