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Prison Watch International
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Tel: 0221 - 760 76 56 Fax 0221 - 760 28 67

18. november 1998
EILIGE MITTEILUNG

Nach fast 10 Jahren erhielten
wir im
Oktober 2008 vom

Schulbuchverlag Anadolu GmbH
Postfach 13 07
41825 Hückelhoven

den Hinweis, dass es sich bei dem hier genannten Verlag nicht um ihn, den Schulbuchverlag, handelt(e). Den Hinweis geben wir gerne an unsere LeserInnen weiter und hoffen, dass dieser Verlag in seinen Schulbüchern Partei für die politischen Unterdrückten in der Türkei und der BRD ergreift.

 

Einer Erklärung das ANADOLU VERLAGS zufolge ist es gestern, den 17 November 1998, zu einem brutalen Übergriff der Polizei auf die Mitarbeider des Verlags gekommen. Der ANADOLU VERLAG hat neben diversen oppositionell zur Türkei stehenden Publikationen ebenfalls die Zeitung Kurtulus vertrieben.

Dieser Polizeieinsatz war die erste Offensive der deutschen Behörden, nachdem die Verbotsverfügung über die gegen das Regime in der Türkei kämpfende DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungs Partei-Front) von seiten des ehemaligen Innenministers Manfred Kanther bekanntgegeben wurde. Kanther, der ohne Rücksichtnahme auf ein laufendes Verfahren gegen mutmassliche Mitglieder der DHKP-C das Verbot ausgesprochen hatte, erklärte dazu die Wochenzeitng Kurtulus, die nach wie vor in der Türkei legal erscheint zum Pressorgan der DHKP-C.

Während sich der neue Innenminister, Otto Schily, nach Bildung der Regierungskoalition SPD-Bündnis90/Die Grünen noch nicht zu der Sache geäussert hat, kam es nun zu dem befürchteten Polizeieinsatz auf den Sitz der ehemaligen Kurtulus-Vertretung in Deutschland / Köln. Laut Mitarbeitern des Verlags wurde die Durchsuchung vorgenommen, um eine Person, gegen die zur Zeit ein Prozess in Hamburg läuft, durch Auffindung von Beweisen zu befasten.

Dieser, wie sich im weiterne Textverlauf herausstellen wird, willkürliche und aggressive Polizeieinsatz, wagen wir auszusprechen, dürfte noch andere Beweggründe haben.

Denn am 12 November hielt sich der Polizeipräsident der Türkei, Necati Bilican, zu einem offizielien Besuch beim Bundeskriminalamt in Köln auf, und wie auch in der Presse nachzulesen war, soll es dabei 'zu einer Reihe von Gesprächen gekommen' sein. Um weiche Gespräche es sich hierbei gehandelt hat, bleibt erstmal verborgen. Aber solcherlei Angriffe auf die Opposition aus der ürkei haben unmittelbar nach offiziellen Besuchen von Politikern. Polizeichefs oder anderer hoher Staatsbeamter aus der Türkei schon dasöfteren stattgefunden. Und dadurch zeigt sich, inwieweit die Methoden, die in der Türkei an der linken Oppostition angewandt werden,

nach Deutschland importiert werden, welches Ausmass die Zusammanarbeit mit einem - für tausenden kleine und grosse Verbrechen am kurdischen und den anderen Völkern in der Türkei angeprangerten - Regime angenommen hat.

  • Im folgenden Text der Verlauf der "Durchsuchung" beim Anadolu Verlag:

Um 8.45 Uhr trafen neun Beamte, darunter sieben Zivilbeambte des BKA-Köln, 1 Beobachter sowie ein Ubersetzer im Buro ein.

Während die im Büro gefindlichen Personen nach einem Durchsuchungsbefehl fragten, hiess es" Es muss für euch reichen, wenn wir sagen, dass wir Polizisten sind".

Die Beamten erklärten, dass niemand in die Räume eintreten dürfe, die sie durchsuchen. Sie drohten mit Rausschmiss und Verhaftung, falls darauf bestanden werden sollte. Obwohl oftmals versucht wurden, die Personen in einem Raum festzuhalten, akzeptierte man letztendlich die Forderung, bei der Durchsuchung anwesend zu sein.

Die Durchsuchung wurde damit fortgesetzt, alle Schränke leerend auseinander zu nehmen, die Gegenstände zu verstreuen und auf den Boden zu werfen. Zur gleichen Zeit wurden zwei der Besucher festgenommen. Ohne darüber eine Erklärung abzugeben, hat man eine der Personen in Handschellen gelegt und an Armen un Beinen festhaltend zum Polizeiwagen geschleppt. Später kamen noch dutzende Polizeiautos vom BKA-Bonn und der Kölner Polizei hinzu.

Die Zahl der Beamten in dem Büro stieg mit einem mal auf 30. Die Mitarbeiter des Verlags zeigten Reaktion gegen die mit Beleidigungen und Anschuldigungen zu provozieren versuchende Polizei, indem sie ab dem Zeitpunkt der Festnahmen Slogans riefen und an die Fensterscheiben schlugen. Die in diesem Moment ihre Aggressivität steigende Polizei, begann daraufhin 4 Personen zu verprügeln, und sie auf dem Boden zerrend, gegen die Wände atossend festzunehmen. Der Inhaber des Verslashauses wurde an Händen und Füssen angekettet verprügelt und festgenommen. Auch auf dem Weg und in der Polizeistation wurden die Misshandlungen fortgesetzt, sodass das Trommelfelt in seinen rechten Ohr pletzte. Eine andere Mitarbeiterin, der Handschellen angelegt wurden, stürzte von der Trappe und schlug mit dem Kopf an die Wand, nachdem ein Polizist das Gelände der Trappe herausriss.

Auch die anderen Mitarbeiter wurden zu Boden geworfen, verprügelt und festgenommen. Selbst während der sechs Stunden, in denen sich die Personen unter Polizeigewahrsam befanden, wurden die Handschellen nicht abgenommen. Die mitarbeiter und der Inhaber des Verlagshauses wurden gegen Abend freigelassen.

Beslagnahmt wurden 3 Computer, ! Monitor, 1 Drucker und bis 200 Disketten, 10 Bücher aus dem Archiv, hunderte von Zeitschriften, Spezialausgaben und Flugblätter.

Auf der anderen Seite aber wurden die Bücher aus der Bibliothek verstreut, Regale beschädigt, gemeinsam mit dem Trappengeländer die Fliessen herausgerissen, Vorhänge zerrissen. Glühbirnen herausgenommen und zerstört und das gesamte Büro in ein Chaos verwandelt.

Letzten informationen zufolge wurde gegen eine der festgenommenen Persoenen, Mesut Demirel, ein Haftbefehl erlassen und er soll sich derzeit in der JVA-Bochum befinden. Hintergründe über die Verhaftung gibt es bisweilen nicht.

Über den Verbleib von Hakan Akmaz ist bisher nichts bekannt. Zuerst hiess es, er würde nach Holland, wo er seit langer Zeit ansässig ist, abgeschoben weerden. Jedoch konnten nicht einmal seine Anwälte herausfinden, wo er zur Zeit festgehalten wird. Es besteht nun äusserste Gefahr, dass er in die Türkei abgeschoben wird.

Wir rufen die demokratische Öffentlichkeit in der Bundesrepublik auf, gegen diesen brutalen Polizeieinsatz zu protestieren, die Gründ für die Festnahme/ Verhaftung von Hakan Akmaz und Mesut Demirel zu hinterfragen und ihre Freilassung zu fordern.

 

Protestfaxnummern:
BKA: 0611 - 55 21 41
Innenministerium: 0228 - 681 46 65
Justizministerium: 0228 - 584 525
Köln Polizeipräsidium: 0221 - 229 20 02
Bundeskanzleramt: 0228 - 56 23 57

Unterstützungserklärungen bitte an den Anadolu Verlag:
Fax: 0221 - 760 28 87


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