Wie der Maoismus nach Westberlin kam
Materialien zum Referat

Produktion und Vertriebswege  deutschsprachiger Texte aus der VR China

06/2016

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...  Bei den deutschsprachigen Propagandaheftchen war schon vor Jahren  — ganz im Gegensatz zu den schwerfälligen Übersetzungen aus Moskau — die moderne und leicht lesbare Diktion aufgefallen. Für sie zeichneten anfangs Senta Lewin und Rotraut Meißner verantwortlich. Stärker hervorgetreten ist seit der Kulturrevolution Frau Lisa Niebank — von der es heißt, sie sei eine Studienrätin aus Frankfurt/M. und Hamburg. Im Sommer 1965 fuhr sie nach Rotchina, gab Deutschunterricht an dem 2. Fremdspracheninstitut in Peking und arbeitet seit Herbst 1967 im Fremdsprachenverlag. Zuweilen sind ihre begeisterten Eindrücke in der Zeitschrift »Neue Politik" in Hamburg unter dem Chefredakteur und Rotchina-Freund Wolfgang Sdrenke abgedruckt. Die deutsch sprachige »Peking-Rundschau« scheint von dem früheren Pater und Dozenten an der Pekinger Fujen-Universität Hüngsberg redigiert zu werden. Mit ihm zusammen arbeitet Dr. Ma Hai-teh; hinter diesem Namen verbirgt sich der jetzt 60 Jahre alte amerikanische Venerologe Dr, George Hatem, der sich 1936 Mao anschloß und später eine chinesische Filmschauspielerin heiratete.

An derselben Zeitschrift war auch der Schweizer Journalist Fredy Knuchel aus Tessin beschäftigt, der Ende 1965 mit einem von der rotchinesischen Botschaft in Bern ausgestellten Vertrag als Sprachlehrer in die Volksrepublik ging. Nach zwei Jahren Hausarrest in Peking wurde er im Oktober 1969 des Landes verwiesen.

Aus Österreich stammt Frau Dr. Ruth Weiß, die seit Jahren die Illustrierte »China im Bild« und die »Briefe aus China« ins Deutsche übersetzt. Von den Wiener Pekingkommunisten kam Hans Litschauer mit seiner Frau Herta, die zuvor in Wien den Vertrieb der Pekinger 5chrif tenleitete. Den gleichen Weg nahm Karl Sacher, heute wohnhaft in Peking, Yonyi Binguan Nr. 2439, ein ehemaliger Redakteur am KPÖ-Zentralorgan »Volksstimme« und späterer Vertreter der österreichischen Kommunisten in der Redaktion der internationalen Zeitschrift »Probleme des Friedens und des Sozialismus in Prag.[S.18f]

.... Sowohl die Obersetzungen als auch der Druck der Propaganda-Schriften werden im »Verlag für fremdsprachige Literatur«, Peking 37, Baiwandschuang vorgenommen; die Chefredaktion lag lange Jahre in den Händen von Wang Shih, die früher als Korrespondentin in Jugoslawien gearbeitet hatte. Die Auslieferung geschieht durch »Guozi Shudian« (»Internationale Buchhandlung«) Im Pekinger Stadtteil Sidan Dalou über das Postfach 399. Der Leiter der Versandabteilung für Westeuropa war jahrelang Li Li-hsing. Er wurde Anfang 1966 von Li Zhi-ou abgelöst.[S.19]

..... Durch das das relative Abklingen der Infiltration mit den ideologischen Streitbroschüren ist die »Peking Review« mehr in den Vordergrund getreten. Die auf 24 bis 48 Seiten Dünndruckpapier herauskommende Wochenschrift kann als das wichtigste inoffizielle Sprachrohr der rotchinesischen Politik gewertet werden und ist deshalb heute eine der ausführlichsten und am leichtesten zugänglichen Quellen über die Volksrepublik....Nachdem in Europa schon im ersten Halbjahr 1963 von anonymer Seite eine deutschsprachige Nummer mit der — gestörten —Rede des rotchinesischen Delegierten auf dem VI. SED-Parteitag verbreitet worden war, wird seit September 1964 auch eine »Peking-Rundschau« in Deutsch veröffentlicht. .... Die verschiedenen Ausgaben sind jeweils auf die einzelnen Länder zugeschnitten. Nur die wichtigsten Artikel-Themen sind dieselben; dabei fällt auf, daß die deutschsprachige Fassung ungenauer ist und die sehr häufig harte und grobe Diktion der Originaltexte zu verharmlosen versucht. Die »Peking Review« erscheint vier Tage und die »Pekin Information« einen Tag vor der »Peking-Rundschau«. Die Auslieferung erfolgt ebenfalls durch »Guozi Shudian« und über das Postfach 2939 in Peking. [S.25f]

.... Der Inhalt der »Peking Review« bestand bis Ende 1965 überwiegend aus Übersetzungen dortiger Parteizeitungen, die Erklärungen der KPCh-Führung kommentierten oder allgemein die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion angriffen. Anfang 1966 begann in Rotchina der übersteigerte Personenkult um Mao Tse-tung, der sich auch in der »Peking-Rundschau« stark widerspiegelte und den bisherigen Charakter der Hefte noch stärker zu einer reinen Propagandaschrift degradierte....

.... Mit Beginn der Kulturrevolution 1966 widmeten die Hefte bald ihren breitesten Raum dieser Lehre. In dieser Zeit liegen auch die Anfänge einer sich fast überschlagenden Propaganda für die neu­aufgelegten Werke Mao Tse-tungs, insbesondere die (in dem klei­nen roten Büchlein zusammengefaßten) »Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tungs« — die »unwiderstehliche ideologische Waffe für die Massen« und »Das kostbarste Geschenk des chinesischen Volkes an die Völker der Welt«.[S.27f]

.... Ebenfalls zur politischen Information diente der seit September 1962 erschienene »Brief aus China«. Die auf sechs Seiten Dünndruckpapier in vier Sprachen veröffentlichte Propagandaschrift ging etwa jede fünf bis sechs Wochen an »10 000 von Leuten in allen Erdteilen«. Die Postadresse und die Redaktion befanden sich seit Frühjahrsende 1966 in dem zweistöckigen Haus in der Tai Chi Chang Nr. 1, dem ehemaligen Gesandtschaftsviertel Pekings. Herausgeberin war die 1886 geborene Schriftstellerin Anna Louise Strong, die am 29. 3.1970 in Peking verstarb. Im Jahre 1921 reiste die schon in den USA sehr links eingestellte Journalistin in die Sowjetunion; von 1925 bis 1927 und während des Krieges mit Japan besuchte sie China. Im August 1946 wurde sie bekannt durch ihr Interview mit Mao Tse-tung, in dem dieser erstmals die Atombombe als »Papiertiger« hinstellte. März 1947 ging sie nach Paris, wo sie von Freunden Maos Anfang 1948 wieder nach China gebeten wurde. Inzwischen verhafteten die Sowjets sie, so daß sie erst im Frühjahr 1958 nach Peking kam. Ihre Artikel in den »Briefen« stammten in Wahrheit aber kaum noch von ihr, sondern von dem Amerikaner Julian Schuman, assistiert von ihrer 30jährigen Sekre­tärin Tschao Feng-feng. Einige Beiträge kamen auch von dem in Peking lebenden Neuseeländer Rewi Alley sowie von einigen früheren Amerikanern, Talitha Gerlach und Gerald Tannebaum (heute am Welfare Institute in Schanghai beschäftigt), von Joan Hinton und der — inzwischen verhafteten — Hochschullehrerin in Kaifeng, Shirly Wood...

.... Zielen diese Schriften vornehmlich auf links-orientierte oder allgemein politisch interessierte Bevölkerungskreise, so bezweckte die großformatige Monatsillustrierte »China im Bild«, zumindest in den Jahren bis zur Kulturrevolution, dem Leser ein scheinbar unpolitisches, menschlich-positives Bild über die Volksrepublik zu vermitteln. In großzügig aufgemachtem Kupfertiefdruck zeigten die 46 Seiten — davon im allgemeinen 14 buntfarbig — frohlachende chinesische Kinder, glückliche Reisbauern bei der Ernte, herrliche Blumen, landschaftliche Schönheiten sowie altchinesische Kunstgegenstände. Im Sommer 1966 nahm die Illustrierte an Seitenumfang zu und propagiert seitdem in vielen großen Bildern mit Begleittexten den Kult um Mao Tse-tung sowie sein »rotes Büchlein«:

»In einer olivgrünen Militäruniform mit der Armbinde der roten Garde ist unser großer Oberkommandierender, Vorsitzender Mao, so schlickt, so ernst, so gütig! Hochverehrter und geliebter Führer, Vorsitzender Mao, wieviel wollen wir Dir aus übervollem Herzen berichten, wie viele Lieder für Dich quellen uns aus der Brust! Alle unsere Tausende und Zehn­tausende von Worten aber haben nur einen Sinn: Wir wollen Deine Werke studieren, auf Dich hören, nach Deinen Weisungen handeln, uns in Sturm und Wogen der Kulturrevolution voranzukämpfen!« »Tag und Nacht ist unser großer Führer, Vorsitzender Mao, um internationale Angelegenheiten und die unseres eigenen Landes besorgt. Vorsitzender Mao, oh Vorsitzender Mao, wir werden bestimmt auf dich hören.« »Die alte Welt zerschlagen wir, eine neue revolutionäre Welt bauen wir auf.«

Die Werbeprospekte beschreiben nunmehr ganz offen die »Hauptaufgabe dieser Zeitschrift: Sie hält das große Banner der Ideen Mao Tse-tungs hoch«. Es stellt absolut keine Ausnahme dar, wenn etwa »China im Bild«, 1968, Heft 6 auf den 46 Seiten den Namen Mao Tse-tung 221 mal nennt und von den 71 Fotos nur 16 keinen Mao-Kult beinhalten; die 35 Aufnahmen zeigen 76 mal Mao oder doch Bilder von ihm und insgesamt 376 "rote Büchlein".[S.32ff]

....Daneben kommen seit Jahren kleine Broschüren zum Versand, die in verschiedenen Sprachen Reden und Aufsätze Mao Tse-tungs veröffentlichen, ferner manche Bücher von Marx, Engels und Lenin, die in Peking neu aufgelegt worden sind. Ebenso verteilte vor der Kulturrevolution die KPCh-Propaganda-Abteilung Heftchen mit speziellen Artikeln und wichtigen Ansprachen — wie etwa des Vize­premier des Staatsrates Po I-po »Industrialisierung und Kollektivie­rung im neuen China«, von Chou Yang: »DerWeg der sozialistischen Literatur und Kunst in China« oder auch von Tao Chu: »Volks­kommune auf dem Vormarsch«. Im Laufe der Kulturrevolution wurden diese Autoren indessen gestürzt und ihre Publikationen von diesem Tage an nicht mehr von »Guozi Shudian« ausgeliefert....

.... Das rotchinesische Propagandamaterial, insbesondere auch der anti­sowjetischen Schriften wurde bis Oktober 1964 durchweg über Moskau befördert. Die Postsendungen wurden bereits in Peking von russischen Flugzeugen übernommen: Während des Fluges in die sowjetische Metropole sowie beim Umladen der Postsäcke dort — erst recht auf dem Weiterflug nach Berlin(Ost) zu den Postämtern N 4 und NW 7 bzw. nach Brüssel, Paris und in die nordi­schen Hauptstädte war keinerlei rotchinesisches Personal anwesend....Seit dem 1. Oktober 1964 wird der weitaus größte Teil der chinesischkommunistischen Propaganda — ein verschwindend kleiner geht weiterhin via Moskau — über Karatschi befördert....

.... Verständlicherweise ist die Quantität der nach den einzelnen westeuropäischen Staaten gelangenden Propagandamaterials kaum festzustellen. Erwiesen ist aber, daß dem Flughafen Frankfurt/Main in den Jahren 1967 bis 1968 im Monat durchschnittlich rund 600 kg rotchinesisches Schrifttum zuging; dabei wiegt eine »Peking-Rundschau« 26 g und ein Exemplar der jeweiligen Illustrierten 100 bzw. 205 g, während das rote Zitaten-Büchlein Mao Tse-tungs ein Gewicht von 150 g und ein kleines ideologisches Heftchen dasjenige von 12 — 25 g hat. In jüngster Zeit scheint die Menge größer geworden zu sein.[S.37ff]

.... Die Auslandssendungen Radio Pekings sind seit dem Jahre 1950 ungeheuer angewachsen: Umfaßten diese damals wöchentlich nur 66 Stunden, so waren es 1966 bereits 1105. Damit steht der Auslandsdienst dieses Rundfunks dem Umfang seiner Sendezeit nach an zweiter Stelle der gesamten Welt und wird nur noch von der Sowjetunion überrundet.

Wie Radio Peking in den Partei- und auch Regierungsapparat ein­gegliedert ist, vermag der europäische Beobachter nicht leicht zu erkennen....Ein stärkerer, heute wahrscheinlich sogar dominierender Einfluß auf die Tätigkeit des Rundfunkkomitees kommt direkt vom KPCh-Parteiapparat. Das Radiowesen gehört indessen nicht zur Propaganda-Abteilung, sondern zu der — ebenfalls direkt dem Politbüro untergeordnet — Staats-Abteilung und bildet dort einen ihrer drei Zweige.

.... Seine Sendungen in deutscher Sprache nahm Rotchina erst längere Zeit nach Einführung des französischsprachigen Programms, wahrscheinlich im April 1960 auf.[S.40f]

.... Die früher in der Hermann-Duncker-Straße untergebrachte, später in die Treskowallee, Berlin-Karlshorst, umgezogene Pekinger Botschaft arbeitete besonders in den Jahren 1962 bis 1963 sowie 1966 ropagandistisch in die Bundesrepublik. Bereits im Sommer 1966 bestanden Verbindungen zu einzelnen Studentenzirkeln in West-Berlin, die Mao-Abzeichen erhielten und öfters zu längeren Tee-Gesprächen eingeladen wurden. Im Gegensatz zu Bewohnern Ost-Berlins und der DDR werden Besucher aus West-Berlin und West­deutschland von den das Gebäude kontrollierenden Volkspolizisten am Betreten nicht behindert noch werden — aus leicht verständlichen Gründen — die dort empfangenen Propagandaschriften beschlagnahmt. Die Vertretung, die vor Jahren 29 Mitglieder umfaßte, ist heute nur noch mit fünf Personen besetzt. Der Botschafter Chang Hai-feng wurde 1967 entgegen den üblichen diplomatischen Regeln nicht offiziell verabschiedet. Amtierender Geschäftsträger ist seitdem Botschaftsrat Liu Pu.[S.71]

... Westdeutschen Interessenten für chinesischkommunistisches Schrifttum empfahl »Guozi Shudian« in der ersten Zeit, sich an den Brücken-Verlag in Düsseldorf zu wenden. Inzwischen verkaufen etliche Buchhandlungen in der Bundesrepublik rotchinesische Veröffentlichungen, ohne deshalb im Dienste des KPCh-Propagandaapparates zu stehen.

Bei einzelnen Buchläden in West-Berlin würde allerdings eine enge Verbindung zur Pekinger Botschaft in Ost-Berlin nicht überraschen. Die chinesisch-orlentierte Splitterpartei »KPD (ML)« vertreibt die Broschüren und Hefte über ihre Mitglieder Volker Hermsdorf in Hamburg, Schemmannstraße und Franz Wennig in Düsseldorf-Gerresheim, Schönaustraße.

Das »rote Büchlein«

Die bekannteste rotchinesische Publikation wurde ohne Zweifel das kleine »rote Buch«, »Die Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung«. Seine Herstellung erfolgte ausnahmsweise nicht durch die Propaganda-Abteilung der KPCh, sondern »unter der direkten Leitung Fürsorge des ZK der KPCh, des Staatsrates, der Militärkornmission des ZK der Partei und der Gruppe für die Kulturrevolution beim ZK«. Eine eigene »Kommission zur Übersetzung der Werke Maos« hatte für die Übersetzungsarbeiten in allen Sprachen der Welt zu sorgen; aus dem deutschsprachigen Raum Europas gehörte ihr der Schweizer Dr. Jean Moser zwei Jahre an.

Das kleine Buch, das seit Anfang 1967 auch in Westeuropa verkauft wird, wurde in allen Ländern bald Bestseller. Die Propaganda Pekings behauptet in diesem Zusammenhang:

»Das Rote Schatzbüchlein ist die strahlende Kristallisation der Maotsetungideen, das große Banner der Gegenwart, der Weisheit unermeßlicher Ozean, des Kampfes scharfe Waffe, die Enzyklopädie der Revolution ... An dem Tage, an dem die drei Milliarden (Wellbevölkerung) das Rote Schatzbüchlein erheben werden, an diesem Tage werden alte Imperialisten, Revisionisten und Reaktionäre vor das Tribunal der Geschichte gestellt werden".«

Für China-Kommunisten mag es eine Bestätigung ihrer Thesen sein. Die Ansicht Pekings, daß jeder Leser zugleich ein Anhänger Mao Tse-tungs wäre oder werden würde, erscheint dagegen als eine völlige Verkennung der westeuropäischen Mentalität. Das Interesse ist »mehr eine Modeerscheinung«, »ein Snobismus«....Anfangs wurde das »rote Büchlein« mit sehr massiver Propaganda — teilweise unter dem Slogan »Das Buch mit einer größeren Macht als jede Atombombe«—von den Pekingkommunisten-Gruppen und von den rotchinesischgelenkten Buchläden verbreitet. Nur aus dieser ersten Zeit gibt es nähere Zahlenangaben über die verkauften Mengen. Später lieferten auch private Buchhandlungen, die teilweise schon früher eigene Übersetzungen herausgebracht hatten, die »Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung«. Hier sind Schätzungen über die Auflagen äußerst schwierig.

In Frankreich wurden bis April 1968 angeblich »mehrere 100 000« Exemplare verkauft, allein vom Buchladen »Le Phenix« »einige 10.000« innerhalb von acht Monaten. Vereinzelt streute die (Moskau-) KPF das Gerücht aus, es handle sich dabei gar nicht um das echte Büchlein der »Roten Garden«.

Die »Edizione Oriente« Italiens war bereits im Januar 1967 mit ihrer erstenSendung von 500.000 Büchlein ausverkauft und bestellte kurz danach eine zweite von 20.000. Die »Kommunistische Partei (ML) Italiens« machte das Studium der »Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tungs« Anfang 1968 zur Pflicht für alle Mitglieder. Österreichs Peking-Anhänger meldeten im Oktober 1967, bisher rund 10.000 Büchlein abgesetzt zu haben. Der Preis hierfür beträgt bei der »Marxistisch-Leninistischen Partei Österreichs« acht Schilling, bei der Jugendgruppe »Funke« sechs und bei der ebenfalls chinaorientierten »Vereinigung Revolutionärer Arbeiter Österreichs« zehn Schilling.

Das belgische »Livre International« verteilte im Januar 1967 rund 3500 Exemplare — zumeist an Brüsseler Studenten — und forderte während der folgenden Monate weitere 6000 von Peking an.

Auch in England waren die meisten Käufer Studenten. Im August 1967 provozierten drei britische China-Kommunisten mit dem »roten Büchlein« eine Verkehrsgefährdung in einer Londoner Hauptstraße und wurden daraufhin von der Polizei festgenommen. Die Propaganda Pekings stellte den Vorfall als Beweis hin, »wie der britische Imperialismus abscheulich und schwach ist«; er könne aber »die Verbreitung der immer siegreichen Lehre Mao Tse-tungs in Großbritannien niemals verhindern«.

Eine Buchhandlung in Norwegen hatte bis zum Frühjahr 1969 angeblich 26.000 Interessenten registriert.

In der deutschen Bundesrepublik wird die Zahl der bis Ende 1967 gekauften Zitatensammlungen auf rund 100.000 geschätzt. Jedes vierte Büchlein soll vom Trikont-Verlag in München gekommen sein, der das Exemplar via Hongkong für 0,55 DM bezog. Die geringste Nachfrage bestand in dem angeblich so revolutionären Ruhrgebiet.

Aktive Peking-Freunde erhielten das Büchlein direkt aus der Volksrepublik mit einem roten Mao-Abzeichen zugeschickt.

Die Sowjetunion und die Ostblockstaaten monierten mehrfach die Ein­fuhr nach Westdeutschland. Sie sahen darin seitens der Bundes­regierung »eine deutliche Höflichkeitsgeste gegenüber Peking«.

Während die »privat-kapitalistischen« Buchläden das »rote Buch« allgemein für 1,10 bis 1,50 DM anbieten, verkaufte es der SDS (bei einem Gewinn von 1,10 DM) für 2,— DM und die chinesisch-kommunistische »Freie Sozialistische Partei« sogar für 2,50 DM.[S.106ff]

Quellen:
SCHLOMANN, Friedrich-Wilhelm / FRIEDLINGSTEIN, Paulette, Die Maoisten. Pekings Filialen in Westeuropa, Frankfurt/Main, 1970.

 

Die abgebildeteten Broschüren befinden sich im Besitz des Referenten.

HINWEIS

Mao Tse-tung: Ausgewählte Werke in vier Bänden erschien 1968/69 im Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking und war identisch mit der DDR-Ausgabe von 1955, die im Dietz Verlag Berlin erschien

Mao Tse-tung: Ausgewählte Werke, Band V. erschien 1978 im Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking

Mao Tsetung: Ausgewählte militärische Schriften, erschien 1969 im Verlag für Fremdsprachige Literatur, Peking

Maos Werke online bei INFOPARTISAN.