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WEISSBUCH
über die amerikanisch-englische Interventionspolitik in Westdeutschland und das Wiedererstehen des deutschen Imperialismus
Überreicht vom Nationalrat der Nationalen Front des demokratischen Deutschland
Abgeschlossen am 4. August 1951
2. Auflage
Satz: VEB Offizin Haag-Drugulin und Sachsenverlag Werke Leipzig. Druck und Buchbinderarbeiten Sachsenverlag Werke Leipzig III/18/211/21 000/51
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        (Seite 171- 180)

Der organisatorische Stand der Remilitarisierung

Im Laufe der. Jahre sind den anglo-amerikanischen Kriegsmachern von deutschen Militärexperten diverse Aufrüstungspläne auf Bestellung geliefert bzw. freiwillig angeboten worden. Die namhaftesten Lieferanten waren Guderian, Halder, Graf Schwerin, von Manteuffel u. a. Die Pläne sind zum Teil durch die Entwicklung überholt, aber seit Monaten kehren als Zahlen, die den Umfang der ersten Etappe der Wiederaufrüstung erkennen lassen, 200 000—250 000 immer wieder; und die Pläne sind auch insofern noch von Interesse, als sie erkennen lassen, wie sidi die allgemeine Linie des "deutschen Generalstabes" durchgesetzt hat.

Die französische Zeitung "Le Monde" gab am 27. Oktober 1950 aus einem Interview mit Graf Schwerin, der zu dieser Zeit noch Adenauers militärischer Berater war, folgende Einzelheiten wieder: Schwerin meinte, daß "die Alliierten von den Deutschen als Basis der Mobilisation die Aufstellung von zehn Divisionen, also in Friedenszeiten etwa 200 000 Mann, fordern werden. Im Falle des Krieges könnte Westdeutschland 3,5 Millionen Mann mobilisieren, wobei man die Kriegsindustrie in Rechnung stelle, schätzt der
kleine deutsche Generalstab' (petit etat major allemand), dessen Leitung Graf Schwerin innehat, aber es sei notwendig, sofort die Kommandos einzusetzen. Diese Armee der zehn Divisionen müßte vor allem eine motorisierte Panzerarmee sein."

Inzwischen haben sich die Forderungen schon etwas erhöht, und auch die am 13. Juli 1951 genannten Ziffern werden noch eine Aufrundung erfahren. In dem erwähnten Washingtoner Bericht in "Le Monde" vom 21. Juni 1951 ist für Westdeutschland bis 1953 das Ziel von 40 Divisionen gestellt. Diese Veränderungen nach oben sind insofern interessant, als sie signalisieren, daß der amerikanische "Kriegs-Boß" keine Zeit verlieren will. Eine möglichst große Anzahl von heute aufgestellten Divisionen erhöht morgen die Chancen einer raschen Mobilisierung der in Westdeutschland für den Militärdienst verfügbaren 3,5 Millionen Menschen, eine Zahl, die eher zu niedrig als zu hoch bemessen ist. Die Hinweise auf eine Steigerung erst in Jahren dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß eine rasche Mobilisierung durchaus möglich ist. England und die Vereinigten Staaten hatten bis zum ersten Weltkrieg und danach bis zum zweiten nur ein beschränktes Söldnerheer von Berufssoldaten und keine allgemeine Wehrpflicht, und haben in beiden Kriegen in sehr kurzer Zeit Massenheere auf die Beine gestellt. Mit den heute in Westdeutschland bereits in militärischen Einheiten erfaßten Kadern und da in Westdeutschland auf viele ausgebildete Jahrgänge mit Kriegserfahrung zurückgegriffen werden kann, ließe sich eine Mobilisierung nach Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht sehr schnell durchführen. Das setzt allerdings voraus, daß der Widerstand der Bevölkerung Westdeutschlands gebrochen wäre. Diese Faktoren sind in dem zwischen Bonn und den Westmächten abgesprochenen Wiederaufrüstungsplan einkalkuliert. Das ist wichtig festzuhalten, damit sich niemand, wir wiederholen es, durch Jahreszahlen täuschen lasse, die langfristige Zielstellung für die Wiederaufrüstung vorschützen. Durch die immer wieder genannten Ziffern von 200000 bis 300 000 Mann darf man sich auch über den Umfang der Wiederaufrüstung nicht täuschen lassen. Das ist nur die "Basis", die erste Etappe der Wiederaufrüstung. Wenn die allgemeine Wehrpflicht einmal eingeführt ist - und das wird der nächste Überraschungscoup des westdeutschen Separatstaates sein - dann ist die prinzipielle Entscheidung gefallen und die "legale" Basis für ein westdeutsches Massenheer gegeben.

Die Gliederung und Dislokation dieses Heeres erfolgt in engster Anlehnung an die der ehemaligen Wehrmacht. Ihr ehemaliger Generalstabschef, Generaloberst Halder, hat im Sommer 1950 einen Plan für die Schaffung einer regelrechten Wehrmacht für das amerikanische Oberkommando in Deutschland ausgearbeitet. Danach ist Westdeutschland in neun militärische Bezirke eingeteilt, was ebenso vielen Armeekorps entspricht.

Die Armeekorps setzen sich wie folgt zusammen:

Militärbezirk/Zusammensetzung:

Münster i. W. 3 Infanteriedivisionen, 1/2 Panzerdivision
Stuttgart 3 Infanteriedivisionen
München 2 Infanteriedivisionen, 1 Brigade
Würzburg 2 Infanteriedivisionen
Nürnberg 2 Infanteriedivisionen, 1 Panzerdivision
Kassel 3 Infanteriedivisionen, 1 Panzerdivision
Hamburg 3 Infanteriedivisionen
Hannover 3 Infanteriedivisionen
Wiesbaden 3 Infanteriedivisionen
Insgesamt 24 Infanteriedivisionen, 2 1/2 Panzerdivisionen und 1 Brigade Gebirgsjäger

Weiter vorgesehen ist die Schaffung eines "Reichsluftfahrtministeriums", dem die militärische und zivile Luftfahrt unterstehen. Westdeutschland ist für die Luftfahrt in vier Militärbezirke mit den Zentren Münster, München, Kiel und Braunschweig aufgeteilt.

Die Dienstpflicht soll wieder eingeführt werden. Die Offiziere sollen ausschließlich vom Armeeoberkommando ausgewählt werden. Um den Offiziersnachwuchs zu sichern, sollen in Hannover und München Offiziersschulen für Infanteristen, Ingenieure und Funker geschaffen werden. Die Dauer des aktiven Dienstes in allen Waffengattungen soll zwei Jahre betragen. General Halder beabsichtigt, seinen Plan in drei Etappen durchzuführen:

1. Einberufung von 25 000 Instrukteuren, die in sechsmonatiger Dienstzeit ihre militärischen Kenntnisse "auffrischen" und sich mit ihren künftigen Aufgaben vertraut machen sollen.

2. Schaffung von Rekrutierungsdienststellen, mit Instrukteuren für die verschiedenen Militärbezirke.

3. Einberufung und Bildung von Einheiten. ("Les Partisans de la Paix", Paris, Heft 15, September 1950.)

Die Remilitarisierung in Westdeutschland steht unmittelbar vor der dritten Etappe des Halderschen Planes.

Die in allen Wiederaufrüstungsplänen deutscher Experten an erster Stelle geforderte Aufstellung von Kadern erfolgt unter den verschiedenen Tarnungen. Auch nach der Niederlage des deutschen Imperialismus 1918 bemühte sich der aufgelöste Generalstab vor allem um die Zusammenhaltung der militärischen Kader. Das war der Grundgedanke v. Seeckts bei Schaffung der Reichswehr. Daneben wurde zuerst in Freikorps, Bürger-, Einwohner- und Studentenwehren, in der aus den Freikorps hervorgegangenen .Schwarzen Reichswehr", dann in halbmilitärischen Verbänden: Stahlhelm, Werwolf, SA und SS und sogar im republikanischen Reichsbanner eine Rekrutieningsbasis auf Massengrundlage von ideologisch, organisatorisch und in militärischer Grundausbildung präparierten Menschen für das spätere Massenheer geschaffen.

Die Grundidee der Remilitarisierung in Westdeutschland, soweit sie von deutschen Militärs ausgeht, ist die gleiche, die v. Seeckt verfolgte. Das Tempo der Aufstellung der Kader und des Zustrebens auf das Massenheer allerdings ist amerikanisiert Den "schwarzen" Wiederaufrüstungsvorbereitungen wurden in Westdeutschland keine Hindernisse bereitet. Bald nach der Niederlage von 1945 tauchten die verschiedensten "wirtschaftlichen" Interessenverbände für ehemalige Wehrmachts-angehörige und "Hinterbliebene", .Notgemeinschaften", Unterstützungsvereine, getarnte Regiments- bzw. Divisionsvereine (siehe u. a. "Windhunde" des Generals Schwerin, Fallschirmjäger des Generals Student usw.), Werwolf, Stahlhelm, Technische Nothilfe und ähnliche Organisationen auf. Nach einer Meldung der United Press aus Bonn vom Januar 1951 wurde im Gebiet des westdeutschen Separatstaates eine "Erste Legion" mit 100 000 jungen Deutschen gebildet. Mit der Aufzählung der genannten Organisationen ist weder ihre Zahl erschöpft noch ihr Umfang ermeßbar. Es kommt in diesem Zusammenhang vor allem darauf an, ihr Vorhandensein und ihre Bedeutung auch für die psychologische Vorbereitung der Wiederaufrüstung festzustellen und parallele Züge zur .schwarzen" Wiederaufrüstung in der Weimarer Republik aufzuzeigen. Die Duldung und Förderung dieser Organisationen charakterisiert auch die faschistischen Tendenzen des Bonner Staates, in dem keine Kriegspartei rechts von Adenauer existiert; er bedient sich der Rechtsparteien und -gruppen ebenso wie der Schumacherschen .Opposition". Sowohl die SS-Division "Großdeutschland" als auch die Fallschirmjäger haben sich für Adenauer erklärt. Im westdeutschen Separatstaat vollzieht sich die Verlagerung des Schwergewichts von der "schwarzen" zur "legalen" Wiederaufrüstung sehr viel schneller als in der Weimarer Republik.

Polizei als Kaderorganisation für Massenheer

Die "legalen" Kaderorganisationen für das in Aussicht genommene Massenheer sind die Polizeiformationen, speziell die "Bereitschaftspolizei" und die am 15. Februar 1951 durch das Bonner Parlament beschlossene Grenzschutzpolizei. Obwohl Innenminister Lehr (CDU) behauptete, daß sie nur zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit geschaffen werde, ist ihr wahrer Zweck aus Aufgabenstellung, Gliederung, Bewaffnung und Ausbildung als militärische Einheit unbestreitbar. Im übrigen ist die .Bundespolizei" als Kaderorganisation für das angestrebte Massenheer bereits in den Wiederaufrüstungsplänen der deutschen Militärexperten vorgesehen, so u. a. bei Guderian. "Die Gesamtstärke der Polizei in der Bundesrepublik wird sich nach den Angaben eines Sprechers des Bundesinnenministers auf 90 000 allgemeine Polizei in den Ländern, 10000 Mann l. Quote Bereitschaftspolizei (die nach den New-Yorker Beschlüssen auf 30 000 erweitert werden wird) und 10 000 Mann Bundesgrenzschutz belaufen.' ("Die Welt", 10. Februar 1951.) Der Bereitschaftspolizei ist nach den Worten von Innenminister Lehr auf einer Rüsttagung der Männerarbeit der evangelischen Kirche" am 24. Mal 1951 in Düsseldorf in Vorbereitung der amerikanischen Aggressionspläne die Aufgabe zugedacht, .der ausländischen Garnison den Rücken freizuhalten" und "für innere Ordnung zu sorgen".

"Am 21. November 1950 trat der neuemannte Generalinspekteur der sogenannten .Bereitschaftspolizei', die Adenauer im Auftrag McCIoys organisierte, Anton Grasser, sein Amt an. Der ehemalige Hitlergeneral versuchte selbstverständlicherweise bei seiner ersten Begegnung mit der Presse, den militärischen Charakter der neuen Bereitschaftspolizei möglichst zu leugnen oder doch abzuschwächen. Der militärische Charakter der neuen Formation geht schon aus ihrer Bewaffnung hervor, die aus Pistolen, Karabinern, Maschinenpistolen, Maschinengewehren und geländegängigen Wagen" besteht. Mörser und Minenwerfer sollen erst später hinzukommen. Die Waffen müssen -  Amerika hat sich das Geschäft nicht entgehen lassen wollen -  bei amerikanischen Rüstungsfabrikanten gekauft werden, was selbstverständlich Devisen erfordert. Auch eine neue Uniform für die Bereitschaftspolizei ist schon da, deren Farbe ein dunkles Alpenjägergrün ist. Ein Viertel der Bereitschaftspolizei muß von den Ländern in ständiger Alarmbereitschaft gehalten werden. Falls Adenauer den sogenannten "Notstand" erklärt, wird der Generalinspekteur automatisch Kommandeur. Er hat dann uneingeschränkte Kommandogewalt im ganzen "Bundesgebiet".

Aus diesen Andeutungen, die General Grasser und sein Mitarbeiter, Herr von Egidi, auf der Pressekonferenz machten, geht klar und deutlich hervor, daß die neue militärische Formation zunächst gegen das eigene Volk eingesetzt werden soll." (.Tägliche Rundschau", Berlin, 22. November 1950.) Die Bereitschaftspolizei ist eine Art Naturschutzpark für ehemalige SS-Führer. .Der Parteivorstand der SPD hat am 23. Januar sensationelles Material über die politische Belastung der in den Polizeischulen Hannoversch-Minden und Trauenstein ausgebildeten Anwärter für die Führung der Bereitschaftspolizei veröffentlicht. Von 52 Teilnehmern des Kursus in Hannoversch-Minden waren 52 politisch schwer belastet. Von 25 einberufenen Teilnehmern des Kursus in Trauenstein waren nicht weniger als 20 politisch belastet. So war z. B. der Teilnehmer W. A. aus Mannheim Mitglied der SS seit 1931, SS-Sturmbannführer und Inhaber des Totenkopfringes und des Ehrendegens der SS.

Der Teilnehmer A. A. war Inhaber des Goldenen HJ-Abzeichens. Er bekleidete in der SS den Rang eines Obersturmführers und in der Waffen-SS den eines Hauptsturmführers, Der Teilnehmer E. A. aus Fürth bekleidete den Rang eines SS-Sturmbannführers;

W. A. aus Duisburg war SS-Hauptsturmführer; W. B. aus Rookensüß SS-Sturmführer. Der Teilnehmer W. B. aus Berlin hatte den Rang eines SS-Obersturmbannführers und gehörte als I.A. dem Chef der Bandenkampfverbände( Nazistische Bezeichnung der gegen Partisaneneinheiten und Widerstandsgruppen eingesetzten Wehrmachtteile) an. H.D. war SS-Sturmbannführer; H.F. aus Wiesbaden gleichfalls SS-Sturmbannführer. F. G. aus Hannover bekleidete als Mitglied der Waffen-SS den Rang eines SS-Obersturmbannführers. J. K. aus Lebach war höherer SS- und Polizeiführer des Wehrkreises 8 und bekleidete den Rang eines SS-Hauptsturmführers. B. K. aus Düsseldorf gehörte dem Stab des Reichsführers der SS im SS-Personalhauptamt an und war Hauptsturmführer." ("Hamburger Echo", 24. Januar 1951.) Cber den Bundesgrenzschutz stellte der Bonner Innenminister Dr. Lehr am 16. Februar 1951 vor der Presse fest, daß der Bund den am 15. Februar vom Bundestag endgültig genehmigten "Bundesgrenzschutz" im Notstandsfalle gemäß Grundgesetz Artikel 91 ebenso einsetzen werde wie die ihm nach dem Verwaltungsabkommen zur Verfügung stehenden Einheiten der Länderbereitschaftspolizei, also nicht nur im Grenzgebiet.

Dr. Lehr erklärte, daß von den bewilligten 10 000 Mann Grenzschutzpolizei für den regelmäßigen Einsatz jeweils ein Mann je anderthalb Kilometer Grenze zur Verfügung stehen würde. Daher sei Kasernierung der Einheiten, notwendig, um Schwerpunkte für einen massierten Einsatz zu schaffen. Der Grenzschutz werde über polizeiliche Exekutive verfügen, stark motorisiert sein und Funkeinrichtungen erhalten. An Waffen stehen bereits in den nächsten Tagen deutsche Beutekarabiner leihweise aus französischen Beständen sowie eine "gemessene Anzahl" von deutschen Maschinengewehren aus den gleichen Lagern zur Verfügung. Maschinenpistolen und Pistolen müßten im freien Handel gekauft werden. ("Hamburger Echo", 17. Februar 1951.)

Bundesinnenminister Dr. Lehr teilte am 4. Juli in Bonn vor Pressevertretern mit, "daß dem Bundestag bald ein Antrag vorgelegt wird, wonach der Bundesgrenzschutz von 10 000 auf 20 000 Mann verstärkt werden soll. Es bestehe Anlaß zu der Befürchtung, daß die von der New-Yorker Außenministerkonferenz beschlossene Bundesbereitschaftspolizei in Deutschland von 10 000 Mann wegen der Schwierigkeiten, die durch eine notwendige Verfassungsänderung entstünden, nicht rechtzeitig geschaffen werden könne. Die Bundesregierung sei deshalb gewillt, die von den Außenministern zugebilligte 30000-Mann-Quote für den Grenzschutz auszuschöpfen." ("Die Neue Zeitung", Berliner Ausgabe, 5. Juli 1951.) Auch die sogenannte Länderpolizei des Bonner Separatstaates hat ausgesprochen militärischen Charakter.

Sensationelle Enthüllungen über die Ausbildung der Westberliner Polizei zu einer militärischen Angriffstruppe brachte das "Neue Deutschland" vom 5. März 1951. Aus den der Zeitung vorliegenden "streng geheimen" Dienstvorschriften der Polizeiverwaltung Berlin - DV Nr. 5 -  geht hervor, daß die Westberliner Polizei systematisch für einen Krieg bewaffnet und gedrillt wird. Gleichzeitig erfolgt im Hinblick auf die von amerikanischer Seite befürchteten Streiks und Demonstrationen gegen die Remilitarisierung von West-Berlin die systematische Ausbildung der Westpolizei zu einer Bürgerkriegstruppe. Für die "DV 5/IV" wurden Dienstvorschriften der früheren Staats-Schutzpolizei der Nazizeit, insbesondere die Ausbildung für Schutzpolizei im Waffendienst, Teil II und Heeresdienstvorschriften der Hitlerwehrmacht, ausgewertet. Einzelne Bestimmungen dieser Vorschriften wurden unverändert übernommen. Die "DV 5/1 V" enthält genaue Anweisungen über das Verhalten im Häuserkampf, das Herrichten von Häusern zur Verteidigung, die taktische Ausnutzung der Lage und Beschaffenheit einzelner Gebäude und Häuserviertel, die Anwendung von Handgranaten und "geballter und gestreckter Ladungen", für ,,Sehübungen" und "Übungen im Bezeichnen von Zielen" und Verhaltungsmaßregeln für den "Aufklärungsdienst", der mit falschen Papieren und in Zivil arbeiten soll Die ebenfalls in der "DV 5/IV" enthaltenen Anweisungen "III. Die Gruppe, IV. Der Zug, V. Die Bereitschaft, VI. Aufklärung und Ausbildung, VII. Ausbildung in technischen Arbeiten und VIII. Führungszeichen und technische Zeichen" sind Kriegsausbildungsanweisungen, die von der ehemaligen Wehrmacht übernommen wurden. Für die "Bereitschaften" ist außer der Bildung von MG-Zügen auch die Bildung von "Zügen mit schweren Waffen" vorgesehen. Die Bewaffnung ist eine kriegsmäßige Infanteriebewaffnüng. Jede Gruppe verfügt über ein Maschinengewehr, drei Maschinenpistolen, sechs Karabiner und zehn Pistolen. Handgranaten sind in unbeschränkter Zahl vorgesehen. Außerdem sind die Polizisten mit Schanzzeug, Geräten zur Hindernisbeseitigung usw. ausgerüstet. Die umfangreichen Anweisungen der "DV 5/IV" über die "Ausbildung mit Reizstoffmitteln und -geraten" sind Anweisungen zur Ausbildung für einen Gaskrieg. Es wurden und werden laufend ehemalige Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der Hitler-Polizei und -Armee in die Westberliner Polizei eingegliedert, um eine schnelle Ausbildung der in der letzten Zeit außerordentlich verstärkten Westpolizei auf der Basis dieser Vorschriften zu gewährleisten. Zur "Erhöhung der Zuverlässigkeit" der Westpolizei als Bürger- und Angriffskriegstruppe wurden rücksichtslos alle Polizisten hinausgeworfen, die sich der durch die Dienstvorschriften bis ins letzte festgelegten Faschisierung der Westpolizei nicht fügen wollten.

"Arbeitseinheiten" — eine getarnte Armee

Unabhängig von den durch deutsche Stellen in Westdeutschland betriebenen Wiederaufrüstungsmaßnahmen sind die westlichen Besatzungsmächte schon seit Jahr und Tag darangegangen, das westdeutsche Menschenreservoir für ihre militärischen Zwecke anzuzapfen. Das geschieht bis auf den heutigen Tag durch "Werbung" für die Fremdenlegionen verschiedener Staaten. Aber vor allem haben wir hier die sogenannten "Arbeitseinheiten" der amerikanischen und englischen Besatzungsmacht, die zu regelrechten Söldnerarmeen angewachsen sind. "Das Hauptquartier der US-Armee dementiert Gerüchte, daß die Arbeitskompanien und Industriepolizei-Einheiten eine .getarnte Armee seien'. Die Gesamtstärke der Arbeitskompanien betrage zur Zeit 30 000 Mann. Der größte Teil der Mannschaften sind Deutsche, etwa 60 Prozent ehemalige Soldaten, darunter frühere Generale der Wehrmacht. So sei der ehemalige Generalleutnant Gustav von Varst, der unter Rommel in Afrika stand, bei den Nürnberger Arbeitskompanien, Exgeneral Gerhard Matzky, früher Korpskommandeur im Osten, Verbindungsoffizier' beim US-Hauptquartier. (General Matzky ist inzwischen zum Kommandeur der Grenzschutzpolizei ernannt. Der Verfasser.) Außerdem sind die ehemaligen Generale von Schlieben, Paul Mahlmann und frühere Luftwaffen-generale in Majorstellung bei den Arbeitskompanien. Ein General, dessen Name nicht genannt wird, dient als Unteroffizier. Diese Generale dürfen nach Mitteilung des US-Hauptquartiers keine militärischen Übungen durchführen oder die Umstellung der Arbeitskompanien in eine .deutsche Armee" vorbereiten." ("Nürnberger Nachrichten", Nürnberg, 23. Oktober 1950.) Diesem Dementi gegenüber steht eine Feststellung der dem Petersberg nahestehenden .Westdeutschen Allgemeinen" vom 30. Mai 1951, wonach die sogenannten deutschen Arbeitseinheiten (Gennan Service Organisation) jetzt offen in eine Armee umgewandelt worden sind. Den in 85 Lagern der GSO befindlichen Deutschen wurde eine "Proklamation der Rheinarmee" - lies Söldner-Verpflichtung - bekanntgegeben. Danach werden die Arbeitseinheiten, wie die "Westdeutsche Allgemeine" wörtlich schreibt, "umgewandelt in Einheiten mit wehrmachtähnlichem Stellenplan". Die Gliederung erfolgt nach militärischem Muster. Auch die Dienstbezeichnungen werden militarisiert. Neueintretende heißen jetzt - wie einst - "recruits". Für die 35000 GSO-Männer, von denen zur Zeit 16000 in Niedersachsen, 13000 in Nordrhein-Westfalen und 6000 in Hamburg und Schleswig-Holstein eingesetzt sind, bedeutet diese .Bekanntgabe vor der Front" kaum eine Überraschung. Sie wußten, daß schon im Herbst 1950 in den Anstellungsverträgen das Wörtchen "zivil" gestrichen und "Arbeit" durch "Dienst" ersetzt worden war. Neu ist auch die Anordnung, daß die deutschen Söldner künftig nicht, wie bisher, nur im britischen Besatzungsgebiet, sondern auf Befehl der Amerikaner in ganz Westdeutschland eingesetzt "werden.

General Speidel hat sich teilweise sehr verärgert über die "kalte Remilitarisierung" in der amerikanischen und britischen Zone durch Aufstellung größerer Einheiten der Industriepolizei und Wachkommandos geäußert. Wie verlautet, sollen diese Formationen durch Verbände der ehemaligen Wlassow-Armee und DPs verstärkt werden. Politische Beobachter in Bonn beziffern ihre Gesamtstärke auf bereits 125 000 Mann, Man spricht vom Aufbau getarnter Fremdenlegionen, die der deutschen Befehlsgewalt entzogen sind. Es ist anzunehmen, daß von alliierter Seite der Aufbau der Industriepolizei und ähnlicher Verbände bewußt forciert wird, da der Weg über die offizielle Wiederbewaffnung auf unerwartet heftigen Widerstand der Deutschen gestoßen ist." ("Kasseler Zeitung". Kassel, 23. Februar 1951.) Im übrigen haben - einer Meldung der "Neuen Zeitung", München-Berlin, vom 13. Dezember 1950 zufolge - die "Arbeitseinheiten" ihre Tätigkeit auch in West-Berlin aufgenommen. "Dies wurde am Dienstag vom Hauptquartier der amerikanischen Garnison in Berlin bekanntgegeben." Die in der "Kasseler Zeitung" angegebene Ziffer ist sicher nicht zu hoch gegriffen. Das Amt für Information der Deutschen Demokratischen Republik hat Ende April 1950 auf Grund exakter Unterlagen die Stärke dieser Arbeitseinheiten in der amerikanischen Zone auf 107 400 und in der britischen Zone auf 80 000 Mann beziffert.

Aber auch 125 000 deutsche Söldner in fremdem Dienst auf deutschem Boden sind ein bedrohlicher Faktor, wenn man den Frieden und die Einheit Deutschlands im Auge hat.

Maritime Wiederaufrüstung

Nach der Aufstellung des Söldner-OKW Ende Mai 1951 wird aus Bonn bekannt, daß auch ein Oberkommando der Söldner-Kriegsmarine unter der Bezeichnung "Grenzschutzabteilung See" mit Standort in Neustadt/Holstein in der Lübecker Bucht geschaffen wurde. Die Marinebasis wird vorerst über drei Flottillen verfügen. Eine Ausbildungs-Flottille wird nach dem Kriegshafen Wilhelmshaven verlegt. Die ersten vier Hundertschaften der westdeutschen Söldner-Kriegsmarine sollen bis August einsatzbereit sein. Dies wurde am 29. Mai 1951 aus dem Bonner Innenministerium bekannt. Standorte der Hundertschaften werden Kiel und Lübeck sein. Das ist ein Schritt zur maritimen Wiederaufrüstung Westdeutschlands. Auch dem war vorgearbeitet, wie folgender Bericht bestätigt:

"Vier 600-Tonnen-Minensuchboote der Nazi-Kriegsmarine sind von den amerikanischen Marinebehörden in Bremerhaven mit deutschen Besatzungen in Dienst gestellt worden. Das erste Schiff mit 75 deutschen Offizieren und Matrosen an Bord ist bereits unter USA-Kommando ausgelaufen. Die Ausbildung der deutschen Seeleute erfolgt nach amerikanischem Reglement und erstreckt sich besonders darauf, großen Marineverbänden in Minenfeldern freie Bahn zu schaffen. Die deutsche Minensuchboot-Flottille ist zunächst ein Teil der von den Amerikanern aufgestellten sogenannten Marine-Arbeitseinheiten. Von amerikanischen Offizieren wurde jedoch schon angedeutet, daß die Marineeinheiten später dem einheitlichen Kommando der westdeutschen, Formationen in der Eisenhower-Annee unterstellt werden.

Die deutschen Seeleute müssen die amerikanische Kriegsgerichtshoheit anerkennen und sich verpflichten, jederzeit und überall, auch außerhalb der deutschen Gewässer, Dienst zu tun.

Ähnliche Marineeinheiten aus deutschen Seeleuten werden auch von britischen Behörden aufgestellt.

Operationspläne für einen Seekrieg im Küstengebiet der Nord- und Ostsee arbeiten die früheren Admirale der Nazikriegsmarine Helmut Heye und Friedrich Rüge im Auftrage amerikanischer Marinebehörden aus. Dies wurde am 10. Februar 1951 in Bremerhaven bekannt. ("Neue Zeit", Berlin, 11. Februar 1951.)

Luftschutz und Technische Nothilfe

"Im Bundesinnenministerium, das sich bereits mit der eventuellen Wiedereinrichtung eines zivilen Luftschutzes befaßt, wird nun auch, wie Dr. Lehr gestern dem Kabinett mitteilte, die Frage der Einrichtung von sogenannten Sicherheitszonen erörtert, wie sie in der Genfer Konvention in der Neufassung von 1949 vorgesehen sind. Danach können die Vertragspartner oder kriegführende Staaten auf ihrem eigenen oder besetzten Gebiet Sicherheits- und Sanitätszonen einrichten, in denen Verwundeten, Kranken und Kindern Sdiutz vor den Folgen des Krieges gewährt wird.

Auch die Einrichtung eines technischen Notdienstes, wahrscheinlich in Form eines eingetragenen Vereins, wird vom Bundesinnenministerium geprüft, wobei erklärt wird, daß diese Formation nicht dazu dienen werde, gegebenenfalls als Streikbrecher aufzutreten. ("Hamburger Echo", 9. Januar 1951.)

Wir haben einen umfangreichen, aber längst keinen umfassenden überblick über den organisatorischen Stand der Remilitarisierung in Westdeutschland gegeben. Ein abgerundetes oder gar ein abgeschlossenes Bild zu geben, könnte bestenfalls denen möglich sein, die im amerikanischen oder "deutschen Generalstab" die Fäden der Wiederaufrüstung Westdeutschlands in der Hand haben und bemüht sind, dem deutschen Volk, das sie durch die Remilitarisierung dem Krieg und damit seiner Vernichtung als Nation entgegentreiben, das Wissen um den Stand der Wiederaufrüstung vorzuenthalten. Uns kam es darauf an, auf das Tempo der Kriegsvorbereitungen in Westdeutschland aufmerksam zu machen und einen Begriff von dem erreichten Stand zu geben. Als ernste Mahnung zum Widerstand gegen die Verderber unserer Nation ist unsere Zusammenstellung vor allem gemeint. Die den Deutschen in Westdeutschland zugestandenen Waffengattungen und die Art ihrer Formationen sagen über ihren Einsatz und ihr Ende voraus: Panzerwaffe, Artillerie aller Kaliber, Kampfflieger, Minenräumflottille usw, gepanzerte, mechanisierte, bewegliche Einheiten in Divisionsstärke von 10 000 Mann, Einheiten, die nach Ansicht "erfahrener Ostkämpfer" gerade noch groß genug sind, selbständige Aufgaben zu lösen. Ein neues deutsches Massenheer, eine deutsche Stoßarmee, als verlorener Haute des amerikanischen Krieges, das wollen die Wallstreet-Strategen, und dazu geben sich deutsche Niederlagestrategen zweier Weltkriege her, Hasardeure, die gewissenlos genug sind, die Existenz der deutschen Nation aufs Spiel zu setzen. Sie fürchten nur noch eines: den Widerstand der großen Mehrheit des deutschen Volkes, der Kraft, die gemeinsam mit allen friedliebenden Menschen der Welt den amerikanischen Krieg in Europa und damit einen dritten Weltkrieg verhindern kann.

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