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From: Press Agency Ozgurluk < ozgurluk@xs4all.nl >

DIE POLIZEI LÜGT,
INDEM SIE MIT DEN WORTEN "ER WOLLTE SELBSTMORD BEGEHEN"
MORDVERSUCH ALS SELBSTMORDVERSUCH DARLEGT.

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Mein Name ist Riza Poyraz. Ich bin jene Person, die sich laut der in Zeitungen und im Fernsehen veröffentlichen Erklärung des Istanbuler Polizeipräsidiums, vom 4. Stockwerk des Polizeipräsidiums in der Vatan Straße "hinunterstürzen und Selbstmord begehen wollte".

DIESE ERKLÄRUNG DES ISTANBULER POLIZEIPRÄSIDIUMS IST GANZ UND GAR EINE LÜGE!

Während meiner Festnahme im Istanbuler Polizeipräsidium wurde ich von Polizisten, mit der Absicht mich zu ermorden, aus dem Fenster gestürzt. Die Istanbuler Polizei will ihre Schuld vertuschen, indem sie diesen Vorfall, der auch öffentlich bekannt wurde, als Selbstmordversuch zeigt.

DAS ISTANBULER POLIZEIPRÄSIDIUM LÜGT! ICH HABE MICH NICHT AUS DEM FENSTER DER 4. ETAGE DES POLIZEIPRÄSIDIUMS IN DER VATAN STRASSE GESTÜRZT, "UM MICH UMZUBRINGEN". ICH WURDE VON DEN FOLTERERN PERSÖNLICH AUS DEM FENSTER DES 4. STOCKWERKS GEWORFEN...

Daß ich noch am Leben bin, ist absolutes Glück. Wäre ich getötet worden, dann hätte ich diese Erklärung nicht abgeben können. Ich sehe es als eine menschliche Pflicht, die Schuldigen bloßzustellen und ihre Bestrafung zu bewirken, indem die Wahrheit aufgedeckt wird, und glaube daran, daß in der Öffentlichkeit Sensibilität gegen ähnliche Beispiele geschaffen werden wird. Ich wurde am Montag, den 21. Dezember 1998 als "verdächtige" Person in Pangalti von Polizisten festgenommen. Sie fragten mich nach meinem Ausweis. Ich legte ihn vor. Obwohl meine Adresse, Identität und mein Arbeitsplatz bekannt sind, wurde ich mit der Begründng verdächtig zu sein, zur Mecidiyeköy Polizeiwache gebracht. Hier wurde ich trotz Angabe von Wohnsitz und meiner Arbeit auf willkürliche Art und Weise festgehalten. Ich lebe mit meiner Familie im Gazi -Viertel in Istanbul und die während des Massakers in Gazi von der Polizei ermordete Zeynep Poyraz ist die Tochter meines Onkels. Dies muß wohl meine "Schuld" gewesen sein. Nach einer Weile wurde ich in das Istanbuler Polizeipräsidium gebracht. Vom ersten Moment an erlebte ich auf dem Polzeipr äsidium das, was allen widerfährt. Beschimpfungen, Beleidigungen, Repression, Folter und Drohungen... 

Ich wurde aus Verdacht festgenommen, jedoch wußte ich weder warum ich festgehalten werde, noch was man vor hat. Am nächsten Tag, dem 22. Dezember begann die Sache noch etwas deutlicher zu werden. Es mußte wohl für einen neuen Erfolg der Polizei von Nöten sein, denn sie begannen mir Aktionen, deren Täter nicht identifiziert werden konnten, anzulasten. Sie wollten auch , daß ich mich zur Tat bekenne und davon erzähle. Ich kann mich nicht zu etwas bekennen und über etwas berichten, was ich nicht getan habe und womit ich nichts zu tun habe. Ich sagte, daß ich nichts damit zu tun habe. Ich konnte nicht begreifen worauf sich diese Anschuldigungen stützten, zu denen es keine Beweise und dergleichen gab. Aber sie beharrten darauf, daß ich mich dazu bekenne. Zu diesem Zweck, begannen sie jegliche Art der physischen und psychischen Folter an mir vorzunehmen. Ich wurde mehrmals an den Armen aufgehängt, und man wandte an mir Foltermethoden wie meine Hoden zu quetschen, mich unter Hochdruckwasser halten, meinen Kopf in einen mit Wasser gefüllten Eimer zu stecken, um mich dabei zu ertränken, Beschimpfungen, Erniedrigungen und Prügel an. Außerdem erklärten sie, daß sie mich mit Kot beschmiert hätten, was ich allerdings aufgrund der Augenbinde nicht sehen konnte. Während der Folter waren meine Augen und Arme verbunden. Trotz der Folter, nahm ich die "Anschuldigungen" nicht an. In diesem Moment begannen sie damit zu drohen, meine Familie zu ermorden. Ganz offen drohten sie damit, mich umzubringen. Einerseits sagten sie auch: "DU WIRST DICH DAZU BEKENNEN, WENN NCHT WERDEN WIR DICH AUS DEM FENSTER WERFEN UND SPÄTER ERKLÄREN, DASS DU SELBSTMORD BEGANGEN HAST. NIEMAND KANN UNS ZUR RECHENSCHAFT ZIEHEN". Im Anschluß auf die Folter, die einen ganzen Tag lang andauerte, wurde ich gegen Mitternacht mit verbundenen Augen aus dem Folterraum geführt. Sie brachten mich an irgendeinen Ort und sagten: "Gleich wirst du etwas erleben". Ich fühlte, daß sie mich zum Fenster gebracht hatten. Das Fenster stand offen. Sie nahmen die Augenbinde noch einmal ab und sagten: "BEKENNE DICH DAZU, ODER WIR WERFEN DICH HINAUS". Sofort daraufhin verbanden sie meine Augen und stürzten mich vom 4. Stock aus dem Fenster. Als ich am nächsten Tag zu mir kam und meine Augen öffnete, registrierte ich, daß ich mich im Krankenhaus befand. Meine Beine waren gebrochen, ich hatte überall Schmerzen. Trotz allem setzte die Polizei ihre Rücksichtslosigkeit fort. "Hör zu, so leicht kommst du nicht davon. Du wirst dich zu den von uns genannten Aktionen bekennen. Selbst wenn du hier rausgehst, kannst du dich nicht retten. Mal sehen, ob du es überlebst, wenn du vom 10. Stockwerk hinunterfällst?" Diese Worte sagend, setzten sie ihre Drohungen fort. Ich wurde in das Gureba Stiftungskrankenhaus gebracht. Der lediglich seinem Äußeren nach einem Mensch gleichende Arzt in der Notaufnahme, auf dessen Identitätskarte ich den Namen M. AYANOGLU lesen konnte, unterschied sich in seiner Haltung nicht von den Folterern. Dr. M. AYANOGLU versuchte sich ständig bei den Polizisten einzuschmeicheln. Während die Polizisten von mir unter dreckigem Grinsen behaupteten, daß ich "der das Steueramt bombardierende Terrorist sei und bei der Flucht gefallen wäre", sagte Dr. M. AYANOGLU wiederum "tatsächlich, wie kann es möglich sein, daß dieser Würdelose nicht tot ist. Das bedeutet wohl, daß er nicht gut gefallen ist.

Um die soll man sich nicht kümmern, man soll sie krepieren lassen. Dabei kümmert sich der Staat noch um ihre Gesundheit, schade um die dadurch entstehenden Kosten".

 Durch das Aufhängen bei der Folter sind meine Arme und Schultern ganz blau angelaufen und immer noch taub. Aufgrund der Folter ist bei meinen Hoden eine Entzündung aufgetreten und ich habe ein Brennen auf meinen Harnwegen. Auf meinem Kopf und meinem Nacken ist es aufgrund der Schläge zu Schwellungen gekommen. Infolge der Folterungen und dem Sturz aus dem 4.  Stockwerk leide ich an starken Kopfschmerzen. Meine beiden Füße sind gebrochen. Trotz diesem Zustand, der eine Behandlung erfordert, wurde ich in keiner Weise ärztlich versorgt. Die Polizisten haben selbst in dieser Situation die Folter fortgesetzt. Ich trug auf beiden Füßen einen Gips. Die Polizisten, die mich bewachten sagten: "Bisher hat die Polizeiwache noch niemand überstanden". Sie stachen ständig mit einem Schreibstift in meine eingegipsten Füße und zwischen die Zehen. Sie fuhren mit der brennenden Zigarette auf meinen Fingern auf und ab. Sie dachten, daß sie mich später leichter dazu bewegen könnten, das gefälschte Protokoll in der Polizeiwache zu unterzeichnen. Sie bemühten sich um meine schnelle Entlassung aus dem Krankenhaus und ich wurde erneut in das Folterzentrum geschleppt. Von meiner Verurteilung vor dem Staatssicherheitsgericht bis zu meiner Einlieferung in das Gefängnis wurde mit der Folter fortgefahren.

Heute werde ich als Gefangener im Ümraniye Gefängnis gehalten. Neben meiner völlig ungerechtfertigten Verhaftung wurde ich der Folter und dem Versuch mich zu ermorden ausgesetzt.  

Jawohl ich erkläre; Die Polizei ist ein Mörder. Die Polizei ist ein Folterer . Die Polizei hat versucht mich zu ermorden und dabei die Lüge verbreitet: "Er wollte Selbstmord begehen". Daß ich heute lebe ist Glückssache und ich sage die Wahrheit. Es hätte auch sein können, daß ich diese Wahrheiten nicht veröffentlichen könnte. Die Bewertung dieser Wahrheiten und das Aufbringen einer dementsprechenden Sensibilität von seiten der Öffentlichkeit, der demokratischen Organisationen und Institutionen, ist eine Erfordernis des Menschseins, des Gerechtseins.  

 2. Januar 1999
RIZA POYRAZ
Ümraniye Gefängnis


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