trend spezial: Die Debatte über die LL(L)-Demos am 13.1.2013 in Berlin
Spalter! Aber wer jetzt?
Positionierung in der Debatte um das Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht

Landessprecher_Innenrat der Linksjugend ['solid] Brandenburg (20.12.12)

01-2013

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Als Landesprecher_innenrat der Linksjugend ['solid] Brandenburg haben wir die Debatte um das Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht der letzten Wochen und Tage mit einigem Erstaunen verfolgt und sind zum Teil erschrocken, wie links-denkende Menschen verbal aufeinander losgehen. Wir, die Mitglieder des Landesprecher_innenrates der Linksjugend ['solid] Brandenburg, haben uns dazu entschlossen, keines der beiden Bündnisse zu unterstützen und stellen es unseren Mitgliedern frei, ob und in welcher Form sie sich an einem Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht beteiligen. Im weiteren Verlauf erläutern wir, wie wir zu dieser Position gekommen sind.

In der Nr. 12/2012 erschienene Stellungnahmen und Kommentare:

…"es bleibt die revolutionärste Tat, immer das laut zu sagen, was ist." (Rosa Luxemburg)
In beiden Aufrufen zu den jeweiligen Demos findet sich eine inhaltliche Basis, die unterstützenswert ist. Nur beide besitzen darüber hinaus einen Überbau, der aus unserer Sicht in unterschiedlichen Aspekten Mängel aufweist, die je nach Aufruf oder Demo-Konzeption unterschiedlich stark sind. Die Kritik an der traditionellen LL-Demo gärt seit einigen Jahren, doch durch einen Vorfall auf der Demonstration 2012 verhärteten sich die Fronten, was aus unserer Sicht ein gewichtiger Grund für die Gründung eines neuen Bündnisses war. Gemeint ist der Angriff auf die Träger_innen eines Banners mit der Aufschrift „ Nein, nein, nein – das ist nicht der Kommunismus“ und Portraits von Lenin, Stalin und Mao. Ein Makel, der der traditionellen LL-Demo 2012 besonders anlastet [...]. Eine Demo, die Stalin, Mao etc. verherrlicht und Aggressionen gegen Kritiker_innen aus dem eigenen Spektrum teilnahmslos hinnimmt, können und wollen wir nicht unterstützen.Wir verurteilen diese Übergriffe einiger Teilnehmer_innen der Demonstration und distanzieren uns klar von diesen gewalttätigen Ausschreitungen.  Hinzu kommt, dass im aktuellen Aufruf u.a. undifferenziert mit Hoffnung auf das sozialistische Kuba geblickt wird.
 
…dann unterstützt doch das alternative Bündnis!

Das tun wir aus zwei wesentlichen Aspekten nicht. Zum einen ist es Vielen ein Bedürfnis den Friedhof der Sozialist_innen zu besuchen, sei es aus Gewohnheit oder Traditionsverbundenheit. Durch die räumliche Ferne der alternativen Route ist ein unmittelbarer Besuch des Friedhofs im Anschluss an die Demo jedoch nur mit viel Fahrerei möglich. Dadurch ist ein würdiges Gedenken zweigeteilt und vom Großstadtverkehr deutlich gestört. Insbesondere für unsere internationalen Gäste, die jedes Jahr an dem Gedenken teilnehmen wollen, stellt dies ein großes Hindernis dar. Zum anderen sehen wir es mit einem reichlichen Unbehagen, dass sich wenige große Antifa-Strukturen unter den Unterstützer_innen des neuen Bündnisses finden. Als antifaschistischer Jugendverband sollten wir in erster Linie den Schulterschluss mit Antifa-Strukturen im Auge behalten, statt uns an den Jusos zu orientieren. Wichtig ist dabei, dass wir nicht das Argument der Noske-Erben gelten lassen. Jedem Menschen sei reumütiges Gedenken zugestanden, auch den Jusos, zumal viele Jusos bereits in der Vergangenheit sehr sichtbar an der traditionellen LL-Demo teilgenommen haben. Höchst fragwürdig ist dennoch, dass Mitglieder der Jugendorganisation der SPD eine Demonstration in Gedenken an konsequente Antimilitarist_innen besuchen, die SPD jedoch immer wieder für Auslandseinsätze der Bundeswehr mit verantwortlich ist.
 
…für die Zukunft

Die Organisator_innen des alternativen Gedenkens sollten sich bemühen, in das traditionelle Bündnis hineinzuwirken und ein gemeinsames Gedenken etablieren, welches sich von Dogmen distanziert. Primärer Fokus dabei muss die Erinnerung an die revolutionären Ideen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sein, die für uns nicht an Bedeutung verloren haben. Auch der Bundesverband der Linksjugend ['solid], sowie unser Landesverband sollten sich in diese Vorbereitungen einbringen. So könnte emanzipatorische Erinnerung an Rosa und Karl zusammen mit Antifa-Strukturen möglich sein, unter einem Aufruf, der für breite linke Kreise annehmbar ist.
Ist eine wirkungsvolle Arbeit im traditionellen Bündnis nicht möglich, sollte über die „Anfangsprobleme“ des neuen Gedenkens nachgedacht werden und Veränderungen an Ort und Verlauf der Route vorgenommen werden. Wenn es aber der Wille ist, so stark mit der Tradition zu brechen, muss damit gelebt werden, dass weite Teile, auch aus der Linksjugend ['solid] bundesweit, der alternativen Demo fernbleiben und sich das Gedenken auf unterschiedliche schmale Pfade begibt. Dies möchten wir jedoch verhindern und hoffen, im kommenden Jahr innerhalb des Jugendverbandes ein gemeinsames Vorgehen vorantreiben zu können.

...und was nun 2013 tun?
Die Linksjugend ['solid] Brandenburg ruft dennoch zum Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht an der Gedenkstätte der Sozialist_innen auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde auf. Darüber hinaus weisen wir darauf hin, dass es zwei Demonstrationszüge geben wird, die ihre Berechtigung haben. Dabei steht es euch frei, an welcher Demonstration ihr teilnehmt.

"Selbstkritik, rückisichtslose, grausame, bis auf den Grund der Dinge gehende Selbstkritik ist Lebensluft und Lebenslicht der proletarischen Bewegung." (Rosa Luxemburg)

In diesem Sinne,
Euer Landessprecher_Innenrat der Linksjugend ['solid] Brandenburg

Editorische Hinweise

Wir spiegelten die Stellungnahme von http://www.linksjugend-solid-brandenburg.de/