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Editorial

Kaffeehausmarxismus

von Karl Müller
03/99
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In gewisser Weise war´s ein schöner Abend. Es wurde über den Kommunismus viel, über das dazugehörige Handeln wenig geredet. Rund 20 ältere Herren - vornehmlich mit K-Gruppen-Erfahrung - lauschten dem ebenfalls graumelierten Werner Imhof.

Der referierte über den Kommunismus - respektive über dessen objektive Voraussetzungen. Erst Wert- dann Kapitalbegriff und schließlich noch der Fall der Profitrate, wo der gesellschaftliche Reichtum dem historischen Fortschritt so richtig im Wege steht. Da gäbe es für die Linke ordentlich was zu berechnen, meinte Imhof, denn wie sonst, könne die Arbeiterklasse zur Einsicht in die Notwendigkeit gebracht werden. Aber bitte ohne Partei - alles schön selbstorganisiert, so vom Betrieb aus. Werner Imhof wollte dies ausdrücklich als Kritik an der Linken verstanden wissen. Auch hätte sich gezeigt, daß Leanproduction nicht der Königsweg des Kapitals aus der Krise gewesen sei, ließ er sodann seine Zuhörer wissen.

Da wurde es den alten Hasen mit Betriebserfahrung so richtig heimelig. Jüngere dagegen zeigten Unverständnis, drohten sogar einzunicken und entrüsteten sich schlußendlich lautstark über Imhofs esoterischen Kommunismus, welcher Produkt seines Positivismus sei. Der ebenfalls noch zu den Jüngeren zählende Diskussionsleiter fand so ein Verhalten ganz schlimm. Das fanden nun wieder die anderen ganz schlimm und gingen.

Raucherpause. Die anschließende Diskussion folgte dem fehlenden roten Faden und hatte dadurch Unterhaltungswert.

Veranstalter dieses schönen Abends war der "Demokratische Presseclub" und das ganze fand im Haus der Demokratie statt, wo die Leute sonst lieber nach der Stasi fahnden. Mir hat´s gefallen. Weitere Veranstaltungen dieser Art sollen folgen. Ein bißchen Kaffeehausmarxismus im Haus der Demokratie, regelmäßig kredenzt, wie es der Presseclub ab jetzt monatlich vorhat, kann bei so viel schwarz-grünem Gesocks vor Ort kein Fehler sein.

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