Editorial
Dokumente des blanken Unsinns

von Karl Müller
11/04

trend

onlinezeitung
In der letzten Ausgabe veröffentlichten wir einen Auszug aus den Marxschen "Grundrissen"(*)  wo vom Altmeister eine andere Herleitung des Kommunismus entwickelt wird, als sie gemeinhin von neorevisionistischen Kräften heute versucht wird. Herleitungen, wie etwa die von Heinrich, der schlussendlich beim Geld "als vermittelnder Instanz" landet (so auch erneut in seiner überarbeiteten 3. Auflage von "Die Wissenschaft vom Wert"). Mit diesem Leseauszug wollten wir zu einer inhaltlich anders bestimmten Kommunismusdebatte anregen, als sie gemeinhin aus den Reihen des akademischen Marxismus "nach draußen" rübergebracht wird (Hardt/Negri, Postone, Heinrich etc). Schon vor Jahren hatte Robert Schlosser anknüpfend an die Grundrisse solch eine Debatte mit Blick auf die heutigen Produktions- und Reproduktionsverhältnisse anstoßen wollen (siehe dazu: Versuch einer Rückbesinnung auf den materialistischen Ausgangspunkt der Kritik der Politischen Ökonomie!, Zipdatei in der Linkskurve)

In der vorliegenden Ausgabe veröffentlichen wir Bockenheim ist überall von Susanne Rischke & Joachim Bruhn, dem Thomaskantor der antideutschen Glaubensgemeinde. Wer nun glaubt, dass wir durch die Veröffentlichung dieses dümmlichen Machwerks, eine kryptische Allianz zu deren Kritik an Heinrichs Marxverdrehungen ("Daß Heinrich so tut, als verstünde er tatsächlich alles das, was er schreibt, ist das Maß seiner Affirmation der falschen Verhältnisse.") aufbauen wollen, der irrt. Die Verbreitung jenes blanken Unsinns dokumentiert sozusagen selbstredend, dass diese Sekte außer Pöbeleien nichts mehr auf der ideologische Pfanne hat als die idiotische Gleichung: Antideutsch = Kommunistisch, womit das Desaster der eigenen politischen Isoliertheit nur notdürftig übertüncht wird. Ferner handelt es sich bei diesem Text um den signifikanten Nachweis, welcher Müll mit dem Vokabular der Kritischen Theorie geriert werden kann, wenn das Gehäuse des akademischen Dialogs verlassen wird. Oder anders: Als politische Eingriffstheorie ist sie zu gar nichts mehr nutze, wenn - wie im vorliegenden Fall - auch noch der Unterhaltungswert verloren geht.

Ein ähnliches theoretisches Verfallsprodukt stellen Robert Kurzens Ergüsse dar. Kurz - daselbst ein gestandener Erzfeind der Antideutschen, lassen wir in der 11-04 wieder zu Wort kommen ( Das Nobelpreiskomitee ist verrückt geworden), jedoch nicht um mit ihm zu signalisieren, woher der Wind unserer Kritik gegen die Antideutschen weht. Ganz im Gegenteil, seitdem er vom Todestrieb des Kapitals schwätzt, hat er sich damit direkt an die ideologischen Fundamente der Kritischen Theorie - die Lebensphilosophie - herangerobbt. Nein. Hier soll sozusagen am Gegenstand selber gezeigt werden, was aus einem vormals kritischen Anspruch werden kann, wenn es nur noch darum geht, verlorenes Terrain in der linken Nischenwelt wieder zurück zu gewinnen: Blöde Anmache eines Ex-Genossen - im vorliegenden Fall Franz Schandl.

Sowohl die ISF- und Bahamas-Antideutschen als auch die Exit-WertkritikerInnen sind in einem rasanten Tempo dabei, in Sachen Theorie die Anwartschaft auf den Gnadenstand einer Kirchenmaus zu erlangen. Dies wird umso deutlicher, wenn in Rechnung gestellt wird, dass die kapitalistischen Verhältnisse immer mehr ihrem Begriff entsprechen und gerade auch in den Metropolen ins Wanken geraten. Diese Entwicklung zu dokumentieren und theoretisch einschätzend zu begleiten, ist und bleibt zentrale Aufgabe des trend. Diesen Anspruch hoffen wir auch mit der vorliegenden Ausgabe eingelöst zu haben.

*) Dieser Leseauszug war bisher im Internet nicht veröffentlicht. Ansonsten siehe weitere Auszüge unter http://www.mlwerke.de/me/me42/me42_375.htm