TREND Teach-in Nr. 3
Rechtspopulismus und die Linke

12/11

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Die wunderbare der Welt der Anti-Deutschen
von Louise Michel, November 2011

„Antideutsche sind keine Israelis; Israel ist nicht ihr Land; der Zionismus ist nicht ihr Projekt. Die kritische Durchdringung eines Gegenstandes kann bedeuten, dass man eine Antwort findet, die man als wahr erkennt. Für das richtig Erkannte setzt man sich ein, ergreift man Partei, identifiziert sich mit ihm und zwar nicht aus fremden, sondern aus eigenem Interesse.“[1]

Die Anti-Deutschen sind schon ein interessantes Phänomen der linksradikalen Bewegung. Sie sind aus ihr heraus entstanden, aber haben sich von sämtlichen Ideologien losgesagt, da diese mit dem von ihr erfundenen Wortschöpfung „identitär“ entwertet werden, während ideologische Versatzstücke ihrer Weltsicht im linksradikalen Diskurs bis heute kursieren.

In dem ideologiefreien Raum, den sich die Anti-Deutschen geschaffen haben, konnte sich die Diskussionsplattform „Bahamas“ zu einer Institution entwickeln, die sich einzig über das bedingungslose Bekenntnis zu Israel identifiziert, und diese als Maßstab nutzt, um die Welt in gut und böse zu scheiden.
 

Israel steht für eine moralische Haltung steht und wird somit zum „Gegenstand“ einer emotionalen, identitätsstiftenden Ebene stilisiert, aus der die ehemaligen Anti-Deutschen ihr Selbstverständnis speisen.

Darüber wurden ungeniert „emanzipatorische Standards“, pseudo-intellektuell gerechtfertigt, nach und nach über Bord geschmissen, da sie einer unbedingten Parteinahme für Israel moralisch im Weg standen.
Herausgekommen ist eine seltsame, umrisslose sowie beliebige Nicht-Ideologie, die sich als Carrier für unreflektierte, rassistische Ressentiments der deutschen Linke erwiesen hat, die sich in dem ideologiefreien Raum nun ungehemmt Bahn brechen und als radikale Anti-Islamhetze niederschlagen konnte.

Über die Anti-Deutschen und ihre krude (Un-)Moral sind schon hinreichend kritische Analysen geschrieben worden, darin soll sich hier nicht erschöpft werden.

Es geht vielmehr darum, den Augenmerk darauf zu legen, dass sie ein Produkt der Linksradikalen sind, der Fleisch gewordene Ausdruck ihrer Fremdenfeindlichkeit, ihres infantilen Wunsches nach Einfachheit in einer verwirrenden Welt.
Sie schufen sich ein entgegen gesetztes, stark vereinfachtes Weltbild mit einer einzigen „Wahrheit“. Die „Affirmation“ dieser „Wahrheit“ bedeutet für sie die „Zustimmung dazu (…), dass die Juden ihr eigenes Schicksal in die Hände nehmen und die Mittel wählen können, die notwendig sind, nicht als permanentes und passives Opfer – so sehr es auch von ihnen erwartet wird – zu dienen.“ [1]

Es bedeutet die Bejahung von militärischen, rechtsstaatlich fragwürdigen Aktionen Israels, dabei sei den „politischen wie militärischen Fähigkeiten der Israelis zu vertrauen“, sie seien „sich selbst der beste Schutz vor den aggressivsten Bedrohungen.“

Die Anti-Deutschen stellen eine spezifische Kontinuität in der Geschichte der Linke dar. Immer zu Krisen- und Kriegszeiten wurde die linke Bewegung von einem Zerfallsprozess befallen, bei der ein Teil die Idee der Revolution aufgab und identitätslos die Koalition mit der Mitte oder noch weiter rechts suchte, während der andere Teil sich vom revolutionären Standpunkt nicht abbringen ließ. Der interne Kampf zwischen beiden Lagern hat sich in seiner historischen Wirkung als fatal erwiesen, und doch wiederholt er sich immer und immer wieder.

Die ideologische Krise in der Linke ist demnach ein Indikator für die Krisenhaftigkeit des Systems, die jetzige ist längst nicht vorbei. Sie bringt neuerlich Kriege hervor, die Welt zerfällt in zwei Lager: in den christlichen Westen und den islamischen Osten. Durch die Konstruktion eines „Islamfaschismus“ hat sich die „Achse des Guten“ formiert, in der Projektion der Anti-Deutschen eine fortgesetzte Tradition der Alliierten, die Europa damals vom Faschismus befreit hatten. Jetzt kann man sich endlich auf der „guten“ Seite, auf der Seite der alliierten Mächte wähnen. Auf diesen Zug ist die deutsche Elite genauso aufgesprungen wie die EU, die danach strebt, eine eigene militärische Hegemonialmacht zu etablieren, und eben Teile der Linke, die auch nach ihrem Selbstverständnis keine Linke mehr sind.

Auch die „Basis“, die jetzige Linksradikale, ist noch von dem Zerfallsprozess bedroht. Nach der Abschaffung des real existierenden Sozialismus gibt es keinen Gegenentwurf mehr, auf das man sich als revolutionärer Mensch positiv beziehen könnte, kein sozialistisches Projekt, das Bestand hatte. Gerade dies mag die Anti-Deutschen dazu bewogen haben, sich an Israel als positiven Bezugspunkt zu klammern und dafür sogar ihre Moralwerte zu opfern.
Um das zu legitimieren, muss Adorno immer wieder für den ideologischen Mist der Antideutschen in die Bresche springen, stümperhaft werden seine Zitate aus dem Sinnzusammenhang gerissen und für alles umgedeutet wird, wozu man gerade die Berechtigung braucht.

So auch folgendes Zitat des Lieblingsphilosophen der Anti-Deutschen, mit dem die radikale Preisgabe linker, emanzipatorischer Standards wie Antimilitarismus und Anti-Nationalismus gerechtfertigt wird:
„Kritisches Denken, das auch vor dem Fortschritt nicht innehält, verlangt heute Parteinahme für die Residuen (=wirkende Restgrößen) der Freiheit, für Tendenzen zur realen Humanität, selbst wenn sie angesichts des großen historischen Zuges ohnmächtig erscheint.“ [1]

Die Anti-Deutschen interpretieren die Parteinahme für die „Residuen“ „vor allem“ als radikalen Prozionismus, der als der „wahre“ Antifaschismus aufgefasst wird. „Jedes taktisches Verhältnis“ zu Israel ist verboten, weil dies das Zentrum ihrer einfachen Welt bedrohen würde. Die Verbissenheit, die sie bei der Verteidigung ihrer Positionen an den Tag legen, lässt ahnen, wie fragil dieses Weltbild mit einem fehlenden ideologischen Fundament und einem beliebigen Wertesystem, das sich nach der Politik Israels ausrichtet, doch ist.

Die zitierten Worte stammen aus dem Vorwort des Buches „Dialektik der Aufklärung“. Dass mit dem „großen historischen Zug“ mitnichten die „globale Intifada“, sondern die Entwicklung der postulierten „totalen Integration“ gemeint ist, erfährt man, wenn man das Vorwort weiter liest.

Die „totale Integration“ ist nach Adorno die vollkommene Herrschaft der Bürokratie und der Industrie über den Menschen, beides Folgen der Aufklärung. Sinnverlust und Verlust der Handlungsmöglichkeiten sowie -gründe für eine konstruktive Lebensführung führten zu einem „Entzauberungsprozess“, zu einer Versachlichung der sozialen Verhältnisse und zur Anerkennung der bestehenden Herrschaft – zu einer totalen Integration zwischen dem System und den Menschen. (vgl. „Vorwort zur Neuausgabe“ [2])

Wenn man die Bibel der Anti-Deutschen wirklich versteht, erkennt man, dass es sich hier um philosophische Auseinandersetzungen mit gesellschaftlichen Wechselwirkungen zwischen Soziologie und Ökonomie geht, die unter dem Eindruck des Nationalsozialismus und im amerikanischen Exil entstanden sind.

Sie sind nicht auf den vermeintlichen Kulturkampf übertragbar, den die „aufrechten Antifaschisten“ gegen den „Islamfaschismus“ auszufechten sich berufen fühlen und dafür Zitate aus dem Sinnzusammenhang reißen, um namhafte Philosophen wie Adorno für ihre Zwecke einzuspannen.

Es wäre für diejenigen, die so einen Frevel begehen, an der Zeit, sich Adornos Analysen ganz genau durchzulesen und sich zu fragen, ob man nicht längst durch die „Affirmation des Bestehenden“ Teil der „totalen Integration“ geworden ist.

Vom Kampf gegen den „Islamfaschismus“ zum dumpfen Fremdenhass

Wenn man über das Vorwort des Buches hinauskommt, stößt man in dem Kapitel „ Elemente des Antisemitismus. Grenzen der Aufklärung“ auf eine äußerst aufschlussreiche Strukturanalyse des Antisemitismus :

„Im Bild des Juden, das die Völkischen vor der Welt aufrichten, drücken sie ihr eigenes Wesen aus. Ihr Gelüst ist ausschließlicher Besitz, Aneignung. Macht ohne Grenzen, um jeden Preis.(…) Dasein und Erscheinung der Juden kompromittiert die bestehende Allgemeinheit durch mangelnde Anpassung. Das unabänderliche Festhalten an ihrer eigenen Ordnung des Lebens brachte sie zur herrschenden in ein unsicheres Verhältnis.(…) Wann immer jedoch sie die Differenz zum herrschenden Wesen preisgaben, tauschten die Arrivierten den kalten, stoischen Charakter dafür ein, den die Gesellschaft bis heute den Menschen aufzwingt. Die dialektische Verschlingung von Aufklärung und Herrschaft, das Doppelverhältnis des Fortschritts zu Grausamkeit und Befreiung, das die Juden bei den großen Aufklärern wie den demokratischen Volksbewegungen zu fühlen bekamen, zeigt sich auch im Wesen der Assimilierten selbst. (…)
Rasse ist nicht, wie die Völkischen es wollen, unmittelbar das naturhafte Besondere. Vielmehr ist es die Reduktion aufs Naturhafte, auf bloße Gewalt, die verstockte Partikularität, die im Bestehenden gerade das Allgemeine ist. Rasse heute ist die Selbstbehauptung des bürgerlichen Individuums, integriert im barbarischen Kollektiv.(…) Sie meinten, der Antisemitismus erst entstelle die Ordnung, die doch in Wahrheit ohne Entstellung der Menschen nicht leben kann. Die Verfolgung der Juden, wie Verfolgung überhaupt, ist von solcher Ordnung nicht zu trennen. (…) Erst die Blindheit des Antisemitismus, seine Intentionslosigkeit, verleiht der Erklärung, er sei ein Ventil, ihr Maß an Wahrheit. Die Wut entlädt sich auf den, der auffällt ohne Schutz. Und wie die Opfer untereinander auswechselbar sind, je nach Konstellation: Vagabunden, Juden, Protestanten, Katholiken, kann jedes von ihnen anstelle der Mörder treten, in derselben blinden Lust des Totschlags, sobald es als die Norm sich mächtig fühlt. Es gibt keinen genuinen Antisemitismus, gewiss keine geborenen Antisemiten.“ [2]

Adorno stellt in diesem Aufsatz klar, dass der Antisemitismus strukturell und systemimmanent zu verstehen und in seinen Erscheinungsformen ungebunden von der „Rasse“, bzw. Kultur und Religion sowohl der Täter als auch der Opfer ist. Die „Rasse“ ist eine Konstruktion durch eine Majorität, die „sich als Norm mächtig fühlt“, eine „Reduktion auf das Naturhafte“ einer Minderheit , die in ihrem „Dasein und [ihrer] Erscheinung die bestehende Allgemeinheit durch mangelnde Anpassung kompromittiert“, weil sie „an ihrer eigenen Ordnung des Lebens“ festhält, Mit anderen Worten ist Rassismus entgegen seinem verallgemeinernden Selbstverständnis, Eigenschaften zu naturalisieren, zu ethnisieren und zu kulturalisieren, sehr spezifisch zeit-, ortgebunden und die Akteure durch bestimmte Umstände austauschbar.
Zwei Jahrtauende waren jüdische Gemeinschaften das Ziel völkischer Wut, die sich immer wieder aus der herrschenden Ordnung generierte, die, wie Adorno sagt, ohne Entstellung der Menschen nicht auskommt und somit existenziell von der Bereitschaft der Mehrheit zum Rassismus abhängig ist.

Das Auftreten der jüdischen Communities als ein eigener Raum mit einer eigenen Ordnung, ihrer eigenen Religiösität, zugleich schutz-, da staatenlos, erfüllte immer wieder die Voraussetzung als Projektionsfläche für den Sozialneid der Deutschen, da den jüdischen Menschen „Gelüst [nach] ausschließliche[m] Besitz, Aneignung [und] Macht ohne Grenzen“ unterstellt wurde.

Äußerst kritisch sieht Adorno die Assimilierung einzelner an die vorherrschende Norm, sie würden die „Differenz“, also die eigene kulturelle Identität gegen den „kalten, stoischen Charakter“ eintauschen, der durch die Ambivalenz des Fortschritts zwischen „Grausamkeit und Befreiung“ hervorgebracht werde.

Heute sind die Verhältnisse andere, aber strukturell dieselben. Das Bürgertum benötigt immer noch den Rassismus als gesamtgesellschaftlichen Konsens, um seine eigene Existenz vor den eigenen, ihm untergeordneten „Volksgenossen“ abzusichern. Die größte Minderheitengruppe in Deutschland heute sind türkische Menschen, doch werden sie mittlerweile von dem zunehmenden kulturalisierenden Diskurs zusammen mit anderen muslimischen Migrant_innen vor allem in Bezug auf ihre Religion und weniger anhand ihrer nationalen Identität wahrgenommen. Der Islam dient nun als Projektionsfläche für eine fremde, nicht geheure Ordnungsmacht, weil sie von der „Leitkultur“, der Norm, abweicht, wofür die hysterische Angst vor der Scharia, die in Deutschland angeblich Einzug hält, symptomatisch ist. Ebenso wird auf das Feindbild des „Islamisten“ „Gelüste nach Macht ohne Grenzen“ projiziert, was allgemein in der herbei phantasierten „Islamisierung“ der westlichen Welt seine Entsprechung und speziell bei den Anti-Deutschen in der Paranoia vor einer islamischen, globalen Gottesherrschaft „bereits hier auf Erden“ einen besonders starken Ausdruck findet.(islamverharmloser)

In Tateinheit mit der deutschen Mehrheitsbevölkerung, dem „barbarischen Kollektiv“, schwören sich sie Islamphobiker_innen der Bahamas-Zeitschrift auf die xenophobische Konstruktion des Islams als das Feindbild der Stunde ein. Der Islam ist „der Faschismus des 21. Jahrhunderts“, darin ist man sich im nationalen wie auch im europäischen Kontext einig. Die Einebnung der Unterschiede zwischen dem spirituellen und dem politischen Islam ist den Ideologen unterschiedlicher Coleure genauso gemein wie die Beschwörung der angestrebten Unterwerfung und Beherrschung der Welt durch den „Islamismus“, die „globale Intifada“. Durch das Überstülpen faschistischer Charakteristika und somit auch europäischer Denkmuster wird der islamischen Religion ein nationalsozialisitisches Anlitz verliehen. Doch keine bürgerliche Presse geht in diesen moralisch schwer verwerflichen Relativierungen des Nazifaschismus so weit wie die Bahamas-Gemeinschaft.

Auf der sprachlichen Ebene wird mit äußerst billigen Stilmitteln gearbeitet, Nazi-Termini mit Begriffen aus dem islamischen Wortfeld in diffarmierender Absicht vermengt. So ist in dem Artikel von Sören Pünjer über den Moscheebaustreit in Heinersdorf in Zusammenhang mit der Ahmidiyya-Gemeinde von "Moslemfunktionären", "grünen Kameraden" und "grünen Nazis", sowie einer "Herrenmenschenreligion", einer "faschistischen Judikative"(= Scharia ), einer "freien Moslemkameradschaft" und einem „grünen Nazizentrum“ die Rede. [3]

Ebenfalls in diesem Artikel wird auf inhaltlicher Ebene aus Aussagen des damaligen Gemeindesprechers Ayatollah Hübsch und aus Internetveröffentlichungen der Ahmidiyya-Gemeinde Djihad-Ansagen an die gesamte westliche, „jüdisch-christliche Wertevereinigung“ überhaupt abgeleitet.

Die muslimische Glaubensdoktrin, dass der Koran alle Buch-Lehren, also auch das Christentum und Judentum, unverfälscht in sich vereine, fasst der Autor so auf, dass "der Islam" die anderen Buchlehren für verfälscht halte. Im Gegensatz dazu, behauptet der Autor, sei "nahezu" jeder Moslem von der Reinheit der eigenen Glaubensaufassung überzeugt, da Mohammed in der muslimischen Überzeugung ein "Gefäß" für Gottes Worte und "somit alle Wahrheit unmittelbar mit der religiösen Offenbarung identisch“ sei. Aus dieser Erkenntnislehre folgert der Autor wiederholt "die besondere Widerwärtigkeit dieser Religion", denn zwischen Offenbarung und den Menschen würde kein Platz für "Individuation" gelassen.

"Man könnte also wissen", schlussfolgert Pünjer, dass dieser "Allmachtsanspruch" automatisch die "Unterwerfung von Juden und Christen" mit sich ziehe. Dem seien alle Muslime verpflichtet, es gebe keinen Unterschied zwischen dem "wahren" Islam und dem "intoleranten" Islamismus, "denn die Verklärung des vergangenen moslemischen Staates ist Regel, nicht Ausnahme im moslemischen Glaubensbekenntnis".

Im Tenor mit dem gesamtgesellschaftlichen Diskurs wird die allgegenwärtige Gefahr durch die drohende Wiedererrichtung einer islamistischen Weltherrschaft heraufbeschworen. Glaubt man dem Autor, ist die Einführung der Scharia nur ein Vorbote islamischen Machtergreifung und hierzulande längst Realität.

Die unmissverständliche Aussage der Ahmadiyya, dass man für die Trennung von Staat und Religion sei ("Kahlifa betont, dass Religion sich nicht in Politik, und Politik sich nicht in Religion einmischen solle.") wird so interpretiert, dass sie nichts mit der "Bereitschaft zur Unterordnung aller religiöser Belange unter ein säkuläres Rechtssystem zu tun" habe. Vielmehr sei "damit die Unterordnung der weltlichen unter religiöse Instanzen gemeint", also eine Autokratie, die in Ungläubigen "Vogelfreie" sehe.

Das allgemeine Unterwerfungsgebot Ungläubiger sieht der Autor an einer Aussage von Hübsch belegt, der besagt, dass das heutige Christentum mehr von paulinischen Lehren, als von denen von Jesus geprägt sei, und dass der Islam die ursprüngliche Lehre Jesu aufgegriffen hätte. Wichtig sei, so wird Hübsch weiterzitiert, dass Gott keinen Partner oder Sohn bräuchte, der ihm hilft. Jesus sei ein Prophet gewesen und habe den nächsten, Mohammed, angekündigt. Durch ihn sei das Werk der Religion schließlich vollkommen worden. Daraus ist aus der Sicht des Autors nur eines zu folgern: dies stellt eine Kampfansage an die gesamte Christenheit dar!

Aus der Aussage Hübsch` bezüglich der Haltung zur Scharia, die besagt, dass seine Gemeinde für die strikte Trennung von Religion und Staat und für die Nicht-Anwendbarkeit der Sharia auf Nicht-Muslime eintritt, liest der Autor eine weitere Kriegserklärung an alle Bürger der "Bundesrepublik". Dafür wird der letzte Punkt der Aussage aufgegriffen, umgedreht - Nichtanwendbarkeit der Sharia auf Nichtmuslime =Anwendbarkeit für Muslime - und als definitives Hauptargument "zur Nachhilfe an die Adresse aller Republikaner und Zivilgesellschafter" angeführt: "Wer in diesem Land die Scharia für Moslems fordert, ist ein Feind des allgemeinen und gleichen Gesetzes und erklärt damit allen Bürgern der Bundesrepublik den Bürgerkrieg, erhebt er doch die Forderung nach exterritorialen Gebieten, nach Scharia-Enklaven und fordert damit automatisch eine konkurrierende und ganz am Rande auch: faschistische Judikative, die automatisch zu ihrer Durchsetzung nach den Organen einer entsprechenden Exekutive verlangt, die man schon in Keimform, den Jugendbanden, schon kennt.“

In diesem Bravourstück der sachlichen und gar nicht subjektiven Argumentation werden in einem einzigen Atemzug eine harmlose Aussage zu einer Kriegserklärung und die Scharia zu einer „faschistischen Judikative“, dessen exekutiven Organe "Jugendbanden" stellten.

Die Praxis, eine nicht getätigte, sondern aus einem plumpen Umkehrschluss gefolgerte Aussage dahingehend umzudeuten, dass Machtansprüche auf "exterritoriale Gebiete" erhoben werden, lässt auf das angestrebte Ziel des Autors schließen, den Islam mit Attributen allgemein bekannter deutsch-nationalistischer Machtansprüche auszustatten und so die Assoziation zum Faschismus auch dem letzten zu erleichtern.
Wie stets bei verkürzten Argumentationslinien springen die sachlichen Widersprüche förmlich ins Auge:
in einem autoritären Gottesstaat, den die Islamphobiker_innen so sehr fürchten, wäre ja eine Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und Judikative gar nicht vorgesehen, eben weil sie totalitär ausgerichtet wäre.
Schon deswegen verbietet sich die unsachliche Anwendung dieser Begrifflichkeiten auf einen hierzulande nicht vorhandenen und herbei konstruierten "moslemischen Staat", weil in Wirklichkeit die „Parallelgesellschaften“ gemeint und als Ergebnis einer ausgrenzenden Innen- und Ausländerpolitik weit davon entfernt sind, mit einem Staatswesen gleichgesetzt werden zu können.

Die angeführte Rhetorik einer „faschistischen Judikative“ und ihrer „entsprechenden Exekutive“ dient dem Aufbau einer Kulisse für Schreckensszenarien einer fremden und expandierenden Hegemonialmacht, der Suggestion einer„fremden“ Ordnung, die die bestehende Ordnung längst unterwandert habe, dem Schüren von Angst vor der Scharia. Dafür werden alle „Beweise“ herangezogen, derer man habhaft wird: "Man könnte also wissen, dass auch bei einer Ahmadiyya die weiblichen Kolletaralschäden multikultureller Toleranz Namen wie Hatun Sürücü tragen und nichts anders im Schilde geführt wird als die Einführung der Scharia."

Nur einen Quantensprung zu einer vorsätzlichen Falschaussage entfernt, wird die Ermordung von Hatun Sürücü als Konsequenz der Scharia, die die Ahmadiyya einführen wollten, dargestellt. Wie kaltblütig ein Mordopfer hier instrumentalisiert wird, wird klar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Hatun Sürücü als deutschsozialisierte Türkin nicht das Geringste mit einer pakistanischen Glaubensgemeinde zu tun hatte.

Auch hier wirken Rassismen, denn alle „Ausländer“ sind halt gleich und werden in einen Topf geworfen. Da kann man schon mal eine menschliche Tragödie aus seinem sozialen Kontext reißen und anhand des kleinsten gemeinsamen Nenners, der Zugehörigkeit zum muslimischen Kulturkreis, in einen anderen Themenkomplex verpflanzen.
Nicht das Mitgefühl mit dem Opfer ist das Motiv, sondern die Stilisierung der Familie des Opfers als Vollstrecker einer fremden Ordnung und somit die Kulturalisierung der sozialen Problemstellungen und psychologischen Begleitumstände, die solch einer Tat vorhergehen.

Ebenso wird mit den „Jugendbanden“ verfahren, die ebenfalls als Vollstrecker solcher Todesurteile, als eine Art SA-Horde eines „schariatischen“ Staates im Staate betrachtet werden, um eine Realität zu beweisen, die es nicht gibt.
Dies bedeutet rassistische Stigmatisierung auf einer höheren Ebene als die des Bild-Niveaus, aber in derselben Mentalität, alle Ausländer als kulturbedingt kriminell zu diskreditieren. Indem Jugendgangs nicht als soziologisches Phänomen westlicher Metropolen aufgefasst werden, sondern als organisierter langer Arm einer militanten Religion, wird die soziale Problematik, die hinter Jugendkriminalität steht, auf eine noch paranoidere Weise kulturalisiert. Die Ignoranz und Arroganz, die dabei an den Tag gelegt wird, belegt eins ums andere Mal die ausländerfeindliche Haltung, die eigentlich hinter dieser kruden Islamkritik steht und zu solch beleidigenden und zudem falschen Behauptungen gegenüber türkischen und arabischen Jugendlichen, die hier leben, verleitet.

In dem Artikel „Die wahren Mörder von Marwa E.“ von Sören Pünjer und Justus Wertmüller wird noch einmal der blanke Hass gegen Ausländer_innen daran deutlich, wie das Opfer eines Nazimordes eiskalt als „ägyptische Pharmazeutin mit einer Vorliebe für hässliche Kleidung“ verhöhnt wird. Jeglichen Anstand einer Toten gegenüber außer Acht lassend, wird die Frau mit ihrem Mörder auf die gleiche Täterebene gesetzt. Er hatte sie „strafwürdig unter anderem eine Schlampe genannt“. „Aber könnte es nicht sein,“ vermuten Pünjer und Wertmüller weiter, „dass eine Minderheit, der (Marwa) El-Sherbini kraft streng moslemischer Tracht und entsprechendem Engagement sich zurechnet, zwar nicht strafwürdig – weil sie nicht Mandy S. im besonderen meint, sondern alle Frauen, die zum Beispiel schulterfreie T-Shirts tragen – einen sehr pauschalen Begriff von Schlampen hat und dass sie dort, wo sie stärker vertreten sind als in Dresden, das auf ihre Weise schon mal äußern?“ Die generelle Schmähung aller nichtmuslimischen Frauen als Schlampen werde durch das Verhüllen von Kopf und Körper bewerkstelligt, welches eine gewisse Nicole Liebert „persönlich nehme“ (TAZ, 20.08.09) und deswegen als Kronzeugin dafür aufgeführt wird, dass Marwa El-Sheribini und die Minderheit, der sie sich (selbst im Tod noch) zurechnet, mindestens genauso schlimm sind wie der Mörder und sein Neonazi-Hintergrund. [4]
Alle Tabus werden gebrochen, das Gedenken an Mordopfer mit Füßen getreten. Das erlauben sich diese vermeidlichen Ideologiekritiker nur aus einem Grund: die Opfer waren „Ausländer“, aus einem tief empfundenen Rassismus heraus wird auf mentaler Ebene noch einmal Gewalt auf sie ausgeübt, indem sie für vereinfachende Kausalitäten in rassistischen Hetzschriften herhalten müssen. Diskriminierung bedeutet immer ungleiche Moralmaßstäbe gegenüber sozialen Gruppierungen, sie geht immer mit der mangelnden Wertschätzung und oft mit der Entmenschlichung der zu diskriminierenden Gruppe einher. Wie sehr die Dehumanisierung muslimischer Menschen in den Köpfen der ehemaligen Anti-Deutschen vorangeschritten ist, sieht man an dem absolut pietätlosen Entzug des Opferstatus von Marwa El-Sheribini.

Wie sehr die Autoren der Zeitschrift „Bahamas“ sämtliche Kriterien der Struktur, die hinter dem Antisemitismus steckt, erfüllen und massenpsychologischen Wahrnehmungsstörungen auf den Leim gehen, weisen ihre mäandernden Argumentationslinien, infamen Verkürzungen und hasserfüllten Schmähungen in fast schon pathologischer Form auf. Die Islamphobie ist die „Selbstbehauptung des bürgerlichen Individuums“ der heutigen Zeit, und passt wunderbar in das antideutsche Freund-Feind-Schema der vorbehaltlosen Israel-Solidarität.

So wundert es auch nicht, dass die ehemaligen Anti-Deutschen heute ihre Koalitionspartner lieber im bürgerlichen Lager und im rechten Spektrum, suchen, da sie mit ihrem Kulturrassismus dort mittlerweile den größeren Konsens finden, als mit den „Linken“. Denn mit einem Reaktionär, so im O-Ton Sören Pünjers, könne man sich meist noch streiten, man könne „mit Aussicht auf Erfolg“ versuchen, ihn von der „Wahrheit“ zu überzeugen. „Auf Leute, die mit Israel nicht solidarisch sind, Antisemiten also, trifft das nicht zu.“[3]

Antideutsche auf der Suche nach reaktionären Kandidaten als zukünftige Bündnispartner gegen den Islam

Kandidat Nr.1: Das Christentum

In einem andren Artikel Pünjers werden die so genannten„neuen Atheisten“ , eine Gegenbewegung zum Kreationismus in den USA, als „Islam-Verharmloser“ in Abrede gestellt, weil sie in verbrecherischer Absicht danach trachten, die gleichen ethischen Maßstäbe an alle monotheistischen Religionen anlegen zu wollen. Die Gleichsetzung der Religionen führe zu einer „Dämonisierung des Christentum und einer Verharmlosung des Islams“. Denn die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Islam mit seinem theologielosen, weil „barbarisch-geistlosen Potenzial“ auf der einen Seite, und dem Christentum sowie dem Judentum mit ihrem theologischen „Instrumentarium der Reflexion“ auf der anderen Seite müssten zwangsläufig zu einer unterschiedlichen Bewertung der Religionen führen, folgt man der Argumentation des Autors. Deswegen ginge es auch nicht, dass der evangelikale Bush und die Täter vom 11. September auf dieselbe Stufe gestellt werden, denn während der Dschihad Wirklichkeit sei, wäre der Terminus „Kreuzzug gegen das Böse“ lediglich rhetorisch angewandt worden. Klar, Bush hat nur einen „rhetorischen“ Angiffskrieg gestartet, Gefangene wurden auch nur „rhetorisch“ gefoltert.

Auch die Behauptung, „dass die antisemitische Raserei der Palästinenser, gemeinhin Nahost-Konflikt genannt, als ein Konflikt zwischen zwei religiösen Fundamentalismen zu interpretieren sei“, trifft den antideutschen Nerv empfindlich
Als Gegenposition dazu wird der besonders „widerwärtige Charakter“ des Islams diesmal anhand von Vergleichen zwischen ihm und den anderen beiden monotheistischen Religionen herausgearbeitet.

Da dies nicht mit einheitlichen Maßstäben, wie sie von den Atheisten gefordert werden, vonstatten ginge, wird zur Konstruktion diskriminierender Bewertungsmaßstäbe eine extreme Polarität zwischen den „friedlichen“ Religionen, dem Judentum und Christentum, und dem „gewalttätigen“ Islam aufgemacht. Um die Querfront zu bestärken, wird sich sogar auf theologisch-philosophischer Ebene christlich-religiösen Positionen genähert, was nicht ohne die gleichzeitige Verharmlosung des Gewaltpotentials der christlichen Ideologie funktionieren würde.

Die angebliche Friedfertigkeit und der Humanismus des Christentums wird mit dem Vorhandensein einer Theologie belegt, denn Theologie sei „im engeren Sinne die Vermittlung menschlicher Vernunft mit den Geboten der heiligen Schrift wie in der Praxis des Christentums und des Judentums“, komme aber nicht in der Praxis des Islams vor. Ergo hat der Islam keine Theologie „im engeren Sinne“, keine „Vermittlung menschlicher Vernunft“ und sei deswegen archaisch und eben „gewalttätig“. Als Beweisführung für die „Gewalt als religiöse Vorschrift“ des islamischen Glaubensbekenntnisses wird die „Schlüsselfrage“ aufgeworfen, „ob diese Gewalt von Gott bestimmt wurde“ - wie angeblich beim Islam – „ oder ob lediglich kriegerische Männer es so wollten.“ –wie es lapidar in Bezug auf die historische Rolle des Christentums geäußert wird. Anders als beim Judentum sei die Gewalt im islamischen Gesetz durch die „Schwert-Verse“ kodifiziert worden und hätte die „islamischen Eroberungen“ ausgelöst, „die für immer das Gesicht der Welt verändert haben“.

„Der springende Punkt ist, dass diese koranischen bzw. göttlichen Mord- und Unterwerfungsgebote im Gegensatz zu den Passagen im Alten Testament weder zeitlich noch lokal spezifiziert sind, also bis heute und in die Zukunft, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Welt islamisch geworden sein wird, Geltung beanspruchen.“ Dagegen seien die jüdischen und christlichen Gewaltdarstellungen in der Bibel lediglich deskriptiv (beschreibend), und nicht präskriptiv (vorschreibend). [5]

Der wirklich springende Punkt meines Erachtens ist, dass die Dimension der Bereitschaft zur gewalttätigen Selbstbehauptung einer Religion stets an historischen Tatsachen abzulesen ist, wie uns die (Kriminal-) Geschichte des Christentum eindrücklich beweist.

Die Kreuzzüge, die „Heiligen Kriege“ vor allem gegen Muslime, finden in Pünjers Beurteilung des Christentums als „friedfertige Religion“ genauso wenig Eingang wie der Tatbestand unzähliger christlich motivierter, antisemitischer Pogrome, der systematischen Frauen-Verbrennungen und der Inquisition. Wahre Tatsachen wie Folter und Verfolgungen durch die Kirche, die Jahrhunderte währende Unterdrückung von Fortschritt oder die Ausrottung ganzer Völker Hand in Hand mit kriegerischen Invasoren, die das Gesicht der Welt wirklich veränderten, haben keinen Platz im zurecht gebastelten Geschichtsbewusstsein der Antideutschen. Nicht zuletzt die Kollaboration des Vatikans mit dem NS-Regime wird in dem moralischen Freispruch des Christentums vollkommen ignoriert.

„Für Gott und das Vaterland“ sind Millionen von Menschen gestorben, nicht weil - wie der Autor es euphemisierend ausdrückt- „lediglich kriegerische Männer es so wollten“, sondern weil die christliche Ideologie gegen Andersgläubige gewalttätig ist und sich schon immer hervorragend als religiöse Seitenflanke grausamer und barbarischer Kriege geeignet hat.

Die Handlungsanweisung zur religiösen Gewaltausübung anhand spiritueller Texte nachzuweisen oder zu widerlegen stellt die Verzerrung von historisch gesicherten Tatsachen im Dienste der Meinungsmache dar. Zudem haben sich die Umdeutungen von biblischen Gewalttexten und Thesen zu Metaphern eines allmählichen sittlichen „Fortschritts“ in der Bibel als exegetisch (Exegese = Auslegung) unhaltbar und in ihrer historischen Wirkung fatal erwiesen. Doch davon lassen sich die ehemaligen Anti-Deutschen nicht schrecken, da wird zweitausend Jahre Menschheitsgeschichte umgedeutet und der verheerende Eliminierungswille des Christentums auf das Wirken einiger weniger „kriegerischer Männer“ heruntergespielt.

Doch gerade dies, die Verharmlosung, wird mit umgekehrten Vorzeichen denjenigen vorgeworfen, die bestrebt sind, eine objektive Position zu allen Religionen einzunehmen. Jedes Abweichen vom Feindbild Islam ist nicht erlaubt.

Kandidat Nr.2 : Der Mob

Der Artikel über den Heinersdorfer Moscheebaustreit gibt so einiges darüber Preis, in welchen Gefilden in Zukunft geistige und politische Koalitionspartner gesucht werden sollen. In diesem Sinne wird verhältnismäßig sachte mit der IHPAB umgegangen, obwohl gerade sie das Völkische, den Rassismus aus der „Mitte“ repräsentiert und so der natürliche Feind der Anti-Deutschen sein müsste. Mit welchen rhetorischen Pirouetten sich aus den eigenen moralischen Grundsätzen herausgeredet wird, zeigen in frappierender Weise die Schlussfolgerungen aus den Konflikten um das Ahmadiyya-Bauvorhaben.

Der Autor stellt zunächst die Motive der IHPAB in Frage und kritisiert sie auf einer Grundlage, die man als tank der gesicherten Erkenntnisse bezeichnen könnte, die die deutschkrititischen Genoss_innen schon vor langer Zeit zusammengetragen haben. Die DDR-Erfahrung wird genauso zu Felde geführt wie die „Schollenmentalität“ der Heinersdörfler:

"Immer wenn in Deutschland der Ruf nach direkter Demokratie laut wird (...), sollte man schon deswegen misstrauisch sein, weil damit in aller Regal die Ausschaltung des Souveräns durch gemeinschaftlichen Willen intendiert wird." Dies ist ein sachlich falscher, unsinniger Zirkelschluss, da der Souverän einer Demokratie das Volk ist, und der "gemeinschaftliche Wille" eben von diesem ausgeht. Also "intendiert" nach dem Autor das Volk gegen das Volk. Hier wird vermutlich gemeint, dass die Forderung nach direkter Demokratie auf die Ausschaltung derjenigen demokratischen Instanzen zielt, die NICHT vom Volkswillen gelenkt werden können, sondern vielmehr als Filter dessen eingerichtet sind.

Weiter heißt es: "Hier weist jedoch obendrein alles darauf hin, dass eine in ihrer Mehrheit in demokratischem Zentralismus geschulte und durch die Diktatur des Proletariats sozialisierte Interessensgemeinschaft am Werk ist", und zwar mit ihrer "bekannten, trüben `Wir-sind-wir`-Mentalität. Dass es der "Interessensgemeinschaft" mitnichten um aufrechte "Islamkritik", sondern vorrangig um "Heimatschutz" geht, sieht der Autor darin bewiesen, dass sie "den Reinickendorfern weiterhin eine Scharia-Gemeinde an den Hals wünscht" (Argumentation der Ihpab, dass die Moschee im Ahmidiyya-ansässigen Bezirk entstehen sollte), statt es "zum Skandal" zu erheben, "dass dort seit Jahren das Zentrum einer moslemischen Gemeinde ungestört existieren kann, für die Rassismus, Judenhass und die Propagierung von Gewalt gegen Frauen zentrale Elemente des eigenen Selbstverständnisses sind." Er empfiehlt den Heinersdörflern, sich mit den Reinickendörflern als "Bündnispartner" gegen die Ahmadiyya-Gemeinde zusammenzutun, um Heimatschutz im größeren Rahmen zu betreiben.

Die Verbindungen ins rechtsradikale Lager, die es zweifelsohne von der IHPAB und ihrem Bündnispartner, der Pankower CDU, "die politische Lobby der IPHAB", aus gegeben hat, werden in diesem Artikel verharmlost und auf vielfältige Weise entschuldigt.

Hierfür wird eine Erklärung der IHPAB zitiert, die sich von allem "Extremistischen", namentlich der NPD, distanziert. Anders als bei den Erklärungen der Ahmidiyya-Gemeinde wird daran nicht herumgedeutelt, obwohl die Realität eine andere Sprache spricht.

Dass die von der BVV Pankow initiierte Bürgerversammlung zu einem "Wir sind das Volk"-public-mobbing wurde, wird kausal am Mitmischen der NPD vor Ort festgemacht. Deren Treiben hätten die "mit dem Menschenauflauf völlig überforderten Organisatoren" keinen Einhalt gebieten können. Doch weil ja zwei Tage später "nur 100 Aufrechte" sich zu einer NPD-Demo zusammenfanden, ist nach Ansicht Pünjers der Beweis erbracht, dass die Heinersdorfer wohl eher harmlos-zurückgeblieben, und nicht völkisch-nationalisitisch seien.

"Bei aller fehlender Sympathie aber wären beide (IPHAB, CDU) zu verteidigen gegen diejenigen, die im antirassistischen Bündnis mit einer freien Moslemkameradschaft nicht einmal bemerkt haben wollen, dass ihr grün-rotes Bündnis pro Moschee längst auch ein braun-rotes ist:(...)" [3]

Kandidat Nr.3 : Die Christdemokraten

Das Mitmarschieren des Bezirksverordneten der Pankower CDU Bernhard Lasinski bei der besagten NPD-Demo wird als einmaliger Ausrutscher dargestellt, denn die Pankower CDU sei "mit ihren Verlautbarungen näher am Antifaschismus als ein einschlägiges Infoblatt". (Gemeint ist das Antifaschistische Infoblatt)
Es wird tatsächlich unumwunden ausgesprochen, dass die Pankower CDU antifaschistischer sei als die „Rechercheure“ vom Antifaschistischen Infoblatt. Der Parteiausschluss Lasinskis als Konsequenz aus seiner Teilnahme an dem Aufmarsch entziehe dem linken "Wunschfeindbild, eine rassistischfaschistische Koalition aus Bürgermob, CDU und organisierten Neonazis", den Boden, was auch anhand der Streitigkeiten zwischen der NPD und der IPHAB geglaubt wird, belegt zu haben.

Die CDU wird ein weiteres Mal entlastet und der schwarze Peter dem AIB zugeschoben, indem letzterem unterstellt wird, "Lügen über die CDU" zu verbreiten und behauptet wird, dass die vom Antifaschistischen Infoblatt thematisierten Verbindungen der Pankower CDU ins rechte Lager nicht nachzuweisen seien. Namentlich Stefan Liebich von der Linkspartei wird schwer gegeißelt, weil er nicht bereit dazu ist, den Fakt, dass die CDU den Schulterschluss zur NPD gesucht hat, einfach augenzwinkernd hinzunehmen. [3]

Die Entwicklungen in den darauf folgenden Jahren zeigen, wie irreführend die verzerrten Annahmen und Interpretationen des Heinersdorfer Moscheesbaukonflikts seitens der Bahamas gewesen sind:

Lasinski ist wieder in die Partei aufgenommen worden. Aus dem Pankower CDU-Lokalverband, der Pünjer ein hohes Maß an Antifaschismus attestiert hatte, ist unter der Führung von Renee Stadtkewitz eine neue Partei, „Die Freiheit“ hervorgegangen, die gemeinhin als „rechtspopulistisch“ bezeichnet, aber mit dem Ausdruck „neo-rechtsradikal“ treffender beschrieben wird.

Da beide Lager, sowohl der so genannte Rechtspopulismus als auch die Bahamas, Islamphobie als zentrales Element des politischen Programms kennzeichnet, dürften auch hier die Differenzen für eine potentielle Partnerschaft schnell einzuebnen sein. Die Israel-Solidarität genügt als „moralisches Minimum“.

Die Antideutschen und die „Linken“

„Antideutsche hätten es schon längst wissen können: es kann keine Bündnisse mit Linken mehr geben, auf die sie sich sinnvoll beziehen könnten.“ resümieren Ralf Schröder und Sören Pünjer, denn mit einem Reaktionär könne man sich meist noch streiten, man könne „mit Aussicht auf Erfolg“ versuchen, ihn von der „Wahrheit“ zu überzeugen. „Auf Leute, die mit Israel nicht solidarisch sind, Antisemiten also, trifft das nicht zu.“ [1]

Mit dieser Schwarz-weiß-Zeichnung, die sich der Israel-Solidarität bei gleichzeitiger Islamkritik als Katalysator für Gut und Böse bedient, werden die ehemaligen Genoss_innen der deutschen Linke dämonisiert, da sie sich mit ihrem antirassistischen Verständnis nicht so leicht in den gesamtgesellschaftlichen, rassistischen Konsens, der als Islamkritik daherkommt, eingliedern lässt.

Im Zuge der Dämonisierung und der Anwendung einfachster Freund-Feind-Schemen ( Israelkritiker =Feind =Nazi) werden alle Linke, denen gleichzeitig der Antifaschismus abgesprochen wird, in den Generalverdacht genommen, zusammen mit „Islamisten“ die „globale Intifada“ vorzubereiten.

An der sozialistischen Idee wird Rufmord begangen, indem kommunistische Terminologie missbraucht und nazimäßig zugerichtet wird. Die Linken werden in ihrer Gesamtheit als „Tribunal der antisemitischen Internationale“, die ein antisemitisches „Weltgericht“ im Schilde führe, versinnbildlicht.

Im Einzelnen wird mit einem an Perversion grenzendem Genuss, garniert mit verschwörungstheoretischen Versatzstücken und zu papiergebrachten Wahnvorstellungen, auf linke Gruppierungen mit unterschiedlichen, politischen Ausrichtung eingegangen und diese mit sehr gewagten, teilweise frei schwadronierenden und leicht widerlegbaren Argumentationslinien als faschistoid diffamiert.

Feind Nr.1 : die Antifa

Die Antifa hassen die Anti-Deutschen am meisten, repräsentiert sie doch, was es bedeutet, konkrete antifaschistische Arbeit zu leisten, statt sich die Welt vom Schreibtisch aus so zurecht zu biegen, dass der „wahre“ Antifaschismus sich nur in den Koordinaten von 33-45 bewegt.

Keine Beleidigung und keine Unterstellung geht ihnen weit genug, um Antifaschist_innen zu diffamieren.
Auf den politischen Feldern, wo sie eine konträre Position zu den Antideutschen bezieht, w.z.B. beim Heinersdorf-Konflikt, bringen sie Pünjer dermaßen in Rage, dass ihm der sprichwörtliche Griff ins Klo nicht tief genug erfolgen kann: der Ankündigungstext zu dem Artikel „Allahs nützliche Idioten“ lautet: "Wie es angeht, daß die Antirassisten als Allahs nützliche Idioten der NPD helfen, die Deutschen „ethnobiologisch rein“ zu halten."

Pünjer bezichtigt in dem Pamphlet alle linken Aktivist_innen, die sich politisch als Gegengewicht zu dem braunen Mob in den Streit eingebracht haben, als Mitglieder eines „linkes Funktionärkartell“ der „grünen Nazis“.
Gegen "Bürgerunmut" mache die Antifa mobil und stelle einer "dubiosen Moslemsekte" einen "Persilschein" aus. Die Antifa würde bezüglich der Ahmidiyya-Gemeinde "antifaschistische Desinformation" betreiben, "wider besseren Wissens unterschlagen sie Fakten", „deuten sie um und verfälschen" sie, was eine "hochideologische Maßnahme zur Sicherung der eigenen antirassistischen Identität" darstelle.

Im weiteren Verlauf wird die antifaschistische Ideologie auseinander genommen. Zunächst ist die Schnittstelle zwischen der antifaschistischen und der islamischen Ideologie gefunden worden: sie haben dasselbe, hundsgemeine Männerbild, der die armen Männer auf "hemmungslose Triebtäter und Vergewaltiger" reduziere. Deswegen dürften auch "dezidiert linke und feministische Deutsche" das Kopftuch gut finden, mutmaßt der Autor, da ja das Kopftuch als Schutzmaßnahme gegen sexuelle Übergriffe gedacht sei.

Für weitere scharfsinnige Analysen der verwerflichen Weltsicht der „Antiras“ werden Zeilen eines Antifa-Aufrufs zu den Entwicklungen in Heinersdorf herangezogen.

In dem Aufruf heißt es:" Mit rassistischen Vorstellungen über die Muslime und den Islam entsteht das Bild einer fremden und "rückständigen" islamischen Kultur, deren Werte unvereinbar mit denen der westlichen Demokratie sein sollen." Daraus wird spitzfindig gefolgert, wer die Bezeichnung "rückständig" nur ironisch und daher in Anführungszeichen verwende, werde auch jeglichen Begriff von Fortschritt nur als "Fortschritt" missbilligen."
Die antifaschistische Forderung nach einer befreiten und solidarischen Gesellschaft wird mit der Schollenpolitik der Heinersdorfer gleichgesetzt. "Eine `befreite, solidarische Gesellschaft` stellen sich die Antiras und Antifas im übrigen ganz ähnlich vor wie der Heinersdorfer Schrebergartenbesitzer,"orakelt der Autor, "Befreit werden vom Eingriff des Souveräns sollen je nachdem die dörfliche Scholle oder der autonome Szenekiez; in beiden Fällen geht es vor allem darum, in seinem trüben Stammesbewusstsein ungestört zu bleiben." Hier wird der Antifa völkischer Protektionismus angedichtet, und zwar einfach auf der Grundlage, dass der Autor hellseherisch zu wissen meint, was für eine Welt sich Antifaschist_innen vorstellen.

"Wäre es nicht schwarz auf weiß dokumentiert, man würde kaum glauben, was für kreative Aktionen eine antifaschistische Einheitsfront zum Schutz grüner Nazis veranstaltet." Hier ist ihm der Faden zur Realität komplett gerissen, es wird unverhüllt von Nazis geredet, belegt werden damit Menschen, die niemandem etwas angetan haben. Jede/r, der/die sich mit ihnen solidarisiert oder auch nur den Generalverdacht gegen Muslim_innen nicht teilt, wird in Abrede gestellt und ebenfalls platt in die Nähe des Völkischen gerückt. Mit dem Vorwurf der Unterschlagung und Verdrehung von Fakten werden folgende Institutionen als Helfershelfer des bösen Islam mit in Sippenhaft genommen: Wikipedia, ARD, FU und, man traut seinen Augen kaum, der Verfassungsschutz , denn ihre Vertreter_innen hatten übereinstimmend ausgesagt, dass die Ahmadiyya-Gemeinde friedlich sei.

Das gleiche Schicksal ereilt in der wundervoll einfachen Welt des Autors die Grünen und die SPD, die gemeinsam erklärt hatten, keinen Christdemokraten, der die Heinersdorfer Proteste mitträgt, ins Bezirksamt wählen zu wollen. Und schon hat er die antifaschistische Einheitsfront beisammen, die jetzt rhetorisch zu einem "vornehmlich linke Funktionärskartell" gesteigert wird.

Die Lösungsansätze dieses "Kartells" zeugten "von einer Form politischer Korrektheit, die die Grenze zwischen maßloser Naivität und absichtsvoller Kollaboration längst hinter sich gelassen hat" - und das, weil ein kirchliches Bündnis die Einrichtung einer Begegnungsstätte für Muslim_innen und Nichtmuslim_innen vorgeschlagen und sich damit genauso der Islamfreundlichkeit verdächtig gemacht hat.

Kurz vor Ende erfolgt die krasseste aller anmaßenden und verleumderischen Behauptungen in diesem Text.
Der Höhepunkt frei drehender Polemik wird erreicht, indem Nazis den Antifas als "potentielle Bündnispartner" nahe gelegt werden. Um zu untermauern, dass sich Neonazis und Antifas in der Absicht, das deutsche Genpool rein zu halten, zuarbeiten, bemüht Pünjer ein Zitat von Jürgen Gansei (NPD), der den Islam als größtes Integrationshindernis positiv bewertet, weil durch die "Selbstghettoisierung" würde es nicht zum "kulturellen Einheitsbrei und Völkervermischung" kommen. [3]

Ergo, arbeiten Linke und Nazis zusammen, weil sie allesamt "Moscheebefürwörter" seien und so dem Islam "Allahs nützliche Idioten" stellten und damit die „ethnobiologische Reinheit“ der Deutschen sicherten. Was total unlogisch ist, weil ja die NPD in Heinersdorf explizit als Moscheegegner aufgetreten ist und so diametral zur Antifa, die ja, wie lang und breit ausgeführt, fanatisierte Mohammedfans sind, positioniert war.

Fazit
Die Gefahr ist nicht gebannt

Mit ihrer „Ausländer raus! “- Ideologie und ihrem dezidierten Hass auf alles Linke, vor allem jedoch auf die Antifa, kann man die Anti-Deutschen getrost dem rechten Lager zuordnen. Sie stellen den Brückenschlag zwischen linker und rechter Ideologie dar, und sind längst nicht passé.

Während sie mit ihrer Islamhetze in die gesamtgesellschaftliche Diskursströmung einwirken, strahlen sie immer noch auf die Bewegung zurück. Ihre Schriften werden weiterhin von Linksradikalen gelesen, ihre ideologischen Gedankenfragmente kursieren noch in unserem Ideenpool und werden von jungen, unschuldigen Gemütern aufgenommen und in ihr politisches Weltbild eingebaut. Selbst moderate Vertreter_innen Anti-deutscher Positionen, sind nicht willens oder fähig, sich mit der kultrassistischen Hetze der ideologischen Pathfinder und notorischen Tabubrecher der Bewegung, auseinanderzusetzen. Dies zeigt insbesondere die sinistere Bahamasautorenriege in der Jungle World. Unter dem Vorwand ein plattformübergreifendes Organ der radikalen Linken darzustellen, kann hier die morbide postlinke Kulturalistentruppe ihr dem Rechtspopulismus affines Gedöns, einer breiten Leser_innenschaft präsentieren.

Damit stellen die Anti-Deutschen den Anknüpfungspunkt zur Einbindung der Linksradikalen in einen gesamtgesellschaftlichen Konsens der Islamfeindlichkeit dar und erschweren so das Zustandekommen einer eindeutigen Positionierung gegen diese Form des Rassismus.

Um den Antideutschen nicht in die ideologische Sackgasse zu folgen, die jeden Ansatz zu einer revolutionär-politischen Praxis unmöglich macht, ist es wichtig, an der Idee der Revolution festzuhalten und unsere Politik danach auszurichten.

Unsere Haltung gegenüber der bestehenden Herrschaft kann nur der Kampf gegen sie sein, diese Freiheit lassen wir uns von den Anti-Deutschen nicht nehmen. Denn wir sind die letzten Residuen, die wirkenden Restgrößen der Freiheit. Erst wenn wir aufgeben, hat der Kapitalismus wirklich gewonnen.


Quellen:

[1] „Ein kleiner Katechismus für alle Freunde Israels“ von Ralf Schröder und Sören Pünjer,
Bahamas (44/2004), Thema: Streit um Israel-Fahne
[2] „Dialektik der Aufklärung“ von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno,
Neuausgabe, in Deutschland erschienen 1969
[3] „Allahs nützliche Idioten“ von Sören Pünjer,
Bahamas 2006, Thema: Heinersdorfer Mosscheebau-Konflikt
[4] „Die wahren Mörder von Marwa E.“ von Sören Pünjer und Justus Wertmüller
Bahamas (58/2009)
[5] „Die Islam-Verharmloser“ von Philippe Witzmann
Bahamas 2009, Thema: „Der ´neue Atheismus` ist pseudo-anthropologisch und stramm-antijüdisch“

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Artikel von der Autorin als Begleittext für diese Veranstaltung.