CHINA Berichte von Reinhold Schramm

China: Selbstdarstellung - und gesellschaftliche Realität

12/07

trend
onlinezeitung

Aus der (weltweiten) Selbstdarstellung - der "Volksrepublik China" [1] - deren "Fakten und Zahlen" [2] und die gesellschaftliche Realität: - siehe auch [3]

[1] Internetseite der "Botschaft der Volksrepublik China in der Bundesrepublik Deutschland", http://www.china-botschaft.de/det/jj/default.htm  ; siehe hier: "Krankenversicherung in China(2007/12/04)", http://www.china-botschaft.de/det/jj/t386927.htm  .

[2] Internet: http://www.china.org.cn/german/135608.htm  ; siehe unter: "Einkommen" - "Konsum" - "Medizinische Fürsorge und Gesundheit" - "Sozialabsicherung" - Daten aus dem Jahr 2004; - über das Internet der Chinesischen Botschaft Berlin:  

Einkommen (Jahr 2003):

- betrug "das Pro-Kopf-Bruttoinlandseinkommen bereits über 1000 US-Dollar.";

 - "durchschnittliche Pro-Kopf-Nettoeinkommen der ländlichen Bevölkerung von 134 Yuan im Jahr 1978 auf 2622 Yuan im Jahr 2003" - 263,- Euro (Netto-Jahreseinkommen -
in 2003);

- "das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der städtischen Bevölkerung stieg von 343 Yuan" (1978) - "auf 8472 Yuan" - 848,- Euro (Netto-Jahreseinkommen - in 2003); u.a.m..

Medizinische Fürsorge und Gesundheitspflege (Daten 2004):

- "China begann 2003, ein neues genossenschaftliches System der medizinischen Betreuung für die Bevölkerung auf dem Land in Form einer Krankenversicherung, die die Kosten für die Fälle schwerer Krankheiten bestreitet, zu errichten. In den Fonds zahlen die Bauern bestimmte Beiträge ein, und das Kollektiv und die Regierung leisten Zuschüsse.
Sobald ein dem System angeschlossener Bauer krank ist und stationär behandelt werden muss, bekommt er Krankengeld. Im Jahr 2010 sollen die ländlichen Gebiete des ganzen Landes von diesem genossenschaftlichen Krankenversicherungssystem erfasst sein. Ferner wird ein medizinisches Beistandssystem auf dem Land etabliert, um kranken Bauern, deren Familien arm sind, bei hohen medizinischen Kosten medizinische Hilfe zu
gewähren. Im Jahr 2005 soll ein solches Beistandssystem landesweit im Großen und Ganzen errichtet sein. Der Beistandsfonds wird durch Einzahlungen aller Regierungsebenen und freiwillige Spenden aufgebracht." - Internet-Präsentation (und) Selbstdarstellung aus dem Jahr 2004; Internet-Zugang, siehe oben.

[3] Brief an die Redaktion - junge Welt, zu: Pekings Schatzkammer, AFPjW., junge Welt, Freitag, 30.11.2007, Nr. 278, Seite 9.

Bezug: "China: Devisen im Wert von 1455 Milliarden US-Dollar" - und die gesellschaftliche Realität - Leserbrief an die Redaktion junge Welt

Fakten:

Mit Beginn der Konterrevolution und Transformation in den Kapitalismus, seit dem Jahr 1978, wurde auch in China die Entwicklung eines Sozialsystems (Gesundheit - "Grundversorgung", Erziehung/Bildung/Ausbildung, Arbeit/Unfall/Alterssicherung - "Eiserne
Reisschüssel") zerschlagen - und in Folge für die Mehrheitsbevölkerung beseitigt.  (Gegenteilige Behauptungen drehen die Fakten um - und deklarieren diese Angaben als Aufbauzahlen; - dies, ist zugleich deren ideologisch verschleierte Faktenfälschung)

Von den 927 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter (im Jahr 2005 - 918 Mio. und voraussichtlich 997 Mio. im Jahr 2013) sind laut Statistik 758 Millionen Menschen erwerbstätig; hiervon sind bereits 250 Mio. Menschen in Unterbeschäftigung.  Das chinesische Entwicklungsforschungszentrum geht von einer Arbeitslosenrate für das Jahr 2013 von 12 Prozent (89 Mio. Menschen) aus. Bu Zhengfa, Vize-Arbeitsminister, spricht von 150 Mio. "überschüssigen Arbeitskräften".

Von den offiziell 758 Millionen Erwerbstätigen (Stand 2006) befinden sich:  - 82,7 Prozent in keiner Rentenversicherung (dies sind 627 Mio. Menschen);  - 86,87 Prozent ohne Krankenversicherung (658,5 Mio. Menschen); und für  - 85,96 Prozent gibt es keine Arbeitslosenversicherung (651,6 Mio. Menschen). - Und: 67 Prozent der über 60-Jährigen erhalten keine Rente.  - Für über 90 Prozent der Werktätigen gibt es keine Unfallversicherung (* mehr als 650 Mio. Menschen). [Stand 2006]

Auch der Einstieg der deutschen Allianz Aktiengesellschaft, auf den privaten Versicherungsmarkt, mit seinem chinesischen Juniorpartner, dürfte hier auf absehbare Zeit zu keiner Veränderung führen; konzentriert sich doch das Allianz-Geschäft auf die lukrativen Teile der chinesischen Profit- und Privat- Gesellschaft.

Diesen Sozial-Fakten, auch über die staatlich betriebene soziale Deklassierung großer Teile der (werktätigen) Mehrheitsbevölkerung, stehen gegenüber: Die nationale und internationale Bourgeoisie. In China mit mehr als 400.000 Millionären (US-Dollar-Basis); darunter mehrere zehntausend Multimillionäre und mehr als 70 Milliardäre (im März 2007
noch 66.).

Am "Devisen"-Aufkommen - auch an deren Einsatz, Aneignung, Verteilung, Abschöpfung und Korruption - sind mehr als 635.000 ausländische Unternehmen, - vor allem private Unternehmen, beteiligt. Hier, insbesondere internationale Konzern- und Monopolunternehmen; - auch mit Nachgeordneter J.V. - Beteiligung.

Aktuell sind mehr als 1.600 private deutsche Unternehmen - auf dem Arbeits- und Ausplünderungsmarkt - in der VR China tätig; darunter auch die Konzerne: Siemens, Allianz, Bertelsmann, BASF, VW, BMW, MAN u.a.m.

Bei der "Devisen-Schatzkammer", bei den Exportzahlen und die Zuwachsraten, auch bei den verdeckten und verschleierten Profiten, - es handelt sich um die Ausbeutungs- und Arbeitsergebnisse der werktätigen Bevölkerungsmehrheit.

Von der (realen) Verfügungsgewalt über die "Devisen ist die Bevölkerungsmehrheit in China ausgeschlossen. - Analoges, modifiziert, gilt auch für die Bevölkerungsmehrheit in Deutschland!

Und als Ergänzung ein weiterer Lesebrief vom  an die junge Welt

Bezug: "Der Hauptwiderspruch bleibt" - "17. Parteitag der KPCh." Artikel in jW. am 22.10.2007

Liebe FreundInnen, Genossinnen und Genossen,
die 'Volksverarschung' sollten wir der deutschen und chinesischen Bourgeoisie und deren Administratoren in Ideologie, Politik und Wirtschaft überlassen und uns hieran nicht beteiligen!

- Um diesen unhaltbaren Zustand zu beenden - sollten wir uns der bürgerlichen und marxistischen (wissenschaftlichen) Aufklärung bedienen. Ein Blick in das "Manifest der Kommunistischen Partei" wäre hier auch schon hilfreich, - insbesondere Marx-Engels Ausführungen über den Bourgeoissozialismus.  Meine Empfehlung aus dem "Manifest der Kommunistischen Partei", Dietz Verlag Berlin 1970, Seite 46 / 47 und insbesondere Seite 76 / 77 über die Ausführungen zum "konservative(n) oder Bourgeoissozialismus". Zitat:

"Seinen entsprechenden Ausdruck erreicht der Bourgeoissozialismus erst da, wo er zur bloßen rednerischen Figur wird. - Freier Handel! im Interesse der arbeitenden Klasse; Schutzzölle! im Interesse der arbeitenden Klasse; Zellengefängnisse! im Interesse der arbeitenden Klasse: das ist das einzige ernst gemeinte Wort des
Bourgeoissozialismus."

Und Zitat:

Der Sozialismus der Bourgeoisie besteht eben in der Behauptung, dass die Bourgeois Bourgeois sind - im Interesse der arbeitenden Klasse." Hier: Marx-Engels-Manifest, Seite 77, Dietz Verlag 1970.

Liebe GenossInnen der jungen Welt,

bei der Finanz- und Monopolbourgeoisie, einschließlich deren Administration, handelt es sich nicht (nur) um Idioten, dies ist auch der chinesischen Staats- und Parteiführung bekannt.

Die Konzerne: Siemens, VW, Allianz, METRO, Deutsche Bank etc., investieren nicht selbstlos Milliarden Euro zum Wohle der chinesischen Werktätigen, - dies ist auch deren Administration in China bewusst.  Es handelt sich auch in China um einen Ausverkauf der (werktätigen) Bevölkerung -auf allen Ebenen- an die nationale und internationale Bourgeoisie und deren Administration!

Als Kommunisten sind wir der Befreiung der Unterdrückten und werktätigen Bevölkerungen und deren Zukunftsinteressen: der sozialen Befreiung, der Emanzipation, der Überwindung der Entfremdung und der Beseitigung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, der Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln, Grund und Boden, - und der Zukunft des gesellschaftlichen Gemeineigentums verpflichtet!

Abschließend:  Die GIGA-IAS ist ein (bürgerliches) wissenschaftliches Institut im Interesse der (deutschen) Industrie. Ihre Aufgabenstellung dient auch den Zukunftsinteressen der (deutschen) Bourgeoisie. Es ist nicht ihre Aufgabe ihre Auftraggeber zu belügen. Sie beschäftigt sich auch mit der (politischen) gesellschaftlichen Realität (nicht nur) in China. Ihre Ergebnisse dienen der Zukunftsstrategie des (deutschen
und europäischen) Imperialismus.

Meinen Auszug und meine kurze Zusammenfassung über die gesellschaftliche Realität in China für die junge Welt:

((Auszug und Zusammenfassung analog dem GIGA Institut - "Institut für Asien Studien"
des deutschen und europäischen Imperialismus. - Anm. R: Schramm))

Die Zahl der offenen Protestaktionen ist nach offiziellen Angaben von rund 8.700 im Jahre 1993 bis zum Jahre 2005 um das Zehnfache auf 87.000 gestiegen. Die Hongkonger Zeitschrift Zhengming berichtet - unter Berufung auf die Zentrale Kommission für die Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung von einem Anstieg auf 112.655 Konflikte (Tian 2007).  Gründe für die Unzufriedenheit: U.a. das große weiter steigende Einkommensgefälle. Seit 1978 ist die Einkommensungleichheit gestiegen und belegt. Nach dem GINI-Koeffizient (Index für Einkommensungleichheit) hat sich China zu einem der Länder in der Welt mit der größten Ungleichheit entwickelt. Ursachen: Entlassungen, Arbeitslosigkeit, Probleme bei der Arbeitsplatzsuche, Lohnrückstände, unterschlagene und
vorenthaltene Löhne (insbesondere bei ländlichen Wanderarbeitern), katastrophale Arbeitsbedingungen und Arbeitsunfälle (Jahr 2006 - im Bergbau ca. 6.000 - und insgesamt ca. 117.000 tödliche Arbeitsunfälle; R.S.), der vollständige Verlust sozialer Sicherungsleistungen durch (kapitalistische) Firmenbankrotte oder nicht erfolgte Sicherungsleistungen, gescheiterte Reformen im Gesundheits- und Rentenbereich, ungeklärte Eigentumsrechte im Wohnungswesen, willkürlich erhobene Gebühren und/oder ethnische und religiöse Spannungen.

Weiterhin: Umweltschäden, Umweltkatastrophen, Landnahmen, die den Bauern die Existenzgrundlage nehmen. Ungeklärte Eigentumsrechte am Boden und Korruption der Lokalregierungen, die die Landnahme ermöglichen und es meistbietend veräußern. Nach Angaben des Arbeitsministeriums verloren 40 Mio. Bauern ihr Land und weitere 15 Mio. werden es in den nächsten fünf Jahren verlieren (China aktuell 3/2007, S. 121).

Verschärft werden die Probleme durch Korruption und Fehlverhalten von Kadern, durch kriminelle Banden und Polizeieinsätze. Häufig erfolgt die Eskalation durch den Einsatz lokaler Polizeikräfte. 16,9 % bzw. 152 Millionen Menschen der erwerbsfähigen Bevölkerung halten die Gesellschaft für 'unharmonisch'. Viele Chinesen glauben, dass soziale Konflikte zunehmen werden (Fewsmith 2007).

Eine Untersuchung von Journalisten der Beijinger Zeitung Xinhua Weekly (- Zhoukan) ergab, dass viele lokale Kader zur Regelung von Konflikten nicht in der Lage sind. Gründe: Mangelnde Analysefähigkeit, langsames Reagieren, Unfähigkeit zur eigenen Entscheidung, Angst vor Kritik (von oben). Das Ergebnis ist die Unterdrückung von Protesten und die
Verschleierung von Vorfällen (- Hong Kong Economic Journal, 20.07.2007).

Liu Jinguo, stellvertretender Minister für öffentliche Sicherheit, forderte im Juli 2007 die Polizeieinheiten auf, einen Monat lang die Ursachen sozialer Unruhen auf dem Lande zu erforschen (wall Strett Journal, 8.7.2007). Zugleich soll die bewaffnete Polizei besser
ausgerüstet werden, um die soziale Stabilität erhalten zu können (Xinhua News Agency, 1.8.2007). Die Zahl der Polizisten ist von 1978 bis ins Jahr 2005 um 172 % gestiegen, - auf 1,8 Mio. Sicherheitskräfte (Ru et al. 2006: 355). - Die Überwachungssysteme sollen verbessert werden. Ausweise mit Chips sollen persönliche Daten speichern, hierfür wurde eine US-Firma mit der Umsetzung betraut. Überwachungskameras gibt es in allen größeren chinesischen Städten. In Beijing waren es Anfang 2007 insgesamt 263.000 (Xinhua News Agency, 30.1.2007). Laut 'Spiegel online', vom 13.8.2007, will die Polizei in Shenzhen mindestens 20.000 Überwachungskameras mit Gesichts- und Verhaltenserkennung zusätzlich zu den vorhandenen 180.000 Videokameras von privaten Unternehmen und staatlichen Behörden installieren.

Inzwischen vollzieht sich die Entwicklung der 'KP' von einer "Klassen-" zu einer "Volkspartei".  Das vom Vorgänger Hus, Jiang Zemin, in den Rang einer Theorie erhobene
Konzept der "drei Repräsentationen" wurde bestätigt. Es sieht die Verbreiterung der Parteibasis durch die wirtschaftlichen und geistigen Eliten vor. Inzwischen sind rund 30 % der Privatunternehmer Mitglied der 'KPCh' (Anm.: 42. Millionen private Kleinste-Betriebe).
Zu Beginn ihrer Amtszeit hatten sich Hu und Wen für den Schutz benachteiligter Gruppen ausgesprochen, später stellten sie programmatisch den "Mensch in den Mittelpunkt" (yi ren wei ben) ihrer Politik. Zur Schaffung eines "neuen sozialistischen Landes" forderten sie die Städte und die (private) Industrie auf, nach Jahrzehnten der Bevorzugung an das Land zurückzuzahlen. Die Steigerung der Einkommen der Landbevölkerung sei unerlässlich, wolle man sie soziale Spaltung Chinas verhindern (Anmerkung: Hier zeigt sich die Entfernung von der werktätigen Bevölkerung. - R.S.).

Im Vorfeld des 17. Parteitags hat sich eine Debatte in China entfaltet - vor allem von Parteiveteranen - auch wurden Vorschläge wie Mehrparteienwahlen oder ein sozialdemokratisches Parteienmodell für die 'KP' geäußert. Hu Jintao betonte in einer Rede vor der Zentralen Parteihochschule und Mitgliedern des Ständigen Komitees des Politbüros, dass der Aufbau einer sozialistischen Demokratie immer ein Ziel der Partei gewesen sei (Xinhua News Agency, 25.6.2007). Was unter einer "harmonischen Gesellschaft" zu verstehen sei, formulierte Hu Jintao erstmals am 19. Februar 2005 vor der Zentralen Parteihochschule und Ministerpräsident Wen Jiabao wiederholte es in seinem Regierungsbericht (Xinhua News Agency, 14.3.2005): "a socialist society that is democratic and law-based, fair and just, trustworthy and friendly, full of vigor and vitality, secure and orderly, and in which man nature are in harmony". Die bestehenden sozialen Probleme und divergierenden Interessen in der Gesellschaft, sollen durch mehr soziale Gerechtigkeit und durch sozialen Ausgleich harmonisiert werden.

Auszug, Hervorhebung und Zusammenfassung: Reinhold Schramm

Quellenhinweis:
"Harmonie ist Pflicht. China vor dem 17. Parteitag"  GIGA Focus, Nr. 10, 2007, ISSN 1862-359X;  GIGA - Institute of Global and Area Studies / Institut für Asien-Studien
Siehe auch zu China bei "LabourNet.de Germany" im  Internet: http://wwwlabournet.de/internationales/cn/index.html  
 

Editorische Anmerkungen

Reinhold Schramm schickte uns am 5.12.2007 weitere  Ergänzungen zu seinen in der letzten Ausgabe veröffentlichten Informationen zur Lage in der VR China.  ("China"-Geschäfte).

Siehe auch:

Raubvermögen (nicht nur) in China
Deutsche Konzern-Aktivitäten in China
von Reinhold Schramm