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Die Lehre aus dem Kriegs-Parteitag der Grünen Regierungsfähigkeit ist der Wille zum Töten!

Von Herbert Fertl

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Mitten im Krieg gegen Jugoslawien haben die Bündnis-Grünen eine Debatte inszeniert, bei der die Moral kübelweise ausgeschenkt wurde: Angeblich befindet man sich in einem fast schon tragischen Konflikt zwischen dem parteihistorischen Pazifismus und einem von deutscher Geschichte erteilten Auftrag, mit aller Gewalt die Menschenrechte zu verteidigen. Die Parteitagsregie versöhnte diese Konkurrenz zweier moralischer Ehrentitel, von denen man auf keinen verzichten möchte. Mit dem Leitantrag: "Frieden und Menschenrechte vereinbaren!" wurde also mehrheitlich eine gigantischen Lüge beschlossen: Militarismus sei angesichts der Lage auf dem Balkan die einzig ethisch erlaubte Form von Pazifismus; also der Krieg die ultima ratio des Humanismus.

Selbst für moralische Riesen wie deutsche Alternativpolitiker ist das von bemerkenswerter intellektueller Unredlichkeit: Wie immer auch die Entscheidung ausfällt, - ob gegen den Einsatz von Gewalt oder für machtvolles Zusammenhauen -, der Moral, aus der die Entscheidung begründet wird, ist immer zugleich widersprochen. Wer an seinem Pazifismus festhält, nimmt die fremde Gewalt hin; wer diese gewaltsam bekämpft, verrät sein Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit. Es ging also zu wie einstens beim Gewissens-TÜV für Kriegsdienstverweigerer. Und genauso wie da war auch in Bielefeld nicht die Moral der Grund für den Mehrheitsbeschluß. Sie hätte eine Beschlußfassung geradezu verunmöglicht, denn der eine hohe Wert schließt stets den anderen aus. Der grüne Wille zum Krieg gegen Serbien hat also mit diesen moralischen Kanonenschlägen gar nichts zu tun; er stellt ein Bekenntnis zum Kriegsgrund des Westens dar - die Unterwerfung Jugoslawiens - und sonst gar nichts.

Dessen Moral formulierte Cohn-Bendit in der Maxime: "Wer das Bomben der NATO beenden will, muß Joschka unterstützen!" Wobei? Erst einmal und bis auf weiteres beim Bomben der NATO! Daß das irgendeinem Menschen zu seinem Recht verhilft, geschweige denn ihn schützt, das dementieren die Kriegsherrn selber. Herr Fischer schwadronierte auf dem Parteitag ungerührt weiter von seinem Krieg als einer "Verhinderung der humanitären Katastrophe" im krassen Widerspruch zur Erklärung General Clarks vom 7. April auf die Frage von wegen "Verhinderung": Clark wörtlich und im Unterschied zu einem deutschen Minister wenigstens ehrlich: "Nein, dazu sind wir nicht fähig. Und wir haben niemals geglaubt, daß wir dazu fähig sein können."

Daß der genuine Ausweis von Regierungsfähigkeit nichts anderes mehr ist in diesen Wochen als der erklärte Wille zum Töten, zeigt sich kraß dann, wenn die NATO-Bomber der Allianz wieder einmal einen ihrer "schwärzesten Tage" bescheren. Abgesehen davon, wieso eigentlich nach Auffassung unserer freiheits- und wahrheitsdurstigen Presseorgane und Fernsehmedien immerzu das Kriegsbündnis der Hauptleidtragende sein soll, wenn seine high-tech-Apparate die falschen Menschen niedermetzeln; - und auch einmal abgesehen davon, ob es stimmt, daß die serbische Armee kosovarische Flüchtlinge als "lebendige Schutzschilder" hernimmt; - man muß schon sehr total die Moral des humanitären Vernichtungskrieges für die "neue Weltordnung" des demokratischen Imperialismus gefressen haben. Wenn dem nämlich nicht so wäre, dann müßte doch irgendwann einmal und von irgend jemandem unter allen Fischer-Fans die Frage erlaubt sein, was zum Teufel moralisch, ethisch, humanitär oder sonst was, edler, wertvoller, besser oder bloß was ganz anderes sein soll, wenn die Killer aus der Luft einfach Streubomben schmeißen, obwohl sie angeblich sehr genau wissen, daß die Schurken auf der Erde vor "menschlichen Schutzschilden" nicht zurückschrecken?

Eine Frage, die so in Bielefeld auch nicht von den angeblichen Vertretern einer "reinen pazifistischen Lehre" um den Rechtsanwalt Ströbele gestellt worden ist. Der bekannte sich nämlich ausdrücklich zur "Weiterführung der Regierungskoalition" und zu "Joschka" als seinem Außenminister. Mit der irrwitzigen Denkfigur, an die Fischer offensichtlich selber zunehmend glaubt und mit der seine Partei bei den Wählern hausieren gehen wird: Grüner Minister im Kriegskabinett, der mitten beim Kriegführen unermüdlich gegen den Krieg tätig wird. Ein wahrer Pazifist muß 1999 erstens für das Schlachten sein und zweitens die grüne Kollaboration befürworten, weil nur so der Militarismus eine Option für den Frieden enthält. Das legitimiert dann ihn und verschafft dem Fußvolk das gute Gewissen von Leuten, die die NATO für sich das Menschenrecht herbeimassakrieren lassen und sich bei den "Kollateralschäden" distanzieren.

Es durfte da nicht verwundern, daß es auf einem Parteitag der Bündnisgrünen angesichts von Störungen der minutiös geplanten Inszenierung nicht mehr sonderlich alternativ zugeht beim Abservieren der Störer. "Mit Farbbeuteln" könne "diese Frage nicht gelöst werden!" geifert der nicht bloß be- sondern auch einmal selber getroffene Fischer gegen Leute, die damit gar keine Frage beantworten, sondern gegen eine Politik demonstrieren wollen. Seit Fischer Bomben nicht bloß für Argumente hält, sondern auch ihren Einsatz mit kommandiert, darf er auch alle blöden Sprüche zurückgeben, die er sich früher auf der anderen Seite der Polizeiabsperrung eingefangen hat. Und auch noch die perfide aktuelle Version des "Geh-doch-nach-drüben!"-Spruchs: "Ihr beansprucht demnächst den Friedensnobelpreis für Milosevic!" Wer also nicht töten will und dem Kriegsherrn den gebührenden Respekt verweigert, der wird als verkappter Parteigänger des Feindes denunziert. Und der Strafantrag wegen Trommelfellverletzung ist nachgerade die einzige noch pazifistische Handlung des Gewalthetzers Fischer seit seinem Amtsantritt.

Die Grünen haben mit ihrem Parteitag also in mancherlei Hinsicht zur Schau gestellt, daß sie sich auf der Höhe der Zeit, sprich: des Kriegsgeschehens befinden. Ihren Platz in der schönen neuen Weltordnung hätten sie gerne als ex-friedensbewegte Mahnung, das Kriegsziel auch auf dem Verhandlungswege anzupeilen. Dafür stehen sie (fast) geschlossen hinter Fischer, der voll hinter dem Krieg steckt, weil der seinen politischen Erfolg herbeibomben soll. Wie schön, daß Deutschland in seinem ersten Krieg nach Hitlers katastrophalem Alleingang jetzt über einen grünen Beitrag zur nationalen Einheitsfront verfügt, der die moralische Extra-Klasse des NATO-Militarismus garantiert. Dafür haben die alternativen Nationalisten von heute 20 Jahre lang außer- und innerparlamentarisch trainiert. Und wo sie nun einmal zu ihrem Glück gerade noch rechtzeitig auf die Kommandohöhen des Staates gelangt sind, um diese Rolle zu übernehmen, werden sie davon freiwillig nicht mehr abtreten. Echt engagiert und voll verantwortlich.

Quelle: Lora Muenchen Gegenstandpunkt

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