zurück

Wir dokumentieren:
Prozeßgruppen zum DHKP-C Prozeß
Postfach 3570, 67623 Kaiserslautern
Fax : 0631 / 45722

DHKP-C Prozeß in Hamburg ist nur der Anfang einer großen Repressionswelle 
01/99
trdbook.gif (1270 Byte)
trend
online
zeitung
Briefe oder Artikel:
kamue@partisan.net
ODER per Snail:
Anti-Quariat
Oranienstr. 45
D-10969 Berlin
Seit dem 26.05.1998 läuft vor dem Oberlandesgericht in Hamburg ein Prozeß gegen drei mutmaßliche Mitglieder der DHKP-C (Revolutionäre VolksBefreiungsPartei-Front, revolutionäre Organisation aus der Türkei). Vordergründig geht es in diesem Verfahren um zwei bewaffnete Auseinandersetzungen in Frankfurt/Main und Hamburg. Zwei der Angeklagten (Erdogan C. und Ali E.) werden aufgrund dieser Auseinandersetzungen der Körperverletzung und des unerlaubten Waffenbesitzes beschuldigt. Ein dritter (Serefettin G.) soll den Befehl für die Aktionen gegeben haben.

Ziel der Anklagevertretung ist es, auf dem Fundament der bewaffneten Auseinandersetzungen die Existenz einer terroristischen Vereinigung nachzuweisen. Imzweiten Schritt sollen dann die Angeklagten als Mitglieder dieser terroristischen Vereinigung nach dem Staatsschutzparagraphen 129a StGB verurteilt werden. Politischer Hintergrund des Verfahrens ist der Versuch eine ausländische Befreiungsbewegung in der BRD als terroristische Vereinigung zu kriminalisieren und dadurch die Aktivitäten dieser Organisation zu stoppen.

In einer Entscheidung des BGH vom Februar letzten Jahres war festgestellt worden, daß die bisherige Praxis der Exekutivorgane, die DHKP-C juristisch als Nachfolgerin der 1983 verbotenen DEVRIMCI SOL (Revolutionäre Linke) zu behandeln rechtlich unzulässig ist. Im August 1998 wurde diese Entscheidung durch einen Verbotsbeschluß vom ehem. Innenminister Kanther in Abstimmung mit den Ministerien der Länder "korrigiert". Nach der Aussage Kanthers ist der Verbotsbeschluß "die Reaktion auf die durch den Beschluß des Bundesgerichtshofes entstandene Rechtslage". Dem immer noch bestehenden Beschluß des Bundesinnenministeriums zufolge ist die DHKP-C eben doch die juristische Nachfolgerin der DEVRIMCI SOL, egal was die Gerichte sagen...

Die Willkür der staatlichen Organe gegenüber einer in der Türkei agierenden revolutionären Organisation, die in Europa versucht, die hier lebenden Menschen über die undemokratischen und menschenverachtenden Methoden des türkischen Regimes zu informieren, wird auch in dem zur Zeit noch laufenden Verfahren weitergeführt. In einer Erklärung wandte sich der Angeklagte Sereffetin G. gegen den Versuch, die DHKP-C als konspirative, kriminelle oder gar terroristische Organisation darzustellen. Er erklärte das die DHKP-C keineswegs konspirativ, sonder offen agiere. Ihre Aufgabe in Europa sei es die Öffentlichkeit für die Realität und den Kampf in der Türkei zu sensibilisieren. Im Prozeß sei aber weder von den legalen und legitimen Aktivitäten der Organisation die Rede, da mit allen Mitteln versucht werde das Bild einer "terroristischen Vereinigung" zu vermitteln. So werden Zeugen der Verteidigung, die sich nicht ausreichend aussagewillig zeigen, sofort mit Strafandrohung, die bis zur sechsmonatigen Beugehaft reichen eingeschüchtert. So bekam einer dieser Zeugen (Besitzer eines Cafe's in Hamburg) nach seiner Aussage vor Gericht gleich zweimal Besuch von der Hamburger Polizei, die sowohl seine Wohnung, als auch sein Cafe durchsuchten. Ein weiterer Zeuge der Verteidigung wurde aus der laufenden Verhandlung heraus verhaftet. Während einer der letzten Prozeßtage verstieg sich die Staatsanwaltschaft in die Behauptung alle Zuschauer, die bisher leider größtenteils aus türkisch aussehenden Menschen bestehen, seien Mitglieder der Organisation. Daraufhin haben die Gefangenen gegen das Gericht, daß keine Anstalten machte einzuschreiten, protestiert und einen Boykott des weiteren Verfahrens angekündigt. Das Gericht reagierte darauf mit dem Ausschluß der Angeklagten. Erst seit der letzten Sitzung sind die Angeklagten wieder zum Prozeß zugelassen.

Während dem nächsten Prozeßtermin am 20. Januar soll der Kronzeuge Hüseyin E. vernommen werden, von dem sich die Staatsanwaltschaft neue Beweise dafür erhofft, die DHKP-C als "terroristisch einstufen zu können.

Ein weiteres Verfahren in diesem Zusammenhang wird voraussichtlich am 8. Februar, vor dem selben Gericht beginnen. Ilhan Yelkovan sollte Anfangs wegen 2fachem Mordes angeklagt werden. Da die Staatsanwaltschaft aber zugeben mußte, daß die Beweislage sich äußerst dürftig darstellt, soll Ilhan Y. zusätzlich wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§129a StGB) angeklagt werden. Der Bundesanwalt Kalf hat den Anwälten mittlerweile mitgeteilt, daß nach Beendigung des Prozesses gegen Erdogan C., Ali E. und Serefettin G. mit 30 weiteren Haftbefehlen gegen mutmaßliche Mitglieder der DHKP-C zu rechnen ist.

Ziel dieser gerade erst begonnenen Repressionswelle ist es, die Stimme der größten revolutionären Kraft, die in der gesamten Türkei aktiv ist, in der BRD zum Schweigen zu bringen. Weder Informationen über die Verbrechen des faschistischen türkischen Regimes, noch die Hoffnung auf einen siegreichen Kampf für eine vom Imperialismus unabhängige, demokratische Türkei, sollen unter den türkischen und kurdischen Menschen in der BRD diskutiert werden können. So wie bei den Verboten der PKK und ERNK, liegt es im Interesse der Herrschenden in der BRD, das Regime in der Türkei zu schützen. Nicht zuletzt um mit den Waffenbrüdern an Bosporus ungestört Geschäfte machen zu können. Außerdem muß die Türkei im Sinne der NATO-Interventionisten geschützt werden, um nicht einen der wichtigsten Stützpunkte im Nahen Osten zu verlieren.

Hiermit fordern wir MenschenrechtlerInnen, InternationalistInnen, Rechtsanwälte und Anwältinnen und JournalistInnen dazu auf, den Prozeß zu besuchen bzw. zu verfolgen um darüber zu berichten, mit welchen Methoden in der BRD ausländische Oppositionelle verfolgt und kriminalisiert werden, deren Ziel es ist das faschistische Regime in ihrem Herkunftsland zu überwinden.

Carsten Ondreka
für die Prozeßgruppen zum DHKP-C Prozeß

Die nächsten Termine : 20.,26.und 27.Januar , OLG Hamburg, 9.30 Uhr

nach oben