zurück

Editorial

Geschichtsfälscher
Ein Kommentar
von Karl-Heinz Schubert

02/99
trdbook.gif (1270 Byte)
trend
online
zeitung
Briefe oder Artikel:
kamue@partisan.net
ODER per Snail:
Anti-Quariat
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin
Daß das Kapital sich selbst Schranke der Verwertung ist, ist eine Entdeckung des Karl Marx. Daraus speiste sich bisher die Erkenntnis, daß - wenn sich dieser Zustand in der Empirie der Verhältnisse abbildet - eine Zeit heranreift, wo das historische Subjekt die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise begehrt.

Unzweifelhaft weisen die derzeitigen weltweiten empirischen Befunde darauf hin, daß das Kapital an jene Verwertungsschranke geraten ist. Doch entgegen der bisherigen Erkenntnis formiert sich ein historisches Aufhebungssubjekt nicht. So entsteht scheinbar eine Erklärungslücke. Scharlatane, Spinner und Beutelschneider - vornehmlich aus dem intellektuellen Milieu - veranlaßt dies mitunter, neue richtungsweisende Botschaften zu verlautbaren. Geschieht dies ist Deutschland, so kommt gewöhnlich nur braune Scheiße heraus. Herr Mahler und Herr Rabehl - einstmals zentrale Figuren im 68er kulturrevolutionären westberliner SDS - machen in diesem Sinne zur Zeit mediale Furore.

Mahler führt die rühselige Nummer vom heimatvertriebenen Schlesierkind auf, welches sich mit Hegel wappnet, um dem Weltgeist auf die Spur zu kommen. Rabehl mimt den ewigen Sowjetzonenflüchtling, der in Deutschland nie ankommt, weil dort CIA und KGB herrschen.

Im Dezember 1998 hatte ihre Not nun ein Ende. Sie streben jetzt die ideologische Lufthoheit über rechten Stammtischen an. Dafür verfaßte Mahler mit den Kameraden Maschke und Oberlercher - zwei Ex-SDSler, die schon vor Jahren zu Rechtsaußen mutierten - die "kanonische Erklärung zur Bewegung von 1968". Darin wird das Hohelied der nationalen Erhebung gesungen und Mahlers RAF zum Waffen-SDS verklärt. Rabehl - der "engste Kampfgefährte des Rudi Dutschke" ergänzte sodann vor Korporierten der schlagenden Danubia, daß "68" im wesentlichen ein Kampf um die nationale Befreiung Westdeutschlands vom US-jüdischen Kulturimperialismus gewesen sei.

Infolge des Benno-Ohnesorg-Kongresses hatte sich in Berlin ein Kreis ehemaliger SDSlerInnen gegründet. Dieser diskutierte im letzten Jahr etliche Male mit den beiden Ex-Genossen , um deren Rechtsentwicklung aufzuhalten. Mahler und Rabehl kümmerte deren Kritik wenig, ging es doch vornehmlich darum, dort weitere Verbündete für die nationale Erhebung zu finden. Dies mißlang zu guter letzt, was wiederum Mahler und Rabehl nicht hinderte, in der Öffentlichkeit für ihre braunen Zwecke die Geschichte der Jugend- und Studentenbewegung zu fälschen, um damit den Eindruck zu erwecken, ihre Ex-Genossen seien auch Teil der von ihnen imaginierten national und antisemitisch motivierten Revolte gewesen.

Da war Schluß mit lustig. Die Ex-SDSlerInnen gingen mit ihrer Kritik in die (Internet)-Öffentlichkeit; darunter Gretchen Dutschke, die sich besonders gegen die entsetzliche Vereinnahmung von Rudi durch Mahler und Rabehl für  völkische Zwecke wehrt. Als Veröffentlichungsplattform wählten die Ex-SDSlerInnen ganz gezielt das Partisan.net, kann man sich dort auch anhand der Dokumente des Benno-Ohnesorg-Kongresses, in der Kalaschnikow oder in der virtuellen Bibliothek des trend "Aufruhr & Revolte" ein selbständiges Bild von der Plattheit der Mahler-Rabehlschen Geschichtsfälschung machen.

Seit dem 30.1.1999 wurden die Texte der "SDS-Website" rund 350 Mal gelesen. Gemäß "Log-file" überwiegend Leute mit universitärem Internetzugang. Dies gibt der Hoffnung Anlaß, daß den Herren Rabehl und Mahler alsbald kulturrevolutionäres Feuer unterm braunen Arsch gemacht wird.

nach oben