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Aspekte der endzeitlichen Krisenphilosophie
Naht das Millennium?
Teil VIa
URI GELLER UND URIELLA
SPIEGLEIN, SPIEGLEIN, AN DER WAND, WER BRINGT UNS INS GELOBTE LAND? URI GELLER

von DIETMAR KESTEN

06/99
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Wer erinnert sich nicht an jenen banalen Zaubertrick, der den Zauberkünstler als grandiosen Lügner entlarvt, der mit der Desillusion spielt, und durch sie die Verfälschung unserer Sinne hervorruft? Jemand zeigt einen Herz-König herum, legt ihn mit dem Bild nach unten auf eine Unterlage, und weiß bereits in diesem Augenblick, daß die Karte nicht mehr der Herz-König ist. Die Irreführung besteht darin, daß niemand so recht einschätzen kann, wie er hantiert hat, wie er z. B. aus dem Herz-König eine andere Karte 'gemacht' hat, einen Pik-Buben oder eine Herz-Dame, die er vielleicht in der anderen geschlossenen-? Hand hielt.

Es gibt Zauberkünstler, die sich und ihre Welt zum Narren halten, die paranormale Kräfte vortäuschen, um damit ihre Entfesselungskünste oder bei 'schwebenden Jungfrauen' ihre Entmaterialisierungseigeschaften zu beweisen. Dem Publikum soll auf diese Weise suggeriert werden, daß so Naturgesetze umgangen werden können, und daß, wenn man an die Fähigkeiten des Magiers glaubt, die wissenschaftliche Welt aufhört zu existieren. Seine Tricks beruhen auf unglaublichen Subtilitäten, die vielleicht nicht entdeckt werden, weil sinnvolle Nachforschungen unmöglich sind, da sie oftmals eine Beschäftigung mit den 'verschwundenen Dingen' von vielen Jahren verlangen. In der Regel trägt der Illusionist ein 'verstecktes Laboratorium' mit sich herum, eine 'Camera obscura', (1) die seine Assistenten, die immer nur einen Teil der ganzen Wahrheit wissen, geschickt anwenden, um den Glauben zu zerstören, daß das Denken rational ist, auf Lebenslügen beruht, und daß die menschlichen Erfahrungen mit einer angeblich rationalen Welt voll von Betrügereien und verwissenschaftlichem Unsinn ist.

Die Methoden eines Magiers sind irrational und liegen vollkommen außerhalb unserer Wahrnehmungen, unserer Erfahrungswelt, die wir mit den Naturwissenschaften teilen; sie sind von einer millenaristischen Flutwelle erfaßt, weil von einer Wirkung des Glaubens auf die Beobachtung ausgegangen wird, und im Publikum den Illusionszwang erzeugt, daß ihr Geist infiltriert wird. Die 'geheimnisvollen Kräfte' benutzen sogar unendlich-dimensionale Räume und reduzieren das Paradoxon der Seele und des Körpers auf einen einzigen geometrischen Gegenstand. Wie auf der Ebene der biologischen Dynamik kombinieren sie Kausalität und Endgültigkeit zu einem rein topologischen, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachteten Kontinuum. Das außer Kraft setzen der wissenschaftichen Forschung/en geht einher mit der Entmaterialisierung der Welt, wobei der wissenschaftliche Fortschritt verachtet wird.

Schwerkraft, Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung können den menschlichen Verstand nicht innerhalb des Universums befriedigen, daß immer nur in abstrakten mathematischen Prozessen denkt. Die modernen Magier nutzen sehr effizient diese gewisse Verständnislosigkeit der Menschen bezüglich dieser Prozesse aus, um das Dilemma zu parsifilieren: Magie oder Naturwissenschaft. Im Sinne der Magie paßt sogar die Naturwissenschaft in 'ihre Welt', denn sie ist voll von 'unfaßaren Realitäten'.

URI GELLERs Reise in den Irrationalismus begann Anfang der 70er Jahre in in israelischen Nachtclubs, als er auf 'wundersame Weise' Metall verbog. Dort wurde er entdeckt, startete seine eigentliche Karriere in Amerika, wo er finanziell unterstützt von dem Astronauten, der einst den Mond betrat, EDGAR MITCHELL, (2) sich Experimenten zu unterziehen hatte, die seine 'Übernatürlichkeiten' herausstellen sollten. Er soll vor Physikern (PUTHOFF, TARG) per Psychokinese Metall verbogen, und sich im Erraten von Würfelexperimenten hervorgetan haben; nichts atemberaubendes also! GELLERs 'EPS-Kräfte' und 'sensationelle Darbietungen' entpuppten sich damals schon als reine Scharlatanerie; hatt er doch den Kasten, der verschiedene Würfel enthielt, und aus dem er 'korrekte' Zahlen 'erlesen' konnte, vorher mittels Manipulation wiederholt gefügig gemacht.

Sein irrelevantes Tun wurde von einer Reihe von Paraphysikern unterstützt, die ihn protektionierten, dafür sorgten, daß die Welt auf ihn aufmerksam wurde; in England war es z. B. JOHN TAYLOR, (3) der durch den internationalen Bestseller 'Black Holes' bekannt wurde. TAYLORs eigenartige Spekulationen der 'Unsterblichkeit in einem oszillierenden Universum', die er in seinem Buch entwickelte, und auf die sich auch der frühe JOHANNES von BUTTLAR begierig stürzte, ließen keinen Zweifel daran aufkommen, daß er für das 'Übernatürliche' einen Draht hatte. Es verwunderte nicht, daß er in England mit GELLER zusammentraf und gesponsert von einer BBC-Fernsehshow seine 'Magie' als die 'größte Neuigkeit des 20. Jahrhunderts' verkaufte. TAYLOR, von GELLERs Fähigkeiten überzeugt, machte eine Reihe von Experimenten mit Kindern, denen er Metallstäbe gab, die sie anschließend 'verbiegen' sollten. Es stellte sich heraus, daß sie das immer dann taten, wenn sie sich unbeobachtet fühlten, oder Zuschauer in ihrer Aufmerksamkeit beim zusehen abgelenkt wurden. Bei einem weiteren Test, der von Psychologen der Bath-Universität mit einem doppelten Spiegel vorgenommen wurde, klärten sich dann die 'EPS-Phänomene' schnell auf: Löffel, Metall und Röhren, 'gellerisierte' Stäbe wurden mit eindeutig normalen Mitteln verbogen. Die 'mysteriöse Kraft' GELLERs entpuppte sich als normale menschliche Fähigkeit, die, um anderen einen Streich zu spielen, nur in bemerkenswerter Virtuosität gipfelte. Das 'GELLER-Phänomen' klärte sich wie ein Schlüsseldienst auf, wo man fälschlicherweise an die Kreativität des Schlossers glaubt, der mit ungeheuren Fähigkeiten Türschlösser öffnet. Dabei wird seine Tätigkeit in Wahrheit gelenkt von bestimmten festgelegten Spielregeln, die für alle Schlösser gelten, und eine flexible Strategie beim Öffnen des Schlosses ist nichts anderes, als ertasten des Mechanismus. Der einfache-gebogene Draht ist auch hier nicht von einer 'geheimnisvollen Intuition' geleitet.

1974 führte er in London einer Gruppe von ausgewählten Physikern ein Experiment mit einer Geigerzähler-Röhre vor. Der Geigerzähler sollte ausschließlich durch die 'Berührung' mit seinen Händen dazu gebracht werden, auszuschlagen. Tatsächlich passierte das unter 'paranormalen Umständen', verbunden mit großen physischen Anstrengungen (schweres Atmen, Schweißausbrüche) des Meisters, und alle Welt schien zu glauben, daß seine PSI-Kräfte 'außergewöhnliche Begabungen' seien. Fortan rätselte die Fachwelt, wie so etwas möglich ist? Die Erklärung (im jedem Physikbuch nachzulesen):GELLER trugt eine harmlose radioaktive Substanz bei sich, brachte sich in die Nähe einer Beta-Quelle, simmulierte körperlichen Streß und psychische Ausgemergeltheit und erhielt so den gewünschten Ausschlag des Geigerzählers. Für Zauberkünstler sind dieser Tricks simpel. Sie verändern sie nur immer und entwickeln neue aus vorhergegangenen Erfahrungen, wobei sie immer Automatismen mit 'bewußter Eingebung' verwechseln: Mit einem Fahrrad über ein Drahtseil zu fahren, Rechenkunststücke zu verbringen, sind bemerkenswerte Fähigkeiten, aber alles andere als ein 'Gefühl für die Materie'. GELLERs 'separate Abteilung des Geistes' kommt einem wie der sokratische Dämon vor, der romantisch veranlagt ist, das Unbewußte in einem Käfig mit sich herumträgt, aus dem er ewig schöpfen kann; sogar viszerale Funktionen und Yoga-Methoden kann er unter Kontrolle bringen. Sucht man nach Antworten für seine 'ganze Magic', kommt einem der Blick auf die Langeweile der menschlichen Phantasie und des Trägheitsmoments seines Lebens sehr entgegen. Die moderne Welt steht im Übergang zum 21. Jahrhundert vor mehr Problemen, als sie vielleicht hätte erwarten können. Alle traditionellen Methoden, aus dem Heimatplaneten einen mit gesellschaftlichen Perspektiven zu schaffen, sind gescheitert. An diese Stelle ist die publikumswirksame Schau getreten, mit anderen Worten: Einen adäquaten Platz in seiner historischen Entwicklung gib es nicht mehr, die Menschheit wird nur noch vor fertigen Lösungen gestellt was sich besonders in der Politik niederschlägt, die sich für die Meinungen des Staatsvolkes nie interessiert hat -, ihre Kommunikationsversuche sind zu Engpässen mutiert, und es fragt sich, wie sich ein Leben fortzusetzen hat, daß insgeheim nur noch von 'verborgenen' (Führern-)Verführern, deren Lehren mehr und mehr aufgenommen werden, und die wie ein 'Deus ex machina' auf einem Hügel stehend, über ihr Reich blicken, kontrolliert wird? An dieser unmittelbaren Krise der Moderne (4) partizipieren die neuen expliziten Botschaften, die dann um so stärker und heimtückischer nach vorne drängen, wenn der Platz des menschlichen Werts in einer Welt der Tatsachen durch sie selber täglich ad absurdum geführt wird.

Kommunikation mit 'anderen Bewußtseinsarten', die bis an den Rand der Aufgabe dieser Welt geht, haben sich immer in den bizarrsten Prozessen niedergeschlagen. GELLER, der seit seiner frühesten Jugend Bücher über Paranormalitäten verschlungen hatte, konnte daher sicher sein, daß er ausgestattet mit besonderer Raffinesse der Betrügereien entdeckt würde, oder, daß seine 'unzerstörte Ganzheit' im Siegeszug des ziellosen materialistischen Prozesses des warenproduzierenden Systems, eine Lücke findet. Sein 'schöpferischer Akt' entstand nicht etwa aus dem Nichts; denn er manipulierte, kombinierte, synthetisierte bereits bestehende Fakten, Ideen, Bezugsrahmen, kognitive Fertigkeiten, legte Modelle aufeinander, studierte die Grenzbereiche der Psychologie, der Biologie, der Mathematik und der Physik solange, bis er an die Öffentlichkeit treten konnte. Seine assoziativen Kontexte, Gedankengebäude, Denkbereiche und Schemata führten schließlich zur bekannten Form der 'Geistestätigkeit', der 'kodierten Nachrichten', die er vorgab, zu empfangen, und daß jedes Geschehen mit einem anderen Geschehen verbunden ist (Widerspruchslehre), wobei er Entfernungen in der räumlich überblickenden Zeit durch körperliche Vorgänge und kodierte Signale lenkte, umlenkte, und sie der Welt der Außenerfahrungen gegenüberstellte.

GELLER beherrschte die Illusion perfekt. Hinter der verrückten paradoxen Welt steckt die noch verrücktere Welt der Mikrophysik. Diese machte er sich zu eigen, beschrieb damit Eigenschaften in einem bestimmten Punkt in Raum und Zeit, konnte diese unter Zuhilfenahme lokal verborgener Variablen (Parameter) in seinem Sinne auflösen und so seinem Medium jede gewünschte Information zukommen lassen. So konnte es nicht nur 'aus dem Universums' empfangen, sondern auch sofort übermitteln. Der 'transzendale Weisheitsmann' verwirrte sein Publikum des öfteren mit jenem verwickelten Puppenspiel, daß er beliebig oft vor den Fernsehkameras an jeder Stelle auf der Welt wiederholte, und in Europa 1974/75 (5) reihenweise Fernsehstationen in Wallungen brachte: An jeder Puppe ist eine Schnur befestigt, oftmals unsichtbar, d. h. für das bloße Auge bei solchen Entfernungen NICHT erkennbar. GELLER hielt alle Schnüre in seiner Hand, und bewegte diese (wie beim berühmten Kasperletheater hinter der verborgenen Wand) wie er wollte. Es sah ganz danach aus, als ob sich Puppe A bewegen würde, doch in Wirklichkeit bewegte er Puppe B, und zog geschickt die Fäden. Bei Schaltungen der Fernsehanstalten (die oftmals im gegenüberliegenden Studio ihre Session abhielten) sah man das Medium an eben der gleichen Puppe hantierend. Der Eindruck wurde erweckt, daß rein zufällige und zusammenhangslose Ereignisse durch den Einsatz des 'Großen Puppenspielers', über den die unendlichen Schnüre liefen, wiederhergestellt werden können, und daß es Verbindungen zur unmittelbaren Geschwindigkeit von Raum und Zeit gibt. Hier wurde eine wahrhaft grandiose Theorie geschaffen, ein Leben im Laboratorium; hier vereinigten sich die löffelverbiegenden Kinder, die 'Wunder' von PSI ebenso wie Telepathie, Hellseherei, Psychokinese, Poltergeister, Präkognition, übernatürliche Heilung (die Wunder von Lourdes), außerkörperliche Erfahrungen usw.

Nach GELLER kann unser Bewußtsein den Körper 'verlassen', es kann empfangen, es kann beeinflussen, wenn dazu die Voraussetzungen gegeben, die Zeit gekommen ist, schneller als das Licht. Wenn Überintelligenzen mit ihm 'kommunizieren' wollen, braucht er nur seine 'übernatürliche' Kraft einzusetzen, und in der Tat waren seine 'superluminalen Informationsübermittlungen' seiner Zeit einzigartig; denn er hatte seine Theorien dermaßen ausgearbeitet, daß selbst Gehirnströme und verborgene Mikrophone physikalisch vorgebildete Zuschauer in Atem hielte. Rufen wir uns noch einmal ins Gedächtnis zurück, daß er die ganze Verwirrung der Moderne dazu ausnutzte, die rationale Wirklichkeit zu verachten, die Rückschau zur okkulten Phantasie, zur Phantasterei, zu Animismus und Zauberei mit seinen 'Tatsachen der Fernwirkung' zu betreiben. Dieser gewisse katabolische Effekt war wichtig, um die bewußte Anleitung und Führung der 'fruchbaren Geister' herzustellen seines jeweiligen Mediums. Ein typisches Szenario war, daß er vor Zuschauern mit den Worten auftrat, 'er wisse nicht, ob etwas geschehen könne', er 'fühle' sich abgelenkt, habe keine Eingabe, keine Kraft, ihm fehle die schöpferische Obsession usw. Bewußt die Situation blockierend, Streß vorzugeben -so scheiterten zunächst erfolgversprechende Versuche.

Dies alles diente nur der 'Periode der Vorbereitung' und die variable Strategie war, das Denken ziellos im Kreis herumlaufen zu lassen, bis es am Ende in die Aha-Reaktionen zur Klimax gelangte. GELLERs Spiel mit Worten führte dazu, daß die Aufmerksamkeit, schon lange bevor er zum entscheidenden Schlag ausholte, abgelenkt war, und zwar derart, daß sie immer in eine falsche Richtung lief. Sein eigentliches Tun er muße nur noch die Verführten auf seine Seite ziehen begann bereits in seiner Umkleidekabine mit seiner eigenen Präparation und der seines Mediums, daß er im Saal geschickt plazierte. Dieses Medium in der Regel ausgebildete Psychologen hatte einzig und allein die Aufgabe, 'vorbereitend' zu wirken, beiläufig den Besuchern zu suggerieren, sich 'ganz von einem Gegenstand durchdringen zu lassen', oder einfach einen Scherz zu machen, damit die Menge sich umdrehen, und der 'Chef in Ring' mit dem 'Geisterstoff' in Berührung kommen konnte. Wenn das Feld bereitet war, konnte er nach Belieben, Löffel, Autoschlüssel und andere metallene Gegenstände 'verbiegen'. Im Sommer 1974 gelang es ihm, in Deutschland, in Österreich und der Schweiz für Furore zu sorgen, PSI-Experimente durchzuführen, seine 'medialen' Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

GELLER arbeitete damals mit einer ähnlichen Methodik, die er bereits erfolgreichin den USA und England anwandte, hatte zu dieser Zeit eine Reihe von Lehrgängen hinter sich, die ihn auch zum 'Okkultismus Center' in Silver Spring führten. Die dort gemachten Erfahrungen, u. a. mit Nitinol, (6) sollten seine 'Kraftlinien' in einem überraschenden Blickwinkel erscheinen lassen: Er 'verbog' vor den Augen der Fernsehzuschauer ohne großartige Vorbereitungen und scheinbaren 'präkognialen Fähigkeiten' Drähte, Löffel usw. Der zuvor präparierte Nitinoldraht ließ sich ohne Schwierigkeiten in die erwünschte Form bringen, leicht verformen und das eigentliche Ergebnis, die Täuschung und die Desillusion hervorrufen. Der 'parapsychologische Aspekt': Der Mensch ist Sklave seiner Gewohnheiten, er ist Pendant, seine Denkgewohnheiten und sein Handeln läuft in gewohnten Bahnen ab, er ist ein 'überspezialsiertes Tier', das aus seiner Gefangenschaft befreit werden müsse, wie der Koalabär, der nur darauf spezialisiert ist, die Blätter der Eukalyptusbäume zu fressen. Sein Kopf löscht ihn selbst aus. Der Geist entspricht nichts anderem, als das Verhalten einer Ratte im experimentellen Labyrinth zeigt: Fortschritte resultieren nur aus einem Blindekuhspiel mit dem jeweiligen Medium. Die Botschaft: Der Mensch der Moderne wird nach aufgestellten Regeln beherrscht, der paranoide Wahn hat ihn befallen, der Traum, der Tagtraum, der Alptraum, seine Fluchtversuche aus der Knechtschaft münden im Feedback aus der Vergangenheit ein. Nur unter diesem Gesichtspunkt, oder gerade deswegen, ist zu verstehen, weshalb er 'jenseits von Technologien' agieren konnte.

Seine Betrügereien gehören mit zu den Unterlassungssünden dieser Welt, die immer den höchsten Grad an Wissenschaftlichkeit beansprucht, meint, für alle gesellschaftlichen Probleme die richtigen Antworten gefunden zu haben, doch dann jämmerlich versagt, wo sie vor dem eigenen Hause die sozialen Probleme nicht zu lösen vermag. Außergewöhnliche Kontrollen gibt es nicht mehr; denn sie verlangen außergewöhnliche Maßnahmen, und nicht nur die Löschung einer magnetischen Programmkarte. Wieder einmal scheint die Welt dazu gezwungen zu werden, keine zusätzlichen Vorsichtsmaßnahmen gegen den stupiden Geist zu ergreifen, bis er sie letztlich in das Chaos führt. GELLER hatte nur die Schwachstellen des 'Homo genius' offengelegt. Mit seinen 'Hilfsmitteln' führte er uns vor Augen, daß wir nicht dazu in der Lage sind im übertragenen Sinne Urin von normalem Wasser zu unterscheiden. Zauberkünstler können gute Darbietungskünstler sein, wenn sie es verstehen, ein Publikum zu unterhalten.Die darunter liegenden Schichten sind im HEISENBERGschen (7) Sinne Unbestimmtheiten, gewissermaßen in beide Richtungen, der fernen Vergangenheit und ebenso vage unerfahrbar wie die Zukunft.

Die Großaufnahme der Moderne kann auf 'geheimnisvolle Weise' keine Wunder mehr vollbringen, ihre Tricks funktionieren nicht mehr. Das ist die Tragik: 'Übernatürliche Kräfte' kommen und gehen, um 'ihre' Wunder zu vollbringen. Wenn die Zuschauer auf diesem Planeten nur noch in die Irre geführt, zu Gläubigen der Dinge werden, dann werden sich weiter die 'politischen Magier' versuchen, um einmal mehr ihre manipulativen Fähigkeiten zu benützen und die Natur und diese Welt in ihre Magie einzuordnen.  

Anmerkungen

(1) CAMERA OBSCURA: Versteckte Kamera. Lochkamera.

(2) EDGAR MITCHELL: Im Rahmen des amerikanischen Apollo-Programms gehörte er mit den Astronauten SHEPARD und ROOSA am 5. 12. 1971 zur Apollo 14-Besatzung, die auf dem Mond landete.

(3) JOHN TAYLOR: Mathematik Professor in London; wurde mit seinem Buch 'Black Holes' -The End of the Universe', London 1973 bekannt.

(4) Unter MODERNE verstehe ich in Anlehnung an GIANNI VATTIMO als diejenige Zeit, die sie als 'Zeitalter der Geschichte' charakterisiert, gegenüber dem antiken Denken' das von einer naturalistischen und zyklischen Betrachtungweise des Weltgangs beherrscht ist' (GIANNI VATTIMO: 'Das Ende der Moderne', Stuttgart 1990, S. 8). Davon hebt sich der Begriff 'Postmoderne' ab. Das Lateinische 'post' (Post-moderne) weist auf ein Abschiednehmen von der Moderne hin, 'sofern es sich ihrer Logiken der Entwicklung, und das heißt vor allem der Idee der kritischen 'Überwindung', in Richtung einer neuen Begründung entziehen will'. (ebd. S. 7). Insofern ist ROBERT KURZ zu kritisieren, der den Begriff 'Postmoderne' relativ eng faßt, ihn als 'einen schillernden, oberflächlichen und bloß modischen' interpretiert. Obwohl er ihm gleichzeitig wesentliche Bedeutung zuschreibt und feststellt: 'Aber gleichzeitig handelt es sich um einen wirklichen Epochebegriff, der allerdings auf eine Epoche der Oberflächlichkeit und des bloß Modischen verweist,' ist 'Postmoderne' jedoch mehr als nur vor dem 'ökonomischen Hintergrund des globalen Kasinokapitalismus' zu betrachten' (Alle Zitate: ROBERT KURZ: 'Die Welt als Wille und Design', Berlin 1999, S. 13). 'Postmoderne' ist nicht nur eine einfache Neuheit, Neuschaffung, oder neues Zeitalter der Moderne, sie ist deren Auflösung und Aufhebung der Kategorien des Neuen. Und dadurch wird sie letztlich auch charakterisiert; nämlich als letzte Erfahrung des 'Endes der Geschichte'. Eine fortschrittliche Phase oder eine rückschrittliche Phase der Geschichte kann es nach meinem Dafürhalten nicht mehr geben. 'Postmoderne' als 'Ende der Geschichte' ist Geschichte im endgültigen, im katastrophischen/katastrophalen Sinne. An diesem Ende muß man sich reiben. Und dieses 'typische Ende' könnte mit dem Ende des menschlichen Lebens auf der Erde einhergehen. Aber anders als die Millenium-Irrationalisten, die rein eschatologisch denken und sich der naiven Illusion hingeben, daß sie ein 'Gefäß' brauchen, um an 'anderen Orten' weiter zu existieren, sich in eine für sie typische Leere hineinflüchten, hat 'Postmoderne' mit einer umfassenden Mystifizierung rein gar nichts zu tun; geht sie doch von einer TATSÄCHLICHEN Bedrohung unserer gegenwärtigen Kultur aus. Daß in ihr das 'Katastrophengefühlt' weit verbreitet ist, die Suche nach dem 'ontos on' zur Perfektion gerät, hat keinerlei Aussagekraft bezüglich der Kritik an der kapitalistischen Massenkultur, die sie nun gar nicht auf ihre Fahnen geschrieben haben. 'Postmoderne' im ökonomischen Sinne charakterisiert auch die totale Vermarktung der Individuen, die sich in einer totalitären Enthumanisierung befinden, sich im universellen Zwang und der Provokation der technischen Welt bewegen; sich post-geschichtlich verhalten, und ihrer Auflösung als Zerbrechen der Einheit des Seins deuten, obwohl ein Ende der Geschichte das politische, militärische und ideengeschichtliche Ende nach sich zieht. Das Bild der Geschichte verschwindet in ihr allmählich, oder: Das Bild, daß wir uns von ihr angeeignet haben, ist bloße literarische, nacherzählte, überlieferte Geschichte. Geschicht im 'postmodernen' Sinne ist vielmehr nicht nur 'eine Geschichte', soneine zutiefst neue Unbeweglichkeit der Welt, in der die Entgeschichtlichung weiter fortschreitet .

(5) URI GELLER trat Europaweit 1974 erstmals vor die Kameras. Auf einer Tournee durch Europa war er wiederholt 1975 zu sehen, und brachte es auf Einschaltquoten, die an die ersten 'Straßenfeger' des Fernsehens erinnern (vgl. z. B. FRANCIS DURBRIDGE : 'Das Halstuch' -1962)

(6) NITINOL: Legierung aus Nickel und Titan.

(7) WERNER HEISENBERG: 1901 (Würzburg); Studium der Physik (München und Göttingen). 1924/25 bei NILS BOHR in Kopenhagen; 1927 ordentlicher Professor für theoretische Physik in Leipzig; 1929 Vorlesungen in den USA, Japan und Indien. 1932 Nobelpreis für Physik; 1941 Berufung an die Universität Berlin; dort Direktor am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik. 1946 Errichtung des Max-Planck-Instituts für Physik in Göttingen; 1958 Übersiedlung mit dem Institut nach München; von 1953-1957 Präsident der Alexander-von Humboldt-Stiftung; 1966 bis 1972 Vizepräsident der MaxPlanck-Gesellschaft; 1976 Tod in München. HEISENBERGs Unschärferelation war und ist bis in die heutigen Tage der Anlaß für philosophische Diskussionen. Sie besagt im Kern: Die für die moderne Physik grundlegende Erkenntnis, daß Ort und Geschwindigkeit, genauer gesagt, der Impuls eines atomaren Teilchens, prinzipiell nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit angegeben werden kann, da ein Teilchen neben seiner korpuskularischen Natur auch Wellencharaker besitzt.

Literatur:  

MILBOURNE CHRISTOPHER/T. Y. CROWELL: 'Geister, Götter, Gabelbieger',o. O. (1975).
MARTIN GARDNER: 'Kabarett der Täuschungen', Frankfurt/M. 1981. Derselbe: 'Unsere gespiegelte Welt', Frankfurt/M. 1982.
ARTHUR KOESTLER: 'Die Wurzeln des Zufalls', München 1972.
JAMENS RANDI: 'The Magic of Uri Geller', London 1975.

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