BRD-Kapital im arabischen Mittelmeerraum

Eine Internetrecherche von Karl-Heinz Schubert

04/11

trend
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Vorbemerkung: Am 5. März 2011 fand ein TREND Teach In mit Bernard Schmid und gut 100 TeilnehmerInnen in der Berliner SfE Mehringhof statt. Dort referierte Bernard Schmid über die aktuellen Klassenauseinandersetzungen in den Staaten des arabischen Mittelmeerraums. Karl-Heinz Schubert widmete sich in seinem Inputreferat den bundesdeutschen Kapitalinteressen in dieser Region. Er stellt uns seine diesbezüglichen Notizen für diese Ausgabe zur Verfügung.

1) Ausgangspunkte der Recherche

„Die Bourgeoisie reißt durch die rasche Verbesserung aller Produktions-Instrumente, durch die unendlich erleichterten Kommunikationen alle, auch die barbarischsten Nationen in die Civilisation. Die wohlfeilen Preise ihrer Waaren sind die schwere Artillerie, mit der sie alle chinesischen Mauern in den Grund schießt, mit der sie den hartnäckigsten Fremdenhaß der Barbaren zur Kapitulation zwingt. Sie zwingt alle Nationen die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen; sie zwingt sie die sogenannte Civilisation bei sich selbst einzuführen, d. h. Bourgeois zu werden. Mit einem Wort, sie schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde.“  (Kommunistisches Manifest 1848)

„In Zusammenarbeit mit der Fakultät für Wirtschafts- und Politikwissenschaften der Kairoer Universität (Faculty of Economics and Political Sciences, FEPS) organisiert das Büro der FES in Ägypten eine Reihe von Diskussionsforen und Training-Workshops für jüngere Mitglieder der verschiedenen ägyptischen politischen Parteien und Bewegungen…. Das starre politische System Ägyptens verlangt nach einer dringenden Reformierung und Modernisierung. Sowohl im Regierungs- als auch im zivilgesellschaftlichen Bereich werden Stimmen laut, die eine Demokratisierung, vermehrte Menschen- und Frauenrechte, Meinungsfreiheit und eine Stärkung der politischen Beteiligung verlangen.“ (Friedrich Ebert Stiftung)

„Angesichts der noch immer sehr unübersichtlichen Situation hat das BMWi einen Aktionsplan Nordafrika entwickelt. Ziel dieser Strategie ist es, die traditionell sehr guten Wirtschaftsbeziehungen mit Ägypten und den anderen nordafrikanischen Ländern zu stabilisieren und damit gleichzeitig einen Beitrag zum Aufbau einer prosperierenden Wirtschaftsstruktur in Nordafrika zu leisten, an der alle Gesellschaftsschichten teilhaben. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in dieser Region gefestigt werden.“ (9.2.2011: 10-Punkte-Aktionsplan Nordafrika des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Pressemeldung vom 22.02.2011. Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel beim Entwicklungsrat in Brüssel: Er unterrichtete seine Kolleginnen und Kollegen über das vom BMZ beschlossene Hilfspaket, mit dem die Bundesregierung wirksame Unterstützung für den demokratischen Wandel in der Region leisten will, darunter ein neu aufgelegter Demokratisierungsfonds in Höhe von 3,25 Millionen Euro. Zudem hält das BMZ zusätzliche 8 Millionen Euro für die Förderung von beruflicher Ausbildung junger Menschen bereit. Zusätzlich wird das BMZ weitere 20 Millionen Euro bereitstellen, um lokalen Banken in Nordafrika und dem Nahen Osten bei der Refinanzierung zu helfen, damit sie Existenzgründerdarlehen und Investitionskredite ausreichen können.

2) Ergebnisse der Recherche

Vorstandsmitglieder u. a. von Kappa, Lufthansa, Siemens, KfW, Commerzbank, Ferrostaal (MAN), Thyssen Krupp

Jahresbericht 2009: 47 % des afrikanischen Handelsvolumen der BRD entfielen auf Nordafrika mit folgendem Ranking: 1) Ägypten, 2) Algerien, 3) Tunesien, 4) Libyen, 5) Marokko

Im Präsidium sind Vertreter von: Saudi-Arabien, Jordanien, Oman, Kuwait, Katar, Libanon, Irak, Tunesien, Marokko, Jemen, Algerien, Sudan, Djibouti, Syrien, Bahrain, Kempinski, Landesbank Berlin, Daimler, Lufthansa, Siemens, Bayer, Philips, Dussmann, Bosch, Ferrostaal, Commerzbank

Ghorfa - Länderprofile

1) Ägypten (Stand 2/2011) / WTO-Mitglied

Ägypten ist aus BRD-Sicht kein Importland, sondern ein Exportland. Mit seinen Exporten liegt die BRD mit 5,9 % auf Platz vier. (Platz 1: USA 10,9 %, 2: China 8,4 %)

Das BRD-Kapital (bzw. deren Ghorfa-Mitglieder) formuliert deutlich das Interesse an der Fortsetzung der Auflösung von staatskapitalistischen Strukturen und Firmen. Schwerpunkte der Privatisierungen sollen sein. Banken, Versicherungen, Energie, Transport, Textilien. Für den öffentlichen Sektor werden PPP-Projekte favorisiert.

2)  Algerien (Stand 12/2010) / strebt WTO-Mitgiedschaft an

Der Import algerischer Waren spielt keine nennenswerte Rolle. Im Bereich des Exports liegt die BRD auf Platz 5) mit 7,0 % Anteil. Frankreich auf Platz 1 mit 15 % und China auf Platz 2 mit 12,1 %.

Das BRD-Kapital begrüßt die Transformation des Staatskapitalismus in ein „System der sozialen Marktwirtschaft“. Sie lobt die Liberalisierung der Öl- und Gaswirtschaft und die Privatisierung von 1.200 Staatsbetrieben, sowie den Verkauf der staatlichen Zementfabriken und Stahlwerke sowie die Möglichkeit, Kapital in staatliche Bergbauunternehmen (Gold und Zink) zu investieren.

3) Tunesien (Stand 1/2011) / WTO – Mitglied

Die BRD importiert aus Tunesien: Textilien, Elektr. Produkte, Lederwaren, Nahrungsmittel, Schmierstoffe, Teppiche und liegt mit 6,9 % auf dem 3. Platz hinter Frankreich und Italien - zusammen knapp 50 %.
Die BRD exportiert vor allem: textile Vorprodukte, IT-Erzeugnisse, Kfz, chem. Produkte, Eisen. Platz 3 = 7, 0 % hinter Frankreich und Italien, zusammen 1/3.

Für das BRD-Kapital war es wichtig, dass Tunesien bereits ab 1986 „Strukturanpassungsprogramme des IWF und der Weltbank“ gefahren hat.  Produktionsstandort für Daimler, Audi, VW, Renault, Peugeot, Fiat.

Hauptaufgaben heute sind

• die Beseitigung der hohen Arbeitslosigkeit (14,9 %) – besonders unter Akademikern.
• „Modernisierung der Wirtschaft“ Müll, Wasser, Umwelt. (RWE, EON, Vattenfall)


4) Libyen ( 12/2010) / kein WTO-Mitglied

30 % Arbeitslosigkeit, 2 Millionen WanderarbeiterInnen 7 davon 1,5 Mio aus Ägypten

96,5 % der Gesamtausfuhr: Erdöl, davon gehen 12,8 % in die BRD (Platz 2), Hauptabnehmer Italien mit 40,4 %.

Hauptimporteur ist Italien mit 15,2 %, gefolgt von der BRD mit 5,9 %. (Elektrotechnik, Fahrzeuge, Mess- und Regeltechnik, Nahrungsmittel.

Das BRD-Kapital lobt den seit 2006 laufenden Transformationsprozess „von einer staatlich gelenkten Wirtschaftsordnung zu einer marktwirtschaftlich orientierten Ordnung“, sowie den Ausbau bzw. Umbau von Petrochemie, Banken und öffentlicher Verwaltung. Hervorgehoben werden außerdem die „Liberalisierungsmaßnahmen“ im Handel und der Landwirtschaft.

Besonderes Interesse gilt den Erdöl, Gas- und Kohlenwasserstoffreserven.

5) Marokko ( 12/2010) / WTO-Mitglied / „Sicherheitspartner“ der USA

Die BRD importiert Textilien, Nahrungsmittel, Chem. Erzeugnisse mit einem Anteil von 3,1% am Gesamtexport. Hauptimporteure sind Frankreich (15,7 %) und Spanien (12,1 %)

Die Hauptlieferländer sind ebenfalls Frankreich und Spanien, zusammen = 28 %. Die BRD liefert deutlich weniger = 5,4 %.

Das BRD-Kapital lobt: „Marokko hat seine Wirtschaft in den vergangenen Jahren wie kaum ein anderes Land in der Maghreb-Region dem Ausland geöffnet“. Besonders die Investitionsmöglichkeiten in die zahllosen PPP-Projekte. Vom BRD-Kapital werden besonders zwei Projekte hervorgehoben: Die Desertec Industrial Initiative (1.Kraftwerkspark), ABB, Dt.Bank, Eon, Siemens, Schott, RWE und Großhafen „Tanger Mediteranee“ (Eurogate), in dessen Nähe demnächst Renault 170.000 Dacia-Modelle jährlich fertigen wird.

Vertiefungen zu Ägypten und Libyen (wenn aus anderen Quellen, wie angegeben)

1) Ägypten

Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2005 (Übersicht) Quelle: KAS

Einwohner: ca. 78 Mio
Wahlberechtigte 31.826.248 .
Abgegebene Stimmen 7.305.036 22 = 95 %
Abg. Gültige Stimmen 7.131.851
Hosni Mubarak NDP 6.316.784 = 88,57 %

Arbeitslosigkeit bei knapp 10 % (Fischer Weltalmanach) / Inflationsrate 11 %

Hauptdevisenquellen: Suezkanal, Tourismus, Überweisungen der WanderarbeiterInnen (geschätzte Zahl 3,0 Millionen davon 1,5 Millionen in Libyen)

a) Transformation des Staatskapitalismus, Öffnung für den Kapitalimport

1.6.2004 Assoziierungsabkommen mit der EU, Fortsetzung des Mittelmeerabkommens von 1998, 22.11.2009 Dt.-Ägyptischer Investitionsförder- und Schutzvertrag

• Förderung des Waren- und Kapitalverkehrs
• Anpassung der Zivilrechts, sowie des Wirtschafts- und Sozialrechts an die EU-Normen

Die General Authority for Investment and Free Zones (GAFI) ist die offizielle Wirtschaftsförderung und Beratungsstelle (One Stop Shop) des Landes Ägypten für internationale Investoren. Hauptaufgabe von GAFI sind neben der aktiven Vermarktung des Standorts Ägypten verschiedene Beratungsdienste bei Ansiedlungs- bzw. Investitionsprojekten.

Quelle: Presseportal.de / GAFI-Pressemappe 16.05.2007:
Zu den wichtigsten Errungenschaften der Reformpolitik der ägyptischen Regierung und Vorzügen des Wirtschaftsstandortes Ägypten für deutsche Unternehmer zählt Amr Abdel Azim neben den Deregulierungs- und Privatisierungsprogrammen ehemaliger Staatsbetriebe:
• Körperschaftssteuer von pauschal 20 Prozent
• Senkung der durchschnittlichen Zollgebühren auf 9 Prozent sowie zollfreie Industrie-Exportzonen
• Genehmigungen für Firmengründungen können innerhalb von nur 72 Stunden eingeholt werden
• Gut ausgebildete Arbeitskräfte
• Verhältnismäßig niedrige Arbeitskosten
• Entwickelte und kostengünstige Infrastruktur zur Belieferung der nordafrikanischen und arabischen Länder

b) Sonderzonen / Freihandelszonen (seit 2002)

Quelle:
Finanznachrichten.de 26.6.2009. Das ägyptische Investitionsministerium hat die monatlichen Grundstücksgebühren für die verarbeitende Industrie in den öffentlichen Freihandelszonen von 3,50 US-Dollar bzw. 2,50 US-Dollar auf zwei US- Dollar pro Quadratmeter gesenkt. Die neuen Gebühren gelten vom 1.Juli 2009 bis zum 30.Juni 2010.

Die neue Gebührenverordnung fördert somit 613 industrielle Projekte, darunter in den Bereichen industrielles Verspinnen, Bekleidung, Lebensmittelverarbeitung, Arzneimittelindustrie und medizinische Geräte. Betroffen sind die öffentlichen Freihandelszonen von Alexandria, Nasr Stadt, Port Said, Suez und El Ismailia.

Das Investitionsvolumen der Projekte in den öffentlichen Freihandelszonen Ägyptens beläuft sich gegenwärtig auf 3,89 Milliarden US-Dollar, der Exportwert erreicht 269 Millionen US-Dollar. In den öffentlichen Freihandelszonen sind insgesamt fast 150.000 Arbeitnehmer beschäftigt.

Quelle:
Presseportal.de / GAFI-Pressemappe 15.09.2008:
Ägyptens Automobilsektor profitiert stark von den liberalen Wirtschaftsreformen, die das Land in den letzten Jahren erfolgreich auf den Weg gebracht hat. 2007 sind insgesamt 101.319 Fahrzeuge montiert worden. Dies entspricht einem Wachstum von 118 % gegenüber dem Stand von 2003 mit 46.422 Autos….
Das ägyptische Ministerium für Handel und Industrie hat in Kooperation mit dem Privatsektor eine Strategie für den Automobilsektor entwickelt, der Investoren mit transparenten und einheitlichen Standards versorgen soll. Ägyptens Exporte in die Europäische Union sind inzwischen zoll- und quotenfrei, Importzölle werden von 2010 an auf CBU-Fahrzeuge (completely built-up) herabgesetzt. Mit diesen Maßnahmen und weiteren unternehmerischen Reformen soll die Produktion für den Export weiter angekurbelt werden.
Im Februar 2008 wurde die erste spezielle Industriezone für die Produktion von Kfz-Teilen auf einem Gebiet von 2 Millionen Quadratmetern in 6th of October City südlich von Kairo eingeweiht. 180 Fabriken für Fahrzeugmontage und Fahrzeug-Zuliefererindustrien mit einem Investitionsvolumen in Höhe von 800 Millionen Dollar bieten rund 16.000 Arbeitsplätze. Die Größe des Produktionswertes von 5,2 Milliarden Dollar jährlich ist hauptsächlich auf den Export ausgerichtet.

PPP – Public-Privat-Partnership

Quelle:
Presseportal.de / GAFI-Pressemappe 02.07.2008

Die ägyptische Regierung stellt das notwendige politische Umfeld bereit, um PPPs zu realisieren. Vorbild ist dabei das britische Modell, an dem sich der ägyptische Gesetzgeber orientiert. Unter anderem werden standardisierte PPP-Verträge von Regierungsseite bereitgestellt. Bereits 2006 wurde im Finanzministerium eigens eine zentrale Koordinierungsstelle für PPPs geschaffen.

Den Sektoren Bildung, Gesundheit, medizinische Einrichtungen, Versorgungseinrichtungen, sowie dem Transportsektor kommt im Bereich der PPPs eine prioritäre Bedeutung zu. So sollen 1800 öffentliche Schulen in 27 Verwaltungsbezirken im Rahmen von PPPs gebaut werden.

Deutsche Firmen in Ägypten - Beispiele:

Quelle:
Impulse- Das Unternehmermagazin vom 02.02.2011

Insgesamt betreiben laut DIHK 80 Unternehmen aus der Bundesrepublik Niederlassungen in dem nordafrikanischen Staat - Mittelständler aber auch DAX-Konzerne wie Bayer, BASF, Siemens oder ThyssenKrupp.
Daimler und BMW haben dort Montagestandorte. Der Stuttgarter Autohersteller lässt Pkw für den afrikanischen Markt montieren. BMW baut in Ägypten die Modelle 3er, 5er, 7er sowie die Geländewagen X1 und X3. Auch der im MDAX notierte Nürnberger Autozulieferer Leoni produziert in Ägypten.
Der Einzelhandelskonzern Metro betreibt in dem Land seit dem vergangenen Sommer zwei Märkte …. zu den ausländischen Energiefirmen in Ägypten gehört beispielsweise die deutsche Fördergesellschaft RWE-Dea, eine Tochter des Essener Versorgers.

Quelle: Impulse- Das Unternehmermagazin vom 21.02.2011

Trotz der politischen Unsicherheit halten deutsche Unternehmen am Standort Ägypten fest. "Eine Verlagerung an andere Standorte und damit die Aufgabe unserer ägyptischen Fertigungen sehen wir zurzeit nicht", sagte Uwe H. Lamann, Vorstand beim Autozulieferer Leoni, gegenüber impulse. Kaum ein anderes deutsches Unternehmen ist so abhängig von der Entwicklung in Nordafrika wie Leoni. 24.000 Arbeiter beschäftigt der Zulieferer in der Region.
Allein rund um Kairo sind es 4.000. Sie produzieren Kabelsätze für die europäischen Autohersteller. Das Nürnberger Unternehmen hatte in Ägypten gerade wegen der Unruhen in Tunesien die Produktion erhöht, wo das Unternehmen ebenfalls produziert.
Der Sanitärkeramik-Hersteller Duravit hält laut impulse ebenfalls an Ägypten fest. Von den rund 5.000 Beschäftigten des Konzerns arbeiten mehr als die Hälfte in dem nordafrikanischen Land. Sie produzieren in zwei Fabriken Keramik- und Acryl-Badewannen für den Weltmarkt. "Kurzfristig ist der Markt beeinträchtigt. Alle halten Investitionen zurück. Langfristig aber kann Ägypten wie Phoenix aus der Asche steigen", sagte Duravit-Vorstandschef Franz Kook gegenüber impulse. "Wir rennen jetzt nicht weg." Ägypten sei nicht nur als Produktionsstandort wichtig, sondern werde auch als Absatzmarkt immer interessanter.

ArbeiterInnenrechte
(Quelle: Intern. Gewerkschaftsbund)

Koalitionsrecht: Das Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften ist gesetzlich stark eingeschränkt. In einem Betrieb müssen mindestens 50 Beschäftigte der Gewerkschaft angehören, und Gewerkschaften sind nur dann legal, wenn sie einem der 23 Industrieverbände beitreten, die wiederum dem einzigen offiziell anerkannten Gewerkschaftsbund ETUF (Egyptian Trade Union Federation) angehören müssen, der enge Beziehungen zur Regierungspartei NPD unterhält. Der ETUF reguliert die Nominierungs- und Wahlverfahren für Gewerkschaftsämter. Beiträge sind gesetzlich geregelt. Beschäftigte, die sich außerhalb des ETUF Gewerkschaften organisieren, droht Entlassung.
Tarifrecht: Die Unternehmen müssen sich an bestimmte von der Regierung festgelegte Normen halten, vor allem in Bezug auf den Mindestlohn, die soziale Sicherheit und offizielle Feiertage. Bei Konflikten entscheiden "pentagonale Ausschüsse", bestehend aus Regierungsvertretern, Unternehmer- und ETUF-.
Streikrecht: Streiks sind nur legal, wenn sich zwei Drittel der ETUF-Vorstandsmitglieder dafür aussprechen. Der Premierminister hat das Recht, Streiks in „strategischen“ Sektoren zu verbieten.
Sonderwirtschaftszonen: Investmentgesellschaften, die sich neu in den Zonen niedergelassen haben, brauchen sich nicht an die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu halten. Die meisten Beschäftigten in den Sonderzonen werden gezwungen, noch vor Arbeitsantritt Kündigungsschreiben zu unterzeichnen, damit sie jederzeit entlassen werden können.


2) Libyen – Das Profit-Eldorado – einige Beispiele

A) Öl 
Quelle: Germany TRADE & INVEST 24.2.2011
Germany Trade and Invest, Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH. Vertreter u.a. von:  Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Bundesaußenministerium, Schering(Bayer), Deutsche Bank, Daimler Chrysler, Siemens, Springer, NCR, Bundesverband der Dt. Wirtschaft

Ende 2010 hat die italienische Eni mit Libyen Verträge über die Verlängerung ihrer Erdöl- und Gaskonzessionen bis zu den Jahren 2042 und 2047 unterschrieben. Die Planung sieht gigantische Investitionen von insgesamt 28 Mrd. US$ in entsprechende Infrastruktur vor, jeweils hälftig getragen von Eni und der libyschen National Oil Corporation (NOC).

Die Konzessionäre – Produktionsjahr 2009:

a) lib. Firmen: ca. 320 Mio. Barrel
b) Eni / Italien: 108,4
c) Repsol / Spanien: 101,2
d) Veba / BRD: 27,3
e) Wintershall BASF/ BRD: 31,8
f) Total / Frankreich: 20,7

B) Wasser/ Umwelt


Great Man-Made River Projekt ( Das weltweit größte Wasserversorgungsprojekt)
Das Projekt ist in mehrere Phasen gegliedert. Die Phase I begann im Januar 1984 und endete im Dezember 1992 mit einem Wertvolumen von 3,6 Mrd US-$. Die Phase II startete im Juni 1990 und soll Mitte des Jahres 2000 abgeschlossen sein, das Wertvolumen wird bei 5,7 Mrd US-$ liegen. Phase III - östlich-zentraler Teil Libyens Seit Januar 2002: 15,5 Milliarden US-Dollar. (Quelle: Libyen.com) Der dritte Strang von der berühmten Lehmstadt Ghadames zur Küste geht demnächst in Betrieb. Von 2013 an sollen dann alle 1149 Tiefbrunnen zusammen 2,4 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr produzieren – 28 Prozent gehen an die Haushalte und 70 Prozent an die Landwirtschaft (Zeit vom 27.10.2010)

Aus der BRD: GWE Pumpenboese (BRD) im Auftrag von Dong Ah (Südkorea) zur Herstellung und Lieferung von Hochleistungswickeldrahtfiltern. ( http://www.gwe-gruppe.de )

C) Verkehr / Transport / Wohnen

Quelle: Germany TRADE & INVEST 24.2.2011

Investitionen in: Eisenbahnstrecke Strecke Sirte-Misurata-Khoms für 1,85 Mrd. US$, neue Kraftwerke u.a. in Tripolis und Sabha, ein weiteres Terminal für den Flughafen Tripolis und Hafenkapazitäten. In Tripolis und Benghazi werden mit deutscher Beteiligung ganze Stadteile saniert.

Quelle: Tagesanzeiger vom 26.2.2011
Geplante Ägypten Tunesien – Autobahn: So ist der Baukonzern Impreglio zurzeit am Bau einer 1700 Kilometer langen libyschen Autobahn beteiligt. Der Auftrag hätte einen Wert von bis zu 5 Mrd. Euro. Ein Konsortium um den Ölkonzern Saipem, der von Eni kontrolliert wird, hat bereits einen 835 Mio. Euro schweren Vertrag für den ersten Teil des Autobahnprojektes gewonnen.

Quelle FAZ 4.3.2011

200 türkische Bauunternehmen mit einem Umsatz von 15 Milliarden Dollar.
Chinese Civil Engeneering Corporation baute zwei Eisenbahnlinie für 2,6 Milliarden Dollar

D) Sonstiges

Quelle: Germany TRADE & INVEST 17.2.2011
Staatliches Stahlwerk im Misurata steht zum Verkauf

ArbeiterInnenrechte (Quelle: Intern. Gewerkschaftsbund)

Staatsgewerkschaft: Die Mitgliedschaft bei der General Trade Union Federation of Workers (GTUFW) erfolgt automatisch. Unabhängige Gewerkschaften sind verboten, und ein Gewerkschaftsamt können nur libysche Staatsangehörige bekleiden. unterstützen. Alle GTUFW-Funktionäre gehören „Volksausschüssen“ an
Tarifrecht: Das Arbeitsgesetz verlangt, dass sich die Klauseln von Tarifverträgen im Einklang mit dem nationalen wirtschaftlichen Interesse befinden. Diese Bestimmung ermöglicht es der Regierung, jede Forderung abzulehnen, die sie für unvereinbar mit ihren wirtschaftlichen und sozialen Interessen hält.
Streikrecht: Obligatorisches Schiedsverfahren bedeutet faktisch ein Verbot aller Streiks bzw. deren rasche Beendigung.
Wanderarbeitskräfte: Die GTUFW als Staatsgewerkschaft vertritt keine ausländischen Arbeitskräfte bzw. organisiert sie.