zurück

trend onlinezeitung für die alltägliche wut
Nr. 9/1998

n.brauns@link-m.de  (Nick Brauns)

Eindringliches Bekenntnis zum Frieden
Internationales Kurdisches Kulturfestival


Über 60.000 Kurden aus ganz Europa versammelten sich am Samstag (12.9.98 - trend) im Rotterdamer Feijenoord-Stadion zum 6.Internationalen Kurdischen Kulturfestival. Das diesjährige Festival war der Guerillakämpferin Sema Yüce gewidmet. Aus Protest gegen den schmutzigen Krieg hatte sie sich in türkischer Kriegsgefangenschaft umgebracht. Ihr Bild war ebenso wie das des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan überlebensgroß im Stadion aufgehängt. Bei weitem übertroffen wurden diese Bilder von zwei 50 Meter langen Fahnen der in Deutschland verbotenen Nationalen Befreiungsfront Kurdistans ERNK und der ARGK- Guerilla, die die Frontseite des Stadions bedeckten. Höhepunkt des Festivals war eine Ansprache "Apo" Öcalans, die live aus dem PKK-Hauptquartier in Damaskus übertragen wurde.

Der PKK-Chef sprach über den am 1. September von der PKK einseitig verkündeten Waffenstillstand. "Wir reichen dem türkischen Volk unsere Hände zum Frieden und zur Brüderschaft", erklärte Öcalan unter dem Jubel seiner Anhänger. Sollte die türkische Seite das kurdische Friedensangebot ausschlagen, sei die PKK allerdings bereit, weiterhin bewaffnet für die Rechte der Kurden zu kämpfen.

In den Spätnachrichten verbreitete das Bayerische Fernsehen die Meldung, Öcalan hätte den Waffenstillstand aufgehoben. Das Kurdistan-Informationszentrum in Köln dementierte dies ausdrücklich gegenüber junge Welt. Offensichtlich war das bayerische Fernsehen einer gezielten Falschmeldung aufgesessen, mit der die türkischen Militärs von dem erfolgreichen Festival ablenken wollten.

Daß sich der Kampf der PKK nicht gegen das türkische Volk richtet, bewies auch die Anwesenheit zahlreicher türkischer Organisationen. Vertreten waren marxistisch-leninistische Parteien wie die MLKP, die mit der PKK eine gemeinsame Plattform gebildet haben.

In den letzten zwei Jahren konnte das kurdische Kulturfestival trotz des PKK-Verbots unter strengen Auflagen in Köln stattfinden. Wegen des laufenden Wahlkampfes hatten die
deutschen Behörden diesmal auf einen Ort außerhalb Deutschlands bestanden. Staatschutzmitarbeiter observierten dennoch die Abfahrt der Busse in mehreren deutschen Städten. Und auf der Rückfahrt stoppte der Bundesgrenzschutz in Wegelagerermanier unter anderem einen Bus aus München.

Nick Brauns

nach oben
trend
Nr.9/1998