Angemerkt &  vorgemerkt
Das Jahr 2018 steht vor der Tür

von
Antonín Dick

10-2013

trend
onlinezeitung

Wie das Ergebnis zur Bundeswahl 2013 zu deuten ist?

 Natürlich über das, was die Parteien nicht thematisiert haben: Europa. Die Zeichen für das Zustandekommen einer handlungsfähigen Regierung stehen schlecht. Warum? Es gibt keine Visionen für Europa, obwohl die Völker Europas sie dringend benötigen. Und warum nicht? Weil der deutsche Wirtschaftsnationalismus die politischen Akteure aller demokratischen Parteien lähmt. Der AfD-Nationalismus spricht nur offen aus, was alle anderen insgeheim denken und wünschen: die Verlängerung der ökonomischen Herrschaft der Bundesrepublik über Europa.

Ein Volk aber, das andere Völker unterdrückt, kann selber nicht frei sein. Es ist die Unfreiheit hierzulande, die verhindert, echte Alternativen für Europa zu entwickeln, in denen Gleichberechtigung und Völkerfreundschaft herrschen.

Eine stille Auflehnung gegen diese ökonomische Dominanz steht bereits auf der Tagesordnung: in Prag, Athen, Rom, Madrid Lissabon und anderswo. Und eine hochgradig erregte aus dem Land der Revolution. „Das Ergebnis der Bundestagswahl hat Mélenchton (ein Linkssozialist) zu einem Wutanfall provoziert“, schreibt Wolf Lepenies einen Tag nach den Deutschlandfeiern, bei denen neuerdings sogar auf so etwas wie modernisierte Bismarckfeuer zurückgegriffen wird, in der „Welt“: „Der Triumph Angela Merkels sei Ausdruck des nationalen Egoismus und ein Desaster für die europäische Zivilisation. Die ‚Medienpapageien‘, so schimpfte Mélenchon, würden jetzt noch stärker als bisher die Übernahme des ‚deutschen Modells‘ in ganz Europa propagieren.

Der EU stehe eine ‚neoliberale Orgie‘ bevor: Es drohe die Rente mit 70, Arbeiter müßten sich in Zukunft mit einem Stundenlohn von einem Euro begnügen, die Griechen würden das Meer, die Portugiesen die Luft verkaufen, um ihre Schulden bezahlen zu können. Die Europäer, die seit Jahren unter der eisernen Faust der Deutschen litten, würden auch in Zukunft die Berliner Erniedrigungen und Beleidigungen gehorsam ertragen: ‚Tout va très bien, Madame la Marquise!‘ De Gaulle und Adenauer gesteht Mélenchon zu, im Verhältnis von Frankreich und Deutschland auf strikte Egalität geachtet zu haben. Seitdem aber habe Deutschland seine eigenen Interessen zum Schaden Europas immer stärker durchgesetzt. Die deutschen Sozialdemokraten und eine schlappe französische Linke („La Gauche molle“) hätten mitgeholfen, ein Europa der Banken und Bosse zu bauen, das heute vor einer politischen und sozialen Explosion stehe.“

Das Jahr 2018 steht vor der Tür - ein anstehendes Folgejahr der europäischen Revolutionen von 1918 und 1968.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Artikel vom Autor für diese Ausgabe..

Vom Autor erschien bei TREND:


TREND-Spezialedition
Rose des Exilgeborenen

Ein Essay von Antonín Dick