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Der folgende Text wurde für die deutschsprachige elektronische Veröffentlichung von ANTIFA-WEST@BIONIC.zerberus.de   (ANTIFA-WEST c/o BI-Buergerwache)bearbeitet

 

Searchlight 10/98, Internationale Antifaschistische Monatszeitschrift

White Noise

Im Rahmen der laufenden Kampagne "Stoppt die Händler des Hasses" untersucht Searchlight den gegenwärtigen Stand der europäischen Nazimusikbewegung


Im Oktober 1996 startete Searchlight die Kampagne "Stoppt die Händler des Hasses" mit der Enthüllung, daß der CD-Hersteller Nimbus (GB) die möglicherweise rassistischste CD in Europa, "Barbeque in Rostock", produziert hatte. Unsere Informationen führten direkt zur Verhaftung von Leighton Gareth Jones und zur Beschlagnahmung tausender britischer Pfund von C18.

Nachfolgend hat Searchlight einem CD-Hersteller geholfen, die Produktion einer weiteren rechten CD zu verhindern, und andere in der Musikindustrie auf das Thema der White-Power-CD's aufmerksam gemacht. In enger Zusammenarbeit mit der Musikindustrie hat Searchlight wirkungsvoll die Produktion rassistischer CD's in Großbritannien lahmgelegt, so daß Nazi-Bands sich gezwungen sehen, in Skandinavien oder Deutschland nach Produktionsmöglichkeiten zu suchen.

Im Juli 1997 führte Searchlight eine Kampagne gegen das "Aryan Fest" durch, ein White-Power-Konzert, welches von Billy Bartlett (Sänger von "Celtic Warrior") organisiert wurde. Mit Unterstützung der Europaabgeordneten Glenys Kinnock nahm Searchlight eine erfolgreiche Medienkampagne in Angriff, die die Behörden zwang, einzuschreiten. Ein kleines Konzert konnte dennoch in Coventry durchgeführt werden, aber von den 600 Nazis schafften es nur 150 dorthin.

Unser Schwester-Magazin Expo in Schweden nahm dann die Kampagne auf. Expo entdeckte, daß die Mehrzahl der CD's des Nazi-Labels "Ragnarock Records" von der Firma Ritek in Taiwan hergestellt wurde. Expo bearbeitete diese Firma. Ritek reagierte und verweigert zukünftige Aufträge von "Ragnarock Records".

In Zusammenarbeit mit Schwesterorganisationen aus ganz Europa wird Searchlight die Kampagne gegen die Händler des Hasses im kommenden Jahr intensivieren. Neben der eher traditionellen Naziskinheadmusik wird Searchlight auch andere Formen rassistischer Musik, wie Black Metal oder Gabba untersuchen. Da die White-Power-Musikszene zunehmend wichtiger für Naziorganisationen wird, kommt eine Ausweitung der Searchlight-Kampagne genau zum richtigen Zeitpunkt.

White Power Musik in Europa

Zwei Jahre nach Beginn der Searchlight-Kampagne "Stoppt die Händler des Hasses", zieht Nick Lowles eine Bilanz der White-Power-Musikszene. Für die Rechtsextremen in Europa spielt White-Power-Musik eine wichtige Rolle. Die Musikszene ist ein zentraler Bestandteil rechtsextremer Politik. Hier werden junge Aktivisten für rassistische politische Aktivitäten rekrutiert und Geld für die politischen Organisationen der Neonazis beschafft.

Rückläufige Zahlen

Obwohl die White-Power-Szene für die europäische Nazibewegung zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Anzahl der Beteiligten, mit einigen Ausnahmen, rückläufig. In einigen Ländern ist der Niedergang ausgeprägter als in anderen. In der schwedischen Hauptstadt Stockholm ist die Anzahl der Skinheads von geschätzt 1000 im Jahr 1995 auf heute ca. 250 gesunken. In Großbritannien ziehen White-Power-Konzerte nur noch halb so viele Zuschauer an wie 1995.

Grund für diese Abnahme sind verstärkte Aktionen der Behörden und interne Streitigkeiten. In Britannien, Deutschland, Schweden, Italien, Norwegen, Belgien und Polen haben die Behörden CD-Vertriebe durchsucht, Auftritte verhindert undBands die Einreise verweigert.

1997 führte die britische Polizei eine landesweite Operation durch, um Hunderte von Nazis aus ganz Europa davon abzuhalten, ein "Aryan Fest" zu besuchen. Obwohl ein Konzert noch stattfinden konnte, schafften es nur 150 der 600 Nazis, zum Veranstaltungsort zu gelangen. Mitglieder der us-amerikanischen Band "Intimidation One" wurden sofort nach ihrer Ankunft in London wieder abgeschoben und die deutsche Band "08/15" ging unterwegs verloren.

Im Januar 1998 unternahm die schwedische Polizei eine ähnliche Aktion gegen ein Skinheadkonzert, das von "Nordland" organisiert wurde. Nach einer Straßenschlacht mit Spezialeinheiten der Polizei wurden 314 Skinheads festgenommen. Obwohl nur wenige verurteilt wurden, hatte dieser Vorfall eine demoralisierende Wirkung auf die örtliche Skinheadbewegung.

Die italienischen Behörden haben die "Hammerskins"-Organisation erfolgreich eingedämmt und in Belgien gelang es der Polizei und den örtlichen Behörden, das einzige Nazikonzert des Jahres zu verhindern. Nach einer Kampagne von AntifaschistInnen war die polnische Polizei im letzten Dezember gezwungen, einen Auftritt zu verhindern, zu dem 1500 Skinheads aus ganz Europa erwartetwurden.

Auch interne Fehden haben das Wachstum der White-Power-Musikszene eingedämmt. Der Zusammenbruch von Combat 18 und diefolgende Spaltung zwischen 'Skins' und 'Hooligans' innerhalb von "Blood and Honour" (siehe weiter unten) hatte einen niederschmetternden Einfluß auf die britische Szene.

Die internen Machtkämpfe, die die schwedische Musikszene lähmten, hatten einen ähnlich schädigenden Einfluß in ganz Skandinavien. In beiden Ländern haben verstimmte Anhänger die Szene verlassen.

Sogar in Frankreich, wo die Anzahl der Skinheads im letzten Jahr leicht zugenommen hat, hat der interne Machtkampf zwischen "Blood and Honour" und den "Charlemagne Hammer Skins" ein Fortkommen der Skinheads behindert.

Immer noch eine Bedrohung

Trotzdem stellt die White-Power-Musikszene immer noch eine ernsthafte Bedrohung dar. Einer Searchlight-Untersuchung zufolge, sind immer noch mehr als 30.000 Personen in ganz Europa in der White Power/Skinhed-Szene aktiv. Es kommen noch viel mehr hinzu, die gelegentlich Nazi-Artikel kaufen. Andere wiederum sind zu Tausenden in die Black Metal- und Death Metalszene involviert, darunter eine steigende Zahl strammer Nationalsozialisten.

Die größten Szenen gibt es in Polen und Tschechien, mit zusammengerechnet über 20.000 rechten Jugendlichen, die entweder Konzerte besuchen oder regelmäßig Nazimusik kaufen. Die leichte Zugänglichkeit zu rassistischer Haßmusik tut ihr Übriges. In Polen ist es sogar möglich, Naziplatten in der Schalterhalle des nächstgelegenen Bahnhofes von Auschwitz zu kaufen.

Deutschland ist ein weiteres Wachstumsgebiet für die White-Power-Musik, und die Skinheads dort politisieren sich zusehends. Es gibt jetzt zwischen 20 und 30 verschiedene Skinzines und eine sehr disziplinierte Bewegung, die sich in "Blood and Honour Deutschland" und die "Deutsche Hammerskins-Sektion" unterteilt. Um die Verfolgung durch die Polizei zu vermeiden, hat ein Großteil der Szene das Konzept des "führerlosen Widerstands" übernommen. Trotz der Versuche der Polizei, 1996 ein Skinheadkonzert in Nürnberg zu verbieten, gelang es ihnen, über 2000 Naziskins über Mailboxen und Mobiltelefone zum Veranstaltungsort zu dirigieren.

Auftritte finden unablässig statt. Nach Angaben des deutschen Verfassungsschutzes, fanden 1996 23 Nazikonzerte statt, das Größte davon in Sachsen mit über 1000 Skinheads. In Ostdeutschland bleibt die rechte Skinheadkultur in vielen kleineren Städten die dominierende Kraft.

Schnöder Mammon

Genauso wichtig wie die Rekrutierung Jugendlicher in die Neonazibewegung ist die Möglichkeit, Geld zu machen. Der Profit ist phänomenal. Zwischen 1996 und 1997 produzierten deutsche Nazis 400 verschiedene CDs mit Auflagen zwischen 2000 und 6000 Stück. Das schwedische Magazin "Nordland" wirbt für 135 verschiedene Nazi-CDs, und der amerikanische Ableger bietet nochmal 71 CDs an.

Insgesamt bleibt die White-Power-Musikszene eine millionenschwere Industrie. Als die Polizei im April 1997 "Resistance Records" in Detroit, USA, durchsuchte, entdeckte sie 200.000 CD's und Musikcassetten mit einem Marktwert von Aber rund 6 Millionen DM. Einem Zeitungsbericht zufolge, hat "Resistance Records" allein 1996 50.000 CDs verkauft.

Sogar in Großbritannien, wo das Merchandising-Geschäft lange nicht so professionell abläuft wie in Schweden, Deutschland oder den USA, wird viel Geld verdient. Nach Angaben eines ehemaligen C18-Führers haben ihre 20 CDs einen Profit von mindestens 200.000 Pfund erbracht.

In den vergangenen Jahren wandten aber auch die Behörden ihre Aufmerksamkeit verstärkt dem Nazi-CD-Geschäft zu. Zusätzlich zu den Durchsuchungen in den USA und Deutschland gab es auch Durchsuchungen in Großbritannien, Polen, Italien, Norwegen und Schweden.

Unsere Kampagne "Stoppt die Händler des Hasses" ist hauptverantwortlich für die Produktionsprobleme der britischen Nazis. Der Combat 18-Label "ISD Records" hat sich nach Skandinavien verlegt und die Überreste der White-Power-Szene benutzen jetzt deutsche Label, "DIAL" und "Movement Records".

Es gab auch eine Reorganisierung innerhalb der Szene,und einige ehemalige Schlüsselfiguren werden zunehmend an den Rand gedrängt. Bei Searchlights letztem Überblick über die White-Power-Szene waren dasmerikanische Unternehmen "Resistance" und ihre schwedischen Gegenspieler "Nordland" die dominierenden Kräfte. Seitdem haben beide harte Zeiten erlebt. "Resistance" wurde 1997 wegen Steuervergehen durchsucht und der Herausgeber George Burdi alias Hawthorne verhaftet, weil er eine Frau angegriffen hatte. Gezwungen, den Kopf unten zu behalten, hat sich Burdi komplett aus der Bewegung zurückgezogen und seine Anteile an der Firma verkauft. "Resistance" besteht zwar als Versand weiter, hat aber seit einiger Zeit kein Magazin mehr produziert und an internationalem Einfluß verloren.

Polizeiaktionen und interne Fehden haben auch "Nordland" durcheinander gebracht. Nach dem beschämenden Abbruch ihres Januar-Konzerts und zwei weiteren ähnlichen Patzern, ist "Nordland" nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Skinheads in Göteborg haben sich von "Nordland" abgespalten und die Pro-C18 Allianz "NS88" von Marcel Schilf und die "Nationale Heilsfront" sind zur dominierenden Kraft in Schweden geworden.

Der Niedergang von "Resistance" und "Nordland" ist zu begrüßen. Irritierender ist, daß rechtsextreme Parteien zunhemend Gebrauch von der White-Power-Musikszene machen. In Deutschland hat die rechtsextreme NPD ihren eigenen CD-Versand gegründet um ihre politischen Aktivitäten zu finanzieren. "Pühses Liste", vom NPD-Mitglied Jens Pühse herausgegeben, bietet 391 verschiedene CDs an, mit dem Erlös wird unverhohlen die politische Arbeit finanziert.

In weitaus kleinerem Umfang hat auch die British National Party kürzlich mit dem Verkauf einiger White-Power-Videos und zweier White-Power-CD's, eine davon von "Blood and Honour Schweden" gestiftet, begonnen. Sogar in der letzten Ausgabe ihres Magazins "Spearhead" (September 98) wird die Bedeutung der Musikszene hervorgehoben: "Jeder, der glaubt, daß die Bedeutung dieser Szene vornehmlich in dem Geldbetrag liegt, den sie erbringen kann, hat den Punkt komplett verfehlt; was wirklich wichtig ist, ist die Macht, Tausende von Seelen zu fangen und sie zu rassischen Nationalisten zu machen". Sowohl die BNP als auch die kleinere National Front haben zur Geldbeschaffung kürzlich White-Power-Konzerte veranstaltet.

Obwohl es so scheint, als ob die Polizei die Exzesse der White-Power-Szene erfolgreich eingedämmt habt, ist dies leider nicht der Fall. Die durchgeführten Durchsuchungen fanden isoliert von einander statt und führten nur zu wenigen Verurteilungen. Das Problem ist nicht das Fehlen einer Gesetzgebung - die meisten Länder scheinen anwendbare Gesetze zu haben, um mit denen fertig zu werden, die am tiefsten in den Handel mit diesem rassistischen Filz verstrickt sind -, sondern der mangelnde Vollzug.

In Großbritannien wurde Leighton Gareth Jones, der Mann, der mit "Barbecue in Rostock" die Produktion der möglicherweise rassitischsten CD in Europa organisierte, zu nur drei Monaten verurteilt. Obwohl die Polizei im Haus von Billy Bartlett CS-Gas und eine große Anzahl CD's und Bargeld fand, wurde der Sänger von "Celtic Warrior" nicht weiter verfolgt.

In Polen ist es ein Vergehen, Zeitschriften, Aufnahmen oder Filme zu vertreiben, die den Faschismus preisen oder zum Rassenhass aufstacheln. Trotz umfangreicher Ermittlungen gegen Vertreiber von Nazimusik, wird von den Gesetzen kein Gebrauch gemacht. Obwohl Marcel Schilfs "NS88" Videos vertreibt, auf denen die Herstellung von Plastiksprengstoff veranschaulichtwird, scheinen dänische und schwedische Behörden nicht in der Lage, gegen ihn vorzugehen.

Es ist wichtig, sich klarzumachen, daß Aktionen der Polizei alleine die White-Power-Musik nicht aufhalten werden, insbesondere in den Gebieten, wo das Skinhead-Image die Jugendkultur dominiert. Die Behörden scheinen aber auch nur dann zu handeln, wenn Druck von außen auf sie ausgeübt wird.

Allzuoft wird die Skinheadszene von der Polizei als verrückte Subkultur oder Ansammlung verirrter Jugendlicher abgetan. Dieses, zusammen mit einem ähnlichen Bild in den Medien, erstickt eine angemessene Antwort auf die Bedrohung durch die White-Power-Musik.

Seit Searchlight die Kampagne "Stoppt die Händler des Hasses" begann, ist deutlich geworden, daß die Nazi-inspirierte Musik nicht allein mit der Skinheadszene zu tun hat. Es gibt eine starke und zunehmende nationalsozialistische Szene unter den Anhängern von Black Metal und Death Metal. Bands wie "Graveland", "Death in June", "Blood Axis", "Osculum Infame" und "Puntas Virginium" folgen alle rechter Ideologie.

In einigen europäischen Ländern, darunter Norwegen, Frankreich und Großbritannien, ist die Black Metalszene größer als die Skinheadszene. Norwegische Black Metal Bands exportieren Zehntausende CD's in die ganze Welt.

Es hat einige wichtige Siege für die antifaschistische Bewegung gegeben, aber das Problem wird größer. Während die Zahlen der Anhängerschaft rückläufig sind, hat der Gebrauch der Musik durch politische Parteien, als Rekrutierungsfeld und Geldquelle deutlich zugenommen. Es ist höchste Zeit, daß die Behörden in ganz Europa die White-Power-Szene als die Gefahr erkennen, diesie ist.

Übersicht

Britannien

  • 400 in der White-Power-Szene
  • 13 aktive Bands
  • 18 Auftritte im vergangenen Jahr
  • durchchnittliche Besucherzahl und größter Auftritt: 120 und 300
  • Politische Organisationen: Blood And Honour, British Movement, British Hammerskins
  • Plattenlabel: ISD Records, Independent Voice
  • CD-Vertriebe: ISD, Highlander, Billy Bartlett, British Hammerskins

Schweden

  • 2.000 - 4.000 in der White-Power-Szene
  • 40 aktive Bands
  • Sieben Auftritte im letzten Jahr
  • Durchschnittliche Besucherzahl und größter Auftritt: 75 und 314 plus X
  • Politische Organisationen: Scandinavia, Blood and Honour, Nordland
  • Plattenlabel/CD-Vertriebe: Nordland/88 Musik, NS 88, Ragnarock, Records, Ultima Thule/Attidue Records

Norwegen

  • 100 in der White-Power-Szene
  • Drei aktive Bands
  • Zwei Auftritte im vergangenen Jahr
  • Durchschnittliche Besucherzahl und größter Auftritt: 50 und 70
  • Politische Organisationen: Blood and Honour
  • Plattenlabel: Boot Boy Records
  • CD-Vertriebe: NordEffekter

Polen

  • 15.000 -25.000 in der White-Power-Szene
  • 20 aktive Bands
  • 15 Auftritte im letzten Jahr
  • Durchschnittliche Besucherzahl und größter Auftritt: 200 und 300
  • Politische Organisationen: Narodowa Scena Rockowa (NSR), Blood & Honour Poland, NSDAP/AO (Polish Section), Narodowe Odrodzenie (NOP)
  • Plattenlabel: Hard Records, Thor Records, Bulldog Records, Narodowa Scena Rockowa
  • CD-Vertriebe: Odlam Skiny, NaRa Service, Wolf 88, Phoenix

Frankreich

  • 1,200-1,500 in der White-Power-Szene
  • 15 active Bands
  • 15 Auftritte im letzten Jahr
  • Durchschnittliche Besucherzahl und größter Auftritt: 150 und 250
  • Politische Organisationen: Französiches Blood and Honour, Nation 88, Memonal Record
  • Plattelabel: BOHA Records, RIP Diffusion, Pit Records
  • CD-Vertriebe: BOHA Records, Nation 88 Records, Europa Records, Noir et Rouge

Deutschland

  • 6000-8000 in der White-Power-Szene
  • 50-80 aktive Bands
  • 100 Auftritte im vergangenen Jahr
  • Durchschnittliche Besucherzahl und größter Auftritt: 300-500 und 1,000
  • Politische Organisationen: Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), Blood and Honour Deutschland, Hammerskins Deutschland
  • Plattenlabel: Rock O Rama, Funny Sounds GmbH, Dial Records, Hansa Records, DS Versandhandel (NPD label), Walzwerk Records, Dim Records
  • CD-Vertriebe: Rock O Rama/Pure Impact, Pühse Liste, Donner-Versand

Niederlande

  • 20-50 in der White-Power-Szene
  • Vier aktive Bands
  • Keine Auftritte im vergangenen Jahr
  • Politische Organisationen: Hammerskins
  • Plattenlabel: Nordisc
  • CD-Vertrieb: Nordisc

Netz der Lügen

Von Steve Silver.

"Unsere Feinde fürchten das Internet, da es die einzige Möglichkeit ist, unsere Botschaft ohne Zensur der Welt mitzuteilen." (National Socialist World Wide Web)

Die Nazimusik-Versandfirmen haben sehr früh die Möglichkeiten des Vertriebsweges Internet wahrgenommen und betreiben teilweise seit Jahren professionelle Websites.

Die Vorteile dieser Websites sind offensichtlich. Die Firmen können durch Direktverkauf an die Endkunden und Bezahlung per Kreditkarte alle Zwischenhändler umgehen. Potentielle Käufer können sich sogar Soundclips anhören. Waren, die in vielen Ländern niemals im Schaufenster präsentiert würden - sei es aus rechtlichen Gründen, oder weil die Nazis dort keine Vertriebsstrukturen haben - sind per Mausklick erhältlich.

Es ist Fakt, daß heute tausende rassistischer CDs und Fanartikel über das Internet vertrieben werden, die früher in gedruckten Katalogen und Fanzines beworben wurden. Die Auswirkungen dieser Entwicklung im weiteren politischen Sinne sind für die Nazibewegung selbst, aber auch für AntifaschistInnen, noch nicht deutlich - abgesehen davon, daß dieser Handel eine einträgliche Geldquelle für die Nazibewegung bildet.

Trotz der Rückschläge, die Resistance Records in den USA und Nordland in Schweden hinnehmen mußten, betreiben diese beiden Organisationen nach wie vor die wichtigsten Websites, auf denen eine breite Palette von Waren angeboten wird. Die Beschlagnahme von 200.000 CDs und Kassetten in Kanada und die Ermittlungen gegen den Boss von Resistance Records, George Burdi, in den USA wegen Steuerhinterziehung haben zwar zu einem Eigentümerwechsel geführt, bewirkten aber keine Geschäftsaufgabe.

Weitere Informationen zu Resistance Records enthält die demnächst erscheinende Searchlight-Broschüre über die White Power-Musikszene. Cliff Southwell macht dort in seinem Artikel deutlich, daß die Nazimusik-Szene das Internet nicht nur zur Vermarktung nutzt.

Es gibt Hunderte von Websites, die für verschiedene Nazi- Skinhead-Organisationen werben und rassistisches Hetzmaterial verbreiten; auf diesen Websites wird empfohlen, die Propaganda herunterzuladen, auszudrucken und weiterzubreiten. Es gibt allerdings kaum Hinweise, daß diese Aufforderungen befolgt werden, auch wenn Menschen, die auf anderem Wege nie in Berührung mit Nazipropaganda gekommen wären, jetzt erstmals Zugang zu solchem Material bekommen.

Die Interaktivität des Internet bedeutet auch, daß sich die Nazis mittels Internet Relay Chat der schriftlichen Konversation mit ihresgleichen erfreuen, und Nachrichten in Newsgroups verbreiten können. Der Nutzungsgrad dieser Möglichkeiten variiert drastisch zwischen verschiedenen Ländern. Den USA und Schweden kommt hierbei die zweifelhafte Ehre des ersten Platzes zu.

For die ZynikerInnen, und es ist schwierig, nicht zynisch zu sein, sei daran erinnert, daß all dies, trotz des hochgepuschten und verwirrenden Begriffes "Cyberspace", in der wirklichen Welt passiert. Reale Faschisten verbreiten Informationen, die auf Festplatten mit grenzenloser Kapazität gespeichert sind, und wirkliche Menschen haben vom Wohnzimmer aus Zugriff darauf und verwenden die Computernetzwerke zur direkten Kommunikation untereinander. Die Informationen befinden sich nicht irgendwo im Äther.

Die breiteren politischen Möglichkeiten, die das Internet bietet, hat die Nazibewegung allerdings bisher nicht wahrgenommen, auch wenn Tom Metzger vom "White Aryan Resistance" bereits 1985 in den USA eine Mailbox in Betrieb nahm.

Ob es der Nazibewegung gelingen wird, auf der von ihnen herbeigesehnten "Weißen Welle" zu reiten, und unter Umgehung von Gesetzen, die rassistische Hetze verbieten, neue Anhänger in einem Umfang zu gewinnen, der ihren Bemühungen und ihrer Präsenz im Internet angemessen ist, bleibt abzuwarten. In ihren Publikationen geben sie offen zu, daß ein großer Teil ihrer Anhängern bisher keinen Zugang zum Internet hat.

Die Vorstellung, daß Kalle Kahlkopf vor seinem Computer sitzt und behutsam auf der Tastatur klimpert, paßt nicht so recht zum Doc-Martens-Image eines Skinheads. Es sei allerdings daran erinnert, daß die Nazis im Deutschland der 30er Jahre die Mittelalterlichkeit von Pogromen mit der modernsten Technologie der damaligen Zeit kombinierten.

Der Film, das damals modernste Propagandamedium, wurde in ausgeklügelter Form als politische Waffe verwendet. Die Macht der großen Leinwand wurde für den Kampf gegen die moderne Kultur eingespannt.

Die heutigen Nationalsozialisten versuchen, den Personalcomputer mit seinem kleinen Bildschirm und dem einsamen Benutzer für die internationale Verbreitung der White Power- Musik einzusetzen. Ob sie mit diesem Medium auch erfolgreich Nachwuchs rekrutieren können, liegt nicht allein an ihnen, sondern auch an der weiteren Entwicklung und der künftigen Bedeutung des Internet selbst.

Blut und Tränen

Und so trug es sich schließlich zu, daß nach Monaten der Verleumdung, des Stichelns und öffentlicher Kämpfe sich Blood and Homnour endlich spaltete. Wie von Searchlight vorhergesagt, eskalierten die Spannungen zwischen C18 und den eher traditionellen Skinheads.

Im August 1998 brach die Mehrheit der Blood and Honour-Bewegung mit der Neonazi-Terrorgruppe Combat 18 (C18), wobei die zunehmende Gewaltbereitschaft von C18 als offizieller Grund genannt wurde. Die Gruppe der Abtrünnigen, die hauptsächlich aus den Midlands und aus London kam, nahm Kontakte vom British Movement und zu den British Hammerskins auf. Diese beiden Gruppen hatten sich schon seit langem von C18 abgesetzt.

Bei der Spaltung spielten Simon Dutton, Gary Smith, Graham Thompson, Steve Swingfen, Mick Dunn und Chris Hipkin eine führende Rolle. Mit ihnen kamen die vier Blood and Honour-Bands Legion of Saint George, Conquest, Warlord und Avalon. In dem neuen Bündnis kommen diese Bands mit Squadron, English Rose, The Ovaltenees und Violent zusammen.

Zurück bbleibt nur der Rumpf um C18. Die Schlüsselfiguren bei der Musikszene sind, unter Führung von Will Browning, Del O'Connor, John Henderson and Simon Biggs. Hinzu kommt der erst kürzlich entlassene Knastbruder Mark Atkinson, der bei Blood and Honour für Sicherheit verantwortlich ist. Loyal zu C18 bleiben die Bands Blackshirts, Warhammer, Razors Edge und No Remorse.

Die Blackshirts waren bisher unter dem Namen Chingford Attack bekannt, zu der Zeit gehörte allerdings noch Dunn zur Band. Sie trennten sich, als Dunn sich von C18 löste, während die anderen Bandmitglieder loyal zu C18 blieben.

Die Drahtzieher der Spaltung verbündeten sich gegen C18, während Browning eine Strafe wegen Aufruf zum Rassenhaß absaß. Wie Searchlight in der Ausgabe März 1997 berichtete, waren Simon Dutton und Chris Hipkin nur zu glücklich, Browning während dessen Haft zu verleumden, schwiegen aber wieder, als der C18-Chef entlassen wurde. In dieser Zeit gab es enrsthafte Gespräche mit dem British Movement, bei denen wieder mal nichts herauskam.

Brownings fortdauernde Obsession, an Steve Sargent Rache zu nehmen, ließ bei vielen Blood and Honour-Mitgliedern die Alarmglocken schrillen. C18 tauchte, ausgerüstet für eine Konfrontation mit Sargent und seinen Koks-dealenden Freunden aus Rumford, regelmäßig bei Konzerten auf. Rund 40 C18-Unterstützer, darunter auch Browning, der eine Machete unter seiner Jacke trug, waren im Juni auf einer Spendensammel-Veranstaltung der National Front in Coventry. Viele Blood and Honour-Unterstützer begannen zu glauben, daß Browning das Spiel verloren hatte.

Der Klatsch über Browning ging weiter, wenn auch nur hinter seinem Rücken. Als der zunehmend verrückt werdende Browning auf die Gerüchte reagierte, beschuldigte jeder den anderen.

Die Spaltung geht aber weit über eine persönliche Abneigung gegen Browning hinaus. Viele Mitglieder mochten die modisch gekleidedeten Hooligans von C18 nicht, sondern glaubten, daß Blood and Honour eine Skinhead-Organisation bleiben sollte. Spannungen zwischen den beiden Strömungen flackerten im November letzten Jahres bei einem Konzert in Südlondon auf, als C18-Mitläufer gegen Skinheads aus den Midlands kämpften. Die Beziehungen wurden zwar zunächst wiederhergestellt, doch nahm stiller Groll zwischen den beiden Gruppen zu.

Die Spaltung zeigt auch den Widerstand gegenüber den Versuchen von C18, die Bewegung zu politisieren. Daß Browning wiederholt geltend machte, die Bands sollten nur "für die Sache" auftreten, kam bei vielen Blood and Honour-Mitgliedern nicht gut an. Es ist auch kein Geheimnis, daß viele C18-Mitglieder sich nicht sonderlich für die Musik interessierten, sondern sie ganz schlicht als Finanzquelle für andere Aktivitäten ansahen. Die letzte Ausgabe der Blood and Honour-Publikation merkt an, daß die Bewegung sich an die Gesetze halten sollte - eine offene Zurückweisung der Ansichten von C18.

Die schwierige Koexistenz der beiden Gruppen zerbrach im Sommer, als einige Anhänger der Nicht-C18-Fraktion ernsthaft darüber nachzudenken begannen, sich von C18 zu lösen. Eine führende Rolle hierbei spielte Swingfen, von dem Anfang des Jahres bekannt wurde, daß er heimlicher Unterstützer der British Hammerskins ist. Zusammen mit Hipkin, Thompson und Dutton beschloß er, die Bands darin zu bestärken, nicht mehr auf von C18 organisierten Konzerten zu spielen.

Mit dem anwachsenden Druck auf Swingfen, der zunehmed zum Ziel von Brownings Wut wurde, wurden die anderen Verschwörer immer nervöser, und es sah so aus, als würden sie vor jeglicher Konfrontation zurückweichen. Auf einer Reihe von geselligen Abenden, von denen C18 nichts wußte, wurden allerdings die Truppen zusammengezogen.

Den Anfang machte Steve Callindine, besser unter dem Namen "Stigger" bekannt. Er brach im Sommer mit Blood and Honour und begann eine enge Freundschaft mit Micky Lane, dem "Straßenboss" des British Movement. Seine Entscheidung, einen Gig zur Erinnerung an Ian Stuart am selben Tag abzuhalten, an dem auch ein Blood and Honour-Konzert stattfand, führte zu heller Aufregung bei C18. C18 bliebt damals allerdings davon überzeugt, daß Stigger allein handelte. Ein paar Wochen später wurde C18 darüber in Kenntnis gesetzt, daß sie bei Blood and Honour-Veranstaltungen nicht mehr erwünscht seien.

Das British Movement kann seinerseits kaum glauben, welches Glück es hatte. Nach Jahren im politischen Abseits und mehreren erfolglosen Versuchen, den Weg zurück in die Szene zu finden, sehen sie nun, daß ihnen Blood and Honour auf dem Silbertablett präsentiert wird.

Ob es eine Konfrontation zwischen den beiden Gruppen geben wird, läßt sich noch nicht absehen; ebensowenig, ob C18 angesichts seiner Isolation innerhalb der Bewegung überhaupt überleben wird. Von größerem Interesse ist die Frage, ob das neue Bündnis, das allein auf dem Haß auf C18 basiert, halten wird.

Norwegischer Black Metal als Speerspitze des Rassenhasses

Zwischen Hitler und Satan

Während Skinheads und deren Musik die rassistische Musikszene in dem größten Teil Europas beherrscht, sind es in Norwegen die Satanisten, die diese Position einnehmen. Es gibt in Norwegen zwar nur wenige Nazi-Bands, jedoch rund 50 Black Metal-Gruppen, von denen 15 bis 20 relativ bekannt sind. Norwegische Black Metal-CDs werden allein in Japan in Auflagen bis zu 20.000 Stück verkauft, und sie beherrschen die Szene in Europa. In Ländern wie Italien oder Brasilien haben sie sogar Kultstatus. Viele dieser Bands haben sich vom Satanismus zu Nationalsozialismus, Odinismus und Antisemitismus bewegt. Betont werden muß allerdings, daß eine große Zahl von Black Metal-Bands unpolitisch sind, die sich nur mit Musik und nicht mit Rassismus beschäftigen.

Am 10. August 1993 berichtete die norwegische Presse vom Tod eines führenden Satanisten, der mehreren Stichwunden erlegen war. Das Opfer, Xyvind Aarseth, hatte eine bestimmende Rolle in der satanistischen Band Mayhem, und war eine der beiden zentralen Fühungspersonen der norwegischen satanistischen Black Metal-Szene. Die Polizei ermittelte recht schnell Kristian Verkernes, alias "Graf Grishnak", als Täter. Vikernes war Leadsinger der satanistischen Band "Burzum" und Aarseths Rivale als Führer der Black Metal-Szene.

Vikernes, der seinen Vornamen später in "Varg" (Wolf) änderte, bezeichnet sich selbst als Rassisten und Nationalsozialisten, während Aarseth lose Verbindungen zur Linken hatte.

Der Mord fand vor dem Hintergrund übertriebener Schlagzeilen über satanistische Kulte statt. Der Medienrummel wurde noch durch eine Welle von Kirchenbrandstiftungen angeheizt, die von Personen aus der satanistischen Szene begangen wurden. Zwischen 1992 und 1998 wurden 47 Kirchen niedergebrannt.

Mittlerweile sind ungefähr 15 Satanisten wegen 28 Brandstiftungen an Kirchen verurteilt worden. Viele weitere wurden wegen Grabschändungen verurteilt. Vikernes selbst erhielt eine Strafe für drei Kirchenbrände. Er sitzt jetzt eine 21 Jahre wegen Mordes und Brandstiftung ab. Einer seiner Mittäter bei einem der Brände erhielt lebenslänglich wegen des brutalen Mords an einem Schwulen in Lillehammer.

Nachdem Vikernes sich zum Nationalsozialismus bekannt hatte, erhielt er prompt einige Aufmerksamkeit. In "Gjallhorn", der Zeitschrift der nationalsozialistischen Bewegung in Norwegen, wurde Vikernes als "Lehrling ohne Meister" bezeichnet. Der Artikel ließ keinen Zweifel daran, wer der Lehrmeister sein sollte. Jan Erik Kvamsdal, in führender Position in der nationalsozialstischen Szene Norwegens, nahm Kontakt zu Vikernes auf, und spielte über einige Jahre den politischen Mentor für ihn. Kvamsdal, der auch bekannter Guru der New Age-Bewegung und notorischer Antisemit ist, gehört zu den eher im stillen arbeitenden norwegischen Naziführern. Er hat in der ganzen Welt umfangreiche Kontakte zu anderen berüchtigten Judenhassern wie Ahmed Rami und Dietlieb Felderer in Schweden.

Kvamsdal gründete unter dem Decknamen "Eric Norwayson" eine Organisation namens "Norwegische Heidenfront". Im Internet verbreitete die Heidenfront unter anderem geschichtsrevisionistische Artikel. Später wurde die Heidenfront von Vikernes übernommen. In deren Programm schreibt er, daß alle Menschen, die an einer unheilbaren Krankheit leiden, einen "humanen Tod" sterben sollten. Nach Vikernes, der auch alle "fremden" Religionen verbieten möchte, gehören Homosexuelle zu der Kategorie der Menschen mit unheilbaren Krankheiten.

Ein Artikel der norwegischen Antifa-Zeitschrift "Monitor" brachte einen Skandal ans Tageslicht: Vikernes nutzte das Postfach des Gefängnisses als offizielle Adresse für seine Nazigruppe. Vikernes sitzt in einem Hochsicherheitstrakt und hätte eigentlich nicht in der Lage sein sollen, von dort aus irgendwelche Naziaktivitäten zu starten.

Von seiner Zelle aus führt Vikernes ein nazi-satanistisches Netzwerk, das ganz Skandinavien umfaßt. Seine Rolle in der Szene ist der bestürzende Beweis, daß Teile der Black Metal-Szene sich von satanistischen Witzfiguren zu Hardcore-Nazis wandeln. Anders als die Boneheads haben es die Satanisten geschafft, ihre Übergriffe recht erfolgreich zu organisieren.Die Beobachtung, daß sie sich in die Naziszene begeben, sollte nicht nur für AntifaschistInnen besorgniserregend sein, sondern auch für die Behörden. Wie lange wird es dauern, bis die erste Synagoge brennt?

 

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