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Reporter ohne Grenzen
Berichterstattung im Zeichen des Krieges
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PRESSEMITTEILUNG vom 30.3.1999

Auch die Zeugen werden ermordet

Chefredakteur der kosovo-albanischen Zeitung "Koha Ditore" exekutiert, Herausgeber auf der Flucht Journalisten werden brutal und systematisch zum Schweigen gebracht

Am 28. März wurden Berichten zufolge in Pristina fünf kosovo-albanische Intellektuelle von serbischen Sicherheitskräften abgeführt und kurz darauf hingerichtet; unter den Ermordeten war auch Baton Haxhiu, Chefredakteur der albanischsprachigen Zeitung Koha Ditore. Mit diesem Mord fand die Serie von Terrorakten gegen die albanischsprachigen Medien im Kosovo ihren Höhepunkt.

Am 24. März, sofort nach Beginn der NATO-Luftangriffe, wurde die Druckerei der Koha Ditore in Brand gesetzt. Nach Informationen von Reporter ohne Grenzen waren Kriminelle für den Anschlag verantwortlich. Gleichzeitig stürmten Berichten zufolge Polizei oder paramilitärischen Einheiten das Redaktionsbüro der Zeitung, erschossen einen Wächter, durchsuchten und plünderten die Räume.

Der Rechtsanwalt Bajram Kelmendi, der ebenfalls in der ersten Nacht der Luftangriffe zusammen mit seinen beiden Söhnen von serbischer Polizei erschossen wurde, hatte auch Koha Ditore vertreten: Die Zeitung war immer wieder mit Bußgeldern und anderen Zwangsmaßnahmen überzogen worden. Erst am vergangenen Montag (d. 22. März) waren wegen "Anstiftung zum Hass zwischen den Nationalitäten" Geldstrafen gegen Koha Ditore und ihren Chefredakteur verhängt worden. Baton Haxhiu und die anderen am 28. März Ermordeten kamen von Kelmendis Beerdigung, als sie abgeführt wurden.

Veton Surroi, Herausgeber der Koha Ditore, befindet sich auf der Flucht - der letzte Ausweg für die albanischsprachigen Journalisten im Kosovo.


ACHTUNG: Aktualisierung 7.4.1999

Die Nachricht über die Ermordung Baton Haxhius hat sich inzwischen - glücklicherweise - als falsch herausgestellt. Der Journalist ist am Leben und wohlauf. Ihm war die Flucht nach Mazedonien gelungen. Gemeinsam mit fünf anderen albanischen Intellektuellen aus dem Kosovo, die sich ebenfalls in das Nachbarland retten konnten, war Haxhiu auf Einladung der Bundesregierung am Ostermontag in der Bundespressekonferenz aufgetreten, um über die Zustände im Kosovo, vor allem in Prishtina, zu berichten. In einem Interview mit der Deutschen Welle sagte Haxhiu auf die Frage, wie er die Nachricht von seiner und einer Anzahl anderer Persönlichkeiten vorgeblichen Ermordung aufgenommen habe: "Es war eigentlich keine Falschmeldung, daß wir tot seien, denn tatsächlich waren wir irgendwie schon tot, gewissermaßen lebendig begraben in unseren Verstecken. Ich habe von meinem 'Tod' in einem Keller - einem meiner wechselnden Verstecke - erfahren..."

Unsere Pressemitteilung v. 30. März beruhte u.a. auf Meldungen der Agentur Reuters, des International Press Institute (IPI) und anderer Quellen, die sich ihrerseits auf eine auf "verläßlichen Quellen" beruhende Information des NATO-Sprechers Commander David Wilby vom 29. März bezogen hatten.

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