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HANDELSBLATT, Donnerstag, 7.1.99 HB KÖLN. 

Mit der Bankenaufsicht im Clinch
Streit um das Geldwäschegesetz

01/99
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Neue Wege will die Bankenaufsicht bei der Bekämpfung der Geldwäsche beschreiten. Die deutschen Kredititinstute, besonders ihre Verbände, wehren sich gegen die geplante computergestützte Konto-Überwachung.

Als überzogen bezeichnet Stephan Steuer, Chefsyndikus und steilvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Maßnahmen, die das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen im Kampf gegen die Geldwäsche bei den deutschen Kreditinstituten einführen will, in einer Stellungnahme. Nach seiner Darstellung sollen künftig die Banken nach den Überlegungen der Aufsichtsbehörde "mit rasterfahndungsähnlichen Systemen Kundenprofile erstellen, mit denen jeder Bankkunde ständig darauf überprüft werden kann, ob sein Finanzgebaren nicht etwas mit Geldwäsche zu tun hat."

Steuer bezieht sich bei seiner Kritik im wesentlichen auf einen Handelsblatt-Beitrag vom 29.10.98, in dem sich der für das Geldwäsche-Gesetz (GwG) zuständige Beamte der Berliner Behörde, Michael Findeisen, zu diesem Themen-Komplex geäußert hatte.

Rechtliche Bedenken

Steuer weist darauf hin, daß sich die Kreditwirtschaft von Beginn an nachdrücklich und unter erheblichen Lasten für die allgemeinen Belange des Gemeinwesens im Kampf gegen die organisierte Kriminalität eingesetzt hat. Weit mehr als 90 % aller Verdachtsanzeigen nach dem GwG seien im Zeitraum 1994 bis 1996 von Kreditinstituten erstattet worden. Wenn der meßbare Erfolg der Anzeigen mit nur 55 Verurteilungen eher bescheiden wirkt, läge dies an den Beweisschwierigkeiten der Ermittler und nicht an mangelndem Einsatz der Kreditwirtschaft. Noch schlimmer verhalte es sich bei der Aufzeichnung von Bartransaktionen am Schalter. Nur in 0,04 % der Fälle komme es zur Beschlagnahme.

Deshalb sei es richtig gewesen, den Schwellenwert für die Aufzeichnungspflicht von 20 000 DM auf 30000 DM zu erhöhen. Dies dürfe aber nicht dazu führen, die Kreditinstitute auf anderen Feldern immer stärker zur Strafverfolgung heranzuziehen. Die Grenze des Hinnehmbaren, so Steuer, sei erreicht. Es wäre verfassungsrechtlich und ordnungspolitisch verfehlt, die Banken mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen in die seit Orwell bekannte Rolle des "watching big brother" zu drängen, der alle Geschäftspartner, einschließlich aller Privatkunden, ständig überwacht, registriert und nicht sofort plausiblen Geldgeschäften mit kriminalistischem Spürsinn nachgeht. Solche Maßnahmen seien auch den Strafverfolgungsbehörden rechtlich nicht erlaubt und können umso weniger von den Banken verlangt werden.,,Doch die Bankenaufsicht läßt - wie der Handelsblatt-Beitrag gezeigt hat - nicht locker". 

Ein kürzlich von der Berliner Behörde bekanntgemachtes "Geldwäsche-Typologienpapier" dokumentiere mit der Auflistung zahlreicher allgemeiner Problem-Indikatoren eindrucksvoll, daß es auch nach mittlerweile fünf Jahren Geldwäschegesetzgebung keine klaren Anhaltspunkte für den Verdacht auf Geldwäsche gibt. 

Im Grunde weit wichtiger als die zweifelhafte Sinnfälligkeit von Datenüberprüfungen nach dem "Rasenmäherprinzip" ist nach Auffassung Steuers die Frage, ob sich aus den gesetzlichen Grundlagen eine Pflicht für die Kreditwirtschaft zur Rasterung ableiten läßt. Diese Frage sei zu verneinen: Weder im Geldwäschegesetz noch im Bundesdatenschutzgesetz sei ein Rechtsgrundlage erkennbar, die den Eingriff in Kunden-und damit Bürgerrechte auch nur annähernd umschreibt. Im übrigen bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel, ob eine solche gesetzliche Grundlage überhaupt geschaffen werden könnte. 

Ist aber schon eine gesetzliche Legitimation für die Kundenausforschung nicht ersichtlich, darm, so Steuer wörtlich, "können sie Außerungen der Aufsichtsbehörde nicht schaffen."

Kein Rückstand zum Ausland 

Als weiteres Beispiel zur "paralegalen" Ausweitung des Anti-Geldwäschegesetzes nennt Steuer die von der Aufsicht vorgesehene Verpflichtung der Banken, beim Bargeldumtausch von D-Mark in Euro im Jahre 2002, alle Beträge über 5000 DM zu registrieren. Unabhängig davon, ob es realistisch erscheine, professionelle Verbrecherorganisationen mit der Absenkung des Schwellenwertes auf 5000 aufzuspüren, fehle für eine solche Maßnahme die rechtliche Grundlage. Aus guten Gründen habe der Gesetzgeber im Rahmen der GwG-Novelle kürzlich den Schwellenwert für die Kundenidentifizierung auf 30000 DM erhöht. Diese Leitentscheidung könne nun nicht durch behördliche Verlautbarungen unterlaufen werden. 

Steuer widerspricht auch dem in dem erwähnten Handelsblatt-Beitrag erweckten Eindruck, Deutschland falle im internationalen Vergleich bei der Bekämpfung der Geldwäsche zurück. Die Erfolgsquote der Verdachtsanzeigen deutscher Kreditinstitute sei im allgemeinen nicht niedriger, zum Teil deutlich höher als in anderen europäischen Ländern.

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