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Grünalternative Jugend
Der Schoß ist fruchtbar noch...

Unter diesem Titel unternimmt die Grünalternative Jugend aus Wien den Versuch, Programmatik und Politik der NSDAP in der 1. Republik in Österreich und der Freiheitlichen Partei Österreich (FPÖ) Jörg Haiders zu vergleichen.

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Bekanntlich sind die Bande zwischen der FPÖ Korporationen vielfach vorhanden und durch eine Reihe prominenter Parteifunktionäre, die zugleich Mitglied einer Korporation sind, deutlich erkennbar. Zu nennen ist hier Haider selbst (DB (Österreich) Silvania), Andreas Mölzer (Corps Vandalia Graz im KSCV), der zwischen 1991 und 1994 als Grundsatzreferent der FPÖ und "politischer Gesamtverantwortlicher" des Freiheitlichen Bildungwerkes wirkte oder der jüngst verstorbene Wiener FPÖ-Fürst Rainer Pawkowicz ( Burschenschaft Aldania Wien). Die Genannten sind oder wahren führende Funktionäre einer rechtsextremistischen Partei, was in ihren Bünden kein Probleme ist. In konservativen Korporationen wie in rechtsextremistischen Parteien wie die FPÖ sind zumindest teilweise gleiche politische Ansichten verbreitet. "Salopp ausgedrückt könnte man sagen, Rechtsextremismus ist ein Bestandteil des Faschismus und konservative Einstellungen sind im rechtsextremen Gedankengut enthalten". (S. 52)

Die Broschüre arbeitet an ausgewählten Themen die rechtsextremistischen Positionen der FPÖ heraus, von denen im folgenden einige besonders die Korporationen betreffende Teile kurz wiedergegeben werden.

Entstehung der FPÖ nach dem 2. Weltkrieg

Die Wurzeln der FPÖ gehen zurück auf das sogenannte "Dritte Lager", das in der 1. Republik nach dem 1. Weltkrieg durch den Landbund und die Großdeutsche Volkspartei, die "abgesehen von dem der Nationalsozialisten, das am stärksten antisemitische und rassistische Programm aller politischen Parteien Österreichs" (S. 43) besaß. Folgerichtig traten die meisten Mitglieder des Dritten Lagers nach dem März 1938 der NSDAP bei.

Nach der Niederlage des Hitler-Faschismus sammelten sich die Vertreter des Dritten Lagers 1949 im Verband der Unabhängigen (VDU). Nach dem Abzug der Alliierten erfolgte 1956 die Gründung der FPÖ. 1988 meinte der damalige FPÖ-Abgeordnete Frischenschlager: "Die Verbindung zwischen Drittem Lager und dem Nationalsozialismus ist eine Tatsache. Weder der VDU noch die FPÖ sind Parteien, die vom Himmel gefallen sind." (S. 43)

1983 gelang es der sich liberal gebenden FPÖ, mit der SPÖ eine Koalition in Österreich zu bilden. 1985 begrüßte der FPÖ-Verteidigungsminister den Kriegsverbrecher Walter Reder bei dessen Rückkehr aus italienischer Haft mit Handschlag am Grazer Flughafen. Die folgende politische Auseinandersetzung über Frischenschlager bot Haider und Konsorten letztlich die Möglichkeit, 1986 die Parteispitze zu erobern.

Machtübernahme durch Jörg Haider

Der vorherige Parteivorsitzende Steger bezeichnete seine Abwahl als "Putsch von Burschenschaftern." In den Burschenschaftlichen Blättern (BBl) 4/96 erklärt Walter Sucher unter dem Thema "Österreich Drittes Lager". "Seit 1986 entwickelte sich aus diesem Dritten Lager und aus der FPÖ heraus eine politische Bürgerbewegung, die heute als populäre Oppositionspartei über beträchtlichen Einfluß im Lande verfügt. Prägend für sie - und hier seien nur zwei Namen genannt: Jörg Haider und Rainer Pawkowicz - waren und bleiben Burschenschaften". Trotz zahlenmäßig geringer Zahl verfügten die Burschen "weiter über prägende Kraft und diese Bewegung tragende Strukturen" (BBl, 211).

Ideologisch arbeitete der "Lorenzer Kreis" an der Festigung der Position Jörg Haiders. Der Gründer des Lorenzer Kreises, Raimund Wimmerte, erklärte 1989 in einem Interview: "Und wenn wir setzt die Pollacken hereinlassen, Polen sagt man, und alles andere, und die Deutschen läßt man draußen, ja wo sind wir denn? (...) Die würden sich wundern, wenn die Baikelesjuden würden herumrennen in Wien". (S. 78). Der Lorenzer Kreis war anscheinend wesentlich daran beteiligt, rassistische Position in der FPÖ in der Sprache der Neuen Rechten zu verankern. Beim Lorenzer Kreis finden wir den späteren Grundsatzreferenten der FPÖ, Andreas Mölzer, wieder. "Es ist unsere Pflicht, unser Volkstum zu bewahren, und es wäre unverantwortlich, unsere ethnisch-kulturellen Eigenarten einer allzu liberalen Einwanderungspolitik zuliebe aufs Spiel zu setzen. Das Prinzip sogenannter multikultureller Entwicklungen und der multikulturellen Erziehung lehnen wir ab, da es erfahrungsgemäß zur Nivellierung und zur geistigen Verarmung und Entwurzelung des Menschen führt." (S. 78, aus der Lorenzer Erklärung). In den Kärtner Nachrichten schreibt Mölzer 1990: "Wer die 'Umvolkung' der Österreicher betreibt, nur um den deutschen Charakter des Landes zu tilgen, muß sich den Vorwurf des antigermanischen Rassismus gefallen lassen. Europa insgesamt aber täte gut daran, sich verstärkt gegenüber der übrigen Welt abzuschotten." (S. 80)

Machtausübung durch Jörg Haider

Im Juni 1991 erklärte Haider: "Wer sich von der politischen Linie absentiert, muß gehen. Da muß man Härte zeigen." (S. 69) Im Spätsommer 1991 ließ sich Haider einen "Blankoscheck für das Vetorecht in allen Parteientscheidungen ausstellen" (S. 70), es ist folglich Haider, der die Linie der Partei festlegt. Die Führungsgremien der Partei verkamen zu Haider-Fanclubs. Seit 1988 hatte Haider als Einzelperson das Recht, FunktionärInnen, die der Parteilinie zuwider handelten oder sich parteischädigend äußern, mit einem Funktionsverbot zu belegen und im Wiederholungsfall sofort auszuschließen.

Diese Form der Führerpartei hatte Folgen. Im April 1998 ordnete Haider die Absetzung von 700 FunktionärInnen der Salzburger FPÖ an. Als die Finanzschwindeleien des FPÖ-Funktionärs Rosenstingl bekannt wurden, entwarf Haider den "Demokratievertrag". Wer nicht unterschrieb, flog aus der FPÖ. So erwischte es den rechten Aula-Autor Rüdiger Stix, weil er Haiders Vertrag als Knebelungsvertrag bezeichnete. Im September folgten die Wiener Landtagsabgeordneten Thomas Geringer, Manfred Klopf und Kurt Hermann Beer wegen ihrer Weigerung, den Vertrag zu unterschreiben. Haider hat auch öffentlich bekundet, was er von Demokratie hält: Nichts! "Wem's nicht paßt, der soll sich aus diesem Land zuzrückziehen." (S. 71)

"Ausländerpolitik" der FPÖ

Haiders Rassismus kommt in der verklärten Sprache der neuen Rechten daher. So wird er nicht müde, zu erklären, er wäre kein Ausländerfeind, sondern ein Inländerfreund. 1992 startet die FPÖ ein Volksbegehren unter dem Motto "Österreich zuerst". Haider stellt in seinen Äußerungen einen angeblichen Zusammenhang zwischen der Arbeitslosigkeit und der Anwesenheit von ausländischen Arbeitskräften her. "Ich finde es beschämend, daß 180 000 Arbeitslose gemeldet sind und noch immer 140 000 Gastarbeiter im Land sind." (S. 83), so Haider in der Neuen Zeit vom 13. 1. 1988.

Auch für die Wohnungsnot sollen die "Gastarbeiter" verantwortlich sein. "Im Wiener Gemeinderatswahlkampf vom Herbst 1996 werden 'Ausländer' in einer an Unappetitlichkeit kaum zu übertreffenden Art und Weise als Bedrohung für die Gemeindebauten dargestellt ('Ihre Gemeindewohnung ist in Gefahr, wenn SPÖ und ÖVP noch stärker werden. Die wollen nach der Wahl die Gemeindebauten für Ausländer öffnen. ... Nach der Wahl beginnt die Umsiedlung der Ausländer nach Simmering! Wir Freiheitlichen schützen Ihren Gemeindebau.') Im 14. Wiener Gemeindebezirk gingen die KameradInnen des Wiener Spitzenkandidaten Rainer Pawkowicz so weit, daß sie auf Flugzetteln '55 (!) Ausländer' als BewohnerInnen des Gemeindebaus 'Hugo-Breitner-Hof' 'outeten." (S. 85) In einem News-Interview erklärt Pawkowicz, worum es ihm wirklich ging, dem Schüren von Sozialneid. "Wir haben Fakten festgestellt und die Bürger informiert. Unser Lösungsansatz ist klar: Sofortiger Einwanderungsstopp, weil alle Ausländer ihr Leben verbessern und in den Gemeindebau drängen wollen." (News 37/96, S. 12)

Als Pawkowicz im Frühjahr 1998 verstarb, beschrieb die Aula ihn als einen "sehr sensiblen Menschen ". "Weltoffenheit, Toleranz und demokratische Überzeugung waren für ihn genauso wichtig, wie die Erkenntnis, daß die Heimat für den Menschen etwas ganz Wertvolles und nicht frei austauschbar ist. ... So war es ihm ein besonderes Anliegen, daß in Wien Deutsch gesprochen wird, damit unsere Kultur, unsere kulturelle Identität bewahrt wird." (Aula 4/98, S. 45) Das Sprachvokabular der Neuen Rechten verhüllt kaum den Rassismus dieses FPÖ-Funktionärs. Seine Beerdigung wird zu einem pompösen öffentlichen auftritt der Wiener Korporationen.

Ausblick

Die Broschüre arbeitet eine Reihe von Ähnlichkeiten zwischen der FPÖ Jörg Haiders und der NSDAP in Österreich während der 1. Republik heraus. Sie begeht nicht den Fehler, beide Parteien einfach gleichzusetzen. Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie beschreitet oft alte Wege. Die FPÖ unter dem Burschenschafter Jörg Haider wird in einem Bericht der UN-Menschenrechtskommission als "explizit ausländerfeindlich" bezeichnet. Ein Urteil, das die Broschüre mit großer Materialfülle belegt. Sie zeigt weiterhin, was davon zu halten ist, wenn Korporierte von Toleranz reden. Toleranz ist hier immer gemeint im Sinne von Duldung auch reaktionärer und rechtsextremistischer Positionen von Mitglieder der Korporation. Niemals jedoch als Toleranz gegenüber Menschen, die sie im Neudeutsch der Neuen Rechten als Bedrohung ihrer germanischen Ethnie betrachten. Die haben zu verschwinden. Die Broschüre allen empfohlen, die Informationen über exponierte Vertreter des Rechtsextremismus in Europa wünschen. Rechtsextremisten, die als anerkannte Burschenschafter in der Verbindungszene keinerlei Kritik erfahren.

Haiders FPÖ könnte ein guter Test sein für all die Verbindungen, die sich ernsthaft vom Rechtsextremismus in den Kreisen von Korporationen absetzen wollen. Fragen wir sie doch einfach nach ihrem Verhältnis zur FPÖ! Seien wir intolerant ihnen gegenüber, solange sie tolerant gegenüber Haider sind!

Alle Zitate sind, soweit nicht extra gekennzeichnet, der Broschüre entnommen:

Grünalternative Jugend (Hg..), Christian Gratzer: Der Schoß ist fruchtbar noch... NSDAP (1920 - 1933) - FPÖ (1986 - 1998). Kontinuitäten, Parallelen, Ähnlichkeiten. Erhältlich für 10 DM (plus Auslandsporto) bei der Grünalternativen Jugend, Lindengasse 40, A - 1070 Wien

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